LNP490 Spionage-Spielplatz

Feedback — Spionageskandal in Österreich — eIDAS-Wallet Challenge — Digitaler Euro — Recht auf Bargeld — Chatkontrolle

Tim und Thomas gehen kurz auf Feedback aus den letzten beiden Sendungen ein und dann berichtet Thomas von dem jüngsten Spionageskandal aus Österreich, der eine ungute Verquickung von Polizei, Verfassungsschutz und Politikern aufzeigt. Dann gehen wir noch mal auf die Ideen für einen Digitalen Euro und das damit verbundene mögliche Recht auf Bargeld ein. Zum Schluss noch ein Update zur Chatkontrolle und ein Termin.

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Tim Pritlove
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Thomas Lohninger

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Transkript
Tim Pritlove
Guten Morgen Thomas.
Thomas Lohninger
Guten Morgen Tim.
Tim Pritlove
Ich sag dir, die Wüste ist auch nicht mehr das, was sie war. Es ist alles grün hier.
Thomas Lohninger
Ach, der Desert is a lie.
Tim Pritlove
Logbuch Netzpolitik Nummer 490 vom 20. April 2024.Und ja, es ist warm hier.Warm und grün. Du bist in Abu Dhabi. Jaja, ich bin gerade in den Vereinigten Arabischen Emiraten,und kann dir sagen, alles was du über die Wüste bisher gesagt bekommen hast,stimmt einfach alles gar nicht. Es ist einfach ein großer Hoax.Ich fahre hier in die Wüste, alles blüht, überall grün, Bäume.Das finde ich völlig absurd. Und dann komme ich nach Dubai und dann ist danngleich Weltuntergangsstimmung wegen Regen.Ah, sehr lustig. Ja, das war die größte jemals aufgezeichnete Regenmenge, die da runterkam.Da kam irgendwie so eine Jahresladung Regen runter.Und es war ganz putzig mit anzuschauen, wie die Stadt so mit Regen zu kämpfen hatte.Also man hat schon gemerkt, dass sie bisher nicht so einen großen Wert daraufgelegt haben, mal zu gucken, ob eigentlich auch alles wasserdicht ist.Also mit anderen Worten, du läufst durch die Shopping Mall und alle stellenüberall Eimer hin und schieben Wasser zusammen und es tropft für dich überall rein.Also ja, das war ganz lustig mit anzuschauen.
Thomas Lohninger
Schönes Naturereignis, oder?
Tim Pritlove
Ja, Klimawandel kann auch unterhaltsam sein. Du weißt gar nicht, was du mal alle haben.At first. Naja, so ist das halt.Gut, Thomas, genau. Wir machen noch mal eine Sendung heute zusammen,weil der Dinos noch verhindert ist.Aber ich bin ganz optimistisch, dass es vielleicht nächste Woche dann schonwieder so weit sein wird, dass er hier mitgestaltet.Aber das gibt uns die Gelegenheit, über das Wetter zu reden und das ist ja auchimmer was Schönes. Wie ist das Wetter bei dir so gerade in Wien?
Thomas Lohninger
Es hat gerade fürchterlich gehagelt und ich habe schon auf Social Media gesehen,dass in Linz gerade Überschwemmung ist.Also ja, das Wetter, was du gerade hattest. Das ist auch nicht anders sozusagen.
Tim Pritlove
Ja, ist klar. Gut, dann lass uns mal ein bisschen Feedback machen.Ich hatte ja in der letzten Sendung die Freude mit Sabrina mal eine Sendung zu gestalten.Sabrina ist Podcasterin, macht den Podcast Parlamentsrevue und fasst das Bundestagsgeschehensehr unterhaltsam zusammen.Und damit sie das auch gut zusammenfassen kann, hat sie dann noch dazu diesenBundestagszusammenfasser programmiert, den du glaube ich noch nicht kanntest, ne?
Thomas Lohninger
Ne, noch nicht. Aber das Projekt schaut wirklich extrem interessant aus,also so sollte Demokratie eigentlich sein.
Tim Pritlove
Ja, also das fand ich auch und ein Grund mehr, das mal hier auch zu erwähnen.Und zu unseren Ausführungen gab es dann aber auch noch ein paar Kommentare,unter anderem von Privacy by Default.In meinem Berufsleben habe ich viel mit der Verwaltung und ihrer schmerzhaftenDigitalisierung zu tun.Deshalb habe ich das Bedürfnis, eine aus meiner Sicht wichtige Ursache für denFUBA, den wir alle erleben, zu ergänzen, da sie im Podcast nicht direkt erwähntwurde. Der Föderalismus.Abgesehen von lange Zeit fehlenden Standards, zum Beispiel für Schnittstellenoder Datenformate, langsam ändert sich das übrigens, natürlich dürfen sich aufdiesem Gebiet auch die Aküfi und Akronymfreaks der Ministerien austoben.Mein Lächerheitsliebling ist Zugpferd für die elektronische Rechnung,ist echt jeder und seine Oma irgendwie am Mitmischen.Während auf der einen Seite im Podcast wird es erwähnt, die Online-Zugangsgesetz-Novelleim Bundesrat scheitert, weil die Länder es für unzumutbar halten,gab es vorher dazu passendes Gemecker der Kommunalverbände, Städtetag,Landkreistag, Gemeindetag, die sich ebenfalls beklagen.In der Regel geht es da ums Geld, was ja auch nachvollziehbar ist.Wenn man aber auf der anderen Seite, wie in der IT üblich und auch mit Erfolgerprobt, versucht Standardisierung voranzubringen, pochen dieselben Akteureauf ihre föderalistische Unabhängigkeitund wollen sich vom Bund mal gar nichts vorschreiben lassen.Dazu kommt dann noch das Problem, dass es in vielen Amtsstuben gar nicht soeinfach ist, die Fragen, was machen sie hier eigentlich, wozu und was brauchensie dafür oder was brauchen sie dafür nicht, vernünftig beantwortet zu bekommen.Ohne diese Antworten ist das aber leider gar nicht so leicht Prozesse festzustellen,diese möglichst effizient zudigitalisieren und entsprechende Anforderungsbeschreibungen zu verfassen.Ich empfehle jedem und jeder, die in der Wirtschaft zu Hause ist,mal ein Praktikum in der öffentlichen Verwaltung.Danach lernt ihr Alkohol echt zu schätzen.Und PS, wenn es dann droht, so richtig gegen die Wand zu fahren,ist gerne der Datenschutz schuld.Wobei ich dann ins Spiel komme. Aber auch hier gilt, irgendwer muss es ja machen.Genau, irgendwer muss es ja machen, ist ja auch die Tagline vom Bundestagszusammenfasser.
Thomas Lohninger
Das sind mir die liebsten Projekte. Irgendwer muss das machen.Okay, gut, dann mache ich.
Tim Pritlove
Also er spricht da wirklich ein paar Sachen an. Ich meine Föderalismus,ich dachte wir hätten es tangiert, dass das ein Problem ist.Aber klar, also auf der einen Seite, wir wollen uns nichts vorschreiben lassen,aber auf der anderen Seite beklagen, dass man keine Hilfe bekommt.Und dann auch dieses klassische IT-Problem, Digitalisierungsproblem,das kenne ich auch nur noch sehr gut aus frühen Tagen schon,dass du eben oft in so Organisationen, also in dem Fall waren es halt am Anfangvor allem erstmal Firmen, die gerne alles irgendwie digitalisiert haben wollen, reinkommst.Und dann musst du ja im Prinzip, meine, programmieren und digitalisieren heißtja im Prinzip Prozesse verstehen, Prozesse neu ordnen und dann eben versuchen, das digital zu fassen.Aber wenn dann halt die Leute selber eigentlich gar nicht wissen,was sie tun oder nicht in der Lage sind, es zu beschreiben, was sie tun,weil sie es halt irgendwie,keine Ahnung, nicht abstrakt abgespeichert haben, sondern halt einfach irgendwie machen,aus dem Bauch heraus, was ja auch ganz nachvollziehbar ist, dann wird es natürlichschwierig und dann wird es natürlich vor allem schwierig, wenn man den Staatversucht zu digitalisieren.
Thomas Lohninger
Ja, dazu nur, weil ich das Wort Amtsstuben in dem Kommentar hier gelesen habe.Wir verlinken irgendwo die wunderbare Satireserie MA2412 aus Österreich.Österreich ist ja sehr stolz auf seinen Beamtenstaat und da kann man sehr gut lachen.Also das hat wenig mit Digitalisierung zu tun, eher so früher 2000er,aber da versteht man dann vielleicht auch das Verzweifeln, wenn man in diesemBereich tätig ist und das ist unterhaltsam.
Tim Pritlove
Das ist sowas wie The Office für Österreich, ja?
Thomas Lohninger
The Office nur für die Verwaltung.
Tim Pritlove
Okay, also hätte man es auch die Verwaltung nennen können.MA24, habe ich noch nie gehört, aber werde ich mir mal anschauen. Bestimmt lustig.Ich habe eigentlich gute Erfahrungen mit lustigen Sachen aus Österreich.Die Sachen waren dann immer richtig lustig.Lange lebe Kottan.Ich muss dann aber auch noch den Zugpferd, ich meine, okay, gut,das hatte ich übrigens in der letzten Freakshow mal ausführlich besprochen,das Thema elektronische Rechnung und auch was es mit Zugpferd so auf sich hat.Ich fand es eigentlich ganz lustig, muss ich sagen, dass sie sich so genannt haben.Immerhin haben sie was Praktisches definiert, was offensichtlich auch ganz gutfunktionieren scheint.Also nicht, dass ich das jetzt täglich in der Anwendung habe.Im Prinzip ist das einfach das Hinzufügen von einer,maschinenlesbaren Variante einer Rechnung zu einem PDF. Sehr praktische Geschichte.Aber egal. Er hat schon recht, die Abkürzungen sind teilweise wirklich irre.Das gilt wahrscheinlich auch für MA2412, oder?
Thomas Lohninger
Ja, das steht für Magistratsabteilung 2412. Aber ich frage mich eher nur sobei Zugpferd, wir wollen ja europäische Standards haben.Wie spricht man das denn aus in Ungarn oder in Frankreich?
Tim Pritlove
Ja, also die gute Nachricht ist, Zugpferd ist quasi nur der Name eigentlichletztendlich der Arbeitsgruppe, die sich zusammengefunden hat,um dieses Problem mal zu lösen.Und tatsächlich entspricht das aber auch einer europäischen Norm.Auf international heißt das EN 16931.
Thomas Lohninger
Ist nicht so sexy wie Zugpferd.
Tim Pritlove
Ja, es gibt dann natürlich noch ein paar andere sexy internationale Sachen,das heißt dann, jetzt muss ich gleich nochmal kurz nachschauen,das war Zugfahrt, die internationalen Standards sind dann die Cross-Industry Invoice CIE,und in die Universal Business Language.Ob das jetzt so sehr viel besser ist, weiß ich ja auch nicht.Naja, auf Französisch heißt es übrigens Faktürex.Und auf Deutschbehördisch heißt es X-Rechnung.So stellen sich das Amerikaner, glaube ich, immer vor, wie Deutsche sowas nennen würden. X-Rechnung.Die rufen dann gleich die Polizei.Gut, haben wir noch Kommentare? Ja, wir haben noch weitere Kommentare.Wo war ich?Komme ich schon ganz ab von der Spur. Genau, wir haben noch Hypercrafter,der auch noch was zum Thema Digitalisierung sagt.Zum Thema Digitalisierung und Bürokratie, Vereinfachung von Gemeinden.In Bayern gibt es die AKDB, Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern.Diese entwickeln Programme für Gemeinden, die sogenannte OK-Reihe.Des Weiteren ist die AKDB-Initiatorin der BAIKIT, die bayernweit Ausschreibungendurchführen für die Gemeinden.Und sie haben eine Tochter namensLiving Data, die Hardware beschafft und Störungen und Probleme behebt.Also so fremd es auch klingt, aber Bayern liegt in der Digitalisierung der Gemeindenweiter vorne als manch anderes Bundesland.Disclaimer, Quelle, ich bin Auszubildender bei Living Data. Okay,gut, nehmen wir so hin. Und dann haben wir noch was von STQ.Ja, sie schreibt, ist es tatsächlich so, dass in Deutschland jedes Ministeriumund jedes Bundesland seine eigenen Gesetze verwaltet?Da muss man ja erstmal wissen, aus welchem Ressort ein Gesetz stammt.Ich will ja nicht ätzen, aber in Österreich gibt es das Rechtsinformationssystemdes Bundes, in dem praktische sämtliche Gesetze und Verordnungen sowohl aufBundes- als auch Landesebene vorliegen.Und zwar immer in der geltenden Fassung, als auch historisch.Seit Juli letzten Jahres gibt es sogar viele Gemeindegesetze dort auffindbar.Und auf der Parlamentsseite hat man konsolidiert alle Eingaben,Gesetzesvorlagen, Stellungnahmen und Beschlüsse.Inwieweit es allerdings auch eine API für die beiden Seiten gibt,ist leider nicht bekannt. Ist dir das vielleicht bekannt?
Thomas Lohninger
Ja, also das RISS, wie wir es ganz liebevoll nennen, das Rechtsinformationssystem,ist eigentlich eine wirklich schöne Sache.Das haben sich die Leute Anfang der 2000er einfallen lassen.So was machen wir denn jetzt eigentlich mit diesem Internet und mit den Gesetzen?Lasst uns das alles einfach als CC0, also wirklich komplett frei lizenziert,offen ins Netz hauen mit API, weil das gehört ja uns allen und was soll man sonst damit machen?War eine sehr kluge Entscheidung und das RISS wird verwendet für alle Bundes-,Landes- und eben auch jetzt auch Gemeindegesetze.Es ist auch versehen mit den Gerichtsentscheidungen, die veröffentlicht werden,wobei da natürlich nicht alle an die Öffentlichkeit kommen, weil da muss manmanchmal anonymisieren.Aber man kann da unheimlich gut nachschlagen. Man findet dort alles und auchwirklich revisioniert alle vorherigen Fassungen von Gesetzen.Und man findet dort auch aktive und vergangene Begutachtungsverfahren.Also wenn Gesetze konsolidiert werden.Was da aber fehlt, ist das, was im Parlament passiert.Also Änderungsanträge, die in Ausschüssen eingebracht werden,Parlamentsreden und so.Der Gesetzwerdungsprozess, der ist da leider nicht drinnen.Wir haben eine Parlamentswebseite, die wurde auch mit der kürzlichen Renovierungdes Parlaments neu gemacht, aber die ist wirklich ein, also ich habe da physischeSchmerzen, wenn ich drauf schauen muss.Und natürlich gibt es keine API, es gab mal das Projekt Offenes Parlament,das da mit Scrapern versucht hat, mit der Brechstange Transparenz reinzubekommen,die haben aber aufgegeben, weil man es ihnen auch wirklich so schwierig gemacht hat.Also da ist der, wie heißt der, Parlamentszusammenfasser von euch,Bundestagszusammenfasser, da schaue ich neidisch drauf, weil halt gerade ebendiese Gesetzwerdung, die Etappen, die ein Gesetz nehmen muss,was sagen denn die einzelnen Parteien dazu, von wem kommt welcher Änderungsantrag?Die Transparenz fehlt uns in Österreich, wir haben wirklich nur die beschlossenenSachen und die eingebrachten Sachen und die Gerichtsentscheidungen wirklich als offene Daten.
Tim Pritlove
Mhm.Immerhin. Also deutsche Gesetze sind auch im Internet.Ich weiß bloß jetzt nicht, wie vollständig. Wir hatten es auch kurz angesprochen,aber ich habe es jetzt gerade nicht mehr so ganz im Kopf. Naja, gut.Also nach wie vor, wer Lust hat, beim Bundestagszusammenfasser ein bisschen noch mitzuhelfen.Sabrina freut sich über jede Hilfe und ja, keine Ahnung, wenn davon irgendwasverwendbar ist für Österreich, glaube ich, ist sie da auch durchaus ansprechbar.Seit der letzten Sendung hat sich auch schon was getan.Mittlerweile sind auch alle Termine der Ausschüsse mit dabei.Das heißt, man sieht sowohl auf der Homepage als auch auf den einzelnen Gesetzesseitennicht nur in welchem Zustand befindet sich sozusagen gerade alles,also innerhalb des Gesetzesprozesses,sondern man kriegt auch schön detailliert die Termine in den Ausschüssen aufgelistet,wo da demnächst wieder drüber geredet wird.Also das ist in der Tat ein immer besseres Tool, um sich da zu engagieren.
Thomas Lohninger
Ich blicke neidisch darauf, vielleicht wird das so wie Frag den Staat,was ja auch in Deutschland gestartet ist und jetzt auch in Österreich sehr erfolgreich ist.Also da würde mich Open Source Reuse wirklich freuen.Aber bleiben wir bei den lustigen Österreich-Sachen. Wir haben einen schönen Kommentar bekommen.Ich habe in der letzten Sendung so einen Wortwitz gemacht.Ich glaube, das war im Kontext von dieser abgehörten Konversation von deutschenMilitärleuten, wo auch jemand einen gewissen akademischen Titel hatte.Ich weiß nicht mal welchen.Und ich meinte so irgendwie, ja, der hat diesen Titel scheinbar bei Humboldt gemacht.Und darauf fragte Stefan D., was hat es eigentlich mit diesem Humboldt-Aufsicht?Ich habe das schon öfters gehört, das scheint irgendein Insiderwitz in Österreich zu sein.Und darauf antwortet Alex, ja, das war ein Anbieter von Fernkunsten in Österreich,meistens berufsbegleitend. Eine Humboldt-Ausbildung hatte den Ruf,eher drittklassig zu sein. Ob zu Recht, kann ich nicht sagen.Anfang der 2000er gab es da auch mal eine lustige Werbekampagne und ja,ich kann da auf jeden Fall aufklären, genau das ist, worauf ich mich auch bezogen habe.Mir war nicht bewusst, dass dieser Witz in Deutschland nicht verstanden wird.Ist halt so klassisches Fernstudium so Tele-Uni.
Tim Pritlove
Antwort war von Axel, nicht Alex genau, ah danke okay gut, also so Doktor aufwischbestellt dann oder was genau.
Thomas Lohninger
Und dann ebenso eine interessante sprachliche Klarstellung kam von wiederum Axel,der meinte, unter Umständen bin ich etwas spät dran damit, aber ich habe dieWoche zum ersten Mal Entgendern nach Fettberg,YouTube-Video verlinkt, gehört.So gesehen kann es sein, dass Thomas bei 1 Stunde 13 und 49 Sekunden Aktivisti sagt.Und da hat Axel recht. Ich habe das Wort verwendet als genderneutrale Form vonAktivistinnen und Aktivisten. Und mir war aber gar nicht bewusst,dass ich damit nach Fettberg gendere.Fettberg war ein sehr bekannter Kabarettist aus Österreich, der in seinem Körperumfang,seinem Namen wirklich alle Ehre gemacht hat.Und insofern, wir verlieren auch da nochmal auf den Kommentar und das Video.Das ist durchaus lustig. Und zuletzt noch eine sehr hilfreiche Klarstellungvon Theresa Akt zum Thema der fortwährenden Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofsfür Menschenrechte für Altfälle.Sechs Monate nach ihrem Ausschluss aus dem Europarat ist die russische Föderation ab dem 16.September 2022 keine Vertragspartei der Europäischen Menschenrechtskonvention mehr.Das haben wir, glaube ich, in der Sendung erwähnt. Aber jetzt kommt die interessante Klarstellung.Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist weiterhin für die Bearbeitungvon Handlungen oder Unterlassungen betreffenden Beschwerden gegen Russland zuständig, die bis zum 16.September 2022 eingereicht wurden. Vor dem Gerichtshof sind derzeit 17.450 Beschwerdengegen Russland anhängig.Gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention ist Russland rechtlich verpflichtet,Urteile und Entscheidungen des Gerichtshofs umzusetzen.Das Ministerkomitee des Europarates wird weiterhin die Umsetzung der betreffendenUrteile und gültigen Entscheidungen überwachen.2.219 Urteile und Entscheidungen müssen von Russland noch vollständig umgesetztwerden und sind noch beim Ministerkomitee anhängig.Da gibt es auch schöne Statistiken zu anderen Ländern,das ist an sich nämlich ein gar nicht so unterschätzendes Problem,dass auch so diese EGMR-Urteile von manchen Ländern einfach ignoriert werdenund das sind nicht nur Staaten, die man da vielleicht irgendwie so klassifizierenwürde wie Russland oder Ungarn, sondern auch wirklich zentraleuropäische Staaten.Also ist an sich ein Problem für die Rechtsstaatlichkeit.
Tim Pritlove
Alright, soviel zum Feedback. Dann können wir ja mal hier in unsere Themen einsteigen.Und wie sollte es anders sein?Wir gehen zunächst einmal nach Österreich. Da gibt es was Lustiges,Unterhaltsames, hast du mir versprochen.
Thomas Lohninger
Ja, ich versuche jetzt den Wahnsinn logisch und stringent zusammenzufassen undich hoffe, dass ich nicht zu groß scheitern werde.Also, was ist passiert?Österreich befindet sich gerade im größten Spionageskandal seiner Geschichte.Es sind Daten nach Russland abgeflossen und wurden Institutionen der österreichischenSicherheitsarchitektur unterwandert, wie wir das eigentlich so noch nie hattenin der Zweiten Republik.Und dieser größte Spionageskandal beginnt, wo soll ich anfangen, mit einer Einer Person,einem Kärntner Polizisten genannt, Egis Duot, der war beim Verfassungsschutz,dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung,auch kurz BVT genannt, viele Jahre tätig und wurde dort aber 2017 suspendiert,weil ein befreundeter Dienst,ich glaube es waren die Briten, gemeldet haben, der hat gerade irgendwie dienstlicheInformationen auf einen Gmail-Account sich geschickt.
Tim Pritlove
Also ist er beim Verfassungsschutz oder ist er Polizist? Also ist man nicht entweder oder?
Thomas Lohninger
In Österreich leider nicht. In Österreich ist es so, dass wir kein Trennungsgebotzwischen Polizei und Nachrichtendienst haben.Das ist auch weiterhin ein Problem, was wir immer wieder kritisieren,aber es gibt da eine Behörde mit beiden Rollen und teils sind es unterschiedlichePersonen, die sich für unterschiedliche Sachen kümmern.Aber so eine Firebowl dazwischen, wie man das in der Schweiz oder Deutschlandkennt, gibt es leider nicht.
Tim Pritlove
In Deutschland läuft das jaunter Lehren aus der Nazi-Zeit, aber damit hattet ihr hier nichts zu tun.
Thomas Lohninger
Ja, da haben wir nicht viel gelernt.
Tim Pritlove
Okay, also. Gisto Ott.
Thomas Lohninger
Ägisto Ott, schöner Name und Ägisto Ott ist angeblich, also der wurde 2017 ebendann suspendiert, weil er eben Informationen, die nur für den Dienstgebrauch waren,auf sein privates Gmail geschickt hat und wir wissen ja alle,die Five Eyes haben ein Auge oder mehrere auf Gmail.
Tim Pritlove
Also mindestens fünf würde ich sagen. Ja.
Thomas Lohninger
Und es ist ihnen nicht entgangen, dass da geheimdienstliche Informationen wohingingen, wo sie nicht hätten hingehen sollen.Und daraufhin wurde Ott suspendiert.Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, weiterhin tätig zu sein.Und er war tätig, indem er zum Beispiel Informationen abgefragt hat aus demAkten, dem elektronischen Aktensystem der Sicherheitsdienste in Österreich.Er hat sich weiterhin mit seinem Dienstausweis bei ausländischen Partnerdienstenvorstellig geworden und hat dort Informationen abgesammelt, zum Beispiel aus Italien.Er ist zu Bezirksämtern gegangen und hat sich dort Meldeadressen ausheben lassen.Unter anderem von einem der Journalisten, der, ich glaube, er hat für Bellingcatgearbeitet und war auch die Person, die mit Alexej Nawalny, nachdem der denNovichok-Anschlag überlebt hat, ja aufgeklärt hat, wer waren die russischen Hintermänner.Du erinnerst dich wahrscheinlich an diesen legendären Telefonanruf, wo Nawalny die Leute,die ihn versucht haben umzubringen, angerufen hat und sich als russischer Offiziellerausgegeben hat und die niedergemacht hat und sich genau erklären hat lassen, wie das passiert ist.Da war dieser Journalist daran beteiligt.Und jetzt kommt es, der hat das alles auch im Auftrag von Russland getan.Gisto Ott hat Sina-Laptops. Sina-Laptops sind von Deutschen besonders gehärtete,gesicherte Laptops, die für geheime und streng geheime Materialien zugelassen sind.Die dürften über ihn gechannelt nach Russland gegangen sein.Und natürlich massiver vertrauensbruch ja also am geräte selber vollständig,Die ist komplett verschwunden.
Tim Pritlove
So einfach.
Thomas Lohninger
Ja, und da gibt es dann auch Teile dieser Informationslieferungen,da weiß man dann, okay, die Person, die da Kurier gespielt hat,von Österreich raus, mit dem Flieger nach Moskau, ins Hotel neben der FSB-Zentrale eingecheckt.Also wir wissen auch sehr viele dieser Dinge, weil Jan Marsalek,ein anderer Österreicher, den man vielleicht noch kennt aus der Wirecard-Affäre,wo er ja das angebliche Mastermind dieses Milliardenbetruges war,wo wir auch immer mehr herausfinden, wie Wirecard für die Finanzierung von russischenAktivitäten in Europa herangezogen wurde.Und Jan Marsalek hatte einen Spionagering von bulgarischen StaatsbürgerInnen,einem Trio, das vor kurzem in Großbritannien festgenommen wurde,dem gerade dadurch der Prozess gemacht wird.Und in deren Telefonen findet sich ganz viel Kommunikation zwischen Jan Marsalekund eben seiner Geheimdienstzelle, die er geführt hat, vornehmlich im Auftrag von Russland.Und im Zuge dieser, wir wissen ja, Jan Maaselek als Wirecard dann implodierteund dieser Milliardenbetrug auffiel, ist Maaselek ja die Flucht gelungen,zuerst nach Belarus und dann nach Russland.Bei dieser Flucht geholfen hat ihm ein anderer Beamter des Verfassungsschutzesin Österreich genannt, Martin Weiß.Aus diesen Chats wissen wir auch, Martin Weiß, der dann auch ins Fadenkreuzder Ermittlungen kam, ja der ist inzwischen da, wo du gerade bist, in Dubai. bei.Und Marselek hat in den Chats auch gesagt, ja, den Weiß, den haben wir jetzt, Zitat, evakuiert.Also der wird wahrscheinlich nicht mehr zurückkommen, um sich der Strafverfolgung zu stellen.Martin Weiß war der Vorgesetzte von Egistoort. Egistoort ist weiter in Österreich,der ist auch seit kurzem in Haft.Da wird jetzt auch gerade massiv versucht aufzuklären, was denn eigentlich jawirklich alles passiert ist.Und es gibt noch ein.Das könnte nicht österreichischer sein, diese Geschichte. Ein Detail, das muss ich erzählen.Es gibt auch noch drei Telefone, die es nach Russland geschafft haben.Und da war es so, ich glaube es war 2016,wir hatten Innenminister Sobotka, kein besonders charmanter Mensch und dieserInnenminister hat zu einem Firmenfest in einem Ministerium so ein Teambuilding-Event dahingeladen.Und da sind die Leute dann irgendwie, haben wahrscheinlich getrunken,gegessen und sind dann auch mit Kanus durch einen See gefahren.Und die Frau von unserem aktuellen Bundeskanzler, Karl Nehammer,war auch bei diesem Ausflug dabei, war auch in einem dieser Kanus dabei,nur wusste nicht, dass man halt in Kanus nicht aufstehen sollte,weil sonst kentern die Dinger.
Tim Pritlove
Ja, kein Vorkommen. Hat sie aber gemacht.
Thomas Lohninger
Genau. Und drei hochrangige Kabinettsmitarbeiter waren mit ihr in diesem Kanuund deren Telefone wurden nass in dem See.Was macht man da? Da waren ja wichtige Daten drauf. Man bringt sie zu der IT-Abteilungdes Verfassungsschutzes, so bitte repariert die Dinger oder rettet die Daten zumindest.Was macht der IT-Dienstleister dort?Er gibt sie mal in Reis rein, so du kennst diese Urban Myth.Nasse Telefone, Schale mit Reis, zumachen, beten, vielleicht wird es besser.Viel retten konnte er dann nicht, aber dann hat sich auch irgendwie keiner mehrgekümmert um diese drei Telefone.Die lagen da vornehmlich, laut Medienberichten, sehr lange im Spind herum. Warum?Das kann man noch irgendwie so rekonstruieren. Und dann später hat Egisto Ottgemeint, er hat sie in einem Briefumschlag in seinem Postfach gehabt.Die sind einfach da so magisch zu ihm gekommen. Aufgetaucht.Ja, und wie gesagt, sie haben es dann auch geschafft, nach Moskau zu kommen.Also die sind inzwischen auch, nach dem, was wir aus den Chats wissen,eben im russischen Einflussbereich, was natürlich auch nochmal ein massiverVertrauensverlust und Datenabfluss aus dem Ministerium, was für Spionageabwehrund für die innere Sicherheit Österreichs zuständig ist.
Tim Pritlove
Bedeutet.
Thomas Lohninger
Und letzter Punkt, so ist es dort, angeblich laut einer Analyse,wie nennt man das denn, wenn man so Schrifttypen vergleicht,wie Leute schreiben, ist er auch der Verfasser eines sehr berühmt gewordenen Pamphlets,in dem der österreichische Verfassungsschutz mit sehr harten Vorwürfen konfrontiertwird, unter anderem Pässe an Nordkorea verkauft zu haben und so weiter.Dieses Pamphlet zirkulierte schon einige Monate.Keiner hat es wirklich ernst genommen. Weder die Staatsanwaltschaft,noch die Journalistinnen und Journalisten, die das bekommen haben.
Tim Pritlove
Aber das Pamphlet war handgeschrieben.
Thomas Lohninger
Nein, das war virtuell, das waren irgendwie mehrere Dokumente, aber auf jeden Fall.
Tim Pritlove
Also nicht die Handschrift, sondern die Schreibart sozusagen,die Wortwahl, die wurde analysiert, okay.
Thomas Lohninger
Da gibt es sicherlich jetzt in den Kommentaren werden wir lesen,wie das heißt. Ich glaube, da gibt es auch zumindest Gutachten, die man bekommen kann.Ich kann nichts dazu sagen, wie aussagekräftig die sind. Auf jeden Fall wurdeda Ott, der ja, wie wir vorher gehört haben, suspendiert wurde,der nichts mehr wurde innerhalb dieses sehr mächtigen Apparates,hat dem Vernehmer nach hier seinen Unmut über Postenschacher und Korruption zum Ausdruck gebracht.Und bei dem Postenschacher glaube ich ihm auch.Und diese Vorwürfe, dass da die konservative ÖVP den Verfassungsschutz dafürmissbraucht, ihre Leute unterzubringen und Versorgungsposten zu schaffen,war so einer der Vorwürfe.Und als wir dann einen blauen Innenminister hatten mit Herbert Kickl von derFPÖ, der rechtsextremen Partei in Österreich,wurde diesem Pamphlet aber auf einmal sehr viel Glauben gegeben und es war dannauch die Basis für eine Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz.Eine Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz, die nur aufgrund dieser komischenVorwürfe, die vorher niemanden interessiert haben,hat dazu geführt, dass man halt wirklich in das Innerste des Verfassungsschutzesvorgedrungen ist, auch alle nachrichtendienstlichen Informationen damit dort komprimiert waren.Und der Verfassungsschutz ist in Österreich wie auch in Deutschland natürlichauch für die Beobachtung der rechtsextremen Szene verantwortlich.Und lustigerweise war mit dieser Hausdurchsuchung ein Politiker der FPÖ betraut,der nämlich Leiter einer Polizeieinheit für Straßenkriminalität ist.Die haben nichts mit Korruption zu tun, aber die waren lustigerweise diejenigen,die dann dort einmarschiert sind.Und lustigerweise hat man auch das Büro der Referatsleiterin,die sich mit eben jenen Rechtsextremen im Verfassungsschutz beschäftigt unddiese beobachtet, da besonders dafür interessiert.Und wie wir heute wissen, weil es da auch gerade einen Untersuchungsausschussgibt, wieder einmal, das ist schon der zweite in dieser Causa,die hatte wirklich so, das ist wieder sehr österreichisch, auf ihrem Schreibtisch noch.Ausgedruckt die Einladung von Herrn Küssl, das ist ein sehr berühmter Rechtsextremer,der schon wirklich wegen Wiederbetätigung verurteilt ist in Österreich.Der hat eben jene Person zu einem Treffen eingeladen, die die Hausdurchsuchung geleitet hat.Und dieser Zettel war lustigerweise nachher weg von dem Schreibtisch.Und er war aber nicht bei den Dokumenten, die sichergestellt wurden.Und wir wissen auch, dass das Innenministerium von all dem, was es nachher wissenwollte, über die Haustischsuchung, vor allem eben diese Infos aus diesem Büro,wo Rechtsextremistinnen eben beobachtet wurden.Das hat sie interessiert. Also es könnte nicht perfider sein und es ist pureOperette, aber leider ist es die Realität.Und vielleicht gibt es deswegen so viele lustige Sachen aus Österreich,weil man nur noch lachen kann, wenn man nicht weinen will.Und das ist so gerade, was abgeht im Land. Und jetzt kommt aber die netzpolitische Tangente.Und das Learning, die Forderung, die jetzt massiv erhoben wird, schon seit zwei Wochen,ich glaube, wir haben in unserem Verein sogar 20 Interviews gegeben in den letztenzwei Wochen, ist, dass man jetzt als Reaktion auf diesen massiven Spionageskandal,jetzt braucht man einen Staatstrojaner.Jetzt braucht man unbedingt einen Bundestrojaner.
Tim Pritlove
Das hätte es ja sicherlich verhindert.
Thomas Lohninger
Ja, also diese Chats, die sind so gefährlich, wir müssen da jetzt ran.Und die Briten konnten da Handys überwachen und wir wollen die auch überwachen.Dass das gar nicht der Fall ist, weil das waren ja Leute, die waren vor Gericht.Natürlich war das Handy sichergestellt und wurde forensisch ausgewertet undphysisch hinzugefasst.Das können die Österreicher heute auch schon.Die Spionagesoftware können sie nicht. Die haben wir ihnen schon dreimal vereitelt.2016, 2017, 2019 zuletzt beim Verfassungsgerichtshof.Es gab schon drei Gesetze, die gescheitert sind, um Staatstrojaner in Österreich zu legalisieren.Aber jetzt ist die massive Forderung des Innenministeriums,des Verfassungsschutzes, aller Polizistinnen, die in den Medien sprechen undauch leider der Kontrollkommission für die Geheimdienste, ja wir brauchen jetzt einen Bundestrojaner.Also der Missbrauch von Kompetenzen wird mit der Ausweitung von Kompetenzen belohnt.Und das ist zum Glück für die Grünen, den Koalitionspartner in Österreich,die rote Linie, die nicht überschritten werden darf.Aber diese Debatte ist gerade massiv und wir hoffen, dass wir da die Linie halten können.Das ist gerade wieder so Thema und es ist auch sehr nah an der deutschen Debatte.In Deutschland gibt es Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchung. Also diese Spionagesoftware,leitet die nur das aus, was kommuniziert wird von dem Telefon?Oder schaut die sich auch an, was auf dem Gerät für Bilder, Adresseinträge,Entwürfe von Nachrichten, die vielleicht nie abgesendet wurden,was da sonst eben noch gespeichert ist.Und diese technische Funktion, die meiner Meinung nach, also diese rechtlicheFunktion, die technisch gar nicht funktioniert, wird da auch gerade wieder ins Spiel gebracht.Also ja, das ist so grob die Debatte.Immer Dreck am Stecken haben und ihr Geschäftsmodell sie dazu bringt,dass sie mit sehr zweifelhaften Akteuren ins Geschäft kommen und denen auchdiese massiven Spionagetools in die Hand geben.In Polen hat die neue Regierung gerade, glaube ich, es waren 600 Fälle aufgedeckt,wo Pegasus in Polen eingesetzt wurde.Also das ist einfach eine Gefahntechnologie, die es zu ächten gilt.Und man sollte mit Steuergeld keine Sicherheitslücken finanzieren.Ja, das war so irgendwie die Zusammenfassung und wir verlinken einen sehr tollenPodcast zu dieser Sache.Wir verlinken auch ein Comic, weil man muss alle Wege nutzen,um das irgendwie verständlich zu machen.Und natürlich so die ganzen Hintergründe zu dem, was da in Österreich los istund auch der Anzeige, die wir gegen diese Wiener Spionagefirma DSIRF eingebracht haben.
Tim Pritlove
Aber dieser Polizist, dieser Herr Ott, der befindet sich jetzt in Gewahrsam oder was ist mit dem?
Thomas Lohninger
Der ist in Gewahrsam, der ist in Untersuchungshaft und wartet darauf,dass ihm der Prozess gemacht wird.Also der wird jetzt wirklich angezeigt wegen einer Spionagetätigkeit.Das ist auch wieder so ein Kuriosum. In Österreich ist Spionage...
Tim Pritlove
Nicht verboten.
Thomas Lohninger
In jedem anderen Land der Welt ist es so, hey, du machst hier nachrichtendienstlicheArbeit, geh ins Gefängnis und wenn du Diplomat bist, wirst du sofort ausgewiesen.In Österreich sagt das Strafgesetzbuch, also ein ausländischer Nachrichtendienstauf dem Boden Österreichs ist illegal, wenn er gegen die Interessen der Republik verstößt.Und wir haben als einziges Land diesen Nachsatz, dass, also wenn du nichts gegenuns machst, dann ist es ja okay, machst du ruhig.Und das ist mit ein Grund, wieso Österreich so viele Botschaftsangestellte hat,wieso wir die UNO, die OPEC, die OECD und andere internationale Organisationenvor Ort haben, weil bei uns halt Spionagespielplatz ist.
Tim Pritlove
Also ihr könnt schon gerne spionieren, aber jetzt nicht gegen uns.Aber wenn es Russen sind, dann vielleicht doch.
Thomas Lohninger
Ja.Also natürlich jetzt, wo diese sehr ungesunde Nähe Österreichs zu Russland endlichThema wird, je noch viel zu wenig im Vergleich zu Deutschland.Also auch da sind wir hinten nach bei der Aufarbeitung unserer historisch falschenEntscheidungen, um es freundlich zu formulieren.Da gehört natürlich auch das dazu. Und es gibt jetzt halt eben auch die Forderung,okay, kriminalisieren wir denn wirklich mal alle nachrichtendienstliche Aktivität?Und nicht nur die, die sich gegen Österreich wendet.Würde ja auch vielleicht den internationalen Organisationen in Österreich helfen,wenn die wissen, dass sie nicht ganz so unter Beobachtung stehen.Aber wie gesagt, da will die konservative Koalitionspartei, die ÖVP,den Bundestrojaner im Abtausch haben dafür. für ansonsten ist ihnen die ausländischeSpionage scheinbar egal.
Tim Pritlove
Ich meine, ich glaube, was man verstehen muss, wenn man es nicht weiß,ist ja, Österreich hat es ja mit seinem...Wie soll ich sagen, mit dieser Chimäre der Neutralität, ist ja tatsächlich geschafft,sich international zu einem der Konferenzstandorte zu machen.Also meines Wissens ist Wien überhaupt sozusagen die Konferenzstadt Nummer einsin Europa, also wo am meisten Konferenzen stattfinden.Und es gibt natürlich eine extrem hohe Präsenz, nicht nur jetzt von Botschaften,sondern eben von internationalen Organisationen. Wir haben das ja jetzt auchmit der UN, mit der Aushandlung hier, an denen ihr gerade teilnehmt.Und zahlreiche andere internationale Institute sind ja dort auch mit festenBüros vertreten, aber es gibt halt generell auch sehr viel Konferenzpräsenz.Und irgendwie liest sich das für mich so ein bisschen mit, naja,wenn da so viel Konferenzaktivität ist, dann sind halt auch viele Spione daund wenn wir jetzt anfangen, gegen die irgendwie vorzugehen und so,dann finden ja keine Konferenzen mehr statt.
Thomas Lohninger
Das mag sogar mit einem Grund sein, dass ich, wenn du die Verhandlungen in Wienmachst, dann weißt du genau, worauf du dich einlässt, ja, das ist sozusagen,da gibt es keine Überraschungen.Ja, also wir wissen ja auch aus den Snowden-Folien, dass Österreich oder zumindestWien eine Full-Tech-Stadt ist,also dass hier einfach alles aufgezeichnet wird und nachher ausgewertet,weil also diese zwei Millionen Leute, die sich da herumgrundeln,bevor wir jetzt die Diplomaten vorher rausfischen,nehmen wir mal alles und schauen dann im Nachhinein, was wir brauchen.Da haben wir dann vielleicht auch noch die Liebschaft oder die Drogendealervon den Diplomaten auch noch mitgefangen. Könnte ja hilfreich sein.Natürlich, aber das greift auch in das Grundrecht auf Datenschutz von allenanderen Menschen hier in diesem Land ein.Wir haben halt so überhaupt nicht reflektiert, was denn auch die Neutralität betrifft.In dieser neuen Zeit nach dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine denn bedeutet.Und ich glaube, dass da Schweden und Finnland die klügeren Lehren draus gezogen haben.Ich bin zwar überhaupt kein Fan von Militär und Militärausgaben,aber man sollte halt entweder sagen, wir demilitarisieren komplett und sagen einfach so,Inschallah hoffen wir, dass nichts passiert oder wir sind Teil der NATO und lassen uns schützen.Also diese Debatte gibt es gerade halt auch.Und ja, es gibt den BVT, von dem ich vorher gesprochen habe, auch nicht mehr.Nach diesem massiven Vertrauensverlust, auch durch die Haustischsuchung unddie sonstigen Spompernadeln von Innenminister Kickl der FPÖ,ist Österreich auch aus der Berner Gruppe ausgeschlossen worden.Das ist ein Zusammenschluss westlicher Nachrichtendienste und das hat dann dazugeführt, dass nach dem Terrorangreif in Wien vom November 2020 man das BVT abgeschafft hat,eigentlich ein Grund zur Freude ist, einen Nachrichtendienst abzuschaffen.Leider wurde genau danach halt der Nachfolger geschaffen.Das ist die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst,genannt DSN, die jetzt eben gerade zuständig ist für diese Dinge.
Tim Pritlove
Berner Gruppe, also was ist das genau für eine, also wo kommt der Begriff her?
Thomas Lohninger
Ja, ich habe immer gedacht, dass das irgendwas mit der Schweiz zu tun hat,aber also nachdem das irgendwie so Nachrichtendienste sind, glaube ich,dass es da nicht so viel gibt.Aber es ist, soweit das Medial immer berichtet wurde, ein Zusammenschluss westlicherNachrichtendienste, wo auch Informationen und Lagerbilder ausgetauscht werden.Ich weiß nicht, ob die auch so ein bisschen Qualitätssicherung betreiben undüber was man sich dort insgesamt austauscht, aber die Idee ist,neben den fünf Augen, den Five Eyes der Amis und der Briten,eben nochmal eine zweite Gruppe zu haben,die mehr Staaten beinhaltet und wahrscheinlich anhand von gemeinsamen geopolitischenInteressen da eben versucht,die Kooperation im nachrichtendienstlichen Bereich zu verbessern.
Tim Pritlove
Ich habe es jetzt gerade unter dem Begriff Berner Club gefunden.Das scheint wohl jetzt der gängige Begriff zu sein.Auch Club de Bern oder Club de Berna.
Thomas Lohninger
Ah, der Z, ja.
Tim Pritlove
Weil das der Sitz der CIA in Europa war.
Thomas Lohninger
Ah, okay, das macht Sinn.
Tim Pritlove
Genau, Berner Club, okay, wieder was gelernt.
Thomas Lohninger
Österreich ist nicht eingeladen bei der Party, wie drauf.
Tim Pritlove
Ja, und was ist jetzt, das habe ich nicht verstanden, mit NATO und Österreich?
Thomas Lohninger
Naja, Österreich ist ja nicht Teil der NATO und auch da eben als neutrales Landhaben wir immer gesagt, sagt, na,wir wollen uns da blockfrei zwischen Ost und West positionieren,was ja auch früher geografisch irgendwie noch Sinn gemacht hat.Und anders als die Schweiz haben wir Neutralität aber nicht so verstanden,dass wir weiter ein wehrhaftes Militär haben.Das wird von vielen so als Voraussetzung gesehen dafür, dass man Neutralitätwirklich leben kann und auch dafür einstehen kann.Und zwei andere neutrale Länder sind ja gerade der NATO beigetreten, Finnland und Schweden.Und das hat auch so ein bisschen die Diskussion in Österreich ausgelöst.Sind wir da Freerider? Also profitieren wir einfach nur davon,dass wir umgeben sind von NATO-Ländern und der Schweiz? und kümmern uns deswegennicht um eine aktive Außen- und Verteidigungspolitik.Sind wir überhaupt noch neutral bei gewissen Dingen? Also jetzt gerade ebenUkraine-Russland und auch Nahostkonflikt haben wir eigentlich sehr klare Haltungen.Und diese Debatte, die wird halt gerade geführt, aber noch gibt es da auch keine klare Richtung.Die Neutralität ist ein bisschen so eine heilige Kuh in Österreich.Die will keiner angreifen. Das ist genauso wie Atomkraft.Diese Debatte haben wir beendet. Da wissen wir, wo wir stehen.Und wenn du darüber sprichst, verlierst du nur Stimmen als politische Partei.Das ist leider, wie das im Moment gelagert ist.
Tim Pritlove
Okay, dann können wir glaube ich das Kapitel erstmal zumachen,oder? Haben wir alles erstmal berichtet, ne?
Thomas Lohninger
Genug Österreich.
Tim Pritlove
Genug Spionage-Kram.So, kommen wir zur EIDAS Wallet.Da haben wir ja auch vor ein paar Sendungen drüber gesprochen.Ich weiß gar nicht mehr, wie lange ist das jetzt her?
Thomas Lohninger
Gute Frage. Wir haben wahrscheinlich darüber geredet, als das Gesetz verabschiedetwurde, das EU-Gesetz zur digitalen Identität und zu dieser europäischen digitalen Identität Wallet.
Tim Pritlove
Raus aus dem Bootstable, das war die Sendung, die du mit Linus zusammen gemachthast, Logbuch Netzpolitik 485, genau, IDAS und DPI.
Thomas Lohninger
Genau. Und jetzt ist das Gesetz in trockenen Tüchern und es stellt sich dieFrage, wie kommt man denn zu der Software, die das Ganze umsetzen soll und demganzen Ökosystem, das ja da aufgezogen werden soll.Und mit dieser Frage hat sich die deutsche Bundesregierung in den letzten Monatensehr intensiv beschäftigt und hatte da auch einen Konsultationsprozess.Der anfangs sehr offen war. Ich war da gemeinsam mit vielen anderen NGOs am Anfang dabei.Wirklich übrig geblieben sind dann eigentlich, glaube ich, nur zwei VertreterInnender Zivilgesellschaft,die da wirklich durchgängig dabei waren, die eine unheimlich gute Arbeit gemachthaben, um da diesen Architekturvorschlag, den die deutsche Bundesregierung jetztvorgelegt hat, zu verbessern.Die zwei waren da wirklich alleine auf weiter Flur, weil ansonsten hatte keinerden Atem, sich diesem Marathon an Meetings zu unterwerfen, außer der Industrienatürlich, die war da sehr glücklich, ihre Vorstellungen einzubringen.Wir haben jetzt auf jeden Fall mal diesen Architekturvorschlag,den wir auch verlinken, das ist ein sehr langes Dokument und vor allem das Datenschutzkapitelhabe ich mir angesehen und da muss ich sagen, das ist wirklich gut geworden.Also da hat Deutschland genau das, wie wir uns das gedacht haben in den Verhandlungen,dass das sein soll, mal niedergeschrieben.Es ist noch nicht so, dass man jetzt sagen kann, okay, da ist die technischeSpezifikation drinnen. Die kommt erst später von der EU-Kommission.Das ist ganz spannend, weil in den nächsten sechs, sieben Monaten muss die Kommission das vorlegen.Und Deutschland hat da natürlich mal was auf den Tisch gelegt,was die Kommission nicht ignorieren kann.Das freut mich jetzt mal nur so als Datenschützer, weil damit die Latte einbisschen höher gelegt wurde, als ich das aus vielen anderen Ländern kenne.Da wird Datenschutz gerade bei digitalen Identitätssystemen bei Weitem nicht so wichtig genommen.Es gibt auch noch Kritikpunkte, die wir an diesem Architekturvorschlag haben.Zum Beispiel, wenn du Daten über dich weitergibst an eine Firma,weil du jetzt eine Versicherung abschließt oder bei einem Hotelcheck-in,da ist ja alles denkbar an privatwirtschaftlichen Use Cases.Gibst du nicht nur deine Daten weiter auf einer vertrauenswürdigen Verbindung,sondern du gibst auch die staatlich beglaubigten kryptografischen Echtheitszertifikate weiter.Sprich, es ist dann auch für diese Firma, die deine Daten bekommt.Kryptografisch nachweisbar, dass die von diesem Staat als echt und authentisch zertifiziert wurden.Und das schafft ein paar neue Probleme, die wir so noch nicht hatten.Erstens mal, du kannst damit parallele Infrastrukturen aufbauen und dadurchnatürlich auch abseits von diesem EIDAS-Regularium, wo es vielleicht klare Grenzengibt, was mit den Daten passieren kann und da kann auch eine Firma ausgeschlossen werden,wenn ich die Daten mal habe, kann ich ja irgendwie mein Parallelsystem aufbauendamit. Technisch wäre das dankbar.Und das zweite ist natürlich, der Überwachungskapitalismus freut sich unheimlich,wenn du nicht mehr irgendwelche so Webformulareingaben hast,wo man vielleicht noch lügen kann oder tricksen kann oder Dinge weglassen kann.Sondern wenn du halt wirklich weißt, diese Daten sind staatlich beglaubigt.Das ist wirklich dieser Mensch, das ist seine Adresse, das ist seine Führerscheinklasse,seine finanzielle Situation, Familiensituation, Name sowieso.Also das wiegt schon sehr schwer und da gäbe es bessere technische Möglichkeiten,diesen Austausch zu gestalten, ohne die Signaturen mitzuliefern.Und deswegen, ja, da gibt es sicherlich noch Bewegungsspielraum so ein bisschenund das ist jetzt mal nur in der Nutshell, wie wir dieses Datenschutz,dieses Architekturkonzept sehen.Aber jetzt komme ich zu dem eigentlichen Punkt dieses Themenblocks und zwar,wie kommt man zu der Software?Und da hat sich die Bundesregierung mit dieser, ich glaube die heißt so Agenturfür Sprung, Innovation, Sprint, sind sie auf die Idee gekommen,wir machen da so ein mehrstufiges Verfahren, wo eingangs sechs Firmen oder Konsortien ausgewählt werden.Ich glaube, das müssen gar nicht Firmen sein, aber es sind so sechs Anbieter,die Software bauen wollen.Die bewerben sich, da werden sechs ausgewählt, die kriegen mal einen BatzenGeld, damit sie was bauen können.Nach ein paar Monaten gibt es die zweite Stufe, wo dann glaube ich vier übrigbleiben und wiederum eine zusätzliche Finanzierung gegeben wird,um das Ganze weiterzuentwickeln.Und zuletzt sollen zwei Anbieter übrig bleiben, die in der dritten Runde voneiner Jury ausgewählt werden, wiederum Geld bekommen, um die Dinge auch fertig zu entwickeln.All das soll Open Source sein und sich an dieses Architekturkonzept halten.Das ist schon mal spannend, weil eine komplette Open-Source-Implementierungzu haben, ist sowieso die Voraussetzung dafür, dass man so einer Software vertrauen kann.Aber das hilft natürlich auch allen anderen Ländern, wenn da schon ein Software-Stackda ist, zu dem man sich zumindest verhalten kann.Es ist nur Open Source, es ist keine freie Software, es stellen sich vielleichtimmer noch Lizenzfragen, aber trotzdem ist dieser Ansatz nicht schlecht und ja,auch zum Kern der Sache zu kommen, diese Jury von zehn Leuten wird jetzt geradegesucht und unter anderem wurde auch ich gefragt, ob ich da nicht hineingehen will.Und das wollte ich, ich habe mich da noch nicht letztlich entschieden,ich wollte das mal auch mal hier offen einfach in der Sendung mit dir und auchmit den Hörerinnen besprechen.Für mich ganz entscheidende Punkte war, dass es die Möglichkeit einer dissenting opinion gibt,also wenn man nicht mit dem Mehrheitsvotum der Jury einverstanden ist,dann kann man auch Punkte anbringen, die in der Begründung, die für jede Firmaoder für jeden Einreicher dort, der eine Wallet bauen will, dann veröffentlicht werden.Du kannst dich natürlich nicht zu denen äußern, die du ablehnst,das wäre ein bisschen nachtreten,aber trotzdem glaube ich, dass es sinnvoll ist, so dissenting opinions zu haben,dass du einfach on the record geben kannst, was Bedenken sind und dass man halttrotzdem auch vielleicht weiß,es gibt wirklich Augenmerk auf Datenschutz bei der Auswahl jener Konsortienoder Firmen, die hier versuchen, eben mit staatlichem Geld so eine Wallet zu bauen.Es gibt auch eine Aufwandsentschädigung, das sind drei Termine,wo es jeweils 1000 Euro gibt.Das geht natürlich an Epicenter Works als den gemeinnützigen Verein,wo ich das ganze tue im Rahmen meiner Anstellung.Und ja, das ist so grob, wie ich die Sache sehe. Tim, was denkst du dir?
Tim Pritlove
Also zunächst einmal diese Bundesagentur für Sprunginnovationen,die kennt ja vielleicht nicht jeder.Das ist ja eine relativ neue Geschichte, ein Laden, der vom Rafael Laguna dela Vera mit diesem klangvollen Namen geführt wird und mit dem hatte ich zumBeispiel auch schon mal das Vergnügen einen Podcast aufzunehmen,nämlich im Rahmen von Forschergeist, Forschergeist 91,wo wir uns mal darüber unterhalten haben.Und der Modus operandi dieser Bundesagentur an sich ist ja schon mal sehr entstaubt.Also das ist zwar, es leuchten ja immer gleich alle Warnglocken auf,wenn irgendwo Bundes davor steht.Aber wie beim Bundestagszusammenfasser kann es halt auch mal anders laufen.Und mein Verständnis ist, dass da sehr flexibel gedacht wird.Und wo es halt auch darum geht, schnell zu Lösungen zu kommen.Und ich habe auch so den Eindruck, dass da ein gewisses Grundverständnis derdigitalen Realitäten vorliegt. Das vielleicht mal erstmal so von vornherein. Und naja, warum nicht?Also ich meine, das klingt ja ganz sinnvoll. Man wünscht sich ja eigentlichimmer diese Einbindung.Man hat vielleicht manchmal so ein bisschen Angst, wenn man dann irgendwie auchwirklich eingebunden wird, dann wird man dann vielleicht nicht erhört und dannist das so ein bisschen Feigenblatt und so.Das ist natürlich durchaus immer ein berechtigter Einwand so grundsätzlich oderzumindest etwas, was man für sich selber mal prüfen sollte, ob das so ist.Klingt für mich jetzt hier erstmal so nicht, sondern hier gibt es halt wirklichauch den Wunsch so etwas Sensitives dann eben auf einer Open Source Basis entwickelnzu lassen und das ist ja erstmal kein Fehler.Ich weiß nicht, ob wir nochmal kurz sagen sollten, was das denn genau wäre.Also EIDAS ist ja quasi die europäische Richtlinie, die, ist das eine Richtlinie?Oder ist das eine Verordnung?Eine Verordnung, die halt klar sagt, wie so Identifikation sozusagen abzulaufen hat in Europa.Und diese Wallet soll was genau leisten?
Thomas Lohninger
Also diese Wallet ist eine App auf unseren Smartphones nach den Plänen der EU-Kommission,die es uns erlaubt, online und auch offline, also wenn wir uns in physischerNähe begegnen, uns auszuweisen.Einerseits mit unserer staatlichen Identität, also wer bist du und auch andereEigenschaften und Datenfelder über dich eben weitergeben kannst an sowohl öffentlicheStellen wie auch private.Dieses System ist nach allen Richtungen hin offen.Das können beliebige Daten sein von Universitätsabschlüssen,deiner Meldeadresse, Familienstand,Lenkerberechtigung bis hin zu Hotelzimmerschlüsseln oder Kundenkarten.Und auch die andere Seite der Gleichung gegenüber wem du dich ausweist ist offen.Das können beliebige staatliche Stellen sein, Bund, Land, Gemeinde,ganz beliebig, aber auch beliebige Unternehmen.Das Ganze ist ein europäisches System, soll also wirklich interoperabel sein.Dass du dich dann eben auch in Schweden oder in Frankreich mit diesem System bewegen kannst.Es erlaubt auch die Authentification. Du wirst auch explizit bei Facebook,bei Google und bei anderen Big Tech Plattformen die Möglichkeit finden,dich mit dieser Wallet einzumelden bei dem dortigen Dienst.Diese Very Large Online Plattforms gemäß Digital Services Act,also die Big Techs dieser Welt, werden nämlich verpflichtet, die Wallet anzubieten.Was ich für eine ganz schlechte Idee halte, aber so sieht es das Gesetz vor.Und der letzte Punkt, den man nicht übersehen darf, ist, dass mit dieser Walletauch rechtsgültig unterschrieben werden kann.Also es wird auf einmal sehr wichtig, dass du wirklich die Kontrolle darüberbehältst und nicht irgendjemand, der mal kurz Zugriff auf dein Handy hat,dann einen Vertrag für dich unterschreibt oder einen Kredit aufnimmt oder so Sachen.Das ist so grob der Funktionsumfang dieser European Digital Identity Wallet.
Tim Pritlove
Ja, also ich finde es auf jeden Fall wichtig, dass dieser Prozess begleitet wird.Da ist sicherlich eine Chance drin, auch wenn ich so intuitiv mir vor allemwünschen würde, dass man da sehr eng mit den Betriebssystemherstellern zusammenarbeitet,um sozusagen nicht nochmal yet another standard zu machen,sondern gleich sozusagen auch zu sehen, okay, wie kann man das möglichst auchauf Betriebssystemebene integrieren, dass man jetzt nicht alles immer in einerApp liefern muss, weil gerade wenn es um so sensitive,sicherheitssensitive Dinge geht, dann ist ja in diesen Betriebssystemen undin den Devices selber schon eine ganze Menge Basissicherheit vorhanden,an die man sich ja andocken kann.Können sollte und dann mit dem biometrischen Verfahren und sonstigen Schutzmechanismen,die das System ohnehin schon mitbringt, dass das damit dann auch gekoppelt wäre.Das wäre so jetzt mein Take, aber ich möchte jetzt hier nicht in eine technischeDiskussion gehen, aber ich empfinde jetzt sagen wir mal dieses Engagement alssolches finde ich nicht falsch.
Thomas Lohninger
Zu diesem Sicherheitsaspekt, weil da stichst du gerade in ein Wespennest hinein,darum wird nämlich gerade gestritten.Wie viel kann ich aus dem Nähkästchen plaudern? Ich glaube, es ist nichts verkehrt,wenn ich das mal irgendwie aufnehme.
Tim Pritlove
Wir sind ja unter uns, Thomas.
Thomas Lohninger
Es ist so, dass es da ganz unterschiedliche Vorstellungen gibt zwischen den Mitgliedstaaten.Manche Länder meinen, die Private Keys sind sowieso immer nur bei uns am Serverund dieser Wallet, die darf nicht mehr sein als ein Frontend,aber alles, was wirklich kriptografische Signaturen betrifft, ist bei uns am Server,weil nur wir sind vertrauenswürdig, hat natürlich massive Datenschutznachteile.Weil wenn du das nicht sauber machst, ist es sehr leicht möglich,auch an zentraler Stelle nachzuvollziehen, was die Leute denn so tun mit dieserWallet, die vielleicht bei jedem Einkauf, bei jedem ÖPNV-Trip und so weiter zur Anwendung kommt.Dann gibt es das Modell, wo Österreich zum Beispiel auch dafür ist,dass man sagt, wir haben doch die Secure Enclaves und die Chips auf diesem Telefon,denen vertrauen wir doch.Hier ist es so, dass durch den Digital Markets Act geregelt ist,dass der Staat auch den Zugriff bekommen muss auf diese Chips.Und dass jetzt Apple nicht hergehen kann und sagen, nee, unsere Infrastrukturist so super secure, ihr dürft da nicht irgendwie das skriptografische Schlüsselmaterial ablegen drauf.Und da stellen sich auch einige technische Fragen, wo ich gespannt bin, wie man das lösen will.Aber das ist so der zweite Ansatz.Nutze das, was du gerade gesagt hast, die Sicherheit des Telefons.Und der dritte Ansatz, der vor allem von Deutschland präferiert wird,den ich auch für den sichersten halte, ist, sobald es ans Eingemachte geht,also wirklich ans Unterschreiben oder an, man nennt das Level of Assurance High,da muss der Personalausweis mit dem Chip ans Telefon gehalten werden.Und nur dann kannst du diese Funktionen ausführen, weil das wirkliche Schlüsselmaterial,das bleibt auf der Chipkarte des Personalausweises und geht nicht auf das Telefon.Und gerade weil es zum Beispiel in Norwegen zig Fälle gibt, wo dieses Unterschreibenfür andere Leute zum echten Problem wurde, glaube ich, dass dieser Ansatz sogarauch aus IT-Sicht übrigens der bessere wäre.Aber darum wird gerade gestritten, was sich da am Ende als EU-Standard durchsetzen wird.Ist noch absolut offen. Da wird gerade massiv gezogen, das IIDAS-Gesetz istnoch nicht im Journal der EU veröffentlicht, im Amtsblatt.Das wurde so ein bisschen lange hinausgezögert.Ich glaube, weil da im Hintergrund noch bestritten wird, sobald das im Journalveröffentlicht wird, was dem Vernehmen nach sehr bald der Fall sein soll,läuft eine Uhr und dann gibt es nur noch sechs bis maximal zwölf Monate,bis die Kommission diese technischen Standards festlegen muss.Und dann wissen wir auch viel mehr, wie die Interoperabilität grenzüberschreitend funktionieren soll.
Tim Pritlove
Ja, also von daher ist es sicherlich ganz sinnvoll, sich dort einzuklinken.Ich habe so ein bisschen Angst, dass da halt wieder so Fummelsachen bei rauskommen,wie wir das jetzt gerade mit dieser Ausweis-App gehabt haben.Dann soll das dann im Web gehen und dann gibt es dann irgendwie keine zuverlässige,sichere Verbindung zwischen der Webseite und dieser Karte.Also ich verstehe eh nicht, warum es einem dann die Telefone auch so schwermachen, kryptografisch diese Prozesse auch irgendwie mit Webseiten dann auchin Verbindung zu bringen.Und so ein Vorgang, wo halt auf der einen Seite mein Personalausweis zum Einsatz kommt,aber eben auch eine sichere Brücke zu digitalen Gegenstellen geschlagen werdenmuss, wenn man es in Anführungsstrichen richtig machen will,da ist es halt unter Umständen dann auch erforderlich auf die Hersteller malzuzugehen und zu sagen, ihr müsst jetzt diese Schnittstellen aber auch anbieten,damit wir nicht irgendwelche komischen Fummellösungen machen.Wie wir das jetzt hier gesehen haben, da machen wir jetzt eine URL und dannwird irgendwie die App aufgerufen und dann passt das schon irgendwie so.Das ist halt so ein bisschen an der Stelle so ein bisschen wackelig.Und dann wird die falsche Methode gewählt, weil bei der Entwicklung nicht richtigdrüber nachgedacht wurde, wie man das jetzt irgendwie gelöst bekommen würdeund dann schafft man sich da eben so eine.Einsprungsstelle für Unsinn.Und das ist schwierig und Ich denke, das muss auf breiter Front vorangebrachtwerden, aber es muss vor allem darauf geachtet werden, dass es ordentlich gemacht wird.
Thomas Lohninger
Absolut. Wir können ja in den Kommentaren nochmal Feedback sammeln dazu.Diese Frage ist, glaube ich, eine ganz spannende mal zu diskutieren.Wir sind ansonsten immer sehr bedacht darauf, auch unsere Unabhängigkeit zu wahren.Und zum Beispiel, wenn jetzt irgendjemand von uns Beratung haben will,wir tun das nur unentgeltlich.Wir könnten dafür kein Geld nehmen, weil dann wären wir befangen,wenn im nächsten Moment dann ein Journalist kommt Und unsere Meinung haben will zu diesem Thema.Das geht sich für die Rolle als NGO und Watchdog meiner Meinung nach nicht aus.Und hier gibt es natürlich auch eine Verschwiegenheitsvereinbarung,weil du in der Jury natürlich schon über Geld entscheidest.Ich glaube, in Summe sind es grob drei Millionen, die da vergeben werden.Und deswegen ist das was, das ich jetzt so noch nicht hatte und ich kann abergerade, weil das wirklich staatliche Infrastruktur ist,wo so viel dranhängt, will ich, dass da Datenschutz ernst genommen wird unddas ist was, wo ich Ahnung habe und da hoffe ich auch,dass im Hinblick auf so...Eine Vergabe von Steuergeld, um eine wirkliche allgemeine Infrastruktur zu bauen,wo ganz viele Teile der Gesellschaft ja dann auch davon abhängig sein werden,da macht es einfach Sinn, am möglichst inklusiven Prozess zu wählen.Und für mich ist ganz entscheidend, dass ich halt, wenn ich da reingehen sollte,mich dann nicht mehr äußern kann zu dem Projekt als solches oder zu einzelnenDingen, wenigstens in Form der Dissenting-Opinion nochmal sagen kann,okay, das war zwar die Entscheidung, aber es gab Chatham House anonymisiertzumindest folgende Gegenpunkte bezüglich dem und dem.Und ich hoffe aber auch, das ist ja immer die schöne Sache, wenn du als NGOin so Juries bist, Du bist eigentlich die schwächste Partei,weil du hast keine Lobby im Hintergrund.Gleichzeitig bist du die, wenn du aufstehst und sagst, Leute,das erfüllt den Zweck nicht mehr, dann haben alle ein Problem.Also oft gibt es dann schon einen Konsens und ich hoffe, dass überhaupt auchgenügend Angebote reinkommen, wofür wir sagen, ich will was datenschutzfreundliches bauen.Dann hat man vielleicht wirklich auch was für ganz Europa geschaffen,weil am Ende des Tages geht Deutschland hier voran und das finde ich mutig und gut.Da muss aber auch wirklich was dabei rausschauen, dass unseren europäischen Werten auch Genüge tun.
Tim Pritlove
Ja, aber am Schluss bist du die Schuld dann, ist klar.
Thomas Lohninger
Ja, wie immer.
Tim Pritlove
Gut, dann kommen wir gleich mal zu dem nächsten potenziellen Spaltpilz,wo sich verschiedene Meinungen auftun, nämlich digitales Geld und das Rechtauf Bargeld ist natürlich da auch mit drin.
Thomas Lohninger
Voll, das ist ein Thema, das war schon mal bei Logbuch Netzpolitik 465 Themaund da würde ich gerne anschließen und so ein bisschen ergänzen,weil es ist da was passiert, gesetzgeberisch.In der Sendung damals haben Linus und du ja auch diesen Souveränitätsgedankenaufgebracht und da kann ich euch recht geben,das war auch ein starker Motivator für jene Kräfte, die dieses Gesetz nach vorne gebracht haben.Souveränität meint hier, wir haben jetzt gesehen, wie schnell man in Russlanddigitale Bezahlsysteme abdrehen kann.Wir haben irgendwie Donald Trump als Frontrunner bei der amerikanischen Präsidentschaftswahl.Was würde denn in Europa passieren, wenn wir auf einmal keine digitalen Bezahlsysteme mehr hätten?Weil, oh Wunder, kein Unternehmen in diesem Bereich ist wirklich europäisch.Das sind alles amerikanische Dienstleister.Also diese Idee der Sanktionen war ein treibender Faktor.
Tim Pritlove
Also was das in dem Zusammenhang meint, ist halt sowas wie Frontend,so Apple Pay, Google Pay, beziehungsweise vor allem natürlich dahinter die Kreditkartennetzwerke,also die Visa- und Mastercard-Netze, die ja im Prinzip die Welt unter sich aufteilen.
Thomas Lohninger
Ganz genau. Und auch die Cryptocurrency-Assets, Blockchain-Bullshit-Sachen,die da von Big Tech kamen.Libra habt ihr damals erwähnt in der Sendung, den Vorstoß von Facebook,von Meta, hier eine digitale Währung zu schaffen,hat den Zentralbanken auf der ganzen Welt unheimlich viel Schrecken eingejagt,weil Facebook kann schon nicht mit Daten umgehen.Jetzt wollen wir ihnen nicht auch noch Geld in die Hand geben.Also dieser Vorschlag eines digitalen Euros ist idealistisch und ideologischirgendwie verständlich.Aber die Frage, die Linus auch gestellt hat, was bringt mir das denn als Konsumentinoder Konsument, die ist weiterhin unklar.Und das sagen auch einige der Konsumentenschutzorganisationen,dass im jetzigen Vorschlag ist der Vorteil für Konsumentinnen nicht klar.Auf einer hohen Ebene bin ich schon der Meinung, dass so etwas wie Bezahlung,Geld ist schon was, das wir lieber demokratisch regulieren, als es jetzt irgendwieeiner Firma zu überantworten.Und die EZBau sieht ja auch, dass immer weniger von dem Geld,was ihres ist, noch unterwegs ist.Weil eigentlich sind nur die Münzen und die Scheine, die wir in Händen haltenkönnen, wirkliches Zentralbankgeld.Geld auf deinem Bankkonto und Geld auf der Visa-Karte oder in Apple Pay,das sind Schuldverschreibungen mit der Bank, mit Visa oder mit Apple.Und dadurch ist es eben nicht mehr Geld, das wirklich in den Händen von derZentralbank ist und da ist es auch so ein bisschen für sie ein Schritt,den sie setzen, weiter relevant zu bleiben.
Tim Pritlove
Also um es gleich mal korrekt zu machen, also Apple Pay ist natürlich keineSchuldverschreibung, das ist ja ein reiner Zugangsdienst,die Dienstleistung sozusagen der Vermittlung der Zahlung und auch wenn du jetztKreditkarten über Mastercard und Visa abwickelst,Man kennt die zwar als Kreditkartenanbieter,aber genau genommen sind es ja erstmal Kreditkarten-Netzwerkabwicklungsanbieter.Ob die Kreditkarte, die dann da abgewickelt wird, eine von diesen Unternehmenist, das ist nochmal eine andere Sache.Die Kreditkarten werden schon in der Regel von deutschen Banken ausgegeben unddas Geld, was die deutschen Banken oder überhaupt die europäischen Banken halten,das ist ja letztlich schon auch Geld der Zentralbank, weil da leiden sie sich das ja aus.
Thomas Lohninger
Du hast schon recht, ich glaube es ist für die EZB trotzdem so dieser Gedanke,das sind alles amerikanische Firmen, die könnten das abdrehen und was passiert da?
Tim Pritlove
Ja, es geht um die Infrastrukturen und sozusagen, also ich denke die Grundideebeim digitalen Euro ist,dass man sozusagen auch noch einen anderen Weg hat, so eine unmittelbare Bewegungvon Euro-Geld, die nicht sozusagen auf andere Infrastrukturen angewiesen ist,die sozusagen eine eigenständige Infrastruktur darstellt.Sodass man eben, wie man eben das mit Bargeld macht,auch den Euro direkt digital bewegen kann, ohne das über private Infrastrukturenzu machen, die im Zweifelsfall abgeschnitten werden können.Also dass man sozusagen einen direkten Weg hat, in dem man auch eine direkteDarstellung des Geldes, was die EZB eben ausgibt, nämlich den Euro, hat.Und die gibt es halt derzeit so nicht.Und damit es das geben kann, benötigen wir halt Standards, die es derzeit nicht gibt.Und das ist natürlich nicht Blockchain oder irgendein Voodoo,weil das ist ja eher der Versuch an der EZB Geld vorbei zu schmuggeln für PersonalGain und Kriminalität und Spenden an Nordkorea, da ist das ja sehr populär.Sondern eben einen eigenen Standard aufzumachen oder natürlich im Idealfallauch einen international gültigen Standard für Geld sozusagen,der eben den Anforderungen entspricht.
Thomas Lohninger
Absolut. Und wie du gerade gesagt hast, es sind da viele technische Fragen noch nicht geklärt.Ihr habt euch ja damals, glaube ich, im Juli 23 zu dem Thema geäußert.Und seit Juni 23 haben wir die dazugehörigen Gesetze, die von der Kommission vorgestellt wurden.Und diese Gesetze sind aber, eh so wie wir das aus der EIDAS kennen,großteils Überschriften und grobe rechtliche Konzepte und Konstrukte,wo aber die Dinger, die einen interessieren, um da vielleicht auch eine Aussagezum Datenschutz zu machen, komplett fehlen.Es gibt doch so gut wie keine Rechte, die ich als Person habe,wenn ich jetzt diese Währung verwende.Was darf eingesehen werden, was nicht.Und da fehlt unheimlich viel an Safeguards, was aus unserer Sicht wichtig wäre.Und diese Gesetze, ich verwende hier den Plural, weil es noch ein zweites gibt,das Recht auf Bargeld, auf das komme ich gleich,aber beim digitalen Euro ist es so, dass da zwar die DSGVO korrekt wiedergegeben wird,auch mit den Bestimmungen, wer was verarbeitet und was für Daten von wem undzu welchem Zweck, aber halt eben auf einer technischen Ebene.Wie wird hier Privacy by Design garantiert?Was habe ich denn vielleicht noch für Zusicherungen, dass zum Beispiel zumindestfür Kleinstbeträge gewisse Informationen nicht anfallen über eine tägliche Transaktion,wie ich sie vielleicht durchführe?Es gibt nämlich bei diesem digitalen Euro das Versprechen der EU-Kommission,dass diese Währung und dieses Zahlungsmittel datenschutzfreundlicher sein sollals alle anderen digitalen Bezahlsysteme.Das ist nicht schwierig, weil die sind alle so schlecht, dass da besser sein ist easy.Aber dann sagen sie auch und der digitale Euro, vor allem der offline digitaleEuro soll besser sein als Bargeld, was Datenschutz betrifft oder zumindest genauso gut wie Bargeld.Das ist ein Versprechen, an dem messe ich sie die ganze Zeit,weil da sind sie meilenweit davon entfernt.Und du hast doch bei vielen Sachen dann so erst ausgelagert in zum BeispielDelegated Acts, also Verordnungen, die später kommen und dann einseitig vonder Kommission erlassen werden.Regeln zur Geldwäscheprävention und Terrorfinanzierung, die natürlich die klassischenFeinde vom Datenschutz sind bei so Bezahlsystemen.Und das ist auch ein superschwieriges Problem, weil du hast doch diese ganzeFrage des Double Spendings und du willst da ja Kohärenz sicherstellen in so einem Währungssystem.Es gibt bei dem digitalen Euro zwei Ausprägungen, einen Online- und einen Offline-Digital Euro.Beim Online-Digital Euro muss zumindest eine Partei der Käufer oder Verkäufer, Payer oder PI,online sein, weil da alles immer in der Infrastruktur der EZB abgebildet wird,die sogenannte Settlement-Infrastructure.Kann man sich so vorstellen wie eine einfache Datenbank.Keine Blockchain, alles nur bei der EZB, aber da hast du jede Transaktion drin.Und der Offline Digital Euro, der soll wirklich auch dann funktionieren,wenn beide Parteien offline sind.Und da stellt sich dann schon so die Frage, ich habe Geld, das auf Nullen undEinsen basiert und kopiert werden kann.Wie schaffe ich es, dass das nicht einfach wie alles Digitale kopiert wird unddann zwei, drei, viermal Millionenfach ausgegeben wird?Und da ist eine einzige Antwort, die sie gefunden haben.Ja, wir haben in diesen Smartphones doch diese Sicherheitschips,diese Secure Enclaves eingeführt.Wir vertrauen denen einfach mal komplett und wir wetten die Stabilität der Eurozonedarauf, dass da schon nichts passieren wird.
Tim Pritlove
What could possibly be wrong? Ja, okay.
Thomas Lohninger
Ausgeschrieben. Fun Fact, Amazon ist einer der Player, der sich hier reingeschmuggelthat und auch jetzt das Währungssystem bauen will.Und um den Offline Digital Euro abzusichern, haben sie gerade einen Tender vorzwei Monaten rausgegeben mit sage und schreibe 1,2 Milliarden Euro,um da technische Standards und Absicherungskonzepte und aber auch den Betriebdieser Währung dann abzubilden.Das ist Ja, für ein Gesetz, was noch nicht beschlossen ist, wohlgemerkt,das Gesetz, Sie wollten unbedingt, dass das jetzt noch vor der Wahl durchgeht,das haben Sie nicht geschafft.Es gibt massive Bedenken, unter anderem vom Datenschutz von uns,aber auch von den Banken, die da große, große Sorge haben, hey,damit geht ja Geld uns flöten, wenn das nicht mehr Euros bei unserem Konto sind,die wir verborgen können an andere Kunden, sondern digitale Euro,die ja direkte Schuldverschreibung mit der EZB sind.Auch wenn wir da das Kundenverhältnis halten und die Vertragsbeziehungen eingehen,dann haben wir da die große Angst, dass uns das Geld abhanden kommt und deswegenhat man auch eine Grenze eingezogen, dass keiner mehr als 3.000 Euro verdient.Digitale Euro sozusagen zu einem Zeitpunkt halten kann. Also der Digital Eurosollte kein Store of Value sein.Also so wie das Geld unter dem Kopfkissen der natürliche Feind der Bank ist,soll auch der Digitale Euro kein Feind der Banken sein, indem man einfach eineGrenze einzieht von 3000 Euro. Euro, mehr digitale Euro darfst du nicht halten.Das ist natürlich auch wieder überhaupt nicht im Sinne der Bevölkerung,aber es ist halt so ein Geschenk, das man den Banken macht.
Tim Pritlove
Also ich habe jetzt nicht viel Kenntnis darüber, wie da der aktuelle Debattenstandist in diesem Umfeld, weil ich mich da einfach nicht drin bewege.Aber grundsätzlich würde ich ja sagen, erstens, wenn man etwas schaffen will,was unmittelbar auch in der Bedienung und in der Akzeptanz mit dem,was wir derzeit so mit Kreditkartensystemen haben, mithalten soll,dann muss man im Prinzip auch genau auf diesem Level mitspielen.Und das wäre halt zumindest erstmal, dass sozusagen die EZB Infrastrukturenaufbaut, um im Prinzip eine Alternative zu sein zu so etwas wie Girocard,so etwas wie Mastercard und Visa im Sinne von Payment-Netzwerke.Dass man also sozusagen selber auch als Payment-Netzwerk auftritt,weil so funktioniert das halt jetzt sozusagen.Du willst mit deiner Uhr im Supermarkt zahlen, dann muss es ja irgendeine Clearancegeben. Es muss ja irgendjemand sagen.Diese Transaktion darf stattfinden, für diese Transaktion ist das Geld da undich stelle jetzt auch sicher, dass diese Transaktion hier bei dem einen dazugehtund bei dem anderen weggeht und das passt schon so.Das ist ja im Prinzip was so ein Bezahlnetzwerk einem sicherstellen will.Also Security, Einhaltung von Gesetzen im Sinne von Geldwäsche und Transaktionenund wo es hingehen darf und wo nicht oder was für Transaktionslimits sind oderwas auch immer in der ganzen Rechtsgeschichte mit drin ist.Und wenn du dann eben sagen willst, wir wollen aber von Mastercard und Visavon diesen Netzwerken unabhängig sein, naja dann musst du halt dein eigenes Netzwerk haben.Und wenn man das eben auf Basis des Euros und der EZB macht,dann muss man halt irgendwie ein Trusted Netzwerk haben.Im Prinzip haben wir sowas ja auch schon, das ist halt das SEPA-System,das macht schon einen Großteil davon, das ist ja digital,hängt bloß eben noch an diesen anderen Netzen dran, weil da eben die Händler dran hängen,weil die Bezahl-Terminals eben Verträge haben mit irgendwelchen Dienstleisternund das merkt man ja dann auch mal wieder, wenn irgendwas abgelehnt wird unddann kannst du mit Master bezahlen, aber mit Visa nicht und so weiter.Im Prinzip müsste man hier sehr langfristig vorgehen und sagen,okay, wir machen jetzt hier sozusagen den Euro auch direkt bezahlbar und direkt darstellbar.Den Offline-Euro, ehrlich gesagt, da habe ich so meine Zweifel,ob das überhaupt gelingen kann.Also ich glaube, das ist schwierig, weil das einfach ein generelles informatischesProblem ist, was ja zum Beispiel diese ganze Blockchain-Geschichte überhaupterst losgetriggert hat, weil dieses Double-Spending ist halt einfach ein Problem. Leben.Klar, da kann es irgendwie Lösungen geben, ich frage mich halt nur, ob die so wichtig sind.Weil das Bargeld, was in geringen Mengen vorgehalten werden kann,anonym und bei den Leuten sein soll.Das funktioniert auch nicht digital. Also da gibt es auf meiner Meinung nachnicht so den unmittelbaren Druck, das digital machen zu müssen.Das ist natürlich so ein bisschen das Problem, dass jetzt du Läden hast,die eben sagen, wir wollen aber jetzt hier nur noch digital bezahlt werden,weil Bargeld ist uns irgendwie zu teuer und zu aufwendig und das wird geklautund das muss man zählen und rollen und bei der Bank abgeben,wenn man das dann auch auf dem Konto haben will und dann muss man dann nochGebühren dafür bezahlen und so weiter.Hast du dich übrigens auch schon mal gefragt, warum manche Restaurants nur Bargeld annehmen?
Thomas Lohninger
Weil es da Gebühren gibt für die Händler.
Tim Pritlove
Ja, also dieses Gebührenargument ist ja sozusagen, naja, ich will keine Gebührenan Mastercard zahlen und andie Banken sozusagen, also an die Kreditkarten möchte ich nichts zahlen.Obwohl das ist aber gedeckelt, meistens, also zumindest bei Konsumentengeschäftenist es gedeckelt. Das ist aber irgendwie ein relativ überschaubarer Betrag mittlerweile.Dabei ist Bargeldhandling eigentlich viel schwieriger, weil du das musst duhalt irgendwie sichern und das darfst du dir nicht klauen lassen.Das kostet auch Geld, wenn du das in größeren Mengen an der Bank einzahlst.Also das hat meistens eher was mit Steuervermeidung zu tun und nicht,weil man irgendwie nicht am digitalen Transaktionssystem teilnehmen möchte oderda höhere Kosten hätte, meine ich.Also unabhängig davon, ich sage einfach nur, ich glaube nicht an den digitalenOffline-Euro, bis ich da irgendwie Standards gesehen habe, die sagen,nee, passt schon, das funktioniert auch und das kriegen wir irgendwie auch hin,weil ich halte das einfach für schwer zu lösen, aber eben auch nicht unbedingt notwendig.Die eigentliche Frage ist halt eher, will man überhaupt eine Welt haben, wo man auf...Die Akzeptanz von normalem Bargeld verzichten darf.Also darf das Unternehmen sozusagen erlaubt werden, nicht Bargeld anzunehmen.Und das wäre wahrscheinlich eher so der Hebel, bis man eben wirklich eine digitaleLösung hat, die funktioniert.
Thomas Lohninger
Zum Recht auf Bargeld komme ich gleich noch, aber ich würde gerne einhaken beidem, was du gerade gesagt hast.Und diesen Punkt, wie kommt der digitale Eurer überhaupt zu den Leuten und zuden Händlern, ist ein ganz wichtiger.Wichtiger und da muss man halt leider auch, also war ich in Runden,wo dann irgendwie Leute von der EZB, ich argumentiere so mit,hey, aber wir müssen doch schauen, dass das Vertrauen der Bevölkerung irgendwieda ist und die so We are the legal tender.It's a legal obligation to accept. We don't need to care about trust.Also, ein bisschen verklausuliert, aber es war schon so, wir können das haltins Gesetz reinschreiben und genau das haben sie hier auch gemacht.Also, jeder Händler in der Eurozone Der Geld annimmt und heute irgendeine Formvon digitaler Bezahlmethode anbietet, muss dann auch den digitalen Euro verwenden.Und die Gebühren sind reguliert. Da gibt es zwei Zahlen.Das eine ist, was ist denn sonst üblich für digitale Bezahlsysteme an Gebührenfür den Händler und wie viel kostet es uns, den digitalen Euro in die Welt zubringen? Und welche der beiden Zahlen niedriger ist, ist dann die festgesetzteGebühr, die alle zahlen müssen.Und dadurch wirst du das halt einfach wirklich in der Fläche en masse sehen, wenn es soweit kommt.Zu dieser Frage des Datenschutzes nochmal, wir haben halt im Moment,kann man das beurteilen?Es ist einem Gesetz schon einigermaßen klar, wie es ungefähr technisch funktionieren soll.Beim Online Digital Euro hast du einfach eine zentrale Infrastruktur,da ist jede Transaktion drinnen gespeichert.Und das komplette Datenschutzkonzept baut darauf auf, dass die EZB uns verspricht,nicht hinzuschauen, wer jetzt was gezahlt hat.Also die Daten sind pseudonymisiert, sie können aber aus Gründen wie Fraud Detection,Anti-Money Laundering, Terror Financing und anderen halt einfach trotzdem hineinschauenund reidentifizieren. Das heißt Vollüberwachung.Und beim Offline Digital Euro ist es halt so, ja das ist in dem Telefon in irgendwelchenChips und denen vertrauen wir und alle X Transaktionen wird ein Stand an OfflineDigital Euros wieder gesynkt und jetzt kommen sie auch drauf,dass sie da Haftungsregeln brauchen,wenn Nordkorea vielleicht mal auf die Idee kommt, ein bisschen zu spielen mit diesem System.Es gibt da technische Dokumente, die sind um einiges konkreter als die Gesetze.All das wird in relativ opäken Runden im Moment verhandelt, wo wir unser Bestestun, irgendwie eine Verbesserung hinzubekommen. Das gesamte Thema hat nichtdie Aufmerksamkeit, die es verdient.Und es ist leider auch so, dass da eine Karotte dran hängt.Also dieser digitale Euro, ich bin mir nicht sicher, ob es dafür überhaupt eineMehrheit gibt. Aber deswegen gibt es ein zweites Gesetz in diesem Paket unddas ist das Recht auf Bargeld.Und da haben alle Leute eigentlich Lust drauf, zumindest in Zentraleuropa.Dieses Recht auf Bargeldgesetz würde nämlich wirklich bedeuten,dass überall in der gesamten Eurozone, auch am Land, die Verfügbarkeit von Bargeldgewährleistet sein muss vom Staat.Das heißt auch, dass Banken dann zum Beispiel wieder Geldautomaten aufstellenmüssen oder mehr Schalter zur Verfügung stellen müssen.Also die Versorgung mit Bargeld muss gesichert sein. Da gibt es auch Monitoring und so weiter.Und es gibt auch eine Annahmeverpflichtung. Also wie wir das heute kennen, no cash, only card.Schilder gehören damit der Vergangenheit an, wenn dieses Gesetz so kommt.Das wäre wirklich eine super Sache, weil der schleichende Verlust des Bargeldsist aus vielen Gründen schlecht. Es gibt Leute, die haben kein Bankkonto.Bargeld ist der datenschutzfreundlichste Weg zu bezahlen. Und es ist auch fürdie Financial Literacy, also für den Umgang mit Geld, glaube ich,ganz hilfreich, dass du einen Bezug dazu hast und dass nicht nur irgendwelcheZahlen auf deinem Display sind.Und auch natürlich dann im Falle von Naturkatastrophen zum Beispiel,wenn der Strom weg ist oder das Netz weg ist,glaube ich nicht, dass der digitale Euro der Weg ist, wie sich Menschen nochim Wirtschaftsleben austauschen können, sondern das wird einfach Bargeld sein. Nein.Ja, wir verlinken noch auf die ganzen Policy-Analysen, die Epicenter Works dazugemacht hat und diese Arbeit wird eben nach der Wahl, der EU-Wahl jetzt im Juni weitergehen.Es ist auch ganz spannend, weil wir einen super großen Überhang von deutschenAbgeordneten bei dem Gesetz haben, aber davon hören fast alle auf.Also der Berichterstatter Stefan Berger von der CDU hat einen sehr unwahrscheinlichen Listenplatz.Die Schattenberichterstatterin der Grünen, Henrike Hahn, tritt nicht nochmal an.Ein Gunnar Beck von der AfD ist auch Deutscher, aber von dem weiß ich nicht.Mit der AfD-Wahlisten beschäftige ich mich nicht.Ich habe kein Schmerzengeld. Und auch im Rat, also bei den EU-Mitgliedstaaten,man konnte sich nicht einigen.Also das Thema wird auf jeden Fall erst in Zukunft dann nochmal final entschieden.Deswegen gibt es die Chance, sich näher damit zu beschäftigen und das ist eine Einladung.Wir verlinken auch das Procedure-File, das ist so ein Cheat-Hack im EU-Gesetzgebungsprozess,da kann man nämlich immer nachschauen, wo so ein Gesetz gerade steht und wer es zuständig ist.Also wenn sich da Leute einbringen wollen, es ist gerade die Zeit dafür da.
Tim Pritlove
Gut. So, jetzt haben wir eigentlich das meiste durch.Kleinigkeiten haben wir noch ein paar, oder?
Thomas Lohninger
Ja.
Tim Pritlove
Chatkontrolle, wir müssen das Wort sagen. Keiner kann es mehr hören. Wie geht es?
Thomas Lohninger
So wie Beetlejuice, Chatkontrolle, Chatkontrolle, Chatkontrolle.In unserer Chronistenpflicht sei gesagt, dass es wieder mal einen offenen Briefgab von 50 NGOs und 26 Expertinnen, der wiederum massive Grundrechtsbedenken äußert.Wir haben in der vorletzten Folge darüber gesprochen, dass da die belgischeRatspräsidentschaft im Moment ein bisschen freidreht und fast irgendwie jedendritten Tag einen neuen Gesetzesvorschlag vorlegt. Wir müssen uns einigen jetzt sofort.Darauf nimmt dieser Brief Bezug, den eben ganz viele NGOs an die Kommissiongeschickt haben und da ist dann auch das dazugehörige Leak natürlich gekommen.Wie könnte es anders sein von André Meisler, der auf Netzpolitik.org da Protokolleveröffentlicht hat von den Ratsverhandlungen und auch auf Mastodon einen Tutabgesetzt hat mit einem wunderschönen Slide-Bild.Man könnte es fast nicht besser ausdrücken, wie die belgische Ratspräsidentschafthier an dieser Stelle, wo man so eine schöne Grün- bis Rot-Tabelle hat und High-Riskist Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.Und da müssen wir am meisten überwachen und das geht überhaupt nicht.Also es wird einfach immer deutlicher und das bildet sich auch im Rat ab.Es gibt die, die verstanden haben, dass Verschlüsselung nicht böse ist und dassMenschenrechte auch im Internet gelten und dass man da nicht alles überwachen kann.Und da gibt es die andere Fraktion, die sagt, aber die Kinder und Verschlüsselungist böse und wir müssen alles scannen, weil vielleicht kommen wir da ja aufirgendwelche Person of Interest.Ja, und genau dieser Konflikt spielt sich hier gerade ab und ist schön irgendwie darstellbar.Deswegen verlinken wir auf diese Dinge und halten die Daumen,dass es nicht zu einer Einigung kommt, bevor die EU-Wahl passiert und dass wirhoffentlich dieses Thema irgendwann beendigen und beerden können.Hoffentlich dann, wenn die EU-Kommission anders aufgestellt ist und InnenkommissarinIlvia Johannsen hoffentlich ihren Job verliert.
Tim Pritlove
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Gut.
Thomas Lohninger
Aber sie stirbt, wie Arne Semstroth sagt.
Tim Pritlove
Das wollte ich jetzt nicht sagen.
Thomas Lohninger
Gut.
Tim Pritlove
Alright, dann haben wir nur noch einen Teil, nämlich ein paar,nein, genau, einen Termin.
Thomas Lohninger
Der Netzpolitische Abend Wien mit allen Spitzenkandidatinnen zur EU-Wahl wird stattfinden am 22.Mai 2024 ab 18 Uhr in Wien bei der Digi-Society im 1.Bezirk. Es haben schon zugesagt die Europaabgeordneten und Spitzenkandidatinnen von links an,Kommunisten, Grüne, Liberale und Konservative, die Sozialdemokraten und dieRechtsextremen, die FPÖ, die fehlt noch.Und ich habe den Spaß, dass ich das moderieren darf und den Europaabgeordnetenhalt so ein paar Fragen stelle zu netzpolitischen Themen.Und es wird einen Livestream geben, eine Recording, das wird auf freien Radios ausgestrahlt.Aber wer schnell ist, kann sich jetzt auch noch anmelden, um physisch dabei zu sein. 22. Mai in Wien.
Tim Pritlove
Und ihr habt noch Kommunisten, ja?
Thomas Lohninger
Ja, die kommen gerade wieder. Die waren, ja, draußen, aber jetzt kommen sie wieder.Die haben in Graz, ist jetzt Stalingrad, weil es kommunistisch regiert ist. Was?
Tim Pritlove
Ernsthaft? Oh Mann. Okay. Und was ist die Digital Society?
Thomas Lohninger
Eine NGO in Wien, die auch Netzpolitik macht und ganz viele Events und Bildungsbereichund so und die haben halt irgendwie ein schönes Office im ersten Bezirk und,da muss man sich ja irgendwo treffen, wo es was hergibt Ja.
Tim Pritlove
Ist doch schön, alles klar Gut, haben wir das auch mal genannt,Fein mehr Termine haben wir nicht im Angebot und mehr Themen haben wir auchnicht im Angebot das heißt wir sind schon voll im Epilog,Thomas.
Thomas Lohninger
Der Epilog. Ja, also ich hoffe, dass deine Ausreise genauso leicht funktioniertwie alles andere bisher dort.
Tim Pritlove
Für die Einreise. Ja, naja, da habe ich überhaupt gar keine Bedenken.Meine nächste Haltestelle ist dann übrigens die Türkei.Da bin ich mal gespannt, wie das so wird.
Thomas Lohninger
Da bin ich neidisch. Bitte gehen die Hagia Sophia und Scheitersalz.Ich habe es noch nie nach Istanbul geschafft, aber ich will da unbedingt mal hin.
Tim Pritlove
Genauso ging es mir nämlich auch und diesen Malus, den wetze ich jetzt mal ausund bin gespannt, was ich da so alles entdecken werde.Aber ich kann sagen, es war jetzt schon eine sehr gute Idee,diese Studienreise, wie ich es nenne, hier gemacht zu haben,weil es einfach mal Einblicke liefert und andere Perspektiven liefert.Gerade der arabische Raum ist ja sehr vielfältig in seiner Meinungsbildung. Das ist mal sozusagen.Und da kriegt man dann einfach auch einen anderen Blick auf die Heimat.Wenn man sich immer nur so in seinem eigenen Wölkchen dreht,dann kann man da vielleicht viel kennen,aber ob man dann auch immer so die Perspektive mitbekommt, die der Rest derWelt so hat auf die Dinge, das sei mal dahingestellt.Das bist du ja sicherlich aus deinen internationalen Reisen auch so bestätigen können, oder?
Thomas Lohninger
Absolut und ich glaube, dass du auch gerade in einer sehr spannenden Regionbist und da gibt es einfach eine Denkschule und einen Kontext und kulturelle Hintergründe,die wir so leicht und gerne übersehen in Europa.Und da jetzt genau hinzuschauen ist, glaube ich, auch für die Podcasts,die du machst, ganz wichtig, dass das ein bisschen mehr 360 Grad hat und inspiriert ist von dort.Aber das hast du mir voraus. Das Einzige, was ich dir mitgeben kann,ist Mitbringsel aus diesen Ländern, meistens Zuckergebäck und Tee und Datteln.Das sind so die besten Sachen.
Tim Pritlove
Die ich bisher bekommen habe. Super hier. Steht vollkommen außer Frage.Na gut, alles klar. Dann würde ich sagen, winken wir mal hier schön in die Runde.Vielen Dank fürs Zuhören und dann hören wir uns nächste Woche wieder. Tschüss und bis bald.
Thomas Lohninger
Ciao, ciao.

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Ein Logbuch:Netzpolitik Spezial zur Beobachtung des bundesdeutschen Parlamentswesens

Tim spricht heute mit Sabrina Gehder, Macherin des Podcasts "Parlamentsrevue" und Entwicklerin der Website "Bundestagszusammenfasser" die einen stets aktuellen Überblick über die Prozesse des Bundestags im Hinblick auf die Entwicklung, Diskussion und Verabschiedung von Gesetzen liefert. Wir sprechen über ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Beobachtung des Parlaments und den Entwicklungswegen, die Gesetze so nehmen, welche Gesetze derzeit primär das Digitale für Bürger und Wirtschaft regeln und wie Gesetze das Digitale des Staates regeln. Genauer sprechen wir dann noch über das jüngst gescheiterte Onlinezugangsgesetz 2.0 und was vielleicht nötig wäre, um dem Staat in Sachen Digitalisierung wirklich Beine zu machen. Außerdem diskutieren wir das Bürokratiemonster Cannabisgesetz und die jüngste Zerforschung von Anbietern für die Verwaltung von Cannabis Social Clubs.

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Tim Pritlove
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Sabrina Gehder

Für diese Episode von Logbuch:Netzpolitik liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Guten Morgen, Sabrina.
Sabrina Gehder
Guten Morgen, Tim.
Tim Pritlove
Was machen wir jetzt mit dieser Sitzung hier?
Sabrina Gehder
Ich würde sagen, die eröffnen wir.
Tim Pritlove
Logbuch Netzpolitik Nummer 489 vom 9. April 2024. 24.Und ja, ihr werdet es schon gemerkt haben, der Linus ist nicht da,der ist immer noch verhindert.Und deswegen dachte ich mir, mache ich heute mal eine kleine Sonderausgabe,nutze die Gelegenheit und lade die Sabrina ein. Hallo, herzlich willkommen zu Logbuch Netzpolitik.
Sabrina Gehder
Hallo, vielen Dank für die Einladung.
Tim Pritlove
Ja, Sabrina, Sabrina, jeder dich kennen wahrscheinlich, manche und manche nicht. Ein paar.Ein paar kenne ich, genau. Ein paar haben dich schon mal gehört,weil du bist ja auch Podcasterin.Und bist im weiteren Sinne auch im, Klammer auf, Netz, Klammer zu,politischen Umfeld unterwegs, kann man sagen.
Sabrina Gehder
Ja, also eher Digitalpolitik tatsächlich.
Tim Pritlove
Erzählen, wo du so hergekommen bist. Wo ich so hergekommen bin.Also wie du vor allem ins Digitale geraten bist. Sagen wir es mal so.
Sabrina Gehder
Ja, ich versuche es mal irgendwie etwas über 40 Jahre ganz kurz zu fassen.Ja, wie bin ich da hingekommen? Ich bin von Haus aus gelernter IT-Systemkauffrau.Bin hauptberuflich auch Windows-Admin und Datenbank-Admin.Das heißt also, ich bin sowieso mit dem Digitalen und dem Netz irgendwie beschäftigt.Und da interessiert einen das natürlich auch.Aber zum Podcasten,Bin ich, glaube ich, so gekommen wie die meisten, weil irgendwann denkt sichja jeder, irgendwie müsste man mal einen Podcast machen.Scheinbar. Ich kenne das Gefühl. Also irgendwie das Gefühl hat man ja schon,dass jeder diesen Gedanken irgendwann mal hat.Und ja, warum gerade mit dem Thema ist halt, oder ich weiß nicht,ob wir da jetzt schon direkt reingrätschen wollen.
Tim Pritlove
Können wir machen. Also der Podcast, den du machst, heißt Parlamentsrevue.Und es ist, wie der Name schon nahelegt, eine Art Überblick über das Geschehenim deutschen, bundesdeutschen Parlament, beziehungsweise des gesamten Gesetzesprozesses.Ich glaube, du fokussierst dich ja auf und orientierst dich an den Sitzungen,also den Sitzungswochen des Bundestages, richtig?
Sabrina Gehder
Genau. Also ich versuche eigentlich einmal im Monat dann alle Sitzungen diesesMonats oder alle vorangegangenen Sitzungen dann irgendwie zu begleiten und versuche auch alle Gesetze,die verabschiedet wurden und alle relevanten Anträge oder Beschlüsse zumindesteinmal kurz zu erwähnen.Also es soll schon irgendwie so der vollständige Überblick werden,das ist so ein bisschen mein Ziel.Und dann höre ich halt für die interessanteren Themen, höre ich halt in dieDebatten rein, versuche da so ein bisschen die Argumente auseinanderzunehmen,wenn ich mich irgendwie so ein bisschen damit auskenne.Das sind ja so viele Themen, das kriegt man dann ja natürlich gar nicht alles abgedeckt,aber wenn es irgendwas gibt, wo ich mich auskenne oder was vielleicht nichtganz so komplex ist oder so, dann zerlege ich das auch gerne mal und mache michauch gerne mal ein bisschen drüber lustig.
Tim Pritlove
Ja, das gelingt ja auch ganz gut. Also mich würde mal interessieren,was so eigentlich deine ursprüngliche Motivation war.Ich habe mal was ähnliches gemacht, ich weiß gar nicht, ob du das weißt,ich habe ja mal so ein Projekt gehabt damals mit Philipp Banse,das war mehr so ein Experiment, Bundesradio hieß das.Und das war tatsächlich genau die Idee, also sozusagen Bundestagsgeschehen undGesetzesgeschehen, das ist doch irgendwie alles interessant und das betrifftuns doch und das ist halt auch wieder so etwas,die meisten Leute verstehen es nicht so richtig, weil es halt auch keiner sorichtig verfolgen möchte und so weiter.Und dann haben wir so ein bisschen gegrübelt, was da so unser Modus sein kannund haben es dann mal probiert mit.Ausschusssitzungen herausgreifen und dann vor Ort sein und sich da irgendwelche,Vortragenden, also jetzt nicht von den Parteien, sondern so diesen Experten,die dann immer geladen werden, die zu greifen und dann mal so das Thema durchzusprechen.Hat sich alles als nicht wirklich gangbarer Weg herausgestellt,deswegen ist das dann auch nach ein paar Sendungen auch wieder eingeschlafen, was kein Problem ist.Philipp Banse macht Macht ja jetzt sehr erfolgreich Lage der Nation.Ulf Burmeier hat da sozusagen das Format dann auch gefunden.Und naja, hier war es ja, Logbuch-Netzpolitik hat auch seine eigene Art undWeise, darauf zu schauen.Aber du gehst ja da sehr strukturiert und sehr zielgerichtet sozusagen nachdem Programm des Bundestages ran.
Sabrina Gehder
Ja genau, also da sind halt so ein bisschen zwei Gedanken zusammengekommen.Einmal dieser Gedanke, man müsste eigentlich mal einen Podcast machen.Und dann hatte ich schon länger so einen Gedanken, der wie mietfrei in meinem Kopf wohnte,dass ich gedacht habe, es müsste doch eigentlich mal entweder ein Podcast oderein YouTube-Channel oder irgendwas, also irgendein Medium geben,das einfach mal vollständig beleuchtet, was in diesem Bundestag passiert.Eben nicht nur die relevanten Themen, über die halt alle reden,sondern wirklich mal auflistet. Das ist übrigens noch passiert und dann gab es noch den Beschluss.Und so ist jetzt, diese Dinge sind halt im Bundestag passiert.Und das gab es einfach nicht. Und ich habe das nicht, gibt es auch anscheinendbis heute nicht so richtig.Also die meisten, die sich halt damit beschäftigen, es gibt ja zigtausend Podcastsauch aus den, von den großen Zeitungen und so weiter, die irgendwie Hauptstadtberichterstattung machen,aber auch die kümmern sich immer nur um so Einzelthemen, über die halt,wie gesagt, alle reden. Ja.Und diese ganzen kleinen Themen, die da noch so sind, die gehen irgendwie total unter.Und das war so meine Motivation oder unsere Motivation damals.Wir haben ja angefangen zu zweit.Da war noch meine Podcast-Partnerin Corinna mit dabei.Und diesen Gedanken hatten wir halt beide, dass wir das irgendwie mal vollständig begleiten wollten.Und da kam uns dann die Bundestagswahl halt gelegen, wo wir dachten,ach Mensch, jetzt hier fängt die neue Legislaturperiode an. Das ist doch einegute Gelegenheit, das mal anzufangen.
Tim Pritlove
Am 26.10.2021, das war die erste Sitzung, die ihr beleuchtet habt und das heißt,du machst es jetzt auch schon seit über zwei Jahren.
Sabrina Gehder
Genau, ich mache das jetzt seit über zwei Jahren. Corinna ist dann,ich glaube, nach anderthalb Jahren oder so, also jetzt ungefähr vor einem Jahr,ist sie dann halt ausgestiegen, hauptsächlich aus Zeitgründen.Und seitdem mache ich das jetzt halt alleine. Und ja, es hat auch ein bisschengedauert, bis wir da erst zu zweit und dann ich alleine so unser Format gefunden haben.Aber ich glaube, mittlerweile hat sich das einigermaßen eingependelt.
Tim Pritlove
Ist ja gar nicht so einfach, alleine einen Podcast zu machen. Nee, das stimmt.Also ich versauere da schnell und fühle mich verloren.Ich brauche immer irgendeinen, den ich so anreden kann.
Sabrina Gehder
Das kann ich gut verstehen. Weil ich habe tatsächlich auch so ein bisschen dasProblem, also ich kann grundsätzlich sowieso nicht wahnsinnig gut freisprechen.Was man nicht merkt im Übrigen. Wir haben gerade erst angefangen.Vor allem ist es immer schwierig, wenn ich meine Witze nicht vorschreiben kann,dann bin ich so auf mein Standardrepertoire angewiesen. Das ist auch nicht ganz einfach.Aber tatsächlich in so einen leeren Raum reinzusprechen und nur in so ein Mikroreinzusprechen, ist tatsächlich gar nicht so einfach. weil mein Gehirn irgendwienicht versteht, dass es Sachen wirklich ausformulieren muss, auch wenn keiner da ist.Und ich hatte tatsächlich in den ersten Aufnahmen dann öfter mal den Fall,dass so ein halber Satz einfach fehlte, weil mein Gehirn den einfach nur gedachthat und ich nicht gemerkt habe, dass ich den gar nicht wirklich ausgesprochen habe.Das führt dann dazu, dass mittlerweile tatsächlich auch ich alles geskriptethabe. Also ich lese im Prinzip vor, muss ich sagen.Es ist sehr wenig, dass ich tatsächlich freispreche. Erstmal,weil ich ja auch die Fakten richtig haben möchte.Ich möchte nicht irgendwelche Zahlen einfach so vor mich hin erzählen, die dann nicht stimmen.Das ist natürlich auch immer ganz wichtig.Und eben dieser Effekt, dass ich nicht vergesse, irgendwas zu sagen,weil ich nicht merke, dass ich es gar nicht sage.
Tim Pritlove
Nachvollziehbar, naja, aber da ist ja dann mittlerweile ein ganz brauchbaresKompendium rausgekommen und ja, also es ist, man kriegt sehr schnell ein Gefühl,okay, worum ging es alles, du suchst ja dann sozusagen die wichtigsten Gesetzesinitiativen,die besprochen werden, heraus. raus?Also gibt's da irgendwie also was ist so deine Maßstab für was ist wichtig undwas ist jetzt quasi unter ferner Liefen so?
Sabrina Gehder
Ob's mich interessiert.
Tim Pritlove
Ob's dich interessiert?
Sabrina Gehder
Ob's mich interessiert oder nicht.
Tim Pritlove
Okay, und was interessiert dich?
Sabrina Gehder
Also erstmal alles, so grundsätzlich. Nein, also ja, was interessiert mich?Ich glaube, da gibt's keinen wirklich roten Faden. Das ist auch sehr tagesformabhängig.Also Also dieses ganze Thema Digitales und so hat natürlich irgendwie einengewissen Schwerpunkt, aber mich interessiert auch viel so Ernährungsgesetzgebung,alles was so Landwirtschaft,Tierhaltung, Tierschutz und solche Dinge interessieren mich.Aber auch, ja, wie funktioniert unser Staat?Also auch so absurde Dinge wie das Gesetz zum deutschen Wetterdienst oder so,wo man sich denkt, so, ja, habe ich noch nie darüber nachgedacht.Natürlich muss es da irgendwie ein Gesetz geben, aber wie funktioniert das eigentlich?Also das ist so ein Motivator.
Tim Pritlove
Ich finde das auch ganz gut, weil das war auch, als ich Bundesradio gemachthabe, relativ schnell so eine Erkenntnis und auch eigentlich so ein bisschenmein Leitmotiv ist ohnehin, alles ist interessant,es ist immer nur die Frage, wie man drauf schaut oder wie man nachfragt.Und was glaube ich bei der Parlamentsrevue sehr schnell rüberkommt ist,dass man einfach merkt, okay, alles klar, die müssen sich da mit allem rumschlagen.
Sabrina Gehder
Ja, genau.
Tim Pritlove
Bist du im Bundestag, hast du quasi mit jedem Bereich unserer Gesellschaft irgendwas zu tun?Heute wird über Krieg geredet und morgen über Standardisierungsformate für Flanscheim industriellen Rahmen oder keine Ahnung.
Sabrina Gehder
Teilweise back to back. Also die haben eine Debatte zu Ukraine-Hilfen und danndirekt danach haben sie irgendwie was zur Wahlgesetz und dann direkt danachirgendwas zu irgendeiner Änderungim Bundesberggesetz oder sowas und das einfach im Halbstundentakt.
Tim Pritlove
Aber alles ist halt irgendwie relevant für irgendjemanden in Deutschland unddas dann eben auch zu verstehen, wie diese ganzen Prozesse funktionieren,finde ich halt auch ganz interessant.Was sind denn so Erkenntnisse, die dir so gekommen sind jetzt nach zwei Jahren Begleitung?Verstehst du jetzt irgendwas,Besser oder anders formuliert, hast du jetzt mehr Verständnis für bestimmteDinge, wie sie sind oder hat sich bei dir eigentlich nur das Entsetzen breit gemacht?
Sabrina Gehder
Ah, auch das ist tagesformabhängig.Also man sieht natürlich, wenn man da so intensiv drauf guckt,auf alles drauf guckt, sieht man natürlich auch viel mehr, wie so Sachen gegeneinanderaufgewogen werden oder wie da so Deals zustande kommen.So, wir geben euch jetzt bei dem Gesetz noch das und dafür kriegen wir bei demGesetz aber dieses und so.Also diese Punkte sieht man halt, finde ich, sehr viel stärker.Da kann man, je nachdem, wie gut man geschlafen hat, kann man dann mehr Verständnishaben oder man kann wütender werden.Das ist so ein bisschen eine Frage der Perspektive.
Tim Pritlove
Aber diese Deals sind ja schon auch ein bisschen die Essenz des Kompromisses. Ja, das ist es.
Sabrina Gehder
Aber manchmal ist es halt schon so, wo man sagt, okay, das kann man doch jetztnicht gegeneinander aufwiegen.Also da geht es um das Leben von Menschen irgendwie und das andere ist irgendwie,keine Ahnung, eine Zahl auf irgendeinem Konto.Also manchmal ist es schwierig, aber manchmal sieht man auch,also manchmal, ich habe schon mehr Verständnis jetzt dafür,ja, dass man eben unterschiedliche Interessen halt irgendwie unter einen Hut kriegen muss und das…,Geht gar nicht immer argumentativ.
Tim Pritlove
Dann ist es halt einfach Tippo-Tett und dann so, ja okay, hier haben wir verloren,aber da haben wir gewonnen.
Sabrina Gehder
Ja genau, einmal sowas und auch halt, dass eben auch Interessen eine Rolle spielen,die jetzt nicht die eigenen sind.So, wo man sagt ja, wie kann man so sein?Das stimmt ja nicht mit euch. Aber auch das ist halt ein richtiges Interesse,das irgendwie Berücksichtigung finden muss.
Tim Pritlove
Und was ist dann so in der Summe dein Eindruck von unseren Parlamentariern?Also was überwiegt da?
Sabrina Gehder
Was überwiegt da? Das ist eine schwierige Frage.Man hört halt leider so wenige. Also es sind am Ende dann doch fast immer dieselbenLeute, die vorne stehen und eine Rede halten.Und ich weiß nicht, woran das liegt. Also ob die nicht nach vorne gelassen werden.
Tim Pritlove
Hörst du dir das alles an?
Sabrina Gehder
Nein, alles nicht. Das ist zeitlich nicht machbar. Also die Debatten,die halt das große Thema sind, die höre ich mir an komplett.Aber jetzt nicht jeder einzelne. Also alles, was unter Sonstiges landet,die habe ich mir dann nicht angehört.
Tim Pritlove
Aber schon einiges.
Sabrina Gehder
Aber schon einiges, ja. Und wenn ich was Besonderes wissen habe oder noch irgendeineFrage offen habe oder so, gucke ich mir dann auch oft die Anhörung dazu nochan und dann vielleicht auch noch irgendwie eine Pressekonferenz, die es dazu gab.Also ich versuche dann auch schon Zitate und O-Töne aus anderen Quellen noch mit dazu zu kriegen.
Tim Pritlove
Okay, also es gibt welche, die stehen sozusagen im Vordergrund.Was ist so dein Eindruck, den du dabei gewinnst?
Sabrina Gehder
Es ist sehr gemischt. Also es gibt Leute, die finde ich sehr offensichtlicheinfach nur irgendwelche Partikular- und Klientelinteressen vertreten.Es gibt aber auch viele, denen es wirklich darum geht…,Irgendwie das Land besser zu machen und irgendwie die Lebenssituation von Leuten besser zu machen.Das gibt's alles. Also immer dieses Pauschale, ja, die sind ja die da oben unddie sind ja alle korrupt und so, das ist halt Quatsch.Also ein paar ja, glaube ich, das kann man, glaube ich, in Medienberichten immerwieder nachlesen, aber viele auch, denen geht es wirklich um die Sache und denenliegt auch die Sache sehr am Herzen.Und das ist halt, ja, es ist halt, es ist sehr, sehr gemischt.Auch über die Parteien gemischt. Also man kann auch nicht sagen,die Partei, das sind alles die Guten und die Partei, das sind alles die Korrupten,sondern das ist, in allen Parteien hast du die, die hauptsächlich,denen es hauptsächlich um ihr persönliches Fortkommen geht und ihre Karriere,als Berufspolitiker und du hast diejenigen in allen Parteien,fast allen Parteien, die, denen es halt irgendwie um die Sache geht.
Tim Pritlove
Ich glaube es verteilt sich aber bei den einzelnen Parteien aber auch sehr unterschiedlich.
Sabrina Gehder
Ja, das ist richtig.Und manche kann man halt auch ausklammern.
Tim Pritlove
Ja, aber du hast ja dann auch ein bisschen Technik an den Start gebracht,um dir sozusagen die Arbeit ein bisschen zu erleichtern.Kannst du das mal erläutern?
Sabrina Gehder
Ja, so zwangsweise.
Tim Pritlove
Ja, weil es ist ja viel, was nimmst du denn von so einer Sitzungswoche als ersteswahr, wenn die aufgerufen wird?
Sabrina Gehder
Also ich gucke halt erstes Mal in die Tagesordnung, was da überhaupt anstand und was anlag.Und dann picke ich mir die Themen raus und gucke vor allem in meine ausführliche Liste.Ich weiß gerade nicht, wie ich auf die Frage antworten soll.
Tim Pritlove
Naja, also worauf ich eigentlich hinaus wollte, ist, du hast ja so ein Toolgebaut, diesen Bundestagszusammenfasser.
Sabrina Gehder
Ja.
Tim Pritlove
Was macht das?
Sabrina Gehder
Das ist im Grunde die Fortentwicklung meiner Liste, die wir halt von Anfangan geführt haben, um überhaupt nur den Überblick zu behalten,was gerade wo ist, was es überhaupt für Vorhaben gibt,auf welchem Stand die sind und was damit schon passiert ist.Das hat angefangen ganz am Anfang mit einer Excel-Liste, natürlich.Und das war dann sehr schnell viel zu wenig.Und dann habe ich mir auch gedacht, ach Mensch, wenn wir das jetzt eh pflegen,könnte ja eventuell die HörerInnen auch interessieren, kann ich ja mal online stellen.Dann hatte ich es erst als einzelne, eigene Rubrik sozusagen auf der Webseite,wo eben auch der Podcast ist.Und dann wollte ich eigentlich nur eine Kleinigkeit hinzufügen und das ist dannso ein bisschen ausgeartet.Und jetzt ist dann halt das eine eigene Webseite geworden, der Bundestagszusammenfasser,auf der halt die Gesetzesvorhaben, die den Bundestag betreffen,aufgelistet sind in den verschiedenen Status.Und wo man halt für alle Gesetze halt nachgucken kann. Erstens einmal die Basisdatenhalt, worum geht es überhaupt grob.Die Links von der Ministeriumseite sind da verlinkt.Und es gibt halt eine GPT-4-Zusammenfassung Einmal vom Gesetz selber,von der Anhörung und von der Beschlussempfehlung, wenn sie denn da ist.Also so kann man dann da genau verfolgen, wann war das Gesetz wo,wann ist was passiert und was ist eben an den verschiedenen Stationen an Text entstanden.
Tim Pritlove
Wo kommen die Daten her?
Sabrina Gehder
Die ziehe ich mir, also es ist kompliziert.Sobald das Gesetz irgendwie entweder im Bundestag oder im Bundesrat angekommenist, ab da läuft alles wunderbar automatisch, weil ab da kann man die API abfragen,die vom Bundestag zur Verfügung gestellt wird.Das ist dann deren Dokumentenmanagementsystem, das heißt DIP,also D-I-P, wo ich gerade nicht weiß, wofür das steht leider.Aber egal, ist einfach deren Dokumentenmanagementsystem, das kann man abfragenund da kriegt man dann jeden Statuswechsel und jeden Vorgang kriegt man da mit.Und da habe ich mir mit make.com diverse Automatismen und diverse Szenariengebaut, die mir das halt abfragen und die mir das in meine Datenbank schreiben.
Tim Pritlove
Kann ich noch gar nicht. Heißt übrigens Dokumentations- und Informationssystemfür Parlamentsmaterialien.
Sabrina Gehder
Sehr sperrig.Ja, bleiben wir bei DIP.
Tim Pritlove
Genau, bleiben wir bei DIP.
Sabrina Gehder
Hätte es auch besseren Namen gegeben, Jorgen.
Tim Pritlove
Okay, das heißt, vielleicht nochmal kurz ein Blick, also bundeszusammenfasser.de,das ist die Domain und dort kann man dann halt auf der Homepage erstmal sehen,so ein kurzer Teaser, was ist irgendwie neu im Bundestag, was sind Gesetze,die hängen seit ewigen Zeiten rum.Ich weiß nicht, was da der Threshold ist, aber so ab 150 Tagen oder so, kann das sein?
Sabrina Gehder
Nee, es sind einfach die ältesten fünf.
Tim Pritlove
Ah, die ältesten fünf, alles klar. Also Demokratiefördergesetz ist seit 385Tagen in der Ausschussberatung, steht hier als erstes sozusagen.
Sabrina Gehder
Und wird es wohl auch noch bleiben, wie man so hört.
Tim Pritlove
Genau, und dann irgendwie Sachen, die in der Vorbereitung sind.Also oben kann man ja dann auswählen, zeig mir mal alle Gesetzesvorhaben,die in Vorbereitung sind. Kommt das schon aus dem Dip raus?
Sabrina Gehder
Nee, das ist der komplizierte Teil.
Tim Pritlove
Ah, okay. Und wo kommt die dann her?
Sabrina Gehder
Die suche ich per Hand von den Seiten der Ministerien runter und trage die ein.
Tim Pritlove
Okay. Das ist ein Spaß.
Sabrina Gehder
Das mache ich halt so einmal die Woche. Ich hatte verschiedene Ansätze,das irgendwie zu automatisieren mit irgendwelchen Scrapern und hast du nicht gesehen.Aber das war einfach komplett zum Scheitern verurteilt.Zum einen, weil die Ministerien ungefähr alle halbe Jahr das Layout ihrer Webseiten komplett ändern.Ja, das ist das eine Ding und es hat auch nicht jedes Ministerium eine dedizierteSeite, wo diese ganzen laufenden Vorhaben sind,also zum Beispiel Bildung und Forschung habe ich komplett aufgegeben,das ist einfach eine Katastrophe.Sie haben zwar eine Seite, aber da sind alle Gesetze aufgelistet,die das Ministerium betreffen und dann schreiben sie irgendwie dazu,wenn es dazu ein neues Änderungsgesetz gibt.Also furchtbar. Also da gucke ich halt nicht mehr rein.Bei anderen gibt es zwar irgendwie einen Link, aber da steht dann nichts unddann hast du nur den Link zu dem PDF, also da gibt es dann keine richtige Seite.Sehr gut macht es das Justizministerium, muss ich lobend erwähnen,weil die haben dann so einen richtig schönen Verlauf, wo dann alle Dokumenteaufgelistet sind, alle Stellungnahmen und du so eine schöne Timeline hast und so.Und eine Synopse mittlerweile sogar, ganz großartig.Und so, ja, also das sind so die beiden Extreme eigentlich. Also dazwischen hast du alles Mögliche.Jedes Ministerium macht es anders. Du hast da keine Einheitlichkeit.Es wird ständig geändert. Und es sind auch nicht nur die Gesetze dort,sondern auch alle Verordnungen, alle Beschlüsse und alle sonstigen Dokumente,die irgendwie aus dem Ministerium kommen. Das heißt, du hast sehr viel Heu undsehr wenig Stecknadeln.Und das war dann einfach so eine Aufwand-Nutzen-Abwägung, weil für die zweiGesetzentwürfe, die dabei sind, dann müsste ich dann die ganzen 20 Verordnungendagegen jedes Mal wieder rauslöschen.Und das hat sich dann nicht gerechnet.Deswegen ist es für mich tatsächlich einfacher, wirklich einmal die Woche michhinzusetzen, alle Ministeriumseiten oder alle Vorhabenseiten da durchzugehen,zu gucken, ob was Neues da ist und das dann einfach per Hand einzutragen.
Tim Pritlove
Okay und das gilt dann auch noch für, also wenn man jetzt auf Gesetzesvorhabengeht und sagt, sagen wir mal an, was in Vorbereitung ist,dann gliedert sich das ja nochmal so in drei Phasen und sozusagen die früheste Phase,die hier ist, sind so Eckpunkte, Papiere, das ist dann sozusagen das allererste,was man überhaupt sieht, das kommt von den Webseiten.Genau. Dafür Renten und Entwürfe sind dann auch noch, kommen auch noch von diesen Webseiten?
Sabrina Gehder
Genau, also eigentlich alles, was in Vorbereitung ist.
Tim Pritlove
Einschließlich der Kabinettsbeschlüsse, also auch die sind nicht in diesem DIP mit drin.
Sabrina Gehder
Genau.
Tim Pritlove
Okay.
Sabrina Gehder
Die sind auch ganz oft kein eigenes Dokument, sondern das ist dann der Referentenentwurf,der halt jetzt nur vom ganzen Kabinett beschlossen wurde.Also das ist meistens gar kein anderes Dokument.
Tim Pritlove
Also das Kabinett ist sozusagen auch noch nicht digital, ist noch nicht maschinenlesbar.
Sabrina Gehder
Das hat nicht mal eine Webseite. Es hat eine Unterseite auf der Webseite bundesregierung.de.Da gibt es eine Unterseite Kabinett und da stehen dann die Beschlüsse.
Tim Pritlove
Okay. Manchmal.
Sabrina Gehder
Aber oft heißen sie dann auch anders als das Gesetz, das dann in den Bundestag kommt.Aber der absolute Endgegner ist aber das Finanzministerium. Das muss ich unbedingt noch erzählen.Das Finanzministerium hat nämlich die schöne Angewohnheit, die Links zu denVorhabenseiten zu ändern, wenn es eine Aktualisierung gab. weil das Datum derAktualisierung im Link enthalten ist.Das heißt, jedes Mal, wenn sich der Status ändert, sind meine Links alle hinfällig.
Tim Pritlove
Oh Gott, oh Gott.
Sabrina Gehder
Willkommen in Deutschland.
Tim Pritlove
Ja, dazu müsste es mal ein Gesetz geben, was?
Sabrina Gehder
Ja, das wäre super. Es steht im Koalitionsvertrag, und das war nämlich aucheiner der Auslöser, dass ich diesen Bundestagszusammenfasser dann irgendwann gemacht habe.Es gibt einen Beschluss im Koalitionsvertrag, der sagt, wir wollen ein Gesetzgebungsportal.Wo alle Gesetzesvorhaben aufgelistet sind mit Status und wo man den ganzen Verlaufsehen kann und wo man eventuell auch kommentieren könnte.Auf dieses Portal warte ich immer noch.
Tim Pritlove
Du bist eigentlich das Portal.
Sabrina Gehder
Ich bin jetzt das Portal. Deswegen auch, denn irgendjemand muss es ja machen.
Tim Pritlove
Genau, das ist die Tagline, denn irgendjemand muss es ja machen. Finde ich großartig.Also ich muss sagen, das schafft einfach sofort Transparenz Ja,Transparenz in gewisser Hinsicht, weil man sieht halt, was ist irgendwie hier von wo drin,also könnte man sicherlich noch ein paar nette Features einbauen,was weiß ich, das hier nach Ministerium zu sortieren oder irgendwie solche Filter,aber davon unabhängig gehen wir mal nächsten Schritt.Also in dem Moment, wo ich jetzt hier eines dieser Gesetze auswähle,aus dieser Liste, egal in welchem Zustand die gerade sind, blendest du ja dannauch noch so eine schöne Grafik ein, die so den theoretischen zukünftigen Verlauf abbildet.Also was weiß ich hier, nehmen wir mal ein Beispiel, Gesetz zur Verbesserungdes Klimaschutzes beim Emissionsschutz und da geht es dann los mit einem Referentenentwurf,dann hat es einen Kabinettsbeschluss gegeben,dann ist das, ich vermute mal, wenn es sich so aufteilt, dann sind es zustimmungspflichtigeGesetze durch den Bundesrat.Das heißt man hat dann im Prinzip zwei parallele Verläufe,ist im Bundesrat oder im Bundestag eingegangen und dann im Bundestag erste Lesung,zweite und dritte Lesung beziehungsweise im Bundesrat ein erster Durchgang,wie es da so schön heißt und eine potenzielle Beschlussfassung und dann wennbeide zugestimmt haben, dann wird es halt auch verkündet, wenn es denn angenommen wurde.Aber man sieht das hier sozusagen grafisch schon mal sehr schön.Und dann gibt es als dritte Qualität sozusagen alles, was abgeschlossen ist,also je nachdem, ob es abgelehnt oder gestoppt ist.Was ist der Unterschied zwischen abgelehnt und gestoppt?
Sabrina Gehder
Abgelehnt ist halt per Beschluss abgelehnt. Also da gab es einen Beschluss und sie waren dagegen.Und gestoppt ist halt aus irgendwelchen anderen Gründen. Zum Beispiel,weil das Verfassungsgericht es für nichtig erklärt hat oder weil der Bundesrates halt erstmal auf Pause gesetzt hat.Da hat es dann der Bundesrat abgelehnt, aber der Vorgang ist halt noch nicht komplett beendet.
Tim Pritlove
Genau, wie zum Beispiel das Online-Zugangsgesetz, über das wollen wir bestimmtauch gleich nochmal reden.Also man kann aber hier auf jeden Fall jetzt sehen und das bezieht sich ja imPrinzip alles jetzt, weil du hast ja quasi nur die aktuelle Legislaturperiodebisher betrachtet, also alles was man hier sieht ist quasi jetzt die Arbeitder aktuellen Legislatur.Ich schätze mal nach der nächsten Wahl musst du dann auch noch die Legislaturperiode noch unterscheiden.
Sabrina Gehder
Ja, genau. Das ist mir auch leider siedend heiß ein paar Wochen später eingefallen.Das ist ja irgendwann auch nochmal.
Tim Pritlove
Irgendwann hat man nochmal die Vergangenheit am Hals.
Sabrina Gehder
Irgendwann muss ich ja nochmal die Legislaturperioden trennen. Ah, Mist.
Tim Pritlove
Naja gut, ist ja noch relativ einfach. Derzeit sind sie alle noch in der gleichen.Und wenn da so ein Warnsymbol dran steht, dann?
Sabrina Gehder
Dann gibt es einen Trojaner.
Tim Pritlove
Dann gibt es einen Trojaner, genau. Und dafür hast du ja auch noch den passendenJingle immer am Start. Wenn das Pferd wiert, dann heißt das?
Sabrina Gehder
Dann heißt das, dass der Ausschuss, der über das Gesetz beraten hat,da einfach noch Sachen mit angefügt hat, die mit dem Gesetz eigentlich gar nichts zu tun haben.Also der Bundestag nennt das Omnibus-Verfahren, ich nenne das Trojaner.Das ist halt so eine beliebte Methode. Es ist eigentlich dafür gedacht,dass man so Kleinigkeiten, so redaktionelle Änderungen,Korrekturen von Verweisen oder sowas, dass man dafür nicht so ein komplettesGesetzgebungsverfahren machen muss, sondern das einfach im Rahmen einer Beschlussempfehlungdann in die zweite, dritte Lesung bringt und dann den Bundestag darüber abstimmen lässt.Es wird aber auch sehr gerne für andere Dinge benutzt.Größere, viel größere.
Tim Pritlove
Genau, und diese Dinge, die listest du dann auf. Das heißt, wenn man jetzt hierso ein beschlossenes Gesetz hat,Und der Trojaner-Check sagt, Achtung, Achtung, dann gibt es hier noch so einHinweisfeld, wo dann eben all diese Dinge, die da noch mit reingeschrieben wurden,die aber so auf den ersten Blick vielleicht mit dem Gesetzestitel oder Zwecknichts zu tun hat, dann auch noch dabei sind.Ja, das ist sehr schön. Das hast du ganz toll gemacht. Ja, weil das…,Braucht man eigentlich und ich merke ja auch selber immer wieder und bin jaim Prinzip auch nur so ein dahergelaufener Anfänger, der das irgendwie allesmal ganz interessant findet.Es gibt halt nicht so viele gute Ressourcen dafür, aber hier kann man dann ebenwirklich mal genau nachschlagen, so ja okay, was ist denn jetzt gerade mal im Busch.Und wir haben das ja auch öfter in unserer Debatte, wenn so dieses Ding kommtmit, oh, der Bundestag will jetzt nächste Woche das und das beschließen.Und dann sind alle auf einmal ganz empört und dann werden Demos gestartet und so.Und es ist dann halt, Leute, der Zug ist schon.
Sabrina Gehder
Der hat den Bahnhof nicht verlassen.
Tim Pritlove
Der ist schon auf dem Abstellgleis und das gesamte Personal ist seit zwei Wochen im Urlaub.Und das ist nicht der Zeitpunkt, wo man wirklich effizient Einfluss nehmen kann.Und gerade jetzt hier auch mit den Gesprächen, die wir oft mit Thomas Lohningerführen, der sich ja vor allem auf europäischer Ebene sehr viel engagiert.Also es geht halt auch gerade bei diesem politischen Aktivismus oder sagen wirmal Lobbyismus auch für die richtige Sache.Darum einfach auch früh eine Nase dafür zu haben, was ist denn hier überhaupt im Busch.Und das ist glaube ich sagen wir mal für Leute, die hier als Frühwarnsystemauch fungieren wollen, gar nicht mal so doof.Weil in dem Moment, wo so ein erstes Eckpunktepapier vorgelegt wird oder einReferentenentwurf, vielleicht kannst du nochmal den Unterschied nochmal kurz erklären.
Sabrina Gehder
In Eckpunktepapier ist noch kein wirklich ausformulierte Gesetzesänderung,also da werden noch keine Paragraphen geändert,sondern da wird einfach nur mal aufgelistet, was die Fraktion oder das Ministeriumgedenkt in einem Gesetzentwurf reinzuschreiben.
Tim Pritlove
Okay.
Sabrina Gehder
Und der Referentenentwurf ist dann die tatsächliche Ausformulierung,wo dann die wirklichen Paragraphen drinstehen.
Tim Pritlove
Okay, verstehe. Genau, so und das kann man dann halt hier sehen und man siehthalt irgendwie, okay, von wann ist das,wer macht das so, Personen sehe ich jetzt selten oder nie, also in dem Sinnesind auch nie wirklich Personen.
Sabrina Gehder
Nee, Personen sind auch nicht wirklich relevant.
Tim Pritlove
Naja, wenn man mit jemandem reden will, vielleicht schon. und so, ne?
Sabrina Gehder
Ja, aber das weiß man halt nicht. Also die Ansprechpartner wären jetzt erstmaldie MinisterInnen halt, aber welche Referenten das jetzt sind,das erfährt man halt nicht, das ist ja auch nicht öffentlich.
Tim Pritlove
Okay. Steht auch selten in Dokumenten mit drin.
Sabrina Gehder
Ne, genau, also da steht es nie mit drin, ne.
Tim Pritlove
Okay. Aber oft gibt es dann hier so einen Link zu dem Prozess auf der Webseite,was du dann halt runtergescrebt hast und dann kann man ja gucken,wer denn hier zu den den Fachgesprächen so alles eingeladen wurde und sich zudem Thema vielleicht geäußert hat, dann hat man ja auch schon mal eine Orientierung,wohin die Reise hier vielleicht gehen könnte.Ja, also das auf jeden Fall schon mal eine ganz gute Geschichte und.
Sabrina Gehder
Es ist insofern auch eine gute Ergänzung zum Podcast, weil der Podcast greift ja auch sehr spät ein.Ich habe das da ja auch immer erst als Thema, wenn es eigentlich schon durchist, wie du gerade schon sagtest.
Tim Pritlove
Wenn es eine Sitzungswoche ist.
Sabrina Gehder
Dann geht es eigentlich nur noch um die Beschlussfassung. Also außer es istDemokratiefördergesetz, dann liegt es halt noch mal ein Jahr.Aber dann ist eigentlich die große Verhandlung ist dann schon beendet.Und vor allem auch die zivilgesellschaftliche Beteiligung ist dann schon beendet.
Tim Pritlove
Ja gut, also ich meine es ist zumindest schon mal ein ordentliches Verkündigungsportal.Da hatten wir dann eben damals mit dem Bundesradio eben die andere Idee,quasi in die Ausschüsse zu gehen und dann eben während das Ganze noch ausgecastwird, zu dem Zeitpunkt eben schon zu berichten.Weil in gewisser Hinsicht, gut man hat so ein Eckpunktepapier und man hat erste Pläne,aber wenn es in den Bundestag geht,dann geht es ja vor allem erstmal in die Ausschüsse.Genau. Und da, das ist ja eigentlich der Ort, wo die Politik gemacht wird.
Sabrina Gehder
Ja, richtig.
Tim Pritlove
Richtig. Und gut, das hast du ja auch hier.Also wenn ich hier auswähle, okay, was ist im Bundestag, dann ist ja in derAusschussberatung auch eine Kategorie.Und da wird es dann halt ganz interessant.Und hier kann man ja sehen, okay, wie aktuell ist das? Hat sich hier in denletzten drei Monaten irgendwas geändert?Und hat hier überhaupt schon eine Anhörung stattgefunden oder nicht?Und ja, das wäre natürlich auch cool, Cool, wenn man sowas dann auch gleichmit Terminen, Ausschlussterminen oder sowas kombinieren könnte.
Sabrina Gehder
Das wäre super.
Tim Pritlove
Wenn es die Informationen denn mal so maschinenlesbar gäbe.
Sabrina Gehder
Nein.
Tim Pritlove
Genau.
Sabrina Gehder
Auch schon wieder Vollkatastrophe. Die Termine stehen in PDFs,die halt dann verlinkt sind auf einer Unterseite von Bundestag.de.Also muss man die ganzen PDFs durchklicken.
Tim Pritlove
Aber du hast doch hier schon AI am Start.
Sabrina Gehder
Ja, das ist tatsächlich auch nochmal so ein Ding, was ich mir nochmal vornehmenwerde. dass ich versuche, diese PDFs irgendwie zu durchforsten.Und hier sag mir mal die Termine, wann welches Gesetz beraten wird. Ähm ...Ja, mal gucken, ob das funktioniert.
Tim Pritlove
Ja, also eigentlich müsstest du vom Bundestag Schmerzensgeld gezahlt bekommen,dafür, dass dieses angekündigte Portal noch nicht existiert.
Sabrina Gehder
Und zwar gestaffelt nach Parteien, hätte ich dann das gerne.
Tim Pritlove
Heißt was? Einzelne Parteien müssen mehr zahlen?
Sabrina Gehder
Ja, ja, genau. Also manche Parteien müssen mehr Schmerzensgeld zahlen als andere.
Tim Pritlove
Wer müsste denn da am meisten zahlen?
Sabrina Gehder
Ja, fünfmal darfst du raten. Ich kann dir sagen, wer am wenigsten zahlen muss,am wenigsten muss nämlich die Linke zahlen, weil da gibt es nämlich einige Abgeordnete,die auch regelmäßig aus Ausschusssitzungen berichten und hier zum Beispiel AnkeDomscheit-Berg hat einen eigenen Podcast,wo sie regelmäßig mal so einen Einblick aus den Ausschüssen gibt,sodass man das eben auch mitbekommt.Das ist nämlich das große Problem bei den Ausschusssitzungen,die Interessanten sind alle nicht öffentlich.So, da kriegt man dann überhaupt nicht mit, was da besprochen wurde.Und deswegen ist da, wie gesagt, wenn manche Abgeordnete da berichten,dann ist das immer ganz hilfreich.
Tim Pritlove
Ja, super. Kannst du denn Unterstützung gebrauchen? Brauchst du technische Unterstützung oder?
Sabrina Gehder
Aber am meisten bräuchte ich eigentlich grafische Unterstützung.Ja. Also technisch auch ein bisschen, aber ich finde es halt nicht hübsch.Aber ich kann nicht hübsch.Also ich bin so grafik- und designtechnisch bin ich einfach komplett talentfrei.Und ich sehe, dass es nicht gut aussieht, aber ich weiß nicht,wie ich es hübsch kriege.
Tim Pritlove
Also ich muss sagen, da habe ich jetzt wenig zu kritisieren.Das ist funktional und übersichtlich und schreit einen nicht an.
Sabrina Gehder
Ich hätte es gerne noch hübscher. Also wenn es jemanden gibt,der da irgendwie nochmal ein etwas anderes Auge drauf hat und auch weiß,wie man das umsetzen kann, gerne melden.
Tim Pritlove
Und was so Features und so weiter betrifft?
Sabrina Gehder
Features auf jeden Fall eben noch die, was wir gerade schon sagten,die Termine der Ausschüsse würde ich total gerne mit drin haben.Und ja, auch noch so Komfortabilitätsfunktionen, halt filtern,sortieren und so weiter in den ganzen Tabellen und Übersichten.Oder dass man noch eine erweiterte Suche sozusagen, dass man die Suche nochmal mehr eingrenzen kann.Weil im Moment kann man ja einfach nur irgendeinen Begriff eingeben,aber keine Filter setzen oder so.Also es wäre jetzt bei der Menge vielleicht auch noch nicht so super relevant,weil die Anzahl der Suchergebnisse hält sich in Grenzen.Aber spätestens wenn es dann auf eine nächste Legislatur geht,wäre es auf jeden Fall da gut, wenn es dann noch Filtermöglichkeiten gäbe.
Tim Pritlove
Okay, also wenn dir da jemand helfen möchte, dann er oder sie sich melden. Alles klar. Gut.
Sabrina Gehder
Wie und wo steht auch auf der Seite unter unterstützen.
Tim Pritlove
Genau, das verlinke ich auch alles, das findet ihr hier in den Shownotes.Gut, jetzt würde ich natürlich ganz gerne mal so ein bisschen dein gewonnenesWissen ein bisschen abfragen.
Sabrina Gehder
Jetzt kommt der Test, Hefte raus, Klassenarbeit.
Tim Pritlove
Genau das. Ja, nee, also ich meine, ich muss zugeben, dass ich mich nicht imAnsatz so intensiv mit dieser Frage beschäftigt habe immer, was kommt eigentlich woher.Und ich glaube, du hast schon ein ganz gutes Verständnis dafür entwickelt,welches Gesetz jetzt eigentlich worauf konkret wirklich eine Auswirkung hatoder gehabt hat oder haben wird, mehr oder weniger wahrscheinlich.Was sind denn sozusagen gerade die Gesetze, die eigentlich im Wesentlichen oderam meisten das beeinflussen,wie der Staat einerseits selbst digital funktioniert und andererseits regelt,was bei uns mit dem Digitalen so läuft?
Sabrina Gehder
Ja, genau, da muss man ganz klar trennen.Ich fange mal mit dem Bereich an, wie das Digitale funktioniert,weil das ist deutlich übersichtlicher.Weil da gibt es im Wesentlichen so fünf Gesetze, auf die man so gucken kann und sollte.Das erste wäre das Telekommunikationsgesetz, also das TKG. Das regelt im Prinzipalles, was so die eigentliche Infrastruktur ist.Also das Kabel, so für die Netzwerke, so alles bis Layer 4, glaube ich, ungefähr. Ja.Also wer was darf, welche Marktteilnehmeres da gibt, welche Rechte die haben, wer die Aufsicht macht,was die machen müssen an Genehmigungsverfahren und so weiter,das steht alles im Telekommunikationsgesetz, also zu Themen wie Netzneutralitätoder so, da wäre das so das relevante Gesetz.Dann gibt es so Layer 7, also alles was so Dienste angeht, da ist das neue großeGesetz das Digitale-Dienste-Gesetz.Das ist ja die deutsche Umsetzung des Digital Services Act.
Tim Pritlove
Ja.
Sabrina Gehder
Der ist noch nicht ganz durch, der muss noch durch den Bundesrat,also das digitale Dienstegesetz.Das wird aber wahrscheinlich dann jetzt Ende April passieren.Und das löst dann erstmal das Telemediengesetz ab, das war vorher für solche Sachen zuständig.Da ist dann halt geregelt, was halt Anbieter von Diensten so dürfen.Und zwar alle möglichen Dienste. Also es gilt sowohl für so Hetzner und 1&1,aber auch für Lieferando beispielsweise.Also alle, die irgendwie auf diesem Netz irgendwelche Dienstleistungen anbietenund dann auch was die dürfen, wie die das machen müssen, welche Pflichten sie haben,wem sie irgendwas berichten müssen, wer die Aufsicht hat und diese Dinge.
Tim Pritlove
Das gilt ja im Prinzip auch für alle, die eine Webseite haben.
Sabrina Gehder
Ja, es gibt da irgendwie so eine Untergrenze oder so. Also erstmal muss es halt gewerblich sein.Also man muss irgendwie Geld damit verdienen, glaube ich. Lage mich nicht fest.In den Details stecke ich immer nicht so drin. Ich bin mehr für den groben Überblick zuständig.
Tim Pritlove
Das ist ja auch das, worauf wir uns jetzt konzentrieren wollen.
Sabrina Gehder
Genau. Also es gibt aber auf jeden Fall so eine, nicht jeder,der eine Webseite hat, hat jetzt direkt irgendwelche Berichtspflichten odersowas. Also das gilt dann nur für Leute, die da wirklich ein größeres...
Tim Pritlove
Die Meta-Ebene muss da schon mal reinschauen. Gesetz über digitale Dienste heißtdas ja offiziell. Genau. Über.
Sabrina Gehder
Ja, das klingt auf jeden Fall besser als Telemediengesetz, weil unter Telemediengesetzkann sich noch weniger Leute was darunter vorstellen, glaube ich.Genau, das wäre so das. Dann gibt es noch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz.Das wird auch zu sehr großen Teilen vom Digitale Dienste abgelöst.Ich verstehe ehrlich gesagt auch nicht, warum sie es überhaupt nicht komplettintegriert haben, weil eigentlich ist da nicht mehr viel von übrig.Da stehen jetzt noch ein paar Definitionen und ein paar Bußgeldvorschriftendrin, aber ansonsten ist das komplett entkernt.Das regelte dann eher so Layer 8, also alles, was Leute und User denn so dürfen.Und da sind wir beim Thema Hassrede, Beleidigung online und so weiter.Aber auch das ist jetzt eben in das digitale Dienstegesetz alles mit rübergewandert.Deswegen, also Netzwerkdurchsetzungsgesetz können wir eigentlich vergessen.Und dann gibt es noch den Medienstaatsvertrag, der ist für dich und auch fürmich sogar noch relevanter,weil der regelt ja alle journalistischen und sonst wie Angebote gemäß einem Sendeplan.Und da ist dann diese ganze Regulierung drin, was man darf und was man halt nicht darf, genau.
Tim Pritlove
Wo du gerade sagst, Netzwerkdurchsetzungsgesetz,Das ist auch lustig, je nachdem wie man es betont, bedeutet das was anderes.Also ein Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist was anderes als ein Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Genau.Die Frage ist, was ist es denn jetzt eigentlich?
Sabrina Gehder
Wer soll hier eigentlich was im Netz haben?
Tim Pritlove
Aber da fiel mir gerade jetzt noch eine andere Herausforderung sozusagen füreinen Bundestagszusammenfasser 5.0 ein, sozusagen,also im Idealfall will man ja auch digital einen Überblick über alle Gesetzehaben, also den, den du sozusagen hast.Also nicht nur, was gerade entsteht, sondern eben auch, was existiert und imIdealfall eben auch so, was ist von was abgelöst worden.Und dann ist irgendwas auch nicht mehr gültig und so.Fällt mir nur gerade so nebenbei noch mit ein, dass das ja auch so ein Aspekteigentlich einer Digitalisierung des Staates selbst ist.
Sabrina Gehder
Da gibt es aber ein paar schöne Quellen.Also einmal gibt es Buzer oder Buzer, ich weiß nicht, wie er sich ausspricht, B-U-Z-E-R.de,Das ist, glaube ich, ein Mensch, der das betreibt, dem wir auch,also dem ich sehr dankbar bin.Buzer.de Und der hat tatsächlich, ich glaube, es ist ein R, irgendwas stand da.Auf der Seite gibt es jedenfalls tatsächlich alle Gesetze und Verordnungen undeben auch mit Synopsen, also mit DIVs zwischen den verschiedenen Versionen.
Tim Pritlove
Kannst du mir nochmal die URL sagen, weil die, die ich hier gerade eingegebenhabe, die ist es bestimmt nicht.
Sabrina Gehder
B-U-Z-E-R-D-E.
Tim Pritlove
Ah, mit einem Z, alles klar. Genau, Buzerre.
Sabrina Gehder
Buzerre.
Tim Pritlove
Okay, alles klar. Ah ja, Bundesrecht, tagesaktuell konsolidiert,alle Fassungen seit 2006.
Sabrina Gehder
Richtig.
Tim Pritlove
Okay.
Sabrina Gehder
Dem alle ganz viel Geld werfen. Bitte. Danke.
Tim Pritlove
Okay. Also da sind sozusagen alle Gesetze aufgeführt. Ja. Okay.
Sabrina Gehder
Und wie gesagt, auch mit dem Vergleich, du kannst dich da durch die Versionendurchklicken, wann welcher Paragraf von wem geändert wurde und so. Das ist echt mega.
Tim Pritlove
Okay. Mit vielen Abkürzungen auf jeden Fall auch.
Sabrina Gehder
Ja, der Aküphi in der Bundespolitik oder in der Politik ist sehr weit verbreitet.
Tim Pritlove
Oh man, das ist aber auch wirklich erschlagend vollständig hier.Einschließlich einer Information zur...Gedenkmütze Eva Fußball Europameisterschaft 2024.
Sabrina Gehder
Ich möchte auch eine Gedenkmütze haben.Super.Das ist auch eine Merch-Idee, Mensch. Logpolitik, Netzpolitik, Gedenkmütze.
Tim Pritlove
Ja, okay. Ich würde es mal erwägen. Alles klar.Okay. Okay, buzer.de, super Tipp, alles klar.Dann schauen wir doch mal vielleicht auf die anderen Aspekte,nämlich was sozusagen regelt, was der Staat denn eigentlich so tun sollte.
Sabrina Gehder
Das ist, jetzt wird es richtig kompliziert, weil jetzt kann man nicht sagen,es gibt diese fünf oder auch nur diese zehn Gesetze oder so,die das regeln, sondern das sind alle.Also da reden wir wirklich von hunderten verschiedenen Gesetzen,in denen einzelne Paragraphen stehen, die einmal das regeln,wie digital Behörden arbeiten.Das ist dann immer jeweils das Gesetz zu der Behörde oder zu dem Ressort, zu dem das gehört.Und da sind es dann bestimmte Verwaltungsvorschriften, die eben regeln,dass sie irgendwas auf Papier haben müssen oder dass sie irgendwas elektronisch machen dürfen.Und dann gibt es noch eine ganze Reihe Gesetze, wo drinsteht,dass zum Beispiel die Wirtschaft irgendwas auf Papier oder elektronisch irgendwie machen darf.Ein schönes Beispiel dafür ist jetzt eigentlich das Bürokratieentlastungsgesetz,das jetzt demnächst kommen soll, weil das soll ja die Wirtschaft von Bürokratie entlasten, angeblich.
Tim Pritlove
Nicht die Bürokratie selbst entlasten.
Sabrina Gehder
Nee, nee, auch. Nee, es soll, erstmal soll es hauptsächlich,also Christian Lindner sagt, es soll hauptsächlich die Wirtschaft entlasten.Sagen wir es mal so. Okay. Und diese Entlastung besteht fast im Wesentlichendarin, dass in ungefähr 50 verschiedenen Paragraphen die Schriftform durch die Textform ersetzt wird,sodass du Sachen dann nicht mehr auf Papier machen musst, sondern sie dann auchelektronisch machen kannst.
Tim Pritlove
Mhm.
Sabrina Gehder
Genau, so ähnlich funktionierte es dann auch, sowas ähnliches war auch schonim Wachstumschancengesetz so ein bisschen enthalten, da waren auch dann hierund da dann zum Beispiel die E-Rechnung, die mit dem Wachstumschancengesetzjetzt verabschiedet wurde.Das ist halt eine Änderung im Umsatzsteuergesetz.Und zwar bei der Definition, was eine formal korrekte Rechnung ist.Und die wurde jetzt geändert, sodass auch E-Rechnungen und elektronische Rechnungenin einem strukturierten Format auch als formal korrekte Rechnungen gelten.
Tim Pritlove
Das begrüße ich im Übrigen besonders.
Sabrina Gehder
Ich extrem auch, ja.
Tim Pritlove
Das wird echt mal Zeit.
Sabrina Gehder
Ich freue mich sehr, ja.
Tim Pritlove
Okay.
Sabrina Gehder
Genau, und so geht das halt weiter. Also im Grunde kannst du fast jedes Gesetzdurchgehen und du wirst irgendeinen Paragrafen finden, der Digitalisierung verhindert, glaube ich.Oder auch jetzt Digitalisierung der Justiz.Es gibt einmal ein Gesetz, das heißt Digitalisierung der Justiz und dann gibtes noch fünf andere Gesetze, die auch irgendwas mit Digitalisierung im Bereichder Justiz ändern. dann.Eins zum Beispiel, dass Videokonferenzen in Zivilprozessen ermöglicht,dann gibt es noch eins, dass digitale Dokumentation von,Moment, jetzt muss ich gerade, Strafgerichtsprozessen,genau, das war Strafgerichtsprozesse, regelt und dann gibt es eben nochmal dasDigitalisierung der Justiz, wo dann eben nochmal diverse andere Paragraphengeändert werden, wo dann auch irgendwas digitalisiert werden soll.Und so geht das, so kannst du in jeden Bereich reingucken und es ist unfassbar gleichwertig.
Tim Pritlove
Und das sind jetzt nicht Gesetze in dem Sinne, sondern das sind Änderungspakete an vielen Gesetzen.
Sabrina Gehder
Genau, das sind dann Änderungspakete an diversen, teilweise Gesetzen,teilweise Verordnungen, teilweise irgendwelchen Behörden, Verwaltungsvorschriften.Und ja, genau, das sind ja dann immer diese Artikelgesetze oder diese Änderungsgesetzehalt, die dann kein eigenes Stammgesetz sind.
Tim Pritlove
Ist das der richtige Begriff? Änderungspaket oder Änderungsgesetz?
Sabrina Gehder
Änderungsgesetz ist eigentlich das. Entweder Änderungsgesetz oder Artikelgesetzist, glaube ich, so ein Fachbegriff.Und die großen Gesetze, das sind dann die Stammgesetze.Also das Telekommunikationsgesetz ist zum Beispiel ein Stammgesetz.Ah, verstehe. Das steht dann so für sich.
Tim Pritlove
Änderungsgesetz oder Novelle, genau.
Sabrina Gehder
Ja, Novelle wird auch viel benutzt.
Tim Pritlove
Stammgesetz, wieder was gelernt.Ja, man muss ja auch was haben, mit dem man auch angeben kann in der Küche auf der Party.
Sabrina Gehder
Ja, genau.Das Einzige, was es da tatsächlich als großes Gesetz gibt, ist das Online-Zugangsgesetz,das ja jetzt auch gerade gestoppt wurde. Wir hatten es vorhin,glaube ich, schon mal kurz erwähnt.
Tim Pritlove
Ja, erzähl mal, warum, also was ist denn da?
Sabrina Gehder
Ach ja.
Tim Pritlove
Wie stehst du dir dazu? Ich habe rausgehört, dass du da eine Meinung zu hast.
Sabrina Gehder
Ach, so ein bisschen, so ein bisschen. Ja, also der Bundesrat,nein, ich muss weiter vorne anfangen.Das ist ja schon die zweite Version des Online-Zugangsgesetzes.Es gab das ja schon mal 2017, das war das Online-Zugangsgesetz 1.Und jetzt, das sollte eigentlich dafür sorgen, dass alle Verwaltungsleistungendes Bundes und auch der Länder und Kommunen dann irgendwann mal digital werden.Also, dass du für deine, keine Ahnung, die Geburtsurkunde deines Kindes nichtmehr dann da hin musst, na doch, dafür schon, aber egal, sondern dass du dasirgendwie online beantragen kannst. Klar.So, das hat, sagen wir, nicht so gut funktioniert und deswegen gab es dann jetztin diesem Jahr das Online-Zugangsgesetz 2.Das sollte dafür sorgen, dass das jetzt dann doch tatsächlich mal passiert.So, das hat der Bundestag beschlossen und hat es verabschiedet und der Bundesrathat es jetzt aber abgelehnt.Und im Moment hängt das in so einem Schwebezustand und wartet darauf,dass die Bundesregierung oder der Bundestag jetzt den Vermittlungsausschussanrufen, damit da die Verhandlungen weitergehen können.
Tim Pritlove
Jetzt habe ich übrigens mal ganz parallel, einfach nur mal so zum Testen,habe ich im Bundestagszusammenfasser einfach mal Online-Zugang eingegeben undbin dann sofort auf Online-Zugangsgesetz 2.0 gestoßen worden,draufgeklickt und sehe jetzt genau in dieser grafischen Übersicht,hätte alles funktionieren können, wenn nicht am Ende Bundesratbeschlussfassungeinen roten Punkt bekommen hätte. Ja. Ganz toll.
Sabrina Gehder
Genau. Der Bundesrat ist nämlich der Meinung, dass das für die Länder eine völligunzumutbare Belastung ist.Ich weiß nicht, ob das tatsächlich ernst gemeint ist oder ob das auch wiedernur Verhandlungsmasse für ein anderes Gesetz ist. Das habe ich nicht so ganz verfolgt gerade.Da hatte ich gerade wieder so eine Phase, wo ich mir das alles nicht anhören konnte.Aber das ist so, das ist das, was zumindest nach außen getragen wird,dass es halt für die Länder zu aufwendig ist, die fristen alle viel zu kurz,so jetzt ganz plötzlich kommen die auf einmal mit Digitalisierung aus dem Nichts.
Tim Pritlove
Aus dem Nichts, hätte ja keiner mit rechnen können.
Sabrina Gehder
Da konnte keiner mit rechnen, da konnte sich auch keiner drauf vorbereiten.
Tim Pritlove
Okay.
Sabrina Gehder
Ja und jetzt hängt es da und wir warten.
Tim Pritlove
Und denkst du denn, dass die Regelungen, wie sie dort besprochen wurden,wirklich jetzt den Ländern zu viel zugemutet hätten?Ob du eine Sicht drauf hast, was eigentlich jetzt der beste Weg wäre,diese Digitalisierung des Staates zu erreichen?
Sabrina Gehder
Also der beste Weg wäre, wenn wir einfach nochmal 20 Jahre zurückspulen ungefährund dann der Bund, also auf Bundesebene, auf bundespolitischer Ebene,ein großer Verwaltungsanwendung App Store aufgesetzt wird Und einmal diese ganzenverschiedenen Fachanwendungen, die dann benötigt werden,beschafft oder programmieren lässt oder was auch immer. Also je nachdem,ob es das schon gibt oder nicht.Und die dann den Kommunen bereitstellt. Und zwar so, dass gleich als komplettes Ökosystem,mehr oder weniger komplettes Ökosystem, aber zumindest mit kompatiblen Schnittstellen,das geplant wird und dann eben an die Kommunen verteilt wird und die sich danndas so zusammenbauen können, wie die das brauchen.So, dass die Kommunen eben erstmal diese ganze Beschaffung nicht in ihrem Bereichhaben, dass sie den Support nicht in ihrem Bereich haben, die Administrationund vor allem auch die Schulung.Weil das ist jetzt, im Moment ist es halt so aufgesetzt, jede Kommune und jedesLand muss im Prinzip die Fachanwendung für ihre Behörden selber beschaffen.Die müssen selber ein Software-Auswahlverfahren machen, die müssen das selberinstallieren, die müssen es teilweise selber beauftragen oder tatsächlich erstellen lassen.Sie müssen ihre Leute irgendwie selber schulen und jede Kommune muss das selbermachen. Also du hast diesen Overhead einfach mal 400 oder so. so.Und das ist halt einfach, und die Sachen funktionieren dann nicht miteinander,also du kannst dann nicht Daten einfach übertragen, so jemand zieht um von Bayernnach Schleswig-Holstein, du kannst nicht einfach dessen Meldedatensatz oderdessen Finanzamtsdatensatz.Steuerdatensatz übertragen an die andere Behörde, sondern du musst dann an deinemneuen Wohnort den kompletten Anmeldeprozess und so weiter, musst du halt alles nochmal selber machen.Weil einfach die Schnittstellen nicht untereinander funktionieren.
Tim Pritlove
Also Kommunen haben wir ja so fast 11.000 Gemeinden. Du meinst wahrscheinlich so Landkreise.
Sabrina Gehder
Ich war bei Landkreisen.
Tim Pritlove
Genau, auf der Ebene. Aber das ist natürlich ein guter Punkt.Und interessant finde ich jetzt auch deine Stoßrichtung, weil ich frage michhalt auch immer schon die ganze Zeit, was,Was brauchst du halt eigentlich? Und andere Länder haben ja auch Digitalministerien,die in gewisser Hinsicht auch ein wenig durchregieren können,so ähnlich wie es halt das Finanzministerium tun kann.Und ich finde, so wie man beim Geld einen Überblick haben muss,müsste man halt eigentlich auch bei dem Digitalen einen Überblick haben.Und ich glaube, das ist so inder Politiker-Mentalität in Deutschland noch nicht so richtig angekommen.Und in gewisser Hinsicht haben wir es ja gerade hergeleitet.Also dieses, wenn du den Staat digitalisieren willst, dann musst du quasi injedem Absatz irgendwo sagen, muss aber auch ohne Papier gehen,muss aber so gehen, muss aber so gehen.Und ich kann das dann auch gut verstehen, wenn jetzt so ein Landkreis die Händehebt und sagt, habt ihr sie noch alle? Wir können doch jetzt nicht hier fürjeden Landkreis das Rad immer wieder neu erfinden.Klar, es gibt natürlich Gesetzesunterschiede, pipapo,auf Landesebene und sicherlich gibt es auch noch irgendwas,was der eine Landkreis anders macht als der andere,weil die ja in gewisser Hinsicht in der konkreten Umsetzung ihrer Anwendungenund so weiter dann auch nochmal so andere Methodiken haben oder keine Ahnung,Prozesse, Abläufe, Zuständigkeiten.Nur, das ist ja nun absolut zumutbar, dass man Software entwickelt,die im Prinzip für 400 Landkreise dann eben auch die entsprechenden Anpassungenauch vornimmt oder zumindest so parametrisierbar macht.Aber dann in dem Moment, wo man sagt, naja, ihr müsst aber jetzt hier ein bestimmtesDatenformat, nehmen wir mal zum Beispiel elektronische Rechnung,muss ja jetzt von allen unterstützt werden,macht ja einfach keinen Sinn, das auch nur mehr als einmal zu implementieren.
Sabrina Gehder
Richtig. Es ist ja schon schlimm genug, dass es auf EU-Ebene ja schon wiederunterschiedliche Formate gibt.Also wenn du Internationalrechnungen schickst, dann hast du ja auch gleich wieder ein Problem.
Tim Pritlove
Ja, ist nicht ganz so schlimm. Ich habe mir das nämlich gerade mal angeschautmit den elektronischen Rechnungen.Also tatsächlich gibt es einen europäischen Standard.Ich glaube, da sind wir auf dem richtigen Weg. Aber definitiv innerhalb vonDeutschland noch nicht, was die Digitalisierung betrifft.Und selbst wenn es jetzt kein Digitalministerium gibt, was ich denke,was es geben sollte, was es halt auf jeden Fall braucht, ist halt eine Bundessoftwareschmiede.Also eigentlich muss man eben diese ganze Softwareentwicklung,zumindest die Koordinierung davon, in die eigene Hand nehmen.Dass man einfach an einer Stelle für den gesamten Staat das koordiniert.Das heißt ja nicht, dass jetzt ein eigenes Software-Team für jeden Fall angestelltwerden muss. Die Leute werden sie gar nicht bekommen.Aber zumindest eben zu sagen, okay hier Firma X, ihr werdet jetzt beauftragt,hier diesen Teil noch beizutragen.Aber wir entwickeln halt jetzt einfach Software für Deutschland und die dannhalt überall zur Anwendung kommen und das muss dann eben auch funktionierenund hier sind die Anforderungen etc. pp.
Sabrina Gehder
Ja, genau. Man kann es ja auch dann so konfigurierbar machen,dass es eben auch für die verschiedenen Landesgesetzgebungen passt und so.Der eine hat dann irgendwie, der fragt dann noch die Sachen ab oder so,aber das kann man sich ja dann, das kann man ja einbauen.Das ist ja jetzt nicht, man muss das ja nur einmal aufnehmen.
Tim Pritlove
Wenn irgendwas anpassbar ist, dann ist es Software.
Sabrina Gehder
Ja, eben. Also muss man einfach nur das Anforderungsprofil vernünftig schreiben.
Tim Pritlove
Ach ja.
Sabrina Gehder
So, das wäre so der Idealzustand. Und man könnte auch,sag ich zumindest als juristische Laien, ich bin auch immer noch nicht überzeugtdavon, dass es wirklich erforderlich ist, in jedem einzelnen Paragrafen dazuzu schreiben, ach übrigens, das geht jetzt auch digital.Ich bin immer noch der festen Überzeugung,man könnte das auch einfach als Generalklausel irgendwo machen.So Schriftform bedeutet auch E-Mail zum Beispiel oder irgendwie sowas.Also gibt es wahrscheinlich juristische Spitzfindigkeiten, warum das jetzt total nicht geht.Aber irgendwie glaube ich, dass da auch sehr viel Nicht-Wollen dabei ist.
Tim Pritlove
Ja und was wahrscheinlich auch viel mit immer noch mit nicht so wirklich Verstehen auch zu tun hat.
Sabrina Gehder
Ja, genau. Und es wird dann auch immer gerne auf die gängige Rechtspraxis verwiesen,was ja auch nur hochgestochen ist für, das haben wir schon immer so gemacht.
Tim Pritlove
Genau, haben wir immer schon so gemacht.
Sabrina Gehder
Und die Widerstände sind in vielen Bereichen halt auch sehr groß.Jetzt zum Beispiel, da sind wir wieder beim Gesetz Digitalisierung der Justiz,da soll es unter anderem darum gehen, dass Strafanträge auch online gestellt werden können.Und ich kann noch mal einen Link raussuchen, den wir vielleicht in die Shownotes packen können.Es gibt einen Beitrag auf LinkedIn, wo Marco Buschmann, also der Justizminister,dieses Gesetz vorgestellt hat mit so ein paar Erklärbildchen.Und es haben sich diverse RichterInnen und AnwältInnen unter diesem Beitraghalt geäußert, wie schlimm sie diesen Vorschlag finden.Und wie doch dann der Strafantrag dadurch an Wert verliert.Und das fand ich auch sehr bemerkenswert irgendwie.Also da schrieb dann eine Rechtsanwältin, eine eigenhändige Unterschrift markierteine Zäsur und regt zum eigenständigen Denken an, ob man den Strafantrag überhaupt möchte.Also wenn du das, das ist so diese Wertigkeit, die dann da oft ist und dieseBefürchtungen, die da oft kommen.Ja, wenn du das online machst, dann ist das nichts wert, das ist ja nichts Echtes.Und das kommt in ganz vielen Kommentaren kommt das da durch.Und das ist so, ich glaube das sind halt so die Widerstände mit denen du dannauf allen Ebenen dann auch zu kämpfen hast und das sind natürlich dann auch,wenn wir von RichterInnen und RechtsanwältInnen reden das sind dann auch die,die auch viel Einfluss haben auf die Politik und darauf, wie dann die Gesetze.Geschrieben werden für ihren Bereich die sind da stark in den Verbänden allein schon.
Tim Pritlove
Weil der halbe Bundestag sind ja Juristen. Ja, ach ja.Also ich muss sagen, bei den Juristen kann ich auch schnell nachtragend werden,weil ich ja eigentlich finde, dass so Softwareentwicklung und Juristerei,dann doch recht verwandte Themenbereiche sind in der Art und Weise,wie man eigentlich über sein Material nachzudenken hat.Weil irgendwie Code zu schreiben und Software zu entwickeln und Systeme zu entwickelnbedeutet ja auch, ein Verständnis,zu entwickeln von der eigentlichen Sachlage und Problematik und den Lösungsvorschlägenund das dann eben mit Code beantwortet und in der Juristerei ist es ja nun eigentlichähnlich dahingehend, dass man ja auch hier eine Bestandsaufnahme macht und sagt,wir hätten das jetzt aber gerne so und um das sicherzustellen,dass diese Prozesse dann inZukunft auch so laufen, entwickeln wir jetzt hier dieses Gesetz, was eben,definiert, klar macht, was eigentlich sein soll und ich verstehe immer nicht,wie man dann einfach den Brückenschluss zu digitales Gut nicht hinkriegen kann.
Sabrina Gehder
Ja, das kann ich auch nicht nachvollziehen. Eigentlich ist es fast dasselbe.
Tim Pritlove
Eigentlich ist es doch ganz einfach.
Sabrina Gehder
Ja, weil ich glaube, ich habe so Theorien, ich habe da ja auch in meinem Berufsleben,halt jeden Tag mit zu tun, halt mit diesen ganzen Widerständen, die da kommen.Weil ich eben auch bei mir in der Firma dann die ganzen Digitalisierungsprojekte,begleite. Das ist halt auch,Einfach viel Verlustängste auch, dass man etwas, was einem vielleicht auch soein bisschen identitätsstiftend ist, was auf jeden Fall einen Wert hat,dass man das verliert oder dass man liebgewonnene Aufgaben verliert.Oder dass eben die eigene Arbeit keinen Wert mehr hat, weil es jetzt viel einfacher ist.Und das sind so...
Tim Pritlove
Die deutsche Angst.
Sabrina Gehder
Ja, das sind die deutsche Angst, ja. Ja. Wenn es zu einfach ist und so,dann ist das nichts Richtiges.
Tim Pritlove
Ja.
Sabrina Gehder
Wenn deine Arbeit dir Spaß macht, dann arbeitest du gar nicht wirklich.
Tim Pritlove
Lass uns mal weg vom Digitalen hin zur realen Welt kommen, ohne die Welt derGesetze komplett zu verlassen.Es gab ja jetzt ein Gesetz, was gerade beschlossen wurde, habe ich jetzt auchgleich mal im Bundestagszusammenfassern nochmal nachgeschlagen, nach Cannabis gesucht.Und ich finde sofort, das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis istverkündet, im Gesetzblatt verkündet und von daher halt gültig.Letzte Änderung vom 22.03.Und wir wissen alle, am 1.April ist es ja dann auch schon zu den ersten öffentlichen Kiffereien gekommen.Das hast du wahrscheinlich auch etwas intensiver begleitet, oder?
Sabrina Gehder
Das fand ich sehr lustig. Ich hatte sehr viel Spaß bei diesem Gesetz.Und ganz ohne Cannabis. Okay.
Tim Pritlove
Warum?
Sabrina Gehder
Unfassbar. Und das war so bizarr einfach, dass ich da sehr viel Spaß dran hatte.Also man muss das mit so einem Abstand gucken. So nach dem Motto,es betrifft mich eh nicht.Dann kann man sich ein bisschen drüber amüsieren. Okay. Also das war schon...Ein Highlight deutscher Bürokratiekultur.
Tim Pritlove
Okay. Ja, also was sagt der,Bundestagszusammenfasser? Also vielleicht auch nochmal, ich wollte das auchnochmal aufgreifen, um einfach mal so ein Beispiel zu liefern.Also zum Gesetz, abgesehen davon, dass ich ja die Basics bekomme mit was jetztgerade der Status ist, hast du ja dann diese Zusammenfassung mit GPT-4.Und ich finde das einfach immer wieder bemerkenswert, wie gut diese LLMs ander Stelle wirklich behilflich sein können.
Sabrina Gehder
Also Textzusammenfassungen können die echt richtig gut.
Tim Pritlove
Genau. Und das ist auch tatsächlich ein guter Weg.Ich habe das auch gemerkt, also immer wenn, keine Ahnung, also so Gesetze istdas eine und so wissenschaftliche Paper ist das andere.Ich meine, wenn ich hier so ein wissenschaftliches Paper für keine Ahnung wasfür einen Bereich vor die Nase bekomme, dann weiß ich schon,wenn das nicht mein Feld ist, dann brauche ich erst gar nicht anfangen,über den Abstract nennenswert hinauszugehen.Aber sich das halt mit so einem LLM zusammenzufassen und dann immer noch die Möglichkeit zu haben,danach Fragen zu stellen, ob das da drin ist oder nicht oder was das dann bedeutetund was da für Regelungen sind, das ist einfach großartig.
Sabrina Gehder
Das wäre übrigens auch noch ein cooles Feature für den Bundestagszusammenfasser.Dann so gleich so ein eingebauter Chatbot, dass man sich mit dem Gesetz unterhalten kann.
Tim Pritlove
Das wäre in der Tat Ja.
Sabrina Gehder
Mega. Da bräuchte ich aber dann doch jemanden, weil da habe ich keine Ahnung von.
Tim Pritlove
Ja okay, das ist ja sicherlich ein interessantes Feld.Du hast es ja hier schon aufgebrochen in verschiedenste Bereiche,wenn ich das richtig sehe.Also es ist immer dieselbe Struktur hier, so Inkrafttreten, Hintergrund,Kosten etc. Das heißt, man kriegt zum Beispiel schnell eine Liste mit,welche Maßnahmen stecken denn jetzt eigentlich in diesem Gesetz tatsächlich drin.Und hier haben wir dann Entkriminalisierung des Eigenkonsums von Cannabis biszu 25 Gramm, Einführung eines Werbe- und Sponsoringverbots für Konsum-Cannabis,Durchführung von Modellvorhaben für die gewerbliche Produktion und Vertrieb von Cannabis,Einführung des Medizinal-Cannabis-Gesetzes und Lockerung bürokratischer Vorgabenim Bereich Medizinal-Cannabis und Evaluation der Gesetzesauswirkungen nach vier Jahren.Und eins habe ich jetzt weggelassen, weil darüber wollten wir jetzt mal genauer sprechen.Ermöglichung des privaten und gemeinschaftlichen Eigenanbaus von Cannabis in Anbauvereinigungen.Und das ist ja so ein kleiner Stolperstein jetzt sozusagen für die Bürger,weil, tja, wenn man also quasi selber jetzt Hanf anpflanzen möchte,weil irgendwo muss man es ja herbekommen.Bei Eigenkonsum ist ja jetzt inkriminalisiert, aber es gibt ja nach wie vorkeinen Ort, wo man es kaufen kann sozusagen.Es gibt ja keine Vertriebserlaubnis dafür und stellt sich halt wieder die Frage,ja okay, was heißt denn das jetzt?Und Netzpolitik.org hat es ja auch in einem Begriff sehr schön zusammengefasst,so beim Dealer gibt es halt besseren Datenschutz.
Sabrina Gehder
Das ist richtig. Die Datensammelei in den Anbauvereinigungen ist schon nicht ohne.Also die haben halt echt ausufernde Berichtspflichten von Daten,die sie halt erfassen müssen von ihren Mitgliedern.Also vielleicht, ich weiß nicht, ob ihr das schon mal überhaupt erklärt hattetirgendwie mit dem, wie das jetzt überhaupt funktioniert hier.Grundsätzlich ist es ja so, anbauen darf man in einem Anbauverein.Das heißt also, um Cannabis anbauen zu dürfen, in Größe, also mit mehr als dreiPflanzen, musst du halt Mitglied eines Vereins sein. Nein, dieser Verein muss,wie ich eben schon sagte, wahnsinnig viele Auflagen erfüllen.Unter anderem müssen sie eben auch von all ihren Mitgliedern aufzeichnen undfesthalten, dokumentieren, wer wannwie viel Cannabis abgenommen hat oder Vermehrungsmaterial, je nachdem.Und ja, das müssen sie für fünf Jahre vorhalten. Die zuständige Kontrollbehördedarf das auch im Rahmen einer jährlichen Kontrolle, also die wirklich jährlichstattfinden soll, auch einsehen.Sie dürfen Kopien davon anfertigen und sie dürfen es bei Bedarf,wenn sie irgendwie den Verdacht haben, dass irgendwas nicht in Ordnung ist,dann dürfen sie es halt auch mitnehmen.Und dann dürfen sie es auch anderen Behörden weitergeben. Das ist auch schön.
Tim Pritlove
Und ich glaube, die Einstiegshürde dafür sind sogar Ordnungswidrigkeiten.
Sabrina Gehder
Die Einstiegshürde sind Ordnungswidrigkeiten, korrekt. Also selbst für ein Parkticketoder so könnten sie dann die Daten an die Polizei weitergeben. gegeben.
Tim Pritlove
Falsch geparkt? Tja, Pech gehabt. Dann werden die Daten abgerufen.Tja, also das ist auf jeden Fall sehr fragwürdig und da sieht man mal auch wiederschön, wie schwer sich Deutschland doch mit Änderungen so tut.Weil ich meine, das wird ja nun alles schon so lange diskutiert und das Zieldieses Gesetzes ist ja eigentlich, um einfach mal,Eine Entkriminalisierung zu erreichen mit dem damit verbundenen Ziel,Cannabis rauszunehmen aus diesem typischen Drogenszenen-Spiral-Ding,dass man quasi zwangsläufig nur, wenn man was zu kiffen haben will,sich eigentlich in dieselben Strukturen begeben muss, wo halt auch alles andere gehandelt wird.Und jeder, der da auch mal ansatzweise nur Kontakt hat, weiß, das ist halt auch so.Und von daher wäre es ja eigentlich besser, man würde einen Umgang finden wiemit anderen populären Drogen, wie zum Beispiel Alkohol. Mhm.
Sabrina Gehder
Fairerweise muss man aber noch sagen, dass Deutschland das auch deshalb oderhauptsächlich deshalb so kompliziert gemacht hat, weil man eben in internationalen und auch EU,in internationalen Verträgen und in EU-Gesetzgebung auch so ein bisschen gefangen ist.Und da, wenn man es eben komplett einfach legalisiert hätte,dann man da in Konflikt geraten wäre mit der EU und mit verschiedenen Verträgen. Mhm.So, also das ist halt so ein bisschen der Versuch, diese ganze Regelung zu umschiffen.
Tim Pritlove
Okay, aber das hätte ja nicht unbedingt jetzt bedeuten müssen,dass man so viele Daten erfassen muss.
Sabrina Gehder
Nee, man hätte es auch einfach so machen können wie Kanada zum Beispiel,die gesagt haben, ist ja zu uns egal. Wäre ja auch eine Option gewesen.
Tim Pritlove
Das wäre jetzt zu einfach.
Sabrina Gehder
Das wäre zu einfach. Und vor allem, wo kommen wir denn da hin? Das geht ja nicht, nein.
Tim Pritlove
Genau, also gibt es jetzt diese Cannabis Social Clubs, beziehungsweise kannes geben, also diese Anbauvereinigung, Cannabis Social Clubs ist so ein bisschender Begriff, der sich jetzt so…,geformt hat.
Sabrina Gehder
Ich bin ja Bubas Verein, viel besser eigentlich.
Tim Pritlove
Ich muss ja zugeben, dass ich so als Berufsjugendlicher dann doch sehr späterst diesen Begriff entdeckt habe, dass der mittlerweile rumgegangen ist.
Sabrina Gehder
Ich auch.
Tim Pritlove
Man lernt ja nie aus.
Sabrina Gehder
Ich habe das auch erst jetzt im Rahmen dieser Diskussion habe ich den gelernt.
Tim Pritlove
Genau. Und ja, und was ist dann passiert?Es ist natürlich das passiert, was passieren musste, um natürlich jetzt so einenAnbauverein quasi betreiben zu können und um all diese gesetzlichen Anforderungen erfüllen zu können,braucht man natürlich irgendein System und da bietet es sich natürlich an,irgendeine fertig gebaute Softwarelösung zu machen.Und wo kommen die schnell zusammengeworfenen Softwarelösungen her?Das sind dann irgendwelche Webseiten, die sagen, ja hier, alles gar kein Problem,klickst du hier, machst du einen Account,legst du deine Anbauvereinigung an und schon hast du schöne User-Interfacesund das ist auch alles total sicher und Datenschutz und Privatsphäre und wirsind ja hier voll die Profis und klick hier.Und das ist dann immer so der Moment, wo dann unsere Freunde von Zerforschung aufs Feld treten.So auch in diesem Fall, wir erinnern uns, Zerforschung hat ja nun schon diversewindige Web-Anbieter irgendwelcher Datenerfassungslösungen auseinandergenommen.Das fing dann mit diesen Corona-Teststellen an und Lieferdienste und so weiter.Und das ist halt aus der Perspektive von halbwegs erfahrenen Web-Entwicklernund so minimal Sicherheitsverstehern.Also man muss ja jetzt noch nicht mal der totale Experte sein.Aber wenn man sich irgendwie mit Web-Security ansatzweise mal beschäftigt hat,dann gibt es halt so zehn Sachen,ich sag mal so die schnellen Tricks, wo man mal irgendwo rein piekst,um zu gucken, ob denn irgendwie alles in Ordnung ist.Und es ist halt dann auch einfach immer wieder dasselbe, diese Lösungen kommenauf den Markt und dann fangen halt die Leute an, da einfach mal rein zu pieksen,also ohne jetzt groß da einen Olympia-Rekord aufzustellen im Bereich Security-Analyse,einfach nur mal so gegentreten, ob der Reifen wackelt und schon fallen die Außenspiegel gleich mit ab.Und so war es halt auch diesmal.Opfer war die Lösung CanGuard,die sich als Verwaltungssoftware für diese Cannabis-Social-Clubs angepriesenhat und Zerforschung dokumentiert das mal wieder sehr schön auf ihrer Webseite und erläutert,was halt hier möglich war und es ging natürlich sofort mal wieder los.Alles, also man konnte, wenn man jetzt so einen Club angelegt hat und da Leuteeingetragen hat mit den entsprechenden Daten,konnte man sich also einerseits sofort durch die leichte Veränderung der URLselber schon die eigenen Daten anzeigen,aber auch die von allen anderen Mitgliedern in diesem Club und das natürlichnicht nur beschränkt auf den eigenen Club, sondern auch alle anderen Clubs,die auf demselben Rechner gehostet waren.Weil du hast ja viel Erfahrung auch mit Datenbanken, dem muss ich das nicht erzählen.Also das ist sozusagen die absoluten Minima von Datenbanksicherheit,die hier mit den Füßen getreten werden.
Sabrina Gehder
Ja, schlimm.
Tim Pritlove
Man könnte nicht nur die Daten lesen, nein, man könnte sogar auch noch für jedenUser auch noch das Kennwort ändern.
Sabrina Gehder
Das ist der Größte, das Allerkrasseste daran, finde ich. irgendwie.
Tim Pritlove
Da dachte ich auch so, Leute, sag mal, habt ihr sie noch alle?
Sabrina Gehder
Also viel mehr hätte man auch nicht falsch machen können eigentlich.
Tim Pritlove
Nee, also hier ist wirklich alles dabei. Also klar, man braucht dann noch dieMail-Adresse, man braucht noch so eine ID von den Usern, aber die kriegt manja auch, weil man kann ja einfach mit slash all, kann man sich ja auch alleUser listen lassen und mit allen IDs angezeigt bekommen.Und die ganze Voraussetzung ist nur, dass man nur irgendwie da einen Accounthat, den man sich ja selber machen kann.Und dann ging es natürlich dann auch gleich in die nächste Stufe,nachdem also diese ganzen Fehler gefunden wurden, geht dann halt die Zerforschung,wie man das eben so macht als verantwortlicher Security-Ingenieur.Hin und sagt, okay, dann sagen wir doch mal Bescheid, nicht?Und dann gibt es ja dann entsprechende E-Mail-Adressen, die gelistet werden.Problem war nur, um den Leuten halt irgendwie Bescheid zu sagen,dass sie da eine eklatante Sicherheitslücke haben, war dann auf der einen,also es gab dann sowohl Mail-Adressen in der Datenschutzerklärung als auch imImpressum, die in der Datenschutzerklärung gelistet waren, die haben schon malgar nicht funktioniert, weil die Domain, die dort gelistet wurde,überhaupt nicht registriert war. Was?Hast du so. Dingbring.de gab eshalt einfach gar nicht so. Also hättest du kaufen können in dem Moment so.Und die andere, die so EdKangard.de war, die konnte man zwar anschreiben,aber es gab halt nach sechs Tagen keine Antwort.Auch ein zweiter Versuch hat dann irgendwie nichts gebracht.Und nach dem zweiten Versuch nochmal die Mails zu schicken, konnte die dannauch schon nicht mehr zugestellt werden.Was schon mal so ein Hinweis darauf war, dass schon auf die Mails irgendwiereagiert wurde, bloß eben nicht mit einer Antwort.Dann waren aber auch noch Telefonnummern gelistet, dort wurden dann mit SMSdarauf hingewiesen, dass sie sich doch vielleicht mal melden sollten.Und daraufhin ging dann, wir reden jetzt hier vom 4.April, ging dann das ganze System offline.Und immerhin haben sie dann am 5. April, ohne sich also irgendwie bei der Zerforschung zurückzumelden,aber haben sie zumindest ihre Nutzer darüber informiert, dass halt ein SecurityBreach vorgelegt hat und dass nach ihrer Erkenntnis natürlich nichts passiert ist.
Sabrina Gehder
Nee, ist klar. Sonst hätte es ja Forschung, dass sie es womöglich noch selbermachen müssen, die Leute zu informieren.
Tim Pritlove
Ja, jetzt kann man wirklich in alle Richtungen schlagen. Also auf der einenSeite finde ich es einfach absurd, dass…,Ich bin ja wirklich niemand, der jetzt sagen würde, die Welt braucht einen Online-Führerschein.Aber ehrlich gesagt, bei so manchen Entwicklern würde ich mir das fast mal wünschen,weil man irgendwie das Gefühl hat, man kriegt hier Autofahren erklärt von Leuten,die noch nie ein Lenkrad in der Hand gehabt haben.
Sabrina Gehder
Ja, wobei, ist es wirklich ein Kompetenzmangel oder ist es einfach nur diesesübliche schnell schnell hier, das Gesetz tritt in Kraft, wir müssen unsere Lösung fertig kriegen?
Tim Pritlove
Ja gut, aber ich meine auch Lösungen fertig kriegen ist halt Platz 1,also wenn man damit wirbt und der Betreiber hat ja dann selbst in irgendwelchenOnlineforen auf Nachfragen und Bedenken nochmal dick rumgepost,wie sicher ja alles wäre und so.Also man merkt dann immer, dass dann irgendwelche Marketing-Heinis,die sich wie welche verhalten, halt einfach mal wild irgendwas behaupten,weil wahrscheinlich auf einmaligeNachfrage irgendein Entwickler gesagt hat, ja nee, das passt schon.Aber man hat halt nicht überlegt, okay, was könnten jetzt unsere Maßgaben sein?Was sind unsere Möglichkeiten, auch intern das zu testen?Lassen wir uns mal von außen testen. Organisieren wir mal eine andere Security-Bude,die Ahnung hat und die hier rumpiksen.Nein, einfach raus mit dem Kram.
Sabrina Gehder
Ja, mit dem Kram. Man muss ja der Erste am Markt sein.Und das ist doch dem, klar, möglicherweise haben die EntwicklerInnen dann irgendwienoch was gesagt, ich würde das noch nicht raushauen, aber das ist ja dann imZweifel der Geschäftsführung egal.
Tim Pritlove
So ist das. Naja. Gut.Sabrina, ich sag mal, jetzt haben wir es ganz gut eingetütet.Vielen Dank für den interessanten Einblick und vielen Dank für deinen Podcastund nochmal vielen Dank für diesen Bundestagszusammenfasser,was wirklich ein sehr hilfreiches Tool ist.Ich hoffe, dass das viele benutzen und ich hoffe, dass sich vielleicht auchLeute Leute ermuntert fühlen, da noch ein bisschen zu kontributieren,weil ich glaube, da kann man noch so einiges Nützliches reinbauen,insbesondere im Hinblick wirklich jetzt auf die Unterstützung des politischen Aktivismus.Also wenn man sich halt einbringen möchte und frühzeitig und genau und zielgerichtetund auch sagen wir mal effizient einbringen möchte,indem man also nicht so viel Zeit erstmal damit verbringt, ja überhaupt erstmaleine Orientierung zu bekommen, ja keine Ahnung, ich wusste ja gar nicht,dass jetzt irgendwas hier in Vorbereitung ist.Ist, kann man jetzt alles auf dem Bundestagszusammenfasser einfach anklickenund dann weiß man sofort hier,was steht hier an, Modernisierung des Strafgesetzbuchs ist hier eingeleitetworden, gibt es ein erstes Eckpunkte-Papier, kann man schon mal draufschauen.So, und das ist doch schon mal was.
Sabrina Gehder
Genau. Ja, das wäre auch gut, wenn das mehr Leute machen würden,die denen auch an der Demokratie was liegt.
Tim Pritlove
Genau.
Sabrina Gehder
So.
Tim Pritlove
Alright.Nochmal vielen Dank.
Sabrina Gehder
Ich danke dir für die Einladung.
Tim Pritlove
Ja, gerne.
Sabrina Gehder
Hat mich sehr gefreut, hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Tim Pritlove
Alles klar und vielen Dank fürs Zuhören. Ich sage Tschüss und bis bald.
Sabrina Gehder
Ciao.

Shownotes

Parlamentsrevue

Bundestagszusammenfasser

Digitale Gesetze für Bürger und Wirtschaft

Digitale Gesetze für den Staat

Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis

Zerforschung Cannabis Social Clubs

LNP488 Der Fluch des Graugesichts

Feedback — TikTok — Julian Assange — EGMR und E2E — Leitungsschutzrecht — Chatkontrolle — UN Cybercrime Convention — IFG-Anfragen

Heute mit Tim und Thomas. Wir gehen heute auf Feedback ein und beobachten die US-amerikanische Diskussion um TikTok und beleuchten generell die Problematik, dass Social Media mittlerweile tiefer in die Gesellschaft greift als klassische Medien. Die Auslieferung von Julian Assange an die USA wurde vom Gericht vorerst aufgeschoben bis die USA bestimmte Zugeständnisse macht. Das EGMR bestärkt mit einer Entscheidung Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. In der EU geht weiter das Gespenst des Leitungsschutzrechts a.k.a. Internet-Maut um und die belgische Ratspräsidentschaft unternimmt weitere Anstrengungen, die vor dem Scheitern stehende Verordnung zur Chatkontrolle doch noch durchzusetzen. Für die UN Cybercrime Convention sieht es allerdings schlecht aus, weil sich die Verhandlungen ziehen und es zunehmend Unmut über die geplanten Regelungen gibt. Und: IFG-Anfragen könnten künftig nicht mehr anonym möglich sein, da die Gerichte Behörden jetzt die Hintertür des Postwegs geöffnet haben.

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Tim Pritlove
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Thomas Lohninger

Für diese Episode von Logbuch:Netzpolitik liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Guten Morgen, Thomas.
Thomas Lohninger
Guten Morgen, Tim.
Tim Pritlove
Du, in Deutschland darf man jetzt ab 20 Uhr auch in der Fußgängerzone kiffen.
Thomas Lohninger
Wunderbar, ich setze mich gleich in den Zug.
Tim Pritlove
Logbuch Netzpolitik Nummer 488 vom 27. März 2024.Ja und wir ziehen jetzt mal hier richtig die Sache mal richtig durch, würde ich sagen.
Thomas Lohninger
Ich freue mich für euch.
Tim Pritlove
Ja, also tatsächlich wurde jetzt dieses Cannabis-Gesetz beschlossen.Und man darf jetzt sagen wir mal mit Einschränkungen auch mit ein bisschen Zeugin der Tasche aufgegriffen werden, ohne jetzt gleich finsterste Bestrafungen zu fürchten.Das würde ich sagen ist mal ein Fortschritt.
Thomas Lohninger
Ja ist es. Da blicke ich neidisch von Österreich drauf. Wir haben sowas nicht.Wurde diskutiert, wurde wieder verworfen. Das sind wir einfach noch einige Jahre hinten nach.
Tim Pritlove
Ja aber jetzt wenn Deutschland das macht, dann müsst ihr das doch auch machen.
Thomas Lohninger
Das dauert aber wirklich noch einige Jahre.
Tim Pritlove
Ja gut, das mag ja sein. Also not all is good.Also ich meine, man darf zwar jetzt was haben, aber kaufen darf man es irgendwieimmer noch nicht. Also es gibt jetzt sozusagen immer noch keinen richtigen Sale.Aber man kann jetzt so einen Club gründen. So einen Kifferclub.Und da darf man dann Mitglied sein. Und wenn man Mitglied ist,dann darf man sich auch irgendwie, dann darf man so gemeinsam anbauen und sichirgendwie wie bestimmte Mengen dann auch zukommen lassen.Also es wird dann sozusagen über so Clubs organisiert. Da müssen wir halt was Passendes gründen.So ein Chaos-Cannabis-Club oder so.
Thomas Lohninger
Ich wollte es gerade sagen, es drängt sich auf, oder? Wie oft wurde dieser Witz schon gemacht?
Tim Pritlove
Tja, das ist, so wird es jetzt wahrscheinlich kommen. Mal gucken.Also die CSU vor allem hat sich natürlich kräftig dagegen gewehrt.Also die süddeutschen Staaten, insofern sehe ich auch schon,dass das für Österreich wahrscheinlich noch eine Weile dauert.Also es war wirklich so ein Kampf Nord gegen Süd.Mal was Neues, so. Und der Südenwar natürlich so, ja nee, das kann ja gar nicht sein und Drogen und so.Und da gab es wirklich ein paar witzige Beiträge auch im Bundestag irgendwievon so CSU-Leuten, die sich da halt künstlich aufgeregt haben.Unter anderem war dann aber einer dabei, der es sogar gebracht hat in seinemWahlkampf in Bayern, sich im Kontext dieses Wahlkampfs ein eigenes Bier brauen zu lassen.Also es ist wirklich echt manchmal unglaublich, zu welchen GedankensprüngenPolitiker fähig sind oder auch nicht fähig sind.
Thomas Lohninger
Das heißt, Gendern wird verboten und Cannabis nicht legalisiert.Ihr könnt Bayern noch abspalten, also wenn wir Bayern und Österreich vereinen.
Tim Pritlove
Ihr würdet die nehmen? Ich weiß nicht, ob das so gut wäre.
Thomas Lohninger
Ich fürchte ja.
Tim Pritlove
Oder wäre das dann sozusagen der progressive Norden für Österreich?
Thomas Lohninger
Na, so schlimm ist es nicht. Also ich glaube, in Wien hätten wir ein Problem.
Tim Pritlove
Das kann ich mir auch vorstellen. Also München selbst, wie das immer so istmit den Großstädten, ist jetzt auch nicht all lost.Aber du hast ja dann immer noch das Einzugsgebiet und das bleibt natürlich weiterhin problematisch.In Baden-Württemberg. Naja, also die können, schärfer können sie ganz gut.
Thomas Lohninger
Ja, ich meine, es wird ja spannend, wie lange es dauert, bis das in den Konsensrüberwandelt und sich alle Leute einig sind, dass man das schon immer hättemachen sollen. Und ich glaube, dann gibt es auch keinen Widerstand mehr daran, oder?Wenn man das jetzt gut ausgestaltet, dann wird das so alltäglich werden,dass es hoffentlich gar keine politische Debatte mehr ist in ein paar Jahren.Und dann vielleicht kann es auch überschwappen in so Länder wie Österreich oder Bayern.
Tim Pritlove
Ja, ich denke auch, man muss jetzt erstmal feststellen nach ein paar Jahren,dass dadurch immer noch keine brennenden Mülltonnen durch die Straße rollen,nur weil jetzt irgendwie was legalisiert wird, was ohnehin schon immer hätte legal sein sollen.Der eigentliche Schritt, den ich jetzt tatsächlich als erstes erwartet hätte,wäre eher sowas gewesen,dass man wirklich jetzt auch malklar sagt, ja okay wir brauchen jetzt mal eigentlich eine Hanfinitiative.Weil das Absurde ist ja, dass eigentlich im Rahmen dieser ganzen Verbotsdebatteauch der Nutzen von Hanf selber komplett zurückgestellt wurde.Also das hat sich schon gebessert, ich kenne mich da im Einzelnen nicht aus.Es gibt ja auch Hanfanbaugebiete von jetzt so nicht psychoaktiven Hanf und so,aber bloß das kann ja noch sehr viel weiter gehen, weil das einfach eine sinnvollePflanze ist, die man für echt viele Sachen benutzen kann.Und im Rahmen dieser ganzen Befreiung sozusagen von diesen Einschränkungen würdeman natürlich dann auch eine Hanfindustrie weiter befeuern,weil man einfach unproblematischer das Ganze anbauen kann. Aber naja, mal gucken.Fortschritte kommen, aber manchmal dauert es einfach. Andererseits ist das fürmich immer wieder ein schönes Beispiel für...Den Sinusverlauf von so Gesellschaften, in denen mehrere Frequenzen gleichzeitigstattfinden, weil man hat ja auch oft so diesen fatalistischen Blick,also viele Leute haben so dieses, früher war alles besser oder jetzt geht allesden Bach runter, weil man sich eben so eine dieser Frequenzen anschaut,die gerade so nach unten geht.Und weil das gerade so das wichtige Thema ist, weil da die Amplitude so starkist, dann ist das sozusagen auch prägend für das Bild, aber man sieht dann schnell,dass es dann etwas niedrigere Frequenzen oder höhere Frequenzen gibt,die tatsächlich gerade wieder im Auffind sind, wo irgendwelche gesellschaftlicheWandlungsenergien sich freisetzen, Wo man dann sagt so, ja okay,aber so ganz nebenbei, das ist jetzt einfach auch akzeptiert,nachdem es irgendwie auch jahrzehntelang ein Problem war, Schwulenrechte etc.Also obwohl es immer Sachen gibt, die scheiße werden,kommen dann viele Dinge einfach mal so nach oben, wo dann die Gesellschaft auchnicht mehr bereit ist, diesen Widerstand dagegen zu organisieren oder nichtmehr in der Lage ist, da überhaupt noch einen Widerstand zu organisieren.Und dann wird es halt einfach wieder akzeptiert.Insofern kann auch immer wieder mal alles gut werden.
Thomas Lohninger
Ja, schöner Tag für Deutschland. Ich freue mich.
Tim Pritlove
So, jetzt gab es in der letzten Diskussion zu unseren Ausführungen eine ganzeMenge Feedback und ein Großteil davon hat sich mit dem Anzeigenhauptmeisterbeschäftigt, dem Phänomen.Und naja, alsoich finde dasist alles eine sehr schwierige undleider auch sehr polarisierende und polarisierte Diskussion und manche oderviele haben so in ihren Kommentaren dann auch schnell so eine Dichotomie aufgemacht mit,Also Radfahrer versus Autofahrer, was ja auch gerade so eine aktuelle Diskussion ist.Also zumindest in Deutschland merke ich, dass das einfach da so heiß diskutiert wird.So ja, Radfahrer versus Autofahrer und Autofahrer böse und Radfahrer gut.Und das ist irgendwie alles so schwarz-weiß an der Stelle.
Thomas Lohninger
Und als Mutterradfahrer fühlst du dich dem Ganzen überlegen und schwebst darüber bei den Gruppen.
Tim Pritlove
Ja und als Fußgänger frage ich mich dann halt auch so, was ist jetzt mit uns?Also da stecken natürlich viele Sachen drin, aber ich muss auch sagen,die Debatte, die ich so mit Linus geführt habe, fühlten wir uns dann halt teilweiseauch so ein bisschen missverstanden.Weil in der ganzen Debatte um diesen Anzeigenhauptmeister ging es uns eigentlichweniger um diese konkrete Verkehrsfrage, sondern eher so diese Frage von,was passiert eigentlich,wenn jetzt jemand anfängt, solche Gesetze so aktiv anzuwenden.Ja, also sozusagen, also nicht aktiv anzuwenden, sondern so übermäßig zu berichten,das ist ja, er wendet ja das Gesetz in dem Sinne nicht an, er ist ja kein Gericht,sondern er ist ja quasi nur Tippgeber für die Behörden,ob man nicht mal was verfolgen könnte und tut das dann aber obsessiv und daseben, ja, ohne Rücksicht auf Verluste, würde ich mal sagen.Und meine These war ja, dass die Wirkungen von Gesetzen sich ändern,wenn sie immer angewendet werden.Dass es dann einfach einen Unterschied macht und das in gewisser Hinsicht inder Gesetzgebung auch eingepreist ist, dass das eben nicht funktioniert.Immer stattfindet. Also wenn nicht explizit, dann implizit in gewisser Hinsicht.Also man hätte vielleicht, wüsste man von einem Gesetz, dass es dann so massivpermanent zum Einsatz kommt, dann wäre es vielleicht auch anders entworfen worden.Das ist so ein bisschen meine Grundthese. Und die Angst, die ich so ein bisschensehe hier, ist halt, dass wir eben durch Technik, in dem Fall halt Smartphones, Vernetzung etc.Jetzt quasi in so eine Vollzeitüberwachung durch so Bürgerwehren kommen.Weil einfach Leute auf bestimmte Aspekte des Rechtssystems jetzt voll abfahren,beziehungsweise das auch so als Werkzeug sehen.Naja, also gerade im Hinblick auf Radfahrer versus Autofahrer,gab es dann halt so Zitate, also gab es so Meldungen in den Kommentaren, so ja,Gefährder müssten wieder in die STVO gezwungen werden.Ja, oder wer das Einhalten der STVO als Gängelung bezeichnet ist aus der Diskussionraus, das ist mir ehrlich gesagt alles ein bisschen zu hart und auch eben zupolarisierend, weil man kann halt auch beides sein.Also ich bin halt Radfahrer und Autofahrer und Fußgänger in einem und ich wechslejetzt nicht irgendwie fließend von Retter der Welt zu Mörder,nur weil ich jetzt gerade mal mein Transportmittel wechsle.Und interessant finde ich halt auch, dass da so eine Privilegiendiskussion auchdraus gemacht wird weil ich meine,Schwächere gibt es immer und wenn man als Radfahrer unterwegs ist dann hastdu halt auch Schwächere und unter anderem habe ich ja dieses Beispiel gebracht,dass ich das eben oft sehe das ist halt einfach so.Radfahrer, sagen wir mal rote Ampeln zum Beispiel,Sehr viel mehr in Frage stellen.Also die Sinnhaftigkeit sozusagen mehr in Frage stellen.Und ich finde das auch ehrlich gesagt gar nicht so schlimm, weil man kann jasowieso und sollte eigentlich auch immer Sinnhaftigkeit von Regeln in Frage stellen.Und wenn man halt irgendwie an so einer roten Ampel steht, die da zwar jetzt steht,aber wo einfach sehr offensichtlich ist, dass wenn ich da jetzt weiterfahre, nichts passieren kann,weil einfach die Situation so ist, dann habe ich zwar im Prinzip einen Regelverstoßbegangen, wenn ich dann darüber fahre, aber die Frage ist halt,ist die Welt jetzt in diesem Moment schlechter geworden,weil ich mich über eine Regel hinweggesetzt habe, die in dem Moment einfachnichts wirklich verhindert.Oder eben nicht.
Thomas Lohninger
Aber vor allem auch eine Regel, die die Person, die gerade den Regelverstoßbegeht, mehr gefährdet als andere.Wenn da jetzt gerade nicht gegenüber von dir am Zebrastreifen jemand drübergeht, dann ist die Eigengefährdung, dass dich ein Auto von der Seite erwischt, um einiges höher.Ich glaube schon, dass es für Autos super wichtig ist, dass sich da alle dranhalten, auch wenn es eine unnötige Situation ist, wo keiner rundherum ist undman einfach drüber fahren könnte.Aber, ja, ich meine, wir haben in Wien das wirklich so als Schmäh,dass es wirklich total verpönt ist, das ist auch der erste Trick an alle Touristen,ja nicht auf dem Radweg gehen, weil die Radfahrer da sehr penibel darauf achten,dass ihnen dieser Platz nicht genommen wird.Das ist so die erste Regel, die man in Wien lernt.Und als Radfahrer kann ich das auch bestätigen, weil du bist natürlich dannauch in dieser Situation auf einmal konfrontiert mit schwächeren Verkehrsteilnehmernund du musst halt anders fahren, wenn du dich nicht darauf verlassen kannst,dass dann nur andere Radfahrer oder eben vielleicht diese dummen Rollerfahrermit dir auf diesem Fahrstreifen sind.
Tim Pritlove
Genau, also es ist auch alles sehr kontextabhängig und ich glaube,dass man in allen Bereichen Verhalten findet,was diskussionswürdig ist und dass Radfahrer dann wiederum auch schnell zumStärkeren werden und wenn sie dann mit Fußgängern interagieren müssen auch schnellzum Problem werden können, ist halt genauso klar.Deswegen mag ich eben diese einfachen gut-böse Sachen nicht und es ist auchnicht so, dass jetzt irgendwie von jedem Autofahrer per se eine Gefahr ausgeht.Potenziell ja, klar, weil schweres Gerät ist natürlich immer gefährlicher als leichtes Gerät.Aber dass jetzt die Motivation automatisch auch bei allen, die Autofahren sowäre, ist halt meiner Meinung nach auch Quatsch.Und das Hauptproblem ist halt so ein bisschen, dass einfach Verkehr an sicheinfach natürlich gefährlich ist, aber wir wollen ja auch Verkehr haben undwir haben ja auch Vorteile von Verkehr, sonst könnte man ja auf Verkehr komplett verzichten.Aber wie gesagt, es ist halt am Ende diese Umsetzung und man muss sich haltauch immer fragen, ist in dem jeweiligen Moment,liegt wirklich ein Problem vor, was gelöst werden muss oder nicht und da gabes ja dann in diesem Spiegel TV Ding, was weiß ich, die Situation,da hat dann halt jemand vor seiner Dönerbude irgendwie mit seinem Auto gehaltenund der Dönerbesitzer hat da halt irgendwie Sachen eingeladen. eingeladen.So und da wo er stand, da war dann halt irgendein Verkehrsschild.Niemand da, verstehst du, also eine vollkommen unproblematische Situation,aber weil es gibt ja hier Regel XYZ, musste dann eben gleich fotografiert und angeschwärzt werden.Also eine ähnliche Situation mit so kurzzeitigen Parken.Also die Motivation dieses Anzeigenhauptmeisters, wie er sich ja selber nennt, das ist halt so.Die Durchsetzung einer Ordnung, so einer Richtigkeit oder so ein Vollzugsdefizit,was dann jetzt behoben werden muss,aber dann in dem Moment eher dann durch so einen Vollzugsüberschuss ersetzt wird.Und das fand ich halt problematisch, genauso auch wie so seine Anmaßung so einerpolizeiähnlichen Wirkmacht,was sich ja auch dadurch zeigt, dass er ja dann tatsächlich mit diesem,wie er selber sagt, spaßhaften Polizeischild irgendwie an seinem Fahrradkorbdurch die Gegend lauscht.Er hat dann sozusagen nur so den unteren Strich des E entfernt,dass es dann aussieht wie ein F und dann sei es ja sozusagen nicht mehr das,aber es ist halt klar, dass er diese Wirkung in gewisser Hinsicht auch erzielen möchte.Auch durch diese merkwürdige Uniformität mit seinem Sicherheitsklamotten,die er dann irgendwie trägt.Naja, also dieses Entscheiden, wann Regeln sinnvoll sind, finde ich ist ein wichtiges Regulativ.Das müssen wir uns einfach auch erhalten.Und weil wenn wir immer Gesetzestexte, ich meine wir diskutieren ja Regeln oftgenug im Sinne von das was dabei rausgekommen ist, ist ein Kompromiss,das was dabei rausgekommen ist, das ist nicht richtig durchdacht worden.Aber dann im nächsten Moment, das was dann dabei rausgekommen ist sozusagenals ein absolutes Allheilmittel und die unanfechtbare Wahrheit zu betrachten,ist dann natürlich nochmal extra problematisch.Damit will ich jetzt auch nicht sagen, dass jetzt alle Verkehrsregeln scheißesind, mit Sicherheit nicht, aber eben nicht zwangsläufig immer alle auch inallen Situationen und das ist natürlich so ein Ding.Und wir haben ja dann auch schon gesehen, was passieren kann.Wenn solche Regeln auf einmal angewendet werden in einer Art und Weise,wie es vielleicht nicht gedacht ist.Also denk mal an Abmahnanwälte, die also jetzt im Internet dann maßenhaft irgendwelcheAbmahnungen verschicken, weil steht ja im Gesetz, muss ja dann recht sein,kann man erstmal nichts gegen machen.Machen, aber war halt so nicht gedacht, aber wird dann eben entsprechend missbrauchtund dann ist es halt schon ganz sinnvoll,wenn man da mal so ein bisschen den Kopf einschaltet, weil nach wie vor meinerMeinung nach sind die Ziele von Regeln und Gesetzen halt irgendwie ein friedlichesMiteinander zu organisieren und,Und vor allem erstmal das, sodass man erstmal normal miteinander umgehen kann. Naja.
Thomas Lohninger
Vor allem, ich denke mal so, man sollte nicht einen Kulturkampf in so Rechtsgebiete hineintragen.Das hat man ja auch bei den Klimakleberngesehen, dass die Regeln sehr unterschiedlich angewendet werden.Ich glaube, diese tolle Aktion nach den Bauernprotesten, wo die Jugendlichensich dann hingestellt haben mit Spielzeugtraktor und dem Schild,wir dürfen das, wir haben Traktor dabei.Also ich glaube schon, dass genau deshalb ja auch dieses Thema so Wellen schlägt,weil es resoniert mit Leuten.Das ist bei Verkehr oft so, weil hier haben wir einen sehr verrechtlichten Bereich, der den Zweck hat,sehr berechtigterweise Unfälle zu verhindern, Leben zu retten und für geordneteVerhältnisse zu sorgen.Und deswegen ist es ja auch irgendwie was, dass man dann vielleicht eher beider Polizei sieht, die auch nicht immer richtig handelt.Also da kennt jeder, glaube ich,auch Geschichten, wo Regeln ungerechtfertigterweise angewendet werden.Und dieser junge Mann, der sich da als Polizeihauptmeister befindet.
Tim Pritlove
Anzeigenhauptmeister.
Thomas Lohninger
Anzeigenhauptmeister, Entschuldigung. Jetzt habe ich ihm Unrecht getan.Und ich befürchte halt einfach,dass das eben so wie in der Analogie zum Drachenlord, die ihr gezogen habt,halt in einen Nerv sticht und deswegen nicht die besten Aspekte der Menschheitnach außen kehrt, wenn man sich den Diskurs so anschaut.Also ich hoffe, dass dem jetzt nichts passiert, dass der irgendwie ja für seinHobby jetzt nicht gemärtyrert wird.Aber es ist schon auch irgendwie so eine Debatte, wieso regt dieses Thema soauf, wieso gehen die Gemüter da so hoch.Das lässt mich als Anthropologe ein bisschen zweifelnd zurück.
Tim Pritlove
Genau, ich meine jetzt sammelt er irgendwie für eine Bahncard 100 und nochmalein bisschen Geld, damit er jetzt quer durch Deutschland fahren kann,um überall alle anzeigen zu können und da frage ich mich halt wirklich,was soll das halt groß bringen.Ich meine, wenn man jetzt mal schaut, wo man so ein Verhalten auch noch an den Tag legen kann,also haben wir auch teilweise schon erwähnt, was weiß ich hier so Straßenlandnutzung,kannst du natürlich jetzt losgehen und jedes Restaurant anzeigen,wo der Tisch auf der Straße zehn Zentimeter weiter in den Bürgersteig reinragt,als es jetzt irgendwie mit der Gemeinde in dem Moment ausgemacht ist.Ja klar, das kann man irgendwie korrigieren, aber dann sozusagen rumzugehen,alle anzuzeigen oder das weiß ich hier in Berlin auch immer wieder so ein Thema,so Sonntagsöffnung von irgendwelchen Spätis oder so oder Leinenpflicht für Hunde,also du kannst alle möglichen Regularien und Ordnungen rauskramen und wirstimmer jemanden finden, der dagegen verstößt.Die Frage ist halt nur, was bringt das?Und denk mal so im Hinblick auf Sperrzeiten für Bars oder Clubs oder generell Ruhestörung.Damit kannst du natürlich dein Umfeld auch auf eine Art und Weise terrorisieren, bis es halt,einfach, bis einfach gar keiner mehr Spaß hat. Und das ist irgendwie alles problematisch.Ich will trotzdem noch mal so ein paar Kommentare auch noch mal aus dem Blog rausnehmen.Moos schreibt, zum Thema Anzeigenhauptmeister muss ich mich ja auch noch mal äußern.Ich zeige ebenfalls relativ häufig Falschparker an und kann das erklären, warum.Ich kann erklären, warum und was dabei meine Perspektive ist.Zum einen zeige ich nicht alles an, sondern nur, was mich nervt.Das sind vor allen Dingen Gehwegparker und Radwegparker. Mir geht es um denSchutz der schwächeren Verkehrsteilnehmerinnen.In diesem Sinne mache ich es genauso, wie es Linus gefallen sollte.Das Problem ist, dass die Gesetze an dieser Stelle das Einzige sind,was Menschen vor Autos schützt.Damit diese Gesetze das können, muss die aber auch irgendwer durchsetzen.Die Polizei interessiert es für gewöhnlich nicht.Vielerorts die lokalen Ordnungsämter auch zu wenig. Eure Passage zu den rotenAmpeln mag unterhaltsam sein, hat aber einen wahren Kern, den auch schon MichaelColville Anderson in seinem Buch Copenhagenize herausgearbeitet hat.Solange die Städte nur auf das Auto zugeschnitten sind, sind sie es auch,die sich an alle Regeln zu halten haben.Die anderen sind schon damit beschäftigt, sich durch diese Zumutung an Infrastruktur zurechtzufinden.Die Regeln sind nicht für sie gemacht, sie sind gegen sie gerichtet.Dann liegt es in der Natur der Sache, dass sie sich den Regeln auch widersetzen.Mich freut am Ende der Gedanke, dass alle Autofahrer damit rechnen dürfen,dass Menschen auf Fahrrädern Kameras benutzen müssen, um ihr Treiben zu dokumentieren.Wenn du mich dazu zwingst anzuhalten, hast du dir das Foto zu deinem Regelverstoß verdient.Ja, also klar, also wenn,ein Vorfall passiert, wo wirklich aktiv ein Problem entstanden ist,dann bin ich halt auch voll dabei andererseits, was hier auch ganz gut rauskommt ist.In dieser Debatte ist das Problem vor allem einfach das Design unserer Städte.Also es ist halt einfach, der Verkehr selber muss umgebaut werden und man muss nicht weit gucken.Kopenhagen heißt ja auch im Prinzip mal Kopenhagen als Vorbild zu nehmen.Man kann natürlich genauso gut auf die Niederlande schauen,wo eben einfach der Verkehr sich dadurch regelt, dass eben auch die Städte andersgebaut werden und das ist meiner Meinung nach das,worauf man eben auch sich konzentrieren müsste, weil diese ganzen Konfliktewürden oft halt gar nicht entstehen, wenn sie denn überhaupt gar nicht technisch möglich sind.Also indem man halt einfach das Design anders macht.Weil ich meine, alles mit Strafen zu belegen, alles zu bestrafen und nur mitStrafen alles lenken zu wollen, ist meiner Meinung nach ein Irrweg.Gut, dann ein Tim mit ganz vielen M's sagt.Könnte man faire und möglichst sachliche Kriterien dafür aufstellen.Zum Beispiel könnte man ausschließlich Fälle, in denen eine Behinderung,eine Gefährdung oder ein Sach- oder Personenschaden entsteht, ahnden.Das hätte vielleicht für Tim interessante Folgen. Zum Beispiel die Normalisierungdes Überfahrens roter Ampeln, insbesondere von Radfahrern, die dabei aufgrundihrer geringen kinetischen Energie nur eine geringe Fahrer ausstrahlen.Das ist aber bestimmt nicht vom Gesetzgeber gewollt, sonst stünde es anders geschrieben.Mit der biometrischen Massenüberwachung und der vollautomatischen Echtzeitahndungaller Ordnungswidrigkeiten ergeben sich desweiteren neue Potenziale für dieEntstehung von Bürgerbewegungen,die die Festschreibung neuer Grundrechte, zum Beispiel das Recht auf Falschparkenoder das allgemeine Recht auf schadensfreien Rechtsbruch fordern.Naja, daraufhin Titus von Unhold, das heißt aber, dass nur ein willkürlich oderzufällig, achso er bezieht sich auf den Satz, das heißt aber,dass nur ein willkürlich oder zufällig ausgewählter Anteil der Verstöße geahndet werden soll.Weil ich denke nicht, dass das diese Willkür beabsichtigt oder erwünscht ist.Und dazu meint er, doch ist es, der Gesetzgeber hat sogar bestimmt,dass es ein Opportunitätsprinzip gibt und bei pflichtgemäßen Ermessen der Rahmenvon Nichtstun über Ermahnen bis zu Sanktionen reichen kann.Ordnungswidrigkeiten sind Handlungen gegen die allgemeine Ordnung, keine Straftaten.Genau, und das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt, dass eben bei Ordnungswidrigkeiten,und darüber reden wir eigentlich hier die ganze Zeit, im Kontext des Anzeigenhauptmeisters,es eben sehr wohl genau diese Abstufung auch gibt, nämlich eben dieses Opportunitätsprinzip.Und die dann halt sagt, okay, es kann hier,was weiß ich, es kann eine Geringfügigkeit eines Verstoßes vorliegen,es kann auch ein öffentliches Interesse geben und auch das Täterverhalten nachder Tat kann eine Rolle spielen in der Bewertung.Also es ist nicht alles schwarz-weiß.So in dem Zusammenhang sind dann auch nochmal verschiedene Links gepostet worden.Es gab nämlich dann tatsächlich bei Frag den Staat eine Nachfrage in der Gemeinde Gräfenheinichen.Das ist der Ort, wo der Anzeigenhauptmeister primär unterwegs ist.Jetzt wo er aber seine Bahncard 100 bekommt, demnächst auch noch in anderenGemeinden. Ja, Deutschlandticket hat ihm da auch schon sehr geholfen.Da wurde nämlich mal nachgefragt, wie viele privat eingereichte Anzeigen denneigentlich tatsächlich bearbeitet wurden.Und für 2022, wie gesagt jetzt nur in der Gemeinde Gräfenhainichen,wo er ja wild unterwegs war, gab es 29 Anzeigen, eingeleitete Verfahren, daraufhin null.In 2023, wo er dann so richtig aktiv wurde, Anzeigen durch private Personen889, eingeleitete Verfahren 22.Also nur bei 22 von 889 wurde überhaupt ein Verfahren eingeleitet.Warum wissen wir jetzt nicht.Und von diesen eingeleiteten Verfahren endeten mit Einstellungen nach entsprechender Prüfung 7,also 7 von 22 wurden eingestellt, mündliche Verwarnung nach geprüfter Einlassung 5, also 5 von diesen 22,da wurde eine mündliche Verwarnung ausgesprochen.Und ein Verwarngeld in 10 der Fälle.Also 10 von fast 900 ist jetzt keine besonders hohe Quote.
Thomas Lohninger
Wow.
Tim Pritlove
Es gab dann auch ein paar andere Beispiele, Worms, da war dann die Zahl vonPrivatanzeigen zu, wie viele da eine Folge gehabt haben, ein bisschen höher,aber das ist natürlich jetzt auch alles nur so Ausrisse.Da zeigt sich aber in gewisser Hinsicht mehrere Sachen. Auf der einen Seitedürfen wir natürlich in der öffentlichen Verwaltung gar nicht die Kapazitäthaben, jetzt solchen massenhaften Anzeigenkram zu bearbeiten und vielleicht ist das auch ganz gut so.Und andererseits ja, nicht alles was sozusagen angeschwärzt wird ist dann amEnde in der Bewertung auch wirklich ein solcher Fall,Ach ja, also es ist eine schwierige Diskussion aber ich muss an der Stelle auchnochmal die Principia Discordia zitieren die,sich hier auch interessant zu äußert, wie ich finde Nämlich mit einer Feststellung dass,die Gesellschaften oft ein bisschen die falsche Ausrichtung haben.Weißt du, was die iristische Delusion ist, Thomas?
Thomas Lohninger
Nein.
Tim Pritlove
Die iristische Delusion, also nach Iris, der Göttin des Chaos,des Streits und so weiter, der Auseinandersetzung, die iristische Delusion istsozusagen die Vorstellung, dass alles, was Chaos ist, ist gut.Also nur wenn sich alles in totaler Auflösung und regelfrei bewegt,sodass das irgendwie ein idealer Zustand ist.Dementsprechend gibt es auch noch die aneristische Delusion,die wiederum sagt, dass nur das, was in totaler Ordnung ist und vollkommen inRegeln festgehalten ist, dass das irgendwie gut ist.Und naja, das kann man halt auch anders sehen.Sein, destruktive Ordnung als ein unerwünschtes Äquivalent zur destruktiven Unordnung abzulehnen.Der Fluch des Graugesichts umfasste die Teilung des Lebens in Ordnung,Unordnung als die wesentliche positive negative Polarität,anstatt eine Grundlage mit Kreativität und Destruktivität als das wesentlichepositive negative Element zu bauen.Dadurch hat er den Menschen dazu gebracht, die destruktiven Aspekte der Ordnungzu erdulden und hat den Menschen daran gehindert, effektiv an der kreativenNutzung der Unordnung teilzunehmen.Die Zivilisation spiegelt diese unglückliche Teilung wieder.Mit anderen Worten, wir müssen uns darauf konzentrieren, die kreativen Aspektevon Ordnung und Unordnung zu begrüßen und die destruktiven Elemente außen vor zu halten.So, das habe ich jetzt Kraftkraft meines Amtes als Papst,habe ich das jetzt mal hier ausgesprochen und in diesem Zusammenhang kann ichauch noch kurz alle Hörerinnen und Hörer dieses Podcast selbst zum Papst oder zur Päpstin ernennen.Das darf ich nämlich als diskordischer Papst, darf ich auch alle anderen zuPäpsten ernennen und das ist auch ganz praktisch, weil als Papst, wie du weißt,ist man ja weitgehend geschützt vor Geheimdiensten und anderen Bösewichternund das kann sich nur als hilfreich herausstellen.
Thomas Lohninger
Das ist sehr positiv, gerade für unsere Hörerinnenschaft. Ich finde es schön,dass wir vom Anzeigenhauptmeister zum Diskordialismus gekommen sind.Und in Wirklichkeit ist aber auch gerade die Statistik so, das,was du vorher erzählt hast, von dem ich am meisten noch hängen bleibe,weil das zeigt ja auch, wir haben hier eine Kulturkampfdebatte und nicht wirklichetwas, wo es um die konkreten Regeln geht.Also ich meine, das ist ein Hobby, das in der Öffentlichkeit geführt und dersehr stark debattiert wird, aber jetzt an rechtlichen Konsequenzen dürfte dasverschwindend gering sein.Ja, ich meine, ich hätte es auch spannend gefunden,da vielleicht nochmal die Zahlen rauszusuchen für so Städte wie Kopenhagen oderParis, wo die Autos zurückgedrängt wurden und wo du einfach schöne Trennunghast und diese Radhighways, wo man sich nicht mehr in die Quere kommt.Und meine Hoffnung wäre, dass auch dort die Anzeigen einfach sehr stark runtergehen.Also wie du vorher gesagt hast, das ist das Design unserer Städte,über das wir hier stolpern.Und dieser Trickster-Charakter des Anzeigenhauptmeisters stupst uns da eigentlichnur mit der Nase auf das, was das mit uns tut. Und das ist nicht schön.Ja, genau.
Tim Pritlove
Gut, wechseln wir das Thema. Es gab noch Feedback, jetzt wird es kürzer, zu den Normen.Also es ging um diese Beschlusslage oder diese gerichtliche EuGH-Entscheidung,dass Normen, die in Gesetzen stehen, dann auch im öffentlichen Zugriff sein müssen.Und wir haben uns ein bisschen über Normen unterhalten und wie man das so halten sollte.Per Mail meldete sich dann Christian bei uns.Ihr hattet im Beitrag Europäische Normen und Bezahlschrank über die freie Veröffentlichungvon Normen, die Bestandteil von EU-Rechtsvorschriften sind gesprochen.Dazu ein kleiner Lifehack. Es gibt sogenannte Normenauslegestellen mit einemLink dabei, wo Auslegestellen aufgelistet sind.Dort kann man so ziemlich alle internationalen Normen ISO, IEC, aber auch DIN, VDE etc.Einsehen. In Berlin geht das zum Beispiel in der Bibliothek der TU.An den dortigen Computerarbeitsplätzen kann man die Normen aus der NormendatenbankPerinorm als PDF herunterladen.Ich habe jetzt nicht auf die Schnelle geprüft, ob und zu welchen Zwecken mansich die PDF zusenden oder auf dem USB-Stick speichern oder vor Ort ausdruckendarf. Dies wird aber zumindest technisch nicht verhindert.Vielleicht hilft das jemandem, der oder die gerne mal etwas in den Normen recherchierenmöchte. Sehr hilfreicher Hinweis.Dann schreibt Jan P. noch.Erstmal Überlegungen angestellt werden, ob der eigene Etat die Anschaffung stemmenkann oder ob es da wert ist.Im Endeffekt läuft alles darauf hinaus, dass man bei Bekannten in den anderenÄmtern nachfragt, ob diese Normen zufällig da haben und man erhält die Informationenüber die Telefonleitung.Generell finde ich es auch oft schwierig, fixe Normen in ein Gesetz zu schreiben.Zum Beispiel enthält die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm die TA Lärmvon 1998 einen Verweis auf die VDI 2714,die jedoch mittlerweile weil er zurückgezogen wurde und der Regelsetzer desNormeninstituts empfiehlt die Nutzung der DIN 9613.Jetzt muss die Verwaltung dennoch die alte Norm anwenden, da diese im Regelwerkfestgeschrieben wurde.Alles nicht so einfach mit den Normen.
Thomas Lohninger
Ja, ja, also diesen Link geben wir auf jeden Fall nochmal rein.Das ist von Beuth, von dem Verlag, der die Normen herausgibt.Ja klar, man kann da wahrscheinlich in Bibliotheken sich eine Kopie ziehen,aber ich glaube 2024 sollten wir schon, kann man da nicht mal sowas wie PirateBay machen und einfach das alles an Wissen befreien?Ich meine, das ist ja in der Wissenschaft dann sicher auch dasselbe Problem.
Tim Pritlove
Ja, also es kam auch oft noch der Hinweis, Kommentaren, dass das natürlich mitder Finanzierung alles nicht so einfach ist, weil klar, da arbeiten natürlichauch viele Leute daran, dass es diese Normen gibt und dass sie ordentlich aufbereitetsind und dass sie auch stimmen und all das ist ja auch richtig.Und vielleicht muss jetzt auch nicht die Antwort unbedingt sein,dass man von dem aktuellen Regime komplett in ein alles muss frei immer jederzeit sein,weil die Argumentation ja schon die ist, dass es ja auch was weiß ich für Unternehmendann sinnvoll ist, solche Normen zu beziehen.Und die ja wirtschaftlich arbeiten, können sie daran auch irgendwie investieren,weil sie ja dann auch von der Arbeit der Normungsinstitute profitieren.Das mag alles sein.Hier ging es aber jetzt in der Debatte darum, was ist, wenn das sozusagen Gesetz wird.Und dann, Gesetze müssen halt in irgendeiner Form anwendbar und überprüfbar sein.Und wenn das dann an Geld gebunden ist, weiß ich auch nicht so richtig, ob das so sinnvoll ist.Das betrifft ja dann aber auch wirklich nur einen Teil und wahrscheinlich aucheinen sehr kleinen Teil der Normen und ich denke, da können wir schon mal auf diesen Weg kommen,dass das dann eben durch so ein Gesetz dann eben auch entsprechend einfacherzu beziehen ist, insbesondere durch Ämter.Also das, weil an der Stelle zahlt es ja dann doch wieder der Staat,dann kann man also auch gleich in eine direkte Finanzierung übergehen.
Thomas Lohninger
Es erinnert mich so ein bisschen an die Wissenschaftsverlage,die die Arbeit von Wissenschaftlerinnen, die oft steuergeldfinanziert ist,dann in Journals hinter Bezahlschranke publizieren, für das die Uni dann wiederzahlen muss, damit sie überhaupt den Diskurs verfolgen kann.Das ist so ein bisschen diese selbe kaputte Form von Geschäftsmodell,die auf Informationsverknappung basiert und ja, da müsste man sich was Besseres überlegen.
Tim Pritlove
So letzter Teil vom Feedback, da ging es dann um die Abhöraffäre mit dem Bundeswehr-Talküber die Taurus-Situation.Also wo Mitglieder der Bundeswehr sich in so eine WebEx-Konferenz nicht perInternet eingewählt haben,sondern per Telefon und dann von Russen abgehört wurden und die Russen das dann veröffentlicht haben.Dazu schreibt Bina, zu eurer Verwunderung, um nicht zu sagen eurem Entsetzen,was da bei der Bundeswehr passiert ist, das riesige Problem ist doch,dass da einfach nicht so viel funktioniert, dass ich denen noch nicht mal denriesigen Vorwurf mache.Die wollten wahrscheinlich einfach dieses Meeting durchziehen und weil Dingenicht funktioniert haben, wurde dann halt das Handy genommen.Warum überhaupt dieses depperte System?Wohl derselbe doofe Grund, warum alle Schulen mit Teams arbeiten.Es funktioniert halt einfach so gut wie mit jedem System.Ja, das war bestimmt die Motivation, aber ich glaube es gibt schon noch einenUnterschied zwischen der Schule und Teams,was die Schutzbedürftigkeit der Informationen betrifft und so einer internationalensicherheitspolitischen Debatte. Debatte.Rico schreibt, zur Bundeswehr und WebEx ausgeschlossen, dass unsere Cyber-Werdererfolgreich einen schönen Honeypot aufgestellt hat.Für Scholz ist die Veröffentlichung nicht schlecht, sie drückt seine SPD ineine Richtung, in der er sie haben will.Die Bundeswehr gibt sich verwundbar und wiegt den Feind in falscher Sicherheit.Just saying, so unfähig sind die Damen und Herren der Bundeswehr nun auch nicht.Also ehrlich gesagt, doch, denke ich schon.Das ist so ein bisschen die Vermutung, da muss ja mehr dahinter stecken undso doof können die ja alle gar nicht sein.Ich glaube, an der Stelle war das halt einfach mal wirklich nur doof und manfühlt sich in gewisser Hinsicht ein bisschen unangreifbar und denkt halt nichtso richtig über die Konsequenzen nach und das ist einfach für Bundeswehr nicht so geil.Und was wir glaube ich in der letzten Debatte dazu auch gar nicht so richtiggebracht haben, also wenn man mal in so internationale Sicherheitskreise reinhorcht und ich sag mal,bei meiner Reise in die Ukraine war das häufiger ein Thema, ähm.Die Bundeswehr hat keinen guten Ruf in der internationalen Militär-Community.Denen erzählt man einfach gerne mal nicht alles, weil die so in diesem Ruf stehen,diese Informationen dann zu verbaseln.Und in der Hinsicht war einfach diese Nummer überhaupt nicht hilfreich.Also das ist halt einfach, man traut dem Bundeswehrapparat einfach nicht unddie haben einfach generell den Ruf, ein bisschen unprofessionell zu arbeiten,ihre Technik nicht im Griff zu haben und ich meine, da müssen wir nicht weit gucken,wie ready die Bundeswehr so ist.Weißt du, beim Kriegsausbruch so, ja, Panzer, ja, wissen wir auch nicht,wie viele wir jetzt eigentlich haben und wie viele dann auch funktionieren unddann müssen wir erstmal gucken, dann müssen wir erstmal eine Bestandsaufnahme machen.Leute, ihr seid die Bundeswehr, wenn ihr es nicht wisst, wer soll es denn dann wissen?Also das ist einfach, man hat das Gefühl, dieser ganze Apparat lag einfach jahrzehntelangkomplett brach und wird jetzt das erste Mal daran erinnert, dass er dann unterUmständen vielleicht dann doch mal zu irgendwas auch ganz gut ist.
Thomas Lohninger
Ja, die leisten einfach ständig einen wertvollen Beitrag für den Pazifismus in Deutschland.
Tim Pritlove
Mit großem Erfolg.
Thomas Lohninger
Ist in Österreich übrigens auch nicht besser. Ich erinnere mich noch,unser Geschichtelehrer hat mal gesagt, Österreich ist im Krieg genauso gut wieim Fußball. Ball. Aber das ist kein Auszeichen.
Tim Pritlove
Gut, letzter Hinweis kommt von Sabrina. Die Tatsache, dass Brigadegeneral FrankGräfe Diplom-Informatiker ist, kommt mir in der ganzen Debatte um die digitaleKommunikation der Bundeswehr irgendwie zu kurz.
Thomas Lohninger
Ja, Diplom bei Humboldt gemacht.
Tim Pritlove
Ja. Ich hoffe, das färbt jetzt nicht negativ auf auf Diplom-Informatiker ab. Gut.
Thomas Lohninger
Wir werden es in den Kommentaren lesen. Kommen wir zu der nächsten Cyber-Kriegsführung.
Tim Pritlove
Genau, TikTok. TikTok ist jetzt die große Gefahr am Cyber-Himmel und ich habedas auch nur so ein bisschen am Rande verfolgt,aber es wird einfach in den USA gerade wild diskutiert, ob man denn irgendwieTikTok jetzt verbieten sollte oder ob man zumindest TikTok nicht zwangsverkaufen sollte,Damit es nicht den Chinesen gehört,weil man jetzt dann doch festgestellt hat, dass TikTok Reichweite hat und nichtnur das, sondern dass es auch Einfluss hat.Und Trump findet das ja auch irgendwie und meint auch hier seinen Spezi,wie heißt der Vogel noch gleich?Auch einer von seinen korrupten Kabinettsmitgliedern. Ja, ja,war das dieser Manafort? Ich weiß es jetzt gerade nicht.Auf jeden Fall, der wäre ja so bereit, das dann irgendwie zu kaufen.Also überhaupt scheint es gerade so einen extremen Bedarf bei der Hartrechtenzu geben, solche Mediennetzwerke sich einzuverleiben, siehe Elon Musk.Und ja, möglichst die Kontrolle über diese sozialen Medien zu bekommen,weil das natürlich auch wirklich ein Ding ist.Und wenn man sich mal die Zahlen anschaut, gerade in den USA,wie viele Leute informieren sich jetzt quasi über Social Media und insbesondereüber TikTok versus wie viele Leute beziehen ihre Nachrichten,aus CNN oder MSNBC oder auch nur aus Fox News.Da sind halt die sozialen Medien dann doch deutlich weiter.Also, ich verlinke auch noch so ein interessantes Video von Ryan McBeth,der sich das mal so unter Sicherheitsaspekten angeschaut hat und dann mal so gesagt hat, okay,was wäre denn jetzt, wenn ich jetzt hier einen Riot anzetteln möchte und ichmöchte jetzt den Verkehr in irgendeiner größeren amerikanischen Stadt blockieren.Wie könnte ich denn das mit TikTok machen?Und geht dann halt einfach zu dem Werbeportal und zeigt einfach mal,was man da so alles anklicken kann als Targeting, wie man dann entsprechendeNachrichten machen kann,wie man mit relativ wenig Geld ein Video produzieren kann,um halt so eine bestimmte, ich sag mal für einfache Botschaften sehr empfängliche Ziele zu erreichen.Die Zeit hat und die Aufregungspotenzial hat, die dazu zu bringen,zu solchen Blockaden aufzurufen.Mit anderen Worten, man nimmt dann so ein bisschen umweltbewegte Cairns,die irgendwie leicht sich über alles aufregen und die dann sozusagen als weitereMultiplikatoren sind, rechnet das ja auch alles irgendwie durch,was einem das kosten würde und dass man also für relativ wenig Geld schnellmal über solche Medien Aufregung erzeugen kann.Und wir sehen ja auch eine ganze Menge solcher Aktionen in der letzten Zeitund das ist halt ein echtes Problem.
Thomas Lohninger
Ja, ich meine, diese Debatte gibt es ja schon seit Trump, die die Angst wiedergegen China stark geschürt hat.Wir wissen natürlich jetzt schon über die Beeinflussungsmöglichkeiten,die sich aus sozialen Netzwerken ergeben, nicht zuletzt aufgrund von deren massivenDatensammlungspraxen und in der Hinsicht ist TikTok aber überhaupt nicht andersals Facebook oder YouTube oder andere Plattformen auf diesem Gebiet.Und was hier diskutiert wird, ist auch kein Datenschutzgesetz auf föderaler Ebene der USA,wie wir das mit der DSGVO in Europa haben, sondern es ist halt wirklich einexpliziter Ban von TikTok, der jetzt mit einer sehr großen Mehrheit von 352zu 65 Stimmen den Kongress passiert hat.Dieses Gesetz, da hat Biden auch schon angekündigt, dass er das unterschreibenwürde. wurde, aber es müsste noch durch den Senat und da sieht es eher,Schwierig aus, also da gibt es Stimmen, die einfach dagegen sind,Regulierung für den Big Tech Bereich überhaupt durchzulassen,also ob das wirklich passieren wird, wird man erst sehen,aber es ist auf jeden Fall ein sehr realer Schritt, der jetzt gesetzt wurdemit einem konkreten Gesetz,das halt von ByteDance, der Mutterfirma von TikTok verlangen würde,TikTok innerhalb von sechs Monaten zu verkaufen.Ansonsten müsste dieser Dienst in den USA blockiert werden über die bekannten Wege der App-Stores.Und wahrscheinlich wird man auch die Telekom-Firmen dazu zwingen,da Netzsperren einzuführen, um so ein Verbot Durchsetzung zu verleihen.Und das hat natürlich dann jetzt, den Schwenker muss ich mir erlauben,für europäische Ohren so eine gewisse Ironie, weil wir seit Jahren mit mehrerenhöchstgerichtlichen Entscheidungen darum kämpfen,dass sich doch bitte amerikanische Unternehmen an unsere europäischen Gesetzehalten und da warten wir immer noch drauf,siehe Schrems 1, Schrems 2, die beiden EuGH-Urteile, die Max gegen Facebookerwirkt hat und da passiert genau gar nichts.Nichts auch in Sachen politischem Backing schält sich dann Ursula von der Leyenneben Joe Biden und im ersten Atemzug geht es um LNG, also Liquid Nitrogen Gas,um den Gasmangel in Europa zu lindern und im nächsten Atemzug wird über dieNachfolge vom Privacy Shield gesprochen,um halt genau diese illegale Praxis in den USA wieder zu verlängern.Und bei den USA, jetzt wo es auf einmal um China geht, fährt man die härtestenGeschütze auf, weil man hier….Angst vor dieser Plattform hat. Also da ist für mich mal auf einer so politischenWertigkeitsskala, sehe ich da einen riesigen Mismatch, wo wir uns in Europavielleicht auch mal überlegen müssen, wie wir denn unsere Gesetze durchsetzen wollen. wollen.Und auf der anderen Ebene ist natürlich diese große Debatte,ist TikTok jetzt gefährlich oder nicht? Ist TikTok gefährlich für unsere Kinderund Jugendlichen vor allem?Du hast das erwähnt, also die Reichweite von TikTok ist ungefähr dreimal größer als von CNN.Das ist schon wirklich eine enorm mächtige Plattform, wenn es um Meinungsmache geht.Und die Gefahr, dass TikTok jetzt hier für Radikalisierung verwendet wird,ist teilweise durch Studien unterfüttert, die zum Beispiel sagen,der pro-palästinensische Content auf TikTok ist weitaus größer und fast künstlichgroß im Vergleich zu dem pro-israelischen Content.Wir haben das ja an einigen anderen Stellen auch schon diskutiert rund um islamisierenden Content,wo es ja auch Belege oder zumindest mal so einzelne Fälle gibt,wo Leute sich wirklich über TikTok dann bis zu der Reise nach Syrien radikalisiert haben.Ja, und gleichzeitig bin ich da auch schon immer seit Greenberg Analytica soein bisschen skeptisch geworden, ob das denn wirklich stimmt at scale,ob das wirklich sozusagen Einzelfälle sind, sondern wirklich auch die Natur dieses Mediums.Habt ihr schon ein Unwohlsein? Und es gibt da auch immer mehr Stimmen,die sagen, gerade für Jugendliche sind diese sozialen Medien,die so dieses Endless Scrolling als Hauptfeature haben,vielleicht doch etwas, das man auch aus Jugendschutzperspektive diskutieren sollte. sollte.Wir verlinken da auch nochmal einen super Podcast von Hardfork zuletzt,wo ein Verhaltenspsychologe da mit Fokus auf Jugendschutz nochmal auf TikTokblickt und andere sozialen Medien,das ist nämlich auch zu bedenken, wenn man jetzt TikTok verbieten würde,dann hilft das zuerst einmal YouTube und Facebook und Instagram,weil die natürlich sofort in diesen Markt hineinstechen würden.In Indien gibt es so einen TikTok-Ban und das hat nur dazu geführt,dass die amerikanischen Tech-Konzerne jetzt noch viel größere Marktanteile imindischen Markt halten.Und was vielleicht noch so zuletzt irgendwie ganz entlarvend ist,jetzt im Zuge dieser Debatte im Kongress um dieses Gesetz, was da beschlossenwurde, hat TikTok genau das gemacht, was ihm dieses Gesetz vorwirft.Nämlich, dass es mit Push-Notification allen seinen Usern empfohlen hat,sich doch bei ihren gewählten VolksvertreterInnen zu melden und dort gegen dieses Gesetz zu lobbyieren.Und hat dann dazu geführt, dass die Telefonleitungen im Kongress in die Kniegegangen sind vor diesem Ansturm.Ja, also ganz grundsätzlich bleibt für mich so dieser ganz schlechte Nachgeschmack,dass wir in ein Internet hineinsteuern, wo zusehends Dinge blockiert und zensiertwerden, auch aufgrund von Ansturz.Politischen und auch machtpolitischen Überlegungen.Also man kann gerne, also ich glaube, wir brauchen dringend mehr Safeguardsgegen diese Form von Targeted Advertisementund der Manipulation großer Bevölkerungsschichten, die daraus erwachsen.Aber die brauchen wir nicht nur bei TikTok, weil dasselbe ist auch möglich über Twitter.Ich meine, diese Plattform wird durch Maske jetzt eh schon total kaputt gemacht,aber Aber natürlich gibt es auch da Einflussmöglichkeiten.Ich freue mich da immer über den Artikel 40 im DSA, der den Zugriff auf dieDaten von so großen Plattformen für die Wissenschaft garantiert.Weil wir brauchen auf jeden Fall viel mehr Grundlagenforschung,was diese Technik eigentlich in unserer Gesellschaft anrichtet.Ich glaube auch, dass wir da neue Gesetze brauchen. Nur ich glaube,dass die klüger sein müssen als ein einfacher Ben.Denn besser wäre es, dass wir diese Technik safe machen,wenn wir irgendwas verbieten, dann vielleicht wirklich nur für junge Menschen da,wo wir zum Eindruck gekommen sind, dass gewisse Funktionalitäten einfach wirklichmit sich entwickelnden Gehirnen nicht ganz gesund vereinbar sind.Aber jetzt einfach so pauschal zu sagen, weil das China ist,ist es böse und deswegen müssen wir es zensieren, halte ich für falsch.Und ja, nur so im Zuge dessen, soziale Netzwerke sind halt wirklich inzwischen,so wie auch früher schon klassische Medien, Stichwort Rupert Murdoch, auch so Machthebel.Also Truth.Social hat jetzt gerade seinen IPO gehabt und ist jetzt eine PubliclyTraded Company, also am Aktienmarkt und das hat Trump nochmal um drei Milliarden reicher gemacht.Also wir hatten früher mal Regeln, wie wir so große Medienkonzentrationen eindämmen,um Demokratie noch möglich zu machen.Deswegen haben wir öffentlich-rechtliche Medien in Europa, in den USA eher weniger.Aber die Eigentümerschaft von sozialen Netzwerken ist bedenklich.
Tim Pritlove
Ja, also dass man mit so einem Mastodon-Server so viel Geld machen kann, hätte das gedacht.Wenn man nur die Leute instrumentalisiert und radikalisiert,dann ist es auf einmal auch Geld wert.Und das ist natürlich ein generelles Problem, dass diese ganzen Plattformenvor allem über eine Radikalisierung der Leute, die daran teilnehmen,wunderbar funktionieren und Geld verdienen.Und klar, also Verbote sind schlecht, aber nichts tun ist hier an der Stelleauch nicht so sehr viel besser und ich habe ehrlich gesagt noch keinen wirklichüberzeugenden Ansatz gesehen, gehört,der jetzt eigentlich diesem Trend nennenswert etwas entgegenstellen kann.Ja, hast du schon mal irgendeinen goldenen Weg da durchscheinen sehen irgendwo,wo man sagen könnte, das könnte jetzt wirklich was bringen und stellt auch bestimmtePrinzipien nicht so sehr in Frage?
Thomas Lohninger
Ich meine, so was so der Konsens in Europa ist, findet sich in Teilen im DSA,dem Digital Services Act.Das findet man dort wieder, indem es zum Beispiel auch eine Möglichkeit gibt,die algorithmische Kuratierung von Inhalten zu beeinflussen.Also genau wie du sagst, diese Optimierung auf emotionale Reaktionen von Inhalten,die dann ganz oft dazu führen, dass es immer extremere Inhalte werden,die einem ausgespielt werden, dass man da einfach mit einer Agency der einzelnen.Userinnen und User so ein bisschen dagegen hält.Das wäre so ein Ansatz, wobei das ist eher ein sanfter, ob der reichen wird,ob das dann vielleicht auch bei Zwölfjährigen ankommt, dass das was ist,das man vielleicht einstellt, weil es ist ja unser Gehirn, dass sich da,dass ja diese Dinge sehen will auf einer gewissen Ebene, wenn das was mit uns tut.Gut, das ist so wie der Autounfall, wo man nicht wegschauen kann.Und natürlich ist mehr Transparenz über das, was auf diesen Plattformen abgeht,wichtig. Und das kann auch nur durch unabhängige Wissenschaft passieren.Und am Ende gibt es natürlich auch so gewisse Momente oder Perspektiven oderKrisen, zu denen Plattformen anders agieren müssen.Das haben wir in der Pandemie gesehen, das sehen wir rund um Wahlen,das sehen wir auch bei den Kriegen, die es gerade gibt.Und das sind aber alles noch sehr sanfte Stellschrauben, die wir jetzt hier geschaffen haben.Die sind auch alle noch so frisch, dass man noch nicht sagen kann,ob die was helfen würden.Ich glaube, nach diesem Superwahljahr 2024 werden wir ein bisschen besser wissen,was davon was gebracht hat.Aber wenn die bisherige Erfahrung, wie gut sich Tech-Plattformen an unsere Gesetzehalten, irgendein Indiz sind, dann ist meine Hoffnung enden wollend.Also ich kann verstehen, wieso Leute sagen, wir müssen das jetzt verbieten,aber dann, dass sich dann am Ende Mark Zuckerberg freuen kann,dass Instagram noch größer wird, hat die Welt dann halt auch nicht besser gemacht. macht.
Tim Pritlove
Hm. Naja, also ich bin mir auch manchmal nicht so sicher, ob das Problem die,sich noch entwickelnden Gehirne sind oder eher die, die sich bisher noch garnicht so richtig die aufgehört haben, sich zu entwickeln.Der scheint mir manchmal noch das größere Problem zu sein. Na gut.Let's move on. Es gibt Neuigkeiten im Fall von,der Auslieferung von Von Julian Assange, die stand ja jetzt zur Diskussion,oder steht schon lange zur Diskussion, also die Auslieferung von Großbritannien an die USA.Da wurde jetzt nochmal geklagt und es gab eine Entscheidung des Royal Courtof Justice in London, wenn ich das richtig sehe.
Thomas Lohninger
Ganz genau. Dieses Verfahren wurde zuerst im Februar diesen Jahres mal verhandeltund jetzt gab es gestern diese Entscheidung des Royal Court of Justice in London,der den Berufungsantrag von Julian Assange gegen seine Auslieferung in die USAin mehreren Punkten als begründet und stichhaltig befunden hat.Was das bedeutet ist, dass diese drohende Auslieferung in die USA zumindestjetzt mal vorläufig gestoppt ist.Dort drohen Julian ja 175 Jahre Haftstrafe wegen dem Espionage Act.Also er wird dort wegen Spionage angeklagt, was auch für die USA das erste Malist, dass ein Herausgeber einer Medienplattform wegen Spionage angeklagt wird,Förster-Mandment und so.Und auch Hacking wird ihm zur Last gelegt, also Computerkriminalität.Konkret bedeutet diese Entscheidung, dass die US-Regierung jetzt einige Zusicherungenim Fall Assange machen muss.Die erste Zusicherung ist, dass das First Amendment in seinem Fall geltend gemachtwerden muss. Das heißt, dass die Amis ihm nicht das Grundrecht auf Meinungsfreiheitstrittig machen können.Und das ist natürlich, gerade weil es hier um Journalismus geht,eine ganz große Sache, weil daran hängt natürlich auch die Pressefreiheit.Der zweite Punkt ist, dass die Todesstrafe ausgeschlossen werden muss,die könnte ihm nämlich auch in den USA drohen.Und die dritte Sache ist, dass Julian Assange, der australische Staatsbürgerist, nicht aufgrund seiner australischen Staatsbürgerschaft schlechter gestellt werden.Und das ist gerade sehr spannend, weil der erste und der dritte Punkt sind einbisschen im Widerspruch miteinander.In den USA gibt es ja Bürgerrechte, wir erinnern uns an diese ganzen Verfassungszusätzedort und in der amerikanischen Rechtsordnung sind aber diese Grundrechte,wie wir sie nennen würden, nur Bürgerinnenrechte.Sprich, die sind nur für Menschen mit amerikanischer Staatsbürgerschaft.Und das bedeutet, dass man da auch als Europäer zum Beispiel keinerlei Grundrechtehat, die verfassungsmäßig garantiert werden.Das ist auch immer bei den ganzen Entscheidungen rund um Datenschutz ein wichtiges Element.Und gleichzeitig in Europa und auch auf UNO-Ebene gibt es ja die Menschenrechtskonvention.Und es gibt natürlich auch in Europa so die Grundrechte-Charta.Das ist der Unterschied zwischen diesen Begriffen. Ein Bürgerrecht gilt nurfür die Menschen mit Staatsbürgerschaft und ein Grund- oder Menschenrecht gilt universell für alle.Und deswegen ist das irgendwie ganz spannend, dass die sagen,ihr könnt ihm dieses ganz wichtige Grundrecht in den USA, wo es natürlich auchganz viel Rechtsprechung gibt, nicht strittig machen.Und bezüglich der Todesstrafe, das ist natürlich eine ganz wichtige Zusicherung.Mein Eindruck war immer, dass die Amis Assange nicht zum Märtyrer machen wollen,sondern eher schauen, dass er vergessen wird.Und hier hat auch der Protest, glaube ich, schon Wirkung gezeigt,den es in den letzten Wochen und Monaten gegeben hat.Auch die Frau von Assange ist hier ja in den Medien sehr aktiv und eloquentdabei, ihren Ehemann zu verteidigen und das hat jetzt zumindest mal zu diesem Aufschub geführt.Bis zum 16. April gilt, bis dahin müssen die USA sozusagen diese Zusicherungenabgeben oder eben nicht.Und andernfalls wird die Anhörung dann wahrscheinlich so im 20.Mai fortgesetzt, wie es dann überhaupt weitergeht. Und ganz wichtig ist halt nochmal zu sagen,Assange war jetzt auch bei dem Prozess gar nicht mehr anwesend,weil seine Gesundheitssituation scheinbar jetzt schon so schlecht geworden ist.Der sitzt seit 2019 in Einzelhaft in einem Hochsicherheitsgefängnis,dass er da eben gar nicht mehr in der Lage war, auch nur virtuell am Gerichtsprozess teilzunehmen.Wir verlinken da auch nochmal ein Interview mit einer Reporterin,die vor Ort war im Gerichtssaal.Es gab nämlich auch nochmal Probleme, was den Zugang der Öffentlichkeit undvon Journalistinnen im Gerichtssaal betrifft, um diesem Verfahren überhaupt zu folgen.Deswegen, was nochmal so ein Treppenwitz der Informationsfreiheit ist,dass der Köster-Aufdecker der letzten Jahrzehnte in einem Verfahren,was fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, vielleicht ausgeliefert werden soll.Also das ist weiterhin ein wichtiger Fall und deswegen haben wir das hier nochmal vermeldet.
Tim Pritlove
Sehe ich das jetzt richtig? Also auf der einen Seite heißt es,er darf jetzt Berufung einlegen, auf der anderen Seite heißt es, wenn bis zum 16.April die Zusicherungen eingereicht werden der USA, dann dürfte auch ausgeliefert werden.Also ist jetzt so oder so nochmal Berufung möglich oder nur,wenn die USA die Zusicherung nicht macht?
Thomas Lohninger
Soweit ich das verstanden habe, würden diese drei Zusicherungen gegeben,dann könnte er ausgeliefert werden.Wenn das nicht passiert, dann wird das Verfahren am 20. Mai fortgesetzt.So verstehe ich das jetzt gerade hier.Ich weiß aus sonstigen Medienberichten, dass die anderen Punkte,die die Verteidigung vorbringen wollte, nicht wirklich gehört werden.Da gab es Beweisanträge, die sich auch darauf beziehen, dass das Team von Assangemeint, es gäbe konkrete Pläne, ihn umzubringen und da wollten sie Beweise vorlegenund das haben die Richter aber scheinbar nicht zugelassen.Also wir sind jetzt nicht in einem normalen Verfahren, wo vollumfänglich wieder geprüft wird.Es ist ja auch strittig, ob diese Auslieferung, die die Armees beantragt habenund 2022 Innenminister Patel in Großbritannien zugestimmt hat,ob das überhaupt rechtens war.Weil die Verteidigung meint, dass das ein politischer Strafprozess ist und deswegenan dem Auslieferungsgesuch der Amerikaner gar nicht hätte zustimmen dürfen.Alles ein bisschen vertrackt.
Tim Pritlove
Naja, dass das ein politischer Prozess ist, ist glaube ich vollkommen unstrittig.Gut, sehen wir mal, wie es da weitergeht. So, schauen wir mal nach Europa.
Thomas Lohninger
Ja.
Tim Pritlove
Da gab es einen Beschluss des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte,kurz EGMR. Worum ging es denn da?
Thomas Lohninger
Ja, das ist ein schöner Fall. Der freut mich, dass wir den bringen können.Und zwar hat der EGMR ein Urteil gefällt, das sehr, sehr gut ist für unser Rechtauf Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.Wir haben diese Debatte ja die ganze Zeit, wir kommen auch später noch zur Chatkontrolle,aber Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist ja die ganze Zeit unter Gefahr und esgibt da starke Bestrebungen,das einzuschränken und deswegen ist dieses Urteil vom EGMR wirklich ein Grund zur Freude.Und ich brauche gerade eine Hilfe bei der Aussprache dieses russischen Namen.Es ist der Name Potschasow gegen Russland.Potschasow wie Russia.
Tim Pritlove
Ich weiß nicht, ob ich da eine große Hilfe bin, aber so würde ich es auch aussprechen.
Thomas Lohninger
Okay, also der Herr Potschasow.Potsapov, danke. Hat da geklagt. Wie kam es dazu?Es gab in Russland eine Gesetzesverschärfung, die sowas wie eine Vorratsdatenspeicherung etabliert hat,aber nicht nur wie wir das kennen, eine Vorratsdatenspeicherung bei den Internetanbietern,sondern auch bei den Inhalteanbietern.Die sollen eben auch Verkehrsdaten und Inhaltsdaten auf Vorrat speichern,damit die Strafverfolgungsbehörden hier drauf zugreifen können.Und dagegen hat sich Telegram gewährt mit dem Argument, wir sind doch verschlüsseltund wir können diese Dinge gar nicht sperren.Da hat der FSB sich aber nicht davon abhalten lassen. Der FSB ist der Inlandsgeheimdienstin Russland, der Nachfolger des KGB.Die wollten da Daten zu einem Terrorverdächtigen haben.Telegram hat sich geweigert und wurde auch in der Folge zwei Jahre lang in Russland gesperrt.Und diese Sperre von Telegram ist auf der einen Seite natürlich mit ganz vielenVPNs umgangen worden, hat auch am Ende nicht gehalten, inzwischen ist diese Sperre aufgehoben.Aber in dieser Zeit gab es halt mehrere Menschen in Russland,die sich da versucht haben, gerichtlich dagegen zu wehren.Und einer davon war halt der Herr Potschasow, der mit seiner Klage bis zum EGMRgekommen ist und dort jetzt auch Erfolg hatte.Der EGMR hat nämlich jetzt entschieden, das Ende-zu-Ende-Verschlüsselung abzuschwächen,zu anlassloser Massenüberwachung führt.Und dass das insgesamt ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Privatsphäre ist.Und das ist wirklich eine ganz wichtige Brücke, die hier geschlagen wird,sozusagen die Existenz von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufzuweichen.Die Daten von einer Masse von Menschen dieser anlasslosen Massenüberwachungzuführen würde und deswegen schon allein dieses Aufweichen der Verschlüsselungkein zulässiges staatliches Mittel ist.Das ist mal sehr bezeichnend und dann das zweite, was sehr bezeichnend ist andiesem Fall, ist, dass das eben der FSB war,der hier auf der anderen Seite stand für Russland und versucht hat,diese Daten zu bekommen, weil wir kennen das aus anderen Urteilen auch im Bereichder Vorratsdatenspeicherung.Der hatte EuGH in den letzten Jahren auch so Ausnahmen geschaffen,dass er sagt, naja, für Strafverfolgungsbehörden Vorratsdatenspeicherung gehteigentlich nicht, aber nationale Sicherheit, da könnten nochmal andere Regeln gelten.Und ein Inlandsgeheimdienst ist natürlich genau für diese nationale Sicherheitzuständig, also nicht für normale Strafverfolgung, sondern für Gefahrenabwehr.Und dass trotzdem hier der EGMR zu diesem Urteil gekommen ist,ist natürlich eine extra super gute Nachricht für alle Menschen,die sich für Datenschutz gegen Überwachung und für Verschlüsselung einsetzen.Das ist aus der Perspektive schon mal wirklich gut und deswegen auch was,das wir auf jeden Fall melden wollten.Ich wollte noch ein paar Fun Facts angeben, nämlich dass Russland damals natürlichnoch Teil war vom Europarat.Der Europarat ist ja das Gremium, zu dem der EGMR gehört.Seit 2022 ist Russland da ja ausgeschlossen worden.Trotzdem hat der Gerichtshof jetzt noch dieses Urteil gefällt,was ich auch nochmal irgendwie ganz spannend finde, weil die hätten natürlichsagen können, nee, ist irrelevant, lass mal beim Tisch rüberfallen.Sondern nein, sie haben wirklich diesen Fall aufgegriffen, was komplett dieEntscheidung des Gerichtshofs ist, was die Wahlen entscheiden,da kann ihnen keiner dreinreden und haben trotzdem eben dieses wichtige Grundsatzurteilgefällt. Also das ist ein guter Tag.
Tim Pritlove
Genau, aber es ist nochmal ganz wichtig, diese Unterscheidungen zu machen,weil das ist ja alles sehr verwirrend immer, wenn wir von Europa reden,dann nehmen wir immer irgendwie an, dass das irgendwas mit der EuropäischenUnion zu tun hat, das ist im Falle des EGMR eben nicht so, sondern hier stehteben der Europarat und das ist eben nicht der Grund,Der Rat der Europäischen Union, den es ja auch nochmal gibt,also einer der drei konstituierenden Gruppen der Europäischen Union,neben Kommission und Parlament gibt es halt diesen Rat der Europäischen Union,der sich ja aus den Mitgliedstaaten, also den Regierungen der Mitgliedstaaten zusammensetzt.Und der normale Europarat ist halt dann eben wirklich Europa und dann eben inklusiveeigentlich aller Länder, eben jetzt mit der Ausnahme von Russland und Belarus,die halt ausgenommen wurden durch diesen Ukraine-Krieg.Aber ansonsten sind halt eigentlich alle dabei.Also Skandinavien, Schweiz, Island, alles was sonst immer so ein bisschen außen vor ist.Was auch so ein bisschen einem natürlich auch immer sagt, dass es so mit dieserBindung dann auch nicht so weit her ist.Weil wenn irgendwelche Länder was zu befürchten haben von so einer Organisation,dann sind sie halt im Zweifelsfall auch eher nicht Mitglied.
Thomas Lohninger
Ja, also der Europarat sieht sich selber auch in seinem Selbstverständnis soals der Hüter von allen Grundrechten, die sagen so, hey,wir haben es erfunden und sind deswegen aber in den nicht bindenden Papieren,die sie produzieren, teilweise gar nicht so schlecht.Also die gehen mit manchmal dem richtigen Anspruch daran.Das ist oft auch dann in der politischen Auseinandersetzung für uns Aktivistikerngut, wenn wir auf gute Papiere vom Europarat zurückgreifen können.Aber es ist wie du sagst, also bindende Wirkung hat das an sich nicht,was dort entschieden wird.Der EGMR an sich schon, also das sind schon Urteile, die eigentlich für alle,aber zumindest für den Einzelfall dann doch eine Konsequenz haben. haben.Jetzt in dem Fall von Russland ist das glaube ich zu vernachlässigen,aber für die ganzen anderen Länder, wo Verschlüsselung aufgeweicht wird,da können wir uns auf jeden Fall auf dieses neue gute Urteil berufen.
Tim Pritlove
Ja also es ist jetzt nicht so, dass es jetzt gar keine Auswirkung auf die EUhätte, aber es ist eben keine rechtliche unmittelbare Bindung, sondern eher so eine,Ich sag mal, ethisch-moralische Kette, oder?
Thomas Lohninger
Also als gutes Scheidungskind kenne ich das gut. Der EGMR und der EuGH sinddie ganze Zeit in so einem Battle.Wer ist jetzt der bessere Höchstgerichtshof für Grundrechte?Und da kann man sich sehr schön gegeneinander ausspielen und versuchen zu schauen,wer einen jetzt mehr lieb hat und von wem man mehr bekommt und sich immer aufden anderen berufen, da wo es passt.Also das ist schon im Dialog.
Tim Pritlove
Was, du willst mir keine Switch kaufen? Ich halte es zum anderen Elternteil.Genau. Gut. Mich verwirrt das, dass sie auch die Europa-Flagge verwenden beim Europarat.
Thomas Lohninger
Ja, das ist bewusst verwirrend gemacht.
Tim Pritlove
Das ist einfach... Verstehe es nicht. Und auch die selbe Hürde.Frechheit. Können die sich nicht was Eigenes einfallen lassen?
Thomas Lohninger
Wirklich, die haben auch die Ode an die Vordel? Das ist schade.Da hätte man sich schon...Irgendein Metal-Lied. Metal und Nationalhymnen sind eh nicht voneinander zuunterscheiden. Fuck. Naja.
Tim Pritlove
Alright. So, dann kommen wir zu einer anderen schönen Wortschöpfung,die, glaube ich, mal hier ihren Ursprung gehabt hat.
Thomas Lohninger
Ich weiß nicht, ob das Logbuch Netzpolitik oder Netzpolitik.org war.Ich finde den Begriff super und ärgere mich voll, dass er mir nicht selber eingefallen ist.
Tim Pritlove
Mir ist er eingefallen.
Thomas Lohninger
Dir ist er eingefallen? Ah, perfekt.
Tim Pritlove
Mir ist er eingefallen.
Thomas Lohninger
Ah, danke.
Tim Pritlove
Also ich weiß nicht, ob er nicht auch anderen auch noch eingefallen ist,unabhängig von mir, aber mir ist er in der Sendung in dem Moment eingefallen.Nämlich das Leitungsschutzrecht.
Thomas Lohninger
Ganz genau. Worum geht es? Es geht um das Thema Netzgebühren oder Internetmaut,das wir hier schon ein paar Mal diskutiert haben.Das ist eine unleidige Debatte, die uns seit 2022 plagt.Wer sich erinnert, das war gerade der Moment der großen Freude,Netzneutralität in Europa endlich abgeschlossen, alles erreicht,worum es ging, Zero Rating ist verboten, Stream On und Vodafone Pass wurdenja damals dann auch aus dem deutschen Markt gekickt.Und wir haben uns gefreut und dachten Netzneutralität ist erledigt und endlich spannendere Themen.Aber mitnichten. Es hat nämlich dann die Telekom-Industrie zum Gegenschlag ausgeholtund eine Debatte eröffnet rund um ihr Verlangen doch bitte Geld zu bekommenvon den Inhalteanbietern,die Daten in ihr Netz schicken.Und diese Debatte ist jetzt schon eben seit viel zu langer Zeit am Köcheln.Vor allem in Brüssel ist das auch wirklich nicht tot zu kriegen,weil da sehr, sehr, sehr viel Lobbygeld darauf geworfen wird und fast jede andereWoche nochmal ein Event der Telekom-Industrie passiert, wo die Leute eingekocht werden.Und es gab auch gerade wieder neue Bestrebungen von Digitalkommissar ThierryBreton, auf die ich gleich kommen werde.Dieser Herr Breton ist ja wirklich ein würdiger Nachfolger für Günther Oettinger.Aber ich wollte mal anfangen mit den Grundlagen.
Tim Pritlove
Nicht nur das, er ist ja auch ehemaliger Mitglied der, wo war er nochmal gleich,Mitglied bei der Telekom, Thompson & Orange oder so.
Thomas Lohninger
Franz Telekom CEO war er einige Jahre.Sprich, er war Chef des französischen Telekom Incumbents, was heute Orange ist.Also er kommt aus der Branche. Er hat gute Kontakte in diese Richtung. Und.
Tim Pritlove
Beziehungsweise die Branche hat ganz gute Kontakte zu ihm.
Thomas Lohninger
Ja, ich glaube es gibt da keinen großen Unterschied zwischen der Branche und ihm.Aber wir sollten mit den Basics anfangen und zwar wollte ich mal hier in derSendung erklären, wie der Interconnection-Markt überhaupt funktioniert.Weil ich merke immer öfter, dass es da so eine kleine Wissenslücke gibt undich versuche das jetzt einfach darzustellen. Das Internet ist ja ein Netz von Netzen.Wie es schon im Namen steckt, das Internet besteht aus autonomen einzelnen Netzen,sogenannten Autonomous Systems, die sich im sogenannten Interconnection-Bereichoder Markt zusammenschalten.Das bedeutet, dass einfach einzelne Netze physische Kabel hingelegt haben,sodass Daten da fließen können.Es gibt auch die zugehörigen Routing-Protokolle, die mit einer wirklich bahnbrechendenKomplexität umgehen können, wie diese Daten dann logisch zu leiten sind in dieseneinzelnen Netzen, sodass die immer an ihr Ziel kommen.Und natürlich gibt es hier unterschiedliche Arten von Netzen.Wir haben einerseits mal unsere Internetanbieter, die natürlich ihr eigenesNetz betreiben und wir haben Inhalteanbieter, die oft dann hosten in den Netzen von anderen.Wenn ich zum Beispiel bei Hetzner meinen Server habe,dann ist das ein eigenes Netz, wo meine Daten sozusagen liegen und andere Hosterhaben aber auch einfach nur ihre Server in irgendeinem Netz von einem Internetanbieter stehen.Und es gibt auch diese ganz großen Internetkonzerne wie zum Beispiel Apple,die ihr eigenes Netzwerk betreiben und dann sozusagen auch ganz viele Datennatürlich auch von dort in den Rest des Internets schicken.
Tim Pritlove
Ich weiß gar nicht, ob Apple das beste Beispiel ist, also Google war ja glaubeich überhaupt das erste Unternehmen,was das so betrieben hat und dann muss man auch nochmal Netflix nennen,das sind ja auch in dieser ganzen Debatte diejenigen, die jetzt vor allem herausgekramtwerden, wenn es um Apple geht.Traffic geht, also um große Mengen, also YouTube, Videoportale etc.Aber natürlich auch Facebook und Meta und Apple natürlich auch.Also alle, die große Clouds anbieten, bauen auch ihre eigenen Infrastrukturen weltweit auf.
Thomas Lohninger
Genau, du hast recht. Apple hat halt irgendwie so diesen ganzen IP-Block,weswegen ich gerade an sie dachte, aber du hast recht, Apple verwendet auch sehr stark CDNs,um ihre Inhalte sehr schnell an die Endnutzerinnen zu bringen.Und CDNs sind einfach sozusagen nochmal optimierte Hoster, die sehr viel tundafür, dass die Daten wirklich schnell und möglichst geografisch auch nahe an die Endkunden kommen.
Tim Pritlove
Aber sie haben vor allem auch eigene internationale Leitungen,damit sie eben da nicht von anderen abhängen und bauen eben auch wirklich eineigenes Netz nochmal mit auf, wie auch immer das dann vertraglich geregelt ist.
Thomas Lohninger
Ganz genau. Und du hast recht, auch viele der Unterseekabler gehören inzwischen Big Tech Konzernen.Das kommt auch nochmal dazu in der Debatte, über die wir gleich sprechen werden.Aber auf einer grundlegenden Ebene ist es mir wichtig zu erklären,dass in dieser Zusammenschaltung eigentlich der allergrößte Teil der Verbindungen,die da geschlossen werden, wirklich mit Handschlag funktionieren.Also es gibt da Zahlen von der OECD von 95 Prozent der Zusammenschaltungsvereinbarungen,die wirklich ohne irgendein Schriftstück einfach so geschlossen werden,hey, mein Link ist da schon verstopft, kannst du noch ein Kabel reinstecken und wird gemacht.Da fließt teilweise auch Geld, aber das ist sehr oft wirklich nur geschlossener.Eigenen Kosten, die halt entstehen dadurch, dass du da einen Port hast und ein Kabel reinsteckst.Also wir reden von minimalen Kostenim Vergleich zu den sonstigen Gestehungskosten von so einem Netzwerk.Da ist es viel, viel teurer, Funkmasten aufzustellen, sich Frequenzen zu besorgen,Customer Management zu machen.All das ist wirklich x-fach mehr teuer, als es normalerweise kostet,wenn ich Daten zwischen Netzen austauschen will. Es gibt zwei Arten grob,wie so eine Zusammenschaltung funktioniert. Das eine ist das sogenannte Peering.Dem liegt oft die Annahme zugrunde, dass es die Datenvolumina,die da ausgetauscht werden, in beide Richtungen annähernd symmetrisch sind unddeswegen schaltet man sich dann einfach zusammen.Das macht das Leben für alle einfacher, weil dann gibt es eine direkte Verbindungzwischen zwei Netzen, die viel miteinander reden.Und die zweite Variante, die es noch gibt, ist das sogenannte Transit.Das bedeutet, dass man, um an den Rest des Internets zu kommen,mit dem man keine bilateralen Zusammenschaltungsvereinbarungen hat,zahlt man, um sozusagen in das übrige Internet die eigenen Daten abliefern zu können.Und dieser Transit, da gibt es auch mehrere Anbieter, die in diesem Bereichaktiv sind und da ist es zum Beispiel auch so, dass man sich die Preislisten anschauen kann.Das ist halt auch sicherlich teurer als Peering, aber immer noch vertretbar.Und vor allem, man bezieht auch nur Transit für alle Netze, mit denen man sicheben sonst nicht irgendwie zusammenschalten kann.Eigentlich wollen alle lieber pieren, weil das ist für alle billiger.Und Transit nimmst du eigentlich nur für den Rest, der übrig bleibt.Damit du halt noch irgendwie nach Timbuktu kommst oder nach Buenos Aires.Und der Grundgedanke im ganzen Interconnection-Bereich ist, dass das Internetmehr ist als die Summe seiner Teile.Diese globale Konnektivität auf Augenhöhe, die wir uns damit geschaffen haben,ist etwas, das aus einem Gedanken,dass wir teilen hier Kapazitäten der Verbindung, damit unsere User auch dasAngebot Internet nutzen können.Das ist vielleicht nochmal ganz wichtig festzuhalten, das Netzneutralitätsgesetzin Europa gibt uns allen das Recht, mit dem gesamten Internet verbunden zu werdenund nicht nur teilen davon. davon.Virtually all endpoints ist in Artikel 3.1 eines der Grundrechte,die allen Inhalteanbietern und Endnutzern gegeben sind, damit wir halt sowaswie ein gesamtes Internet haben.An diesem Prinzip, das eben auch schon sehr alt ist, das kommt wirklich vonden Anfängen des Internets und ist auch immer noch, ich sage mal in fast allenNetzen, bis auf ein paar wenige große, der Modus operandi, wie Daten ausgetauscht werden.An dem liegt zugrunde das Prinzip Bill and Keep.Du kriegst dein Geld als Internetanbieter von deinen eigenen Kunden und dieseminimalen Kosten für die Zusammenschaltung, die gibst du eigentlich nicht weiteroder das sind nur die Sachkosten, die du verrechnest.Du versuchst nicht, dein Geld mit den Kunden von anderen Firmen zu verdienen,sondern von deinen eigenen Kunden. Bill and Keep.Das ist eigentlich so die schöne Welt des Internets, wie sie mal war und wiesie auch immer noch in vielen Teilen gelebt wird.Und dann gibt es einige wenige große Internetanbieter wie die Deutsche Telekom,die hier davon abweichen und zwar sehr drastisch davon abweichen.Das merkt man daran, dass die sagen, wir pieren mit niemandem.Wir schließen uns nicht einfach so zusammen mit anderen Netzen.Wir tun hier nicht, was alle anderen tun, um das Internet überhaupt möglichzu machen, Sondern wir wollen immer Geld haben, weil du von uns auch nur Transit kaufen kannst.Und unser Transit ist der beste der ganzen Welt. Der kostet x-fach mehr alsjeder andere Transit, den du kaufen kannst.Und auch wenn du schon verbunden bist mit dem restlichen Internet und eigentlichnur die Kunden von uns, der tollen deutschen Telekom, erreichen willst und inunser wunderbares Netz hinein willst, da musst du uns das halt extra zahlen.Das ist so etwas, das natürlich dann, wenn man es sich durchdenkt,dazu führt, dass wir de facto bei bezahlten Überholspuren sind.Du bist nur gut erreichbar für die Kunden der Deutschen Telekom,wenn du der Deutschen Telekom Geld zahlst.Ansonsten bist du gezwungen, über sonstige Schleichwege in dein Netz reinzukommenund die sind halt dauerhaft verstopft.Die sind die ganze Zeit, wie man sagt, congested.Also da wirst du nur mit einem signifikanten Paketsverlust in dieses Netz kommenund dadurch natürlich einen Dienst anbieten,der viel schlechter ist als der deiner Konkurrenz, die sich schon auf solchebezahlten Deals eingelassen hat mit der Deutung Telekom.
Tim Pritlove
Die Telekom verkauft einen sozusagen doppelt. Also auf der einen Seite mussman dafür zahlen, dass man irgendwie angeschlossen wird Und auf der anderenSeite sollen andere nochmal dafür bezahlen, dass man auch erreicht wird,obwohl man ja eigentlich genau dafür bezahlt, dass man erreicht wird.
Thomas Lohninger
Korrekt.
Tim Pritlove
Also nicht, dass ich erreichen kann, sondern auch, dass ich erreicht werde.Und im Prinzip ist das halt hier schon mal ein doppelter Verkauf.Und das ist natürlich gerade im Hinblick der Telekom ein problematischer Fall,weil ja oft auch die Telekom im Prinzip die Grundversorgung darstellt,weil ich ja gar keine andere Möglichkeit habe, ins Internet zu gehen, als über die Telekom.Gut, das ändert sich jetzt mit der Zeit, aber das war definitiv für lange Zeitder Fall und ist es sicherlich in manchen Bereichen auch immer noch und vondaher kann man das ja sozusagen als Kunde auch gar nicht steuern.Das heißt man ist mehr oder weniger, wenn man im Internet teilnehmen will unddas will man oder muss man mittlerweile eigentlich auch schon fast,Stichwort Grundversorgung, gezwungen darüber diesen Weg zu gehen und das arbeitetdann eben die Telekom als Vorteil für sich heraus und sagt irgendwie so, ja okay,schönen Anschluss haben sie da, wäre doch doof.Wenn er nicht erreicht werden würde.
Thomas Lohninger
Genau, und dieses Faustpfand, als dass man da als Kundin der Deutschen Telekom missbraucht wird,ist halt etwas, das auch wirklich schlecht ist für den Internetmarkt als solchen,weil es natürlich das Ausnutzen ihrer marktdominanten Stellung ist.Und dieses Prinzip, dass man bezahlt werden will dafür, dass die eigenen Kundenerreichbar sind oder erreicht werden von anderen, Das ist nicht neu.Das kennen wir schon aus der Telefon-Ära.Dort gab es das Prinzip von Calling Party Pays.Also die anrufende Seite, das anrufende Netz bezahlt das Netz,in dem dieser Anruf terminiert wird, also entgegengenommen, mit sogenanntenTerminierungsentgelten dafür, dass dieser Anruf zugestellt wird.Und das war schon in der Telefon-Ära etwas, das massiv dazu geführt hat,dass es keinen Wettbewerb gab.Weil wenn du einmal groß genug einen Kundenstamm hast, dann sitzt du sehr komfortabelauf deinen Händen und musst eigentlich nichts mehr tun,weil du sowieso viel mehr Geld verdienst als jeder kleine Challenger,der erstmal seinen Kundenstock aufbauen muss und natürlich auch viel wenigerGeld von den anderen für seine Bestandskunden bekommt.Aber im Internet macht das natürlich noch mal viel weniger Sinn,denn es ist ja nicht Google, die mir die YouTube-Datenpakete einseitig mutwilligschickt, sondern die werden ja von den zahlenden Kunden angefordert.Das ist ja die Dienstleistung, die die von der Deutschen Telekom gekauft haben,beliebige Dienste im Internet abrufen zu können. Und oft eben auch gerade imMobilfunk mit Volumentarifen, sprich es ist wirklich das konkrete Datenpaket, was hier bezahlt wird.Ja, das ist so der Kern von dem Wahnsinn dieser politischen Forderung,mit der wir uns seit 2022 konfrontiert sind.Es gab da schon eine große Konsultation letztes Jahr.Wir eigentlich haushoch gewonnen haben, also die Koalition, die damals auf unserer Seite stand,war wirklich von öffentlich-rechtlichen Medien bis zu Privatmedien,von Konsumentenschutzorganisationen bis zu allen Big Techs, die es gibt aufder Welt, von uns Netzaktivisten bis zur Urheberrechtsindustrie.Disney war da auf unserer Seite.Wir hatten die kleinen Internetanbieter, die Internet Exchanges wie Dezix,Deutsche Glasfaser, also die, die wirklich das Netz bauen und zusammenschalten,haben alle gesagt, Leute, wir haben ein Problem mit der Resilienz.Eine neue Pandemie könnten wir vielleicht nicht mehr so gut ab,wenn wir hier so einen überregulierten Interconnection-Markt haben.Und am Ende war es auch die Monopolkommission, die gesagt hat,das riecht nach was ganz, ganz Schlimmes so als Wettbewerbssicht.Wir haben die Medienregulierungsbehörden in Deutschland gehabt,die gesagt haben, das ist schlecht für den Medienpluralismus und die Telekom-Regulierungsbehörden,Barrack, BNetz A, haben alle gesagt, hey, das verstößt gegen die Netzneutralität.Trotzdem, obwohl dann niemand anderer als die Telcos gesagt haben, das ist eine geile Idee,haben wir jetzt seit ein paar Wochen ein neues White Paper von der EU-Kommission,in dem genau diese Idee der Netzgebühren, des Leitungsschutzrechts gefordertwird und das eben zum Gesetz zu machen.Man sagt da zwar, es gibt kein Marktversagen, aber wir wollen das trotzdem.Wir wollen trotzdem so eine Schlichtungsstelle, wo man sich hinwenden kann unddann dieser Preis festgelegt wird von den Regulierungsbehörden.Sprich, ich brauche eine Regulierung der Preise vom Interconnection-Markt.Damit wird dieses ganze Konstrukt natürlich von einem total unregulierten Markt,der es heute ist, zu einem Markt,wo eine Regulierungsbehörde Preise festsetzen wird und damit diese Zusammenschaltungnicht mehr so einfach möglich sein wird,weil eben nicht mehr Stabilität des Netzes und Qualität des Dienstes die entscheidendenKriterien sind, sondern Gewinnoptimierung.Das kennen wir von diesen großen Konzernen und das würde so eine Verhandlungspflichtzwingend dann auch bedeuten.Und das Spannende ist noch, was ansonsten in diesem White Paper drinnen ist,nämlich Marktkonsolidierung.Also man sagt da ganz klar, wir wollen….Viel weniger, viel größere Internetanbieter, die dann bitte auch pan-europäischoperieren sollen, also weniger Wettbewerb.Die eine Sache, die Preise für Internet in Europa runtergebracht hat in denletzten Jahrzehnten, dass man mit Regulierung Wettbewerb garantiert hat,das will die Kommission jetzt zurückschrauben.Und das ist natürlich super desaströs, weil der gemeinsame Nenner von diesenbeiden Forderungen heißt einfach höhere Preise für Endnutzerinnen, für Konsumentinnen.Und das in Zeiten einer Rekordinflation. Also ich hoffe, dass das vielleichtim Rahmen der EU-Wahl ein bisschen debattiert wird.Auch vielleicht in liberalen Kreisen, für die Thierry Breton ja antritt alsEU-Kommissar, der von Frankreich, von der liberalen Partei Macons ins Rennen geschickt wird.Und Breton hat diese Konsultation gerade gestartet mit einer Deadline am 30.Juni, also nach der EU-Wahl. Also die Strategie ist ganz klar,er will die Hand der nächsten Kommission binden, um ja zu schauen,dass diese Ideen der Telekom-Industrie in irgendeiner Form umgesetzt werden.Deutschland ist da bisher sehr kritisch, es gibt auch im April einen Workshopdazu in Berlin vom deutschen Digitalisierungs- und Verkehrsministerium und dieDebatte ist jetzt wieder neu angezündet worden.Ich frage mich ein bisschen, was neue Argumente jetzt noch bringen sollen,weil die Argumente liegen alle schon am Tisch.Aber Herr Breton hört da einfach nicht auf, damit diese Forderung zu wiederholen.Wir haben das letztens auch mal mit einer diffusen Intervention versucht undhaben an alle Europaabgeordneten Post zugestellt.Khaleesi und ich waren da im Europaparlament. Es gibt auch ein lustiges Video, das wir verlinken.Und wir haben das nochmal so zusammengefasst auf einer Seite mit einer sehrlustigen Postkarte, die wir auch verlinken, damit man sieht,dass Breton hier halt wirklich nicht im Interesse der Bevölkerung agiert.Und deswegen unsere Forderung, bitte nach der Wahl nicht noch mal bestätigt werden soll.
Tim Pritlove
Ich meine, super, ich meine, jetzt haben sie gerade diesen Digital Markets Actrausgebracht, der quasi so im Geist hat, wir brauchen mehr Markt-Ja, weil große Monopole sind ein Problem und zu viel Macht konsolidiert sichauf wenigen und da wo wir das erkennen, da müssen wir jetzt so stark rein regulieren,damit möglichst viele daran teilnehmen können.Und dann tut man jetzt hier eigentlich genau das Gegenteil?Macht ja keinen Sinn. Vor allem würde es ja dann bedeuten, dass die Preise dannfür alle steigen, weil dann muss dann mehr sozusagen an die Telekoms bezahlt werden,also wer auch immer dann sozusagen davon letztlich profitiert,das würde ja dann nicht nur die Deutsche Telekom sein.Aber in dem Moment, wo man eben weniger kleinere Provider hat,bedeutet das ja dann, dass sie dann eigentlich noch mehr Geld nehmen können.Also es läuft im Prinzip genau in die Gegenrichtung, als die,für die eigentlich die EU in den letzten Jahren Partei ergriffen hat.
Thomas Lohninger
Ja, und der große Unterschied ist an der Stelle einfach, dass es so gut wiekeine europäischen Big Tech Konzerne gibt,aber die ISBs sich hier wirklich noch, also gerade eben die großen wie die DeutscheTelekom, Vodafone, Telefonica, halt damit brüsten, dass sie ja die europäischenChampions sind und die müssen wir schützen.Ja, denen ihr Monopol müssen wir erhalten und das Monopol oder Oligopol derAmerikaner, das müssen wir brechen.In Wirklichkeit agieren wir da genauso doppelzündig wie die Amis mit ihrem TikTok-Verbot.Muss man ehrlich sagen. Diese Debatte rund um Netzgebühren und das Leitungsschutzrecht,die ist leider inzwischen auch weltweit.Also wir haben inzwischen Konsultationen in Indien, in Brasilien,in anderen lateinamerikanischen Staaten wird das als Forderung gewälzt und daist so ein bisschen der Geist aus der Flasche. Es ist immer ganz wichtig,da auch nach Südkorea zu schauen.In Korea gibt es ja sowas schon mit desaströsen Konsequenzen.Die haben 100 Prozent Fiber to the Home und gleichzeitig steigt die Latenz dieganze Zeit und die Dienstequalität wird immer schlechter, weil halt die Datenjetzt alle nur noch irgendwie in Tokio am Internet Exchange dort übergeben werden,weil keiner mehr in Korea peeren will oder sich zusammenschalten will mit den dortigen ISPs.Weil zu den Preisen zeigen die alle den Mittelfinger.
Tim Pritlove
Das heißt, könnte auch sein, dass keiner mehr mit der Telekom pieren will unddas dann sozusagen alles im Ausland gemacht werden muss.
Thomas Lohninger
Verlierst halt 40 Prozent vom deutschen Markt. Das können sich wenige Unternehmen leisten.Und zuletzt nochmal, um die Net Neutrality News abzurunden, in den USA stehenwir auch gerade vor einer großen Entscheidung, weil dort die FCC ja wieder maleinen Anlauf macht, Netzneutralität wieder einzuführen, nachdem Trump es zuletzt ja 2017 gekillt hat.Und die neuen Regeln, ich weiß noch, dass der Spezialdienste ein großes Themaist, weil da habe ich ein paar Gespräche geführt und die sind nicht so gut,wie sie schon mal waren unter Obama,aber ist auf jeden Fall ein guter Schritt, wenn es da wieder irgendwas gibt auf Bundesebene.Im Moment gibt es da nämlich noch gar nichts, außer in Kalifornien.So, genug Netzneutralität.
Tim Pritlove
Alright, aber wir haben ja noch ein paar andere Dauerbrenner,zum Beispiel die immer noch nichtfinal abgestimmte Entscheidung zum Thema Chatkontrolle auf EU-Regelung.Da war ja der letzte Stand eigentlich der, dass es so ganz gut aussieht,dass das nicht kommt, aber das kippt jetzt schon wieder.
Thomas Lohninger
Ja, über dieses Thema müssen wir reden, auch wenn das keiner mehr will,weil wir ja gerade unter belgischer Ratspräsidentschaft wird heftigst weiter verhandelt.Wo stehen wir in diesem Prozess?Tim, du hast vorher gerade eh schon erwähnt, es gibt so diese drei Gesetzgeber auf EU-Ebene.Die Kommission, die beginnt mit einem Gesetz, das Parlament muss sich dazu verhaltenund die Mitgliedstaaten im Rat der EU müssen sich dazu verhalten.Wir sind zwei Drittel fertig. Wir haben einen Gesetzesvorschlag,das Parlament hat sich schon mit seiner Version des Gesetzes dazu geäußert undnun sind die Mitgliedstaaten dran.Die haben es in den vergangenen Monaten nicht geschafft, sich zu einigen.Weil es da eine Sperrminorität gibt, also eine Minderheit an Staaten,die aber genügend groß sind oder genügend große Anteile an der Bevölkerung Europas haben,wollten keine Version dieses Gesetzes, sodass es bisher noch keine Einigung gab.Die Belgier sind in diesem Halbjahr in der Präsidentschaft des Rates zuständigdafür, so einen Kompromiss zu finden und da arbeiten sie sehr,sehr, sehr massiv daran. Wir sehen alle paar Wochen einen neuen Text.Diese Texte werden nicht wirklich besser, aber sie sind halt anders.Und das ist so eine Zermürbungstaktik. Die ganze Zeit das Thema oben auf derAgenda halten, die ganze Zeit den Druck aufrechterhalten, hey,wir müssen uns hier einigen, es geht doch um die Kinder, bitte,bitte, bitte, macht's doch endlich.Und diese Taktik der Zermürbung erzeugt gerade eine sehr hohe Gefahr,dass die Belgier es schaffen,da einen Kompromiss durchzuboxen und wir noch unter deren Ratspräsidentschafteine Einigung im Rat sehen.Sobald wir so eine Einigung haben, würde der Trilog beginnen.Also dann würden Parlament, Rat und Kommission sich zusammensetzen,um ein finales Gesetz auszuverhandeln.Im Moment ist es so, Österreich hält sowieso stabil. Wir haben das ja parlamentarischabgesichert. Die Österreicher können nicht umfallen.Deutschland ist noch unklar, was Mirka Lisi sagt. Da ist man sozusagen nochnicht ganz in der Situation im Innenministerium da, wo man sein sollte.Es ist auch nichts Neues.Sowieso reichen Deutschland und Österreich alleine ja nicht.Frankreich hat ja seit Jänner auch einen neuen Premierminister, Gabriela Thal.Seine Vorgängerin Elisabeth Borne war da um einiges mehr auf unserer Seite,was Chatkontrolle betrifft. Also auch Frankreich wackelt.Ja, prinzipiell, es kann sehr schnell gehen, dass wir jetzt einen Kompromisssehen, der durchgeht und dann auch der Trilog würde natürlich versucht werden,noch unter den Belgiern möglichst schnell abgeschlossen zu werden,weil in der zweiten Jahreshälfte 2024 hat die ungarische Regierung die Vatspräsidentschaft.Und es weiß noch keiner so genau, was das eigentlich heißt.Ungarn, Europa, schwierig.Ungarn und Überwachungsgesetze, unklar. Ja, die sind kein Freund der Freiheit,aber waren jetzt auch nicht super auf der Überwacherseite bisher.Ja, also wir haben aber auch nochmal zu bedenken, dass natürlich Europawahlen sind.
Tim Pritlove
Genau und zwar im Juni. Also dann ist ja eigentlich ganz gut,kann man das so sagen, dass Ungarn genau dann die Ratspräsidentschaft hat,wenn eigentlich ja so die letzte Legislatur weitgehend dann abgearbeitet seinsollte und im Prinzip dann ja erstmal wieder neue Dinge auf die Agenda kommen.
Thomas Lohninger
Ja, also das ist auf jeden Fall auch etwas, dass uns, dass das bewusst so gelegtwurde, damit da nichts wirklich anbrennen kann direkt nach der Wahl.
Tim Pritlove
Wie, das wurde bewusst so gelegt? Das wird doch nicht gelegt? Wieso?
Thomas Lohninger
Also natürlich, du kannst da immer, dann fällt halt jemand aus oder du schiebstjemanden ein, natürlich wird das geschoben.Und auch schon viele Jahre im Vorhinein und normalerweise ist es so.
Tim Pritlove
Du meinst jetzt das Gesetz oder die Ratspräsidentschaft?
Thomas Lohninger
Die Ratspräsidentschaft, die Ratspräsidentschaft.
Tim Pritlove
Ja, aber wer legt denn das fest, wann die ist? Ist das nicht Round Robin?
Thomas Lohninger
Also es kommen schon alle nach der Reihe wieder mal dran, aber die genaue Reihenfolge,da kannst du schon Dinge drehen.Zum Beispiel ist es eigentlich vorgesehen, dass wenn du jetzt Wahlen hast,solltest du nicht die Ratspräsidentschaft haben.Das ist bisher eigentlich immer so ein Prinzip gewesen, an das sich alle gehalten haben.Wir haben jetzt aber in Spanien und in Frankreich gesehen, dass man mit dem Prinzip gebrochen hat.Und normalerweise sollte eigentlich die Ratspräsidentschaft dann sein,wenn eine stabile Regierung die Geschäfte führt und deswegen auch,das ist eine diplomatische Aufgabe, diese Ratspräsidentschaft,die aber viele Fachministerien auch nochmal bindet.Sprich, du willst da put your best foot forward.Du willst sozusagen alle deinen Shit at home sortiert haben,sodass du dich der europäischen Bühne präsentieren kannst.Und deswegen, man kann da durchaus so ein bisschen was schieben.Wir dürfen nicht vergessen, nach Ungarn wäre eigentlich Polen dran oder istjetzt auch Polen dran, dann im ersten Halbjahr 2025.Da hatte man auch große Sorgen, sozusagen zuerst Ungarn, dann Polen unter einer PiS-Regierung.Wäre ja nicht sonderlich gut für Europa, dass da was weitergeht.Aber jetzt mit dem Regierungswechsel in Polen sind diese Sorgen der proeuropäischenPolitikerInnen sicherlich mal ein bisschen hintangestellt.Aber soviel zur Ratspräsidentschaft. Kommen wir zurück zur Chatkontrolle.
Tim Pritlove
Also ich habe gerade mal nachgeschlagen, also es ist schon ein festgelegtesVerfahren, das zwar vom Rat der Europäischen Union, da haben wir ihn wieder,geändert werden kann, aber im Prinzip einem festen Modus folgt.Ich habe bloß noch nicht gefunden, wo dieser Modus eigentlich genau das letzte Mal festgelegt wurde.Aber ich kann mir jetzt nicht vorstellen, dass das jetzt so geplant war,dass Ungarn, also dass das für irgendjemand kurzfristig dahingeschoben wurde,sondern dass das eigentlich eher Zufall ist.
Thomas Lohninger
Ja, also ich habe hier gerade, es gibt so schöne Infoposts vom Europaparlamentund neben mir hängt gerade so alle Ratspräsidentschaften bis 2037.Das ist schon sehr weit im Vorfeld festgelegt und normalerweise ändert sich daran auch nichts.Aber ich weiß es eben aus Diskussionen, die es in der Vergangenheit gab,dass man durchaus da, ich sage mal zumindest mit einer Einigkeit unter den Mitgliedstaaten,wirst du das schon ändern können.Ob es da auch mit einer qualifizierten Mehrheit möglich sein kann,diese Reihenfolge zu ändern, weiß ich nicht.
Tim Pritlove
Nee, es muss einstimmig sein. Einstimmig muss der Turnus akzeptiert werden.
Thomas Lohninger
Okay. Ja, also wenn jetzt jemand sagt, hey Leute, wir brauchen eine Wahl beiuns, können wir bitte irgendwie tauschen mit wem anderen, dann wirst du da vielleichteine Lösung finden, aber wenn es einstimmig sein muss, dann….
Tim Pritlove
Hat Ungarn zugestimmt?
Thomas Lohninger
Ja, ich nehme mal an, dass es ihnen auch recht war, wenn sie jetzt nicht indie Rolle gesetzt werden, dass sie laut der EU-Gesetze fertig verhandeln müssen,weil das wollen sie ja nicht.
Tim Pritlove
Auf jeden Fall eine interessante Geschichte.
Thomas Lohninger
Europa ist interessant.Eine Dimension, die wir noch beleuchten müssen ist, für die Chat-Kontrolle wirdsich natürlich durch die Wahl im Europaparlament auch etwas ändern. 6. bis 10.Juni, 6. bis 9. Juni sind Wahlen in ganz Europa und Patrick Bayer,der ja an diesem Gesetz sehr massiv mitverhandelt, wird nicht nochmal antreten.Anja Hirscher wird versuchen, sein Mandat zu gewinnen für die Piratenpartei und ihm nachzufolgen.Hoffentlich übernimmt sie auch irgendwie dann sein ganzes Team,weil natürlich hängt das ganz oft an den parlamentarischen Mitarbeiterinnen,die ja eigentlich die Hosen anhaben und nicht die Abgeordneten,in ganz vielen Fällen zumindest.Wobei Patrick sicherlich einer der wenigen war, die sich auch selber da in dieVerhandlungen aktiv eingebracht haben und überhaupt das Gesetz selber gelesen hat.Aber es bricht uns sozusagen da jetzt auch der stärkste Kritiker dieses Gesetzes weg,wobei wir ja zum Glück auch Leute aus Deutschland wie Moritz Körner haben undTimo Wölken, die auch super kritisch bei dem Thema sind.Und ich hoffe, dass man da einfach im Verhandlungsteam für Stabilität sorgenkann, sodass die Parlamentsposition hier noch gut vertreten wird im Trilog,wenn es denn zu einem kommt.Und eine spannende Entwicklung, auf die ich hinweisen will, weil wir haben jaglaube ich in einer vorherigen Folge auch darüber geredet, dass die Parlamentspositionja irgendwie sogar ganz okay sein könnte,weil die so viel besser ist als das, was die Kommission vorgelegt hat.Dazu gibt es jetzt eine Stellungnahme vom IDPB,das ist das Gremium der europäischen Datenschutzbehörden, wo alle nationalenoder in Deutschland Landesdatenschutzbeauftragten zusammenkommen,um ihre Meinung zu treffen.Die haben auch eine wichtige, gewichtige Stimme in diesem ganzen Prozess unddie haben zu dieser Position vom Europaparlament gesagt, nee,sorry, immer noch nicht genügend.Also das reicht nicht, das ist immer noch mit dem Grundrecht auf Datenschutz nicht vereinbar.Ja gut, ihr habt Ende-zu-Ende-Verschlüsselung abgesichert, aber das ist immernoch Massenüberwachung, diese Detection Orders gehen viel zu weit,es ist immer noch das Filtern von unbekannten Child Sexual Abuse Content Teilvon dem Gesetz, was zu großen Fehlerraten führen würde, die die Meinungsfreiheit gefährden.Also was das bedeutet ist, dass die beste Version der Chat-Kontrolle,die überhaupt am Tisch liegt, laut Datenschutzbehörden immer noch viel zu schlechtist, um mit unseren Grundrechten vereinbart zu sein.Und wenn man jetzt weiß, dass im Trilog nur das rauskommt, was so das geometrischeMittel ist zwischen allen Positionen, die schon vorgelegt wurden,weiß man heute schon, dass das, was da rauskommt, nicht gut genug sein kann.
Tim Pritlove
Ich muss jetzt nochmal doof fragen, ist die Chat-Kontrolle, die jetzt beschlossenwerden soll, ein eigenständiges Gesetz oder ist das nochmal in etwas anderes eingebettet?
Thomas Lohninger
Ist ein eigenständiges Gesetz eine Verordnung, die direkt anwendbar wäre inallen EU-Mitgliedsstaaten?
Tim Pritlove
Okay, das heißt, es könnte als solches scheitern und dann wäre es halt einfach nicht da.Es gibt jetzt nicht noch irgendwelche anderen Sachen, die da mit drin sind,die andere Leute jetzt unbedingt haben wollen, sondern es wäre dann am Endewirklich eine Entscheidung gegen die Chatkontrolle und nur die Chatkontrolle alleine.
Thomas Lohninger
Ja, also es gibt jetzt sozusagen, in dieser Verordnung sind jetzt keine Dingedrinnen, die man losgelöst von diesem Gesetz so eigentlich haben will.Wir haben neben der Chat-Kontrolle auch den ganzen Bereich der Altersverifikationauf Plattformen und auch der Risikoabschätzung von Plattformen aus Jugendschutzsicht.Das ist aber ein bisschen redundant zum DSA.Diese Frage der Altersverifikation, die creept auch immer mehr rein in andereThemenbereiche, zum Beispiel auch im Wahlprogramm der Grünen auf EU-Ebene zumBeispiel ist auf einmal, yeah, Altersverifikation, super toll.Das ist sowieso ein Problem an sich.Die einzige Verbindung, nach der du gerade fragst, die ich sehe,die da immer wieder politisch genannt wird, ist die sogenannte Interim Derogation.Über die hat Linus zuletzt auch geredet.Die Chatkontrolle macht ja etwas verpflichtend, das es eigentlich nicht geben dürfte.Private Kommunikation sollte nicht gescannt werden dürfen.Da gibt es ja das Briefgeheimnis, das Grundrecht der Vertraulichkeit der Kommunikation.Und die E-Privacy-Richtlinie gemeinsam mit der DSGVO verbietet das eigentlich.Nun hat man schon vor einiger Zeit eine Interim Derogation, also eine zwischenzeitlicheAbweichung von dieser E-Privacy-Richtlinie verabschiedet, damit dieses Scannenmöglich bleibt für die Provider.Zum Beispiel Facebook scannt alle Nachrichten bei Facebook Messenger,weil der ist ja unverschlüsselt und da kommt ein allergroßer Teil von allenangeblichen Kinesis-Missbrauchsdarstellungen auch her, weil Facebook hier freiwilligalles scannt und das dann meldet an die amerikanische Meldestelle.Und das wäre nicht möglich ohne dieser Interim Derogation, die ist zuletzt aberverlängert worden. Bis glaube ich 2025 oder 26, das weiß ich gerade nicht genau.Aber wir können die Uhr danach stellen, spätestens wenn diese Kannbestimmung ausläuft,wird die Gegenseite, werden die Innenministerien und die Überwachungspolitikerinnenwieder sehr laut schreien, dass man die Kinder schützen muss und deswegen dieseMussbestimmung sofort her muss,weil ansonsten kann man ja die Kinder nicht mehr schützen mit Massenüberwachung.
Tim Pritlove
Naja gut, also bleibt spannend, hier bis zur letzten Minute der belgischen Ratspräsidentschaft,wenn ich das richtig sehe.
Thomas Lohninger
Ja, also es gibt einen neuen Text, den verlinken wir auch.Wir verlinken auch die Analyse von Netzpolitik.org zum letzten Gesetzestext.Wer da wirklich einsteigen will, hat hier die volle Ladung von dem,was die Belgier letzte Woche vorgeschlagen haben. Und wir verlinken auch das richtige Mem.Also was die Belgier da tun ist nämlich, wie Khaleesi richtig schön mit diesemMem zusammenfasst, nichts anderes als das Umsortieren der Stühle auf der Titanic.Also es ist nichts gelöst worden mit diesen neuen Gesetzestexten,es ist nur put lipstick on a pig. Ja.Ja, da gibt es auch Updates zu vermelden. Wir hatten das Thema ja letztes Jahrschon und zuletzt glaube ich im Februar.Und es ist hier etwas sehr Positives eigentlich passiert.Eigentlich hätte man sich nämlich hier einigen sollen. Im Februar war eine Verhandlungsrundein New York und das ist nicht passiert. passiert.Man konnte sich nicht einigen. Und das ist eigentlich sehr gut.Also worum geht es genau? Bei dieser UN Cybercrime Convention,Geht es um Computerkriminalität? Da steht zumindest außen drauf.In Wirklichkeit geht es um alle Arten von Verbrechen, die so in oder um odermit einem Computer begangen werden.Da gibt es so einen Katalog von Straftaten, die es überall auf der Welt geben soll.Es gibt auch einen Katalog von Überwachungsmaßnahmen, die es überall geben muss.Und dann dürfen die Länder mit ihren Strafverfolgungsbehörden auch sozusageninteroperabel gemäß diesem Straftatenkatalog oder gemäß diesen ÜberwachungsmethodenDaten miteinander austauschen.Und das eben auch nicht nur für grenzüberschreitende Fälle, sondern zum Beispielauch, bei dir hat jemand gehostet, der bei mir eine Straftat begangen hat und so weiter.Das ist sehr problematisch aus Datenschutzsicht, aus Sicht der Meinungsfreiheit,weil das ist halt wirklich ein weltweites Treaty, da sind alle 193 Staaten der Welt mit am Tisch.Und diese Straftatbestände sind immer noch nicht so gebaut,dass sie für Ethical Hacker, für SicherheitsforscherInnen, für InvestigativjournalistInnenoder andere Gruppen, die mit solchen Tools operieren, nicht gefährlich werden können.Und wie gesagt, wir reden ja auch von China, wir reden von Russland, wir reden von Iran.Und die Überwachungsbefugnisse sind auch immer noch viel zu weitreichend,die inkludieren auch noch sowaswie Echtzeitverkehrsdatenüberwachung und Echtzeitinhaltsdatenüberwachung.So Bestimmungen, die Staatstrojaner verpflichtend machen würden,die haben wir zum Glück schon rausbekommen, aber es bleibt genügend Problematisches übrig.Und ganz wichtig sind halt auch die Sicherheitsschranken, die Menschenrechtsgarantien,die mit dem Vertrag eigentlich auch kommen müssten, wenn man schon so viel Machtin die Hände von Strafverfolgungsbehörden legt, die fehlen noch.Und gerade wenn das interoperabel sein soll, muss man sich ja auf gewisse rechtsstaatlicheGarantien auch an beiden Enden der Leitung verlassen können.Wie gesagt, man wollte sich da einigen in der letzten Verhandlungsrunde in NewYork und das hat man nicht geschafft.Das war wirklich ein bisschen ein magischer Moment, weil man dachte,man macht den Sack zu und man legt sich einfach auf eine der Optionen fest undes gab wirklich koordinierten Widerstand Und vor allem für uns als Zivilgesellschaftwar das extrem spannend,weil seit anderthalb Jahren oder länger reden wir uns da mundfusselig darüber.Und zum ersten Mal kamen die Staatenvertreter her und sagten so,oh really, this is a human rights dimension?I wasn't aware. Also, wo du dir denkst, was haben wir euch die letzten Jahre alles gesagt?Und wir hatten ja immer diese dreiminütigen Redepreiträge dort.Ist wirklich bemerkenswert zu sehen, dass vor allem auch bei den europäischenStaaten, aber auch bei Lateinamerika, das jetzt soweit angekommen ist,dass die sagen, nee, wir können dem so nicht zustimmen.Und auch die EU-Kommission, die hier wirklich bereit war, let's do a deal,ja, wir geben euch das, ja, Grundrechte sind nicht so wichtig.Wir können schon Zugeständnisse machen. Und da gab es dann wirklich eine Revoltevon den Mitgliedstaaten, die da einfach gesagt haben, nee,wir fühlen uns dann durch die EU-Kommission nicht mehr vertreten,wenn hier zu stark abgewichen wird von dem, was wir uns zum Beispiel auch alsDeutschland an Grundrechten vorstellen würden bei diesem Vertrag.
Tim Pritlove
Kannst du mir mal kurz näher bringen, inwiefern denn die EU-Kommission auf UN-Ebene,die ja im Prinzip eine Gruppe von unabhängigen Staaten darstellen soll,da wirkt und vertreten ist?
Thomas Lohninger
Das ist eine gute Frage, Tim. Eigentlich haben die gar nichts zu melden dort,weil, wie du sagst, die sind kein souveräner Staat.Aber, das hat wahrscheinlich mehr verhandlungstaktische Gründe,du kannst dich sozusagen als Staatenverbund natürlich auch zusammenschließenund sagen, diese Person vertritt uns und die spricht jetzt im Namen von dieser Liste an Staaten.Das gibt es auch nicht nur in der EU, zum Beispiel CARICOM,die karibischen Staaten tun das auch die ganze Zeit, da sind ja auch sehr vielekleine Inselstaaten vertreten, die vielleicht sogar an jemanden hinschickenwürden und die sind dann vertreten über eine Person oder ein ganzes Verhandlungsteam,die für diese ganze Liste an Staaten spricht.
Tim Pritlove
Macht ja auch Sinn in dem Moment, wo man wirklich, wo es klar ist,okay, wir werden hier als Vereinigung sozusagen durch unsere Repräsentantenauch nicht nennenswert etwas anderes vertreten, als wir jetzt einzeln vertreten würden.
Thomas Lohninger
Ja, und im Ablaufen tut das dann so,dass bei den Runden, in denen sich die Staaten zu Wort melden über gewisse Teiledes Vertrags, die EU-Kommission als erstes spricht und dann können und tun auchviele Staaten sich danach nochmal melden, also viele EU-Staaten.Und die EU-Staaten sagen dann immer, wir schließen uns den Äußerungen der EU-Kommissionan und sagen noch folgende Dinge in unserer nationalen Kapazität.Das sind dann oft so die Dinge, wo der Mitgliedstaat nochmal Akzente setzenwill oder wo er nochmal gewisse Punkte bestärken will, die die EU-Kommissionvielleicht nicht so stark auf vorne gestrichen hat.Ganz ehrlich, ich weiß nicht, ob diese Verhandlungstaktik gut ist.Weil wenn du jetzt 27 EU-Staaten hast, die alle für sich sprechen.Und stattdessen hast du nur einmal die EU-Kommission und dann kommt aber die Liste mit Pakistan,Indien, Iran, Russland, die sich extrem oft zu Wort melden, Ägypten,die wirklich keine Hilfe in den Verhandlungen waren.Und ich verstehe nicht, ob das so eine kluge Strategie ist und da,wo es Widersprüche gibt, geht die natürlich gar nicht mehr auf.Und das ist ein Teil von dem, was jetzt hier auch passiert ist,wobei natürlich die großen Widersprüche halt einfach nicht aufgelöst werden konnten,weil einfach die verschiedenen Versionen des Vertrags doch immer sehr weit auseinander sind.Wo lässt uns das jetzt zurück?Lässt sich dort dann noch Input geben, um die bisherige Blockade wenigstensaufrecht zu erhalten, weil der ganze Prozess kippt so ein bisschen.Die haben eigentlich kein Budget mehr.Die Madame Chair, die das immer verhandelt hat, eine algerische Diplomatin,die ist inzwischen in Pension.Die hat auch bei der letzten Session so Mic Drop gesagt, so,if we can't agree, you need a new chair. I'm gone.Und das hat sie auch gemacht.
Tim Pritlove
Du meinst kein Budget, um jetzt noch diese Verhandlungen weiter zu finanzieren,um irgendwo hinzureisen, sich zu treffen und so weiter.
Thomas Lohninger
Korrekt. Und das Sekretariat und so weiter. Also das kostet ja alles Geld.Und deswegen ist da jetzt dieser ursprüngliche Plan, im Juni bei der Generalversammlungder UNO dieses Treaty zur Abstimmung zu bringen, zumindest in Zweifel gezogen.Es kann natürlich passieren, dass die sie im April auf irgendwas einigen.Es wäre unter Ausschluss der Öffentlichkeit.Das ist oft, wo die Ränkelei dann besonders drastisch wird.Ähm, ja, aber wir dürfen uns hier in Wien drauf freuen, nochmal Host für eineganz wichtige Verhandlungsrunde zu sein und werden unser Bestes geben,da uns einzusetzen und danach darüber zu berichten.Meine Kollegin Tanja Facherthaler, die unsere Delegationsleiterin ist,war auch in dem Podcast Dicke Bretter.Das ist ja im Chaos Radio Feed dort unter Nummer 286 zu finden.Da hat sie auch nochmal sehr gut irgendwie dargelegt, wie dieses Thema dennaktuell gerade so sich auch anfühlt. Ich glaube, sie ist da ja nochmal vielmehr drinnen, als ich das bin.Deswegen das nochmal so als Empfehlung und wir werden dann berichten oder manwird lesen, wie es aufgeht.Also unsere Haltung ist klar, no treaty is better than a bad treaty. Lieber nicht.
Tim Pritlove
Wenn du jetzt wir sagst, dann meinst du Epicenter Works als Gruppe oder wieseid ihr da eingeloggt in den Prozess offiziell?
Thomas Lohninger
Also wir sind da als Epicenter Works natürlich vertreten, tun das aber in derKoalition mit ganz vielen anderen NGOs.Also wir haben da zum Beispiel auch eine NGO, die einen anderen Status bei derUNO hat und in deren Namen wir sprechen können.Wir haben aber auch die IFF, Privacy International, Access Now,der Regios Digitalis und viele andere NGOs, die diesen UNO-Prozess begleitenund mit uns daran arbeiten.Da gibt es auch eine enge Abstimmung, was die Positionierungen betrifft undwie man konkret sich da einbringt.Und da sind wir sozusagen wirklich in so einer weltweiten Koalition.Leider sind es eh viel zu wenige europäische NGOs, die sich daran beteiligen.Sollten wir verlieren und es gibt ein schlechtes Schiti, wird es doch nochmalspannend, weil das muss durch das Europaparlament bestätigt werden.Und das wäre dann auch nochmal ein Weg, es für Europa zum Scheitern zu bringen.Für den Rest der Welt hilft uns das nicht.
Tim Pritlove
Alright. Gut, jetzt hatten wir schon eine ganze Menge schlechte Nachrichten.Da können wir auch nochmal eine hinterher schieben.Und zwar geht es hier um eine Entscheidung bezüglich des Informationsfreiheitsgesetz.Und zwar gab es hier eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.Das Ganze basiert auf einer Klage des Bundesinnenministeriums gegen den Bundesbeauftragtenfür Datenschutz und Informationsfreiheit.Also hier wird sozusagen mit harten Bandagen intern gekämpft.Und es bezieht sich auf das Informationsfreiheitsgesetz dahingehend,ob denn Informationsanfragen nach diesem Gesetz per E-Mail beantwortet werden müssen oder nicht.Und nachdem es in der Sache schon mal eine Entscheidung des OberverwaltungsgerichtsMünster gab, was genau gesagt hat, so ja nö, E-Mail ist schon okay irgendwie,wir leben ja in modernen Zeiten,hat jetzt das Bundesverwaltungsgericht anders entschieden und gesagt,so nö, wir leben ja in Deutschland,da kann man auch mal per Post antworten.Also so mit ausgedrucktem Internet sozusagen.
Thomas Lohninger
Was ist mit Fax?
Tim Pritlove
Weiß ich nicht, aber der Postweg wurde sozusagen jetzt explizit erlaubt unddas ist natürlich vor allem ein Problem für das Projekt Frag den Staat,was sich halt hier auch entsprechend aufregt und zu Wort gemeldet hat und dasnatürlich total beklagt, Weil wir erinnern uns,dass halt Frag den Staat natürlich vor allem darauf basiert,dass es eben hier einen automatisierten elektronischen Ablauf dieser Anfragengibt und vor allem steckt dann natürlich dahinter,dass dann eine Anfrage auch nicht mehr anonym erfolgen kann.Denn wenn es einen Postweg gibt, dann muss es ja sozusagen auch eine Anschriftgeben und damit muss es dann eben auch eine Person geben und fragt den Staat,beklagt natürlich dann vor allem diesen Aspekt, dass also hier sozusagen Leutedavon abgeschreckt werden sollen,überhaupt eine solche Informationsanfrage zu machen. machen.Und ja, das ist natürlich jetzt wirklich eine problematische Situation und Fragden Staat hat jetzt angekündigt,das erstmal dahingehend abzuwarten, bis es auch die detaillierte Urteilsbegründung gibt und wenn.Die dann vorliegt, dann werden weitere Schritte unternommen.Und generell steht hier die Forderung natürlich nach einem klar neu formulierten Transparenzgesetz,was halt mal sicherstellt, dass man auf Bundesebene diesen Zugriff selbstverständlichelektronisch und anonym machen kann und dass das einfach mal klar geregelt ist.Aber man sieht einfach, dass hier sich der Staat dann doch noch sehr dagegenwehrt, befragt zu werden und das ist natürlich wirklich problematisch.
Thomas Lohninger
Das ist so letztklassig und so jenseitig.Ich meine, wir leben in einer Informationsgesellschaft. Ein transparenter Staat ist nichts, das man,gut dünkenhaft irgendwie noch so, ja, habt ihr ein bisschen was,das ist die Voraussetzung dafür, dass Demokratie Legitimation hat.Das ist wirklich nicht verständlich, da jetzt so auf analoge Dinge wieder umzustellen,um ja bewusst so Projekte wie Frag den Staat abzudrehen.Also ich meine, wer wird sein Grundrecht auf Informationsfreiheit per Post in Anspruch nehmen?
Tim Pritlove
Also ja, es ist vor allem, was ich immer sehr problematisch finde,ist so, dass der Staat sich hier auch so ein bisschen aufspielt,als wäre er so eine eigenständige Entität und der Bürger wäre in gewisser Hinsicht jetzt nur so ein,Außenseiter und so ein Störfaktor.Und das ist halt nicht mein Verständnis von Staat, sondern Staat ist ja sozusagen,den gibt es ja nur, weil die Bürger beschlossen haben, einen zu haben.Das heißt, der gehört uns ja allen und natürlich muss da eine Beteiligung möglichsein und vor allem muss es dann eine Transparenz geben,weil nur durch Transparenz hast du eine Kontrolle, eine wirksame und nur mitKontrolle kannst du eben, ja.Korruption und andere negative Aspekte, die sich zwangsläufig bei solchen Organisationenmit der Zeit ergeben, wenn du denen nicht auf den Finger schaust, verhindert werden.Also das ist meiner Meinung nach nicht haltbar und wir werden das natürlichhier verfolgen, wie das weitergeht, wenn die Urteilsbegründung raus ist undwas fragt den Staat dann unternehmen wird, bin mir eigentlich relativ sicher,dass hier auch eine sehr kreative Antwort kommt.
Thomas Lohninger
Ja, davon ist bei Arne auszugehen, Mit dem wird auch nicht langweilig.
Tim Pritlove
Nee.Gut. Gut. Das war's für heute.Erstmal, denke ich mal, haben wir trotzdem unsere zwei Stunden hier voll bekommen.Ja, irgendwie wird's nicht weniger.
Thomas Lohninger
Ja, jetzt geh auf deinen Joint in die Innenstadt.
Tim Pritlove
Ich hab noch Zeit. Ist ja noch früh. Ist ja erst ab 20 Uhr.
Thomas Lohninger
Genieß es. ist.
Tim Pritlove
Aber klar doch. Gut. Ich sage vielen Dank fürs Zuhören. Danke Thomas.Und wir hören uns dann nächste Woche wieder. Bis bald. Tschüss.
Thomas Lohninger
Ciao, ciao.

Shownotes

Prolog

Feedback

Anzeigenhauptmeister

Normen

Bundeswehr

TikTok as a Cyberweapon

Etappensieg gegen die Auslieferung von Julian Assange

EGMR bestärkt Verschlüsselung

Leitungsschutzrecht: Internet-Maut

Chatkontrolle

UN Cybercrime Convention

Keine anonymen Informationsanfragen mehr?

LNP487 Das Internet ist undankbar

Feedback — Markus Beckedahl — Daniela Klette — AI Act — Bundeswehr-Webkonferenz — EU-Normen — Anzeigenhauptmeister

Heute ist das Kernteam wieder beisammen und wir beschäftigen uns eingehend mit Eurem Feedback. Dann schauen wir anläßlich seiner Beendigung seiner Arbeit für netzpolitik.org auf den Beitrag von Markus Beckedahl zum netzpolitischen Bereich, den er in den letzten 20 Jahren nachhaltig geprägt hat, auf die ungewöhnliche Entdeckung der untergetauchten RAF-Terroristin Daniela Klette durch AI-Tools, den AI Act und eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Frage der freien Veröffentlichung von Normen die Bestandteil von EU-Gesetzen sind. Zum Schluß diskutieren wir die Auswirkungen eines TV-Berichts zum "Anzeigenhauptmeister" der dem Internet wieder alles abverlangt.

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Linus Neumann
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Tim Pritlove

Für diese Episode von Logbuch:Netzpolitik liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Guten Morgen Linus.
Linus Neumann
Guten Morgen Tim.
Tim Pritlove
Nimmst du eigentlich über einen sicheren Kanal an dieser Sendung teil?
Linus Neumann
Natürlich, die Metaebene ist abhörsicher.
Tim Pritlove
Logbuch Netzpolitik Nummer 487 vom 18.März 2024 aus der absolut undurchdringbaren Meta-Ebene, Hochsicherheitszelle.
Linus Neumann
Hier ist noch jede Konferenz unter den Teilnehmenden geblieben in der Meta-Ebene.
Tim Pritlove
Ja.
Linus Neumann
Und dem...
Tim Pritlove
Es ist so abhörsicher, die Leute haben sich teilweise untereinander nicht verständigt Sagen wir mal.
Linus Neumann
Es hat noch niemand gehört, der es nicht hören sollte oder die Das ist ja,Das soll uns erstmal jemand nachmachen.
Tim Pritlove
Irgendwie bleibt man auch hier unter sich Wir.
Linus Neumann
Bleiben unter uns und es hört Unter zwei Es hört nur die.
Tim Pritlove
Wieso heißt das eigentlich unter drei?
Linus Neumann
Ah shit, solche Fragen. Ich weiß auch nicht genau, wieso das ist und ich mussauch öfter nochmal gucken.
Tim Pritlove
Also ich beziehe mich, falls das jemand nicht weiß, auf diese Abwägung.
Linus Neumann
Sprach kurz des Journalismus. Unter 1, die Information darf bei direkter Nennungdes Urhebers wörtlich wiedergegeben werden.Also Angela Merkel sagte, unter zwei, die Information und das Umfeld der Quelledürfen zwar wiedergegeben, aber nicht direkt zitiert werden,wie aus Kreisen der CDU zu erfahren war.Und unter drei, die Information darf nicht öffentlich verwertet werden.Aber woher die kommen, weiß ich auch nicht genau.
Tim Pritlove
Was sind wir dann unter vier? Ja.
Linus Neumann
Wir sind unter 5.Wir sind unter aller Sau. Ich weiß es nicht. Nee, aber ich...Aber gibt's da eine Zahl? Ah! Das ist Paragraph 16 der Satzung der Bundespressekonferenz.Aha. Aber da steht nicht, was...Aber ich weiß es tatsächlich nicht, was diese Zahl da heißt.Also woher das der etymologische Ursprung ist.Aber der wird bestimmt in den Kommentaren uns dann mitgeteilt.
Tim Pritlove
Okay. Eins, zwei, drei gibt es sozusagen und da darf man nichts weiter erzählen.Wir sind dann also unter fünf, da darf man alles weiter erzählen.
Linus Neumann
Nee, unter eins darfst du es ja auch. Also unter eins heißt,du darfst es weiter erzählen. Du darfst genau sagen, von wem.
Tim Pritlove
Ah, das heißt, ihr dürft alles weitererzählen, was ihr heute gehört habt,aber ihr müsst sagen, dass ihr bei Logbuch Netzpolitik gehört habt. So läuft das.
Linus Neumann
Unter 1. Unter 2 wäre wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen.
Tim Pritlove
Nee, wir wollen schon Full Credit haben. Also unter 1.Und heute unter 487.Das ist nämlich die Ausgabe heute. Habe ich aber schon gesagt. Ich wiederhole mich.Ja, wir wollen uns aber nicht so viel wiederholen, sondern wollen euch natürlich,wie es unsere Art ist, hier Informationen liefern.Und ich würde sagen, wir fangen an mit Feedback, oder?
Linus Neumann
Gerne.
Tim Pritlove
Okay, fange ich mal an. Also, zum Thema anonyme Bewertungen.
Linus Neumann
Wir hatten gesprochen über diese Arbeitgeberportal-Geschichte.Das ist ja zu der Sendung, die ich mit Thomas gemacht habe. Deswegen helfe ichdir kurz mit dem Kontext.Und dem anderen.Wir sind ja unter eins. Siehst du, mit der Anzahl der Personen kann das nichts zu tun.
Tim Pritlove
Ne. Das dachte ich nämlich auch ursprünglich, aber das passt halt irgendwie nicht so richtig.Das scheint eher sich auf, ja, keine Ahnung, worauf es sich bezieht.Klärt uns auf. Vielleicht finden wir es auch noch nebenbei raus.Anyway, Sabrina schreibt uns auf jeden Fall zum Thema anonyme Bewertung.Ich finde die Idee mit der E-Mail ja ganz nett, aber das geht ja nicht bei jedem Job.Ich habe zum Beispiel keine E-Mail-Adresse über meinen Arbeitgeber und das dürftefür Leute an der Kasse, Paketboten und so weiter ja auch gelten.Und das sind ja gerade die, die in eher prekären Verhältnissen sind und dementsprechendviel Grund haben, ungünstige Bewertungen zu hinterlassen.Funktioniert also dann doch nur so ein Semi.Max fügt dem noch hinzu, außerdem, selbst wenn ich eine dienstliche E-Mail-Adressehabe, als frisch gegangener Mitarbeiter habe ich diesen Zugriff dann nicht mehr.Und viel wichtiger, mein Arbeitgeber hat zumindest potenziell vollen Zugriffauf meine dienstlichen E-Mails herauszufinden.Wer sich im fraglichen Zeitraum auf diesem Portal angemeldet hat,ist damit praktisch trivial.
Linus Neumann
Ja, ich vermute rechtswidrig, aber das kann ich nicht beurteilen.Also ich fand beide Aspekte wichtig zu diesem Thema.Also irgendwie, ich habe eine E-Mail-Adresse über den Arbeitgeber und mit derhabe ich mich auch mal auf so einem Arbeitgeberbewertungsportal dann authentifiziert.Aber klar, bei negativer Bewertung müsste ich davon ausgehen,dass das theoretisch erkennbar ist, von wem die ist.Ganz grundsätzlich würde ich vermuten, dass das bei nicht allzu großen arbeitgebendenInstitutionen dann ohnehin auch immer erkennbar ist, weil die vielleicht zeitlich korrelieren.Aber ja, beide Aspekte, die Max und Sabrina da benennen, sind einfach absolutzutreffend und deswegen wichtige inhaltliche Ergänzung.
Tim Pritlove
Alright.
Linus Neumann
Eine weitere wichtige Ergänzung haben wir von Dirk bekommen und zwar hattenwir gesprochen über die Änderungen,die Apple auf iOS macht in Reaktion auf das Inkrafttreten des Digital Markets Act.Insbesondere, dass sie diese Web-Apps für die EU jetzt rausnehmen,also dass die Progressive Web-Apps, also etwas, was quasi direkt nur als Web-App da läuft und sagen,das geht deshalb nicht, weil man da jetzt den Browser frei wählen könnte.So, das habe ich relativ einfach wiedergegeben.Dazu kommentiert Dirk zum Thema Web-Apps auf iOS.Apples Argument ist offensichtlich vorgeschoben. Sie haben schon Sandboxing auf App-Ebene.Dasselbe Sandboxing können und werden sie auch für Third-Party-Web-Browser einsetzen.Und das können sie natürlich auch für Third-Party-Web-Engine-Web-Apps einsetzen.Und ich denke auch da klarer Punkt.Es gab aber weiterhin ohnehin noch, erstaunlich, es scheint ja jetzt hier zumKrimi zu werden, dass sich diese Regeln da auch ändern werden,die Apple da jetzt gerade erst bekannt gegeben hat.
Tim Pritlove
Ja, also zunächst einmal zu diesem Sandboxing-Argument. Den Fehler,den ihr da in der Sendung gemacht habt, der ist vielfältig gemacht worden,weil es ist oft so dargestellt worden, dass Apple generell keine PWAs,also Progressive Web Apps mehr ermöglichen würde, dass sie sozusagen komplettverschwinden. Das ist natürlich Quatsch.Die verschwinden nicht, weil es sind Web-Apps, die können in jedem Web-Browserlaufen, das ist die Eigenschaft von Web-Apps, die laufen natürlich auch nach wie vor im Browser.Also es verschwindet in dem Sinne nichts. Was sie angekündigt hatten und wassie aber mittlerweile auch wieder zurückgenommen haben, interessanterweise, war,dass sie das Installieren von Web-Apps auf dem Homescreen ausschalten,die die Möglichkeit geboten haben.Also man hatte dann sozusagen ein Icon für diese Webseite, mit der das verbundenist, die halt eine App repräsentiert, die dann Fullscreen sich öffnet und danneben so aussieht, als wäre es eine App,auch wenn sie tatsächlich nach wie vor eine Web-Anwendung ist,die im Browser, aber ohne diesen Browser-Chrome läuft.Und natürlich wäre die App auch sonst nach wie vor genau so weiter gelaufen.Nur das Ding ist, damit diese App sich wie eine...Verhalten kann, hatte Apple weitere Dinge hinzu programmiert,wie zum Beispiel die Integration von System Notifications, also von Web Notifications,die sich dann wie richtige Notifications anführen und so weiter.Also es gab sozusagen ein Integrationspaket, was eben diese Web Apps noch ingewisser Hinsicht ein wenig promotet hat und sozusagen noch mehr wie Apps hat aussehen lassen.Das ist allerdings etwas, was sie halt zu ihrem Webkit-System dazugebaut haben.Das hat mit Sandboxing und Sicherheit an der Stelle überhaupt nichts zu tun,sondern es geht sozusagen darum,dass wenn sie all diesen sonstigen Komfort auch mit anderen Browser-Enginesnoch bereitstellen sollten, die von Third-Party sind, müssten sie für die wiederumnochmal ein eigenes Framework aufmachen,damit die sich da reinklinken können, um für Web-Apps, die unter ihrer Engine laufen,denselben Komfort zu haben. Und da hat Apple gesagt, das machen wir nicht.Jetzt gab es einige neue Regelungen, also einige Abschwächungen oder andereTeiländerungen in dieser ganzen Geschichte, die ich vorgetragen hatte.Und eine davon ist, dass es jetzt diese Progressive Web Apps auf dem Homescreendoch geben soll, aber dann eben auch nur mit WebKit.Und das ist, wie manch andere Sachen, die sie jetzt auch noch verkündet haben,vermutlich, das weiß man nicht so ganz genau, Ergebnis eines Dialogs,der hinter den Kulissen mit der EU läuft.Anders kann ich mir das ehrlich gesagt nicht erklären, weil es gibt jetzt indem Sinne noch keine rechtlichen Auseinandersetzungen, also zumindest keine,die ich kenne und ich habe soden Eindruck, es ist jetzt halt einfach mal Feedback eingesammelt worden,sowohl Feedback von Developern als auch Feedback von der EU-Kommission,von den zuständigen Arbeitsgruppen, keine Ahnung, das weiß man nicht,weil sie dann eben gesagt haben,nee, wir machen jetzt Homescreen doch wieder, aber das geht dann halt nur mit ihrer Engine.Was ja eigentlich entgegen dieser Idee der Bevorzugung einer Browser-Engine ist.Aber die ist halt jetzt dann wieder doch noch ein bisschen bevorzugt,aber offensichtlich auf eine Art und Weise, wo die EU gesagt hat,das ist uns egal, weil die können ja dann trotzdem noch in dem anderen Browser auch laufen.
Linus Neumann
Ja, okay, verstehe.Ja, habe ich falsch wiedergegeben?
Tim Pritlove
Das haben ganz viele missverstanden.
Linus Neumann
Oder falsch verstanden. Dann danke Dirk für die Korrektur und danke dir Timfür die noch sinnvollere Einordnung.Dann haben wir über das Thema Content Warnings gesprochen und in dem Kontexthabe ich zumindest meinen vorsichtigen Zweifel ausgedrückt,dass wenn man jetzt ein Wort liest, dass man dann nicht daran denkt.Ja und das hat aber René gerade gerückt, dass es nur daran denken nicht unbedingt bedeutet,dass man auch eine potenzielle Retraumatisierung erfährt und vielleicht möchtestdu diesen längeren Kommentar einmal vorlesen.
Tim Pritlove
Also René schreibt zum Thema Content Warnings.Es wird leider etwas länger, aber vielleicht hilft es dem einen oder anderendas Ganze besser zu verstehen. Ich bin selbst Trauma-Überlebender.An alle möglichen Inhalte Content Warnings dran zu klatschen,halte ich für absolut falsch und sogar gefährlich.Aber es gibt durchaus einen sinnvollen Use Case, der einem vielleicht nichtklar ist, wenn man nicht selbst betroffen ist oder sich sehr gut mit dem Themaauskennt. Um beim Beispiel von Linus zu bleiben.Es macht einen himmelweiten Unterschied, ob ich das Wort Vergewaltigung leseoder ob ich mit konkreten Einzelheiten,Details, Beschreibungen einer Vergewaltigung konfrontiert bin.Selbst wenn die Details für andere vielleicht unscheinbar sind.Ersteres stecken viele mit Traumafolgestörungen noch gut weg.Vielleicht kommen da auch schon gewisse Assoziationen auf, aber man kann esnoch unter Kontrolle halten.Sobald es mehr ins Detail geht, wird es aber schwierig. Denn wenn das traumatisierteGehirn in der Schilderung genügend Ähnlichkeit zu selbst erlebten Dingen sieht,drohen Dissoziationen, eine Art Schutzmechanismus des Körpers und im schlimmsten Fall Flashbacks.Diese Ähnlichkeiten können marginal klein sein und trotzdem schon ausreichen.Ein Flashback ist nicht so wie in Filmen gerne dargestellt ein ablaufender Filmvorm inneren Auge, etwas an das man sich zurückerinnert.Es fühlt sich in diesem Moment komplett real an. Man fühlt und verhält sichso, als wäre man wieder in der traumatisierenden Situation.Das Lesen eines bestimmten Details kann mich also dazu bringen,die schlimmsten Momente meines Lebens erneut erleben zu müssen.Flashbacks wirken in der Regel auch noch eine Zeit lang nach.Im Worst Case kann es bei mir dazu führen, dass ich mehrere Nächte kaum schlafe,nicht mehr aus dem Haus komme und mich für mindestens ein oder zwei Tage krank melden muss.Hier hilft natürlich eine Traumatherapie besser als jede Content Warning,aber Plätze für Traumatherapien sind leider noch viel seltener als normale Therapieplätze.Und gerade komplexe Traumata aus der Kindheit arbeitet man nicht mal eben soauf, da reden wir häufig über viele Jahre dauernde Behandlung.Bei Themen, die sehr häufig mit tatsächlichen Traumafolgestörungen assoziiertsind, Vergewaltigung ist da ein sehr gutes Beispiel,halte ich es daher für extrem sinnvoll die Inhalte zu markieren,sodass jede selbst die Wahl hat, ob sie damit gerade konfrontiert werden möchteoder eben nicht. Lichtkontrolle ist dabei ein gutes Stichwort.Traumaüberlebende haben häufig völligen Kontrollverlust erlebt und erleben ihnin solchen Situationen wieder im Kleinen.Wie jede im Grundsatz gute Idee gibt es auch hier wieder Menschen,die diese eigentlich gute Idee im blinden Aktionismus ad absurdum führen.Politische Inhalte oder beispielsweise Essen hinter Content Warnings versteckenzu wollen ist eine echt schlechte kontraproduktive Idee, weil meine Ausführungenjetzt schon so lang sind, belasse ich es mal dabei.
Linus Neumann
Ja, also finde ich einen wichtigen Aspekt.Ich glaube, das kann man einfach mal so stehen lassen.
Tim Pritlove
Das kann man so stehen lassen und ich denke, das ist halt auch wirklich derentscheidende Unterschied.Also meine Berichte, reale Schilderungen von schwierigen Situationen oder vonSituationen, die für andere Leute schwierig sind, natürlich was anderes alseine generelle Diskussion.
Linus Neumann
Also wichtig ist aber natürlich, René bezieht sich hier sehr konkret eben auchauf Dinge, die traumatisierend sind.Also da gibt es schon einige Dinge, die vielleicht nicht so traumatisierend sind.Dann gibt es noch, hatten wir des Weiteren darüber gesprochen,dass es im Fediverse die spezifische Diskussion gibt, ob man denn nun mit Netzenwie Threads oder Blue Sky föderieren,also mit anderen Worten die eigenen Inhalte dieser Netzwerke und auch die Inhaltedieser Netzwerke den eigenen Nutzerinnen zugänglich machen.Machen möchte oder ob man die komplett ausschließt und ja, also das Defediverse pflegt.Und dazu kommentierte Oliver Müller zum Thema Föderation mit anderen Netzenwie Threads und BlueSky.Linus hat das Problem nicht verstanden.Die Sorge ist nicht, dass Meta und BlueSky an die Daten kommen,sondern dass deren unmoderierter Content ins Fediverse schwappt.Keins der großen Unternehmen bekommt das mit der Moderation hin.Ich möchte diesen Müll nicht im Fediverse.
Tim Pritlove
Tja, das ist natürlich,ja, also das ist klar, dass das so ein bisschen die Angst zu sein scheint,dass man sich eben mit den großen Netzwerken, die angeblich die Content-Moderationnicht hinbekommen, dann automatisch viele Kommentierende reinholt,die sonst vielleicht so nicht auftauchen würden.Da bin ich mir jetzt aber nicht so sicher, ob das quasi jetzt nur auf die großenPlattformen so beschränkt ist.Ich meine, das kann ja natürlich im Fediverse auch sonst passieren.So und hier gibt es ja so eine spezifische Angst vor Threads oder anderen Netzwerken,die sich in irgendeiner Form an das Fediverse noch ranklinken könnten.Und da muss man aber sagen, ich meine, das Moderationsproblem hast du natürlichim Fediverse genauso. so.Und das wird derzeit eigentlich nur dadurch gelöst, dass man sagt,naja, wenn es sozusagen ein Problem gibt, dann kann ich das auf Server-Ebene abschalten.Es gibt dann so einen Rogue-Server, wo nicht ordentlich moderiert wird und dannwird das halt einfach komplett rausgenommen.Davon ausgehend, dass das sich in irgendeiner Form lokal begrenzen lässt.Und das funktioniert natürlich bei Threads so nicht mehr, weil du wirst sehrviel Quality-Content haben, Aber eben auch sehr viel negativen Content,aber nichts garantiert dir, dass das nicht auf mastodon.social genauso ist.So, was heute eh schon die allergrößte Instanz in diesem Fediverse ist und was willst du dann machen?Willst du dann irgendwie mastodon.social abkneifen, dann wird natürlich dieseModerationsdiskussion dort ganz genauso geführt werden und Regeln erstellt werden.Also es ist ein generelles ungelöstes Problem in Social Media und ich glaubenicht, dass man das jetzt so ohne weiteres, dass man so mit dem Finger auf einzelneSysteme zeigen kann und sagen, ihr seid jetzt generell ein Problem.Außer vielleicht Schutz.Social.
Linus Neumann
Also kämen mir zwei Gedanken zu. Also wenn jetzt, also truth.social wäre sowas,wo ich auch denken würde, das könnte man vielleicht mal deföderieren.Gleichzeitig würde ich mir aber auch denken, was mache ich denn,beispielsweise, wenn auf meiner Instanz sich eine Journalistin befindet,die für ihre Recherchen spezifisch sich diese Inhalte anschauen möchte.Also, kann ich dann als Betreiberin einer Instanz sagen, nee,also das darfst du nicht.Ja klar, kann ich, ist ja alles, ich weiß, darf ich, kann ich,bitte nicht nochmal erklären.Also kann ich, ja, aber ist das jetzt eine moralische Position, das zu tun?Dass ich also direkt eine ganze Instanz blocke. Also nach meinem Verständnis,ich kann das ja nur von anderen Leuten mir anhören, die sowas tun,gibt es da irgendwie ein Spam-Problem?Ja, also da gibt es potenziell irgendwie Instanzen, die offene Registrierungoder sowas haben und dann spammen die andere voll.Ich persönlich, mir ist das noch nicht passiert, also ich habe keinen Spam bekommen. kommen?
Tim Pritlove
Ich denke, wir haben vor allem im Fediverse derzeit einfach noch kein Spam-Problem,weil es einfach noch nicht groß genug ist.
Linus Neumann
Nee, also das wird ja schon berichtet. Also wenn ich so mit,Betreiberinnen spreche, die sagen dann schon, dass sie teilweise eben Serversperren müssen oder es dann irgendwelche Spam-Wellen gibt, weil wieder irgendwo,und dann ist man da ein paar Tage am Klicken und muss irgendwann ein paar Server deföderieren oder so.Das, also Also wird mir schon berichtet.Ich persönlich kann das nicht beurteilen.Vielleicht habe ich lange Zeit davon profitiert, dass andere Menschen das getan haben.Gleichzeitig weiß ich aber, also ich finde diese Entscheidung, da jetzt quasi Inhalte,ganze riesige Mengen an Inhalten nicht zugänglich zu machen,per se schon eine sehr folgenschwere Frage.
Tim Pritlove
Also, zumal es jetzt konkret bei Threads, und darum geht es ja hier eigentlichprimär, weil das ist ja nur die einzige Plattform, die gesagt hat,sie will sich mal aktiv in das Fediverse mit einklinken, hast du natürlich das Problem,dass, klar ist da eine Menge Unsinn unterwegs, gar keine Frage.
Linus Neumann
Genau, weil auch eine ganze, also die relative Zahl ist wahrscheinlich relativgering, aber die absolute Zahl ist dann eben sehr hoch.
Tim Pritlove
Genau und ich meine, das ist nun mal der Netzwerkeffekt. Ich meine,ich wäre jetzt nicht überrascht, wenn es nicht sogar schon so weit ist.Ich kenne jetzt die aktuellen Zahlen gar nicht, aber bei Twitter gehen haltdie Nutzerzahlen weiterhin zurück und bei Threads gehen sie sicherlich nichtnennenswert zurück, wenn sie mal.Also sie ging glaube ich kurz zurück, nachdem der erste Hype durch war.Aber grundsätzlich wird das kein kleines Netzwerk bleiben und kann halt sehrgut sein, dass das eben eins der Systeme ist, wo das Interesse dann hinschwappt.Und was machst du dann, um daran teilzunehmen, wenn du teilnehmen möchtest?Dann bist du da halt unterwegs.
Linus Neumann
Also ich habe mir ja schon von vielen Leuten gewollt oder ungewollt das Fediverse erklären lassen.Aber ganz grundsätzlich habe ich nicht das Verständnis, dass meine Instanz irgendeinenSchaden nimmt, wenn sie jetzt eine andere nicht deföderiert.Also angenommen, truth.social, um jetzt mal bei einer sicherlich nicht mit besonderenInhalten gesegneten Instanz,ja, angenommen, ich bin jetzt auf einer Mastodon-Instanz und da gibt es woanderstruth.social im Fediverse, passiert doch gar nichts.Nämlich passiert ja erst dann was auf meiner Instanz, wenn sich jetzt eine meinerNutzerinnen entscheidet, einer Truth.Social Nutzerin zu folgen.Dann ist die Konsequenz, dass das bei mir in der Federated Timeline als Nutzer erscheint.
Tim Pritlove
Es geht ja nicht nur um die Federated Timeline, sondern es geht ja auch darum,wer dir sozusagen, wer auf dich reagiert.Dann können ja dann auch Leute von Truth Social dir folgen und dann dich halt mit Replies zu ballern.
Linus Neumann
Genau, und dann wäre es in jedem anderen sozialen Netzwerk, wäre es dann so,dass ich diese Personen blocken müsste, was ich problemlos kann.Also wäre jetzt nicht unbedingt ein Anspruch, den ich an die Betreiberin derInstanz erheben würde, zu sagen, schützt mich vor Followern von Truth.Social.
Tim Pritlove
Naja, wenn es dann halt so endemisch wird, dass man irgendwie sagt,99% aller Beschwerden kommen nur von diesem einen Server, dann ist das sicherlichzu so einem Punkt eskaliert, wo man über sowas auch nachdenken könnte.Aber grundsätzlich stellt sich eher die Frage, welche Moderationsmöglichkeiten wird es denn geben?Also es gab ja bei Twitter, bevor Elon Musk das übernommen hat,durchaus einige Maßnahmen,die ich jetzt im Einzelnen gar nicht mehr runterbeten kann, aber es gab ja soverschiedene Konstellationen, wo dann sozusagen Replies gar nicht auftauchen,wenn die nicht so einen bestimmten Status haben etc.Und das sind natürlich alles so Dinge, die sich letzten Endes im Finiverse auchdann schrittweise etablieren müssen, weil wir werden dieses Problem dort haben.Also Threads hin, Threads her.Umso mehr Interesse das Netzwerk anzieht, umso mehr wird es solche Moderationsproblemegeben und dann stellen sich genau dieselben Fragen, egal ob man jetzt einenanderen Server blockt oder nicht.Also diese Methoden müssen ohnehin geschaffen werden und das System muss haltda auch mithalten mit dem, was andere Netze dort anzubieten haben.Also es wird spannend werden zu sehen, aber Social Media ist nicht einfach.
Linus Neumann
Nee, nee, das ist es nicht. Aber was auch immer Twitter gemacht hat,hatte ich den Eindruck, dass esbis zu dieser Übernahme durch Elon Musk ausreichend gut funktioniert hat.Also wir haben ja die, also ausreichend gut heißt nicht gut,aber ausreichend, um zumindest die Plattform am Leben zu halten und die Fälleder Belästigung für einen ausreichend großen Anteil der Nutzerinnen auf einemausreichend niedrigen Niveau zu halten.So, also das heißt nicht, dass es kein Problem gab, aber es hat nicht die Plattformals solche gefährdet Elon Musk hat das relativ schnell sehr stark zum Kippen gebracht ähm.Also es war offenbar ein Problem, was mal jemand halbwegs im Griff hatte.Was nicht, nur damit das jetzt nicht wieder die Leute falsch verstehen,was nicht heißen soll, dass das Problem gelöst war, wie kein Problem,was da ist, wo es mehr als einen Menschen gibt, war das vollständig gelöst.Und ich will auch nicht in Abrede stellen, dass es schwere Fälle von Beleidigungund Belästigung und Verbal Abuse und ganz schrecklichen Inhalten da gibt.Aber der größere Teil der Nutzerinnen hat das Ausmaß offenbar für ausreichendgering gehalten, um zumindest noch die Plattform weiterzunutzen.Ich glaube, das ist eine Aussage, die ich so vorsichtig treffen kann.
Tim Pritlove
Ganz so. Danke.
Linus Neumann
Womit wir beim nächsten Thema wären. Danke Markus Beckedahl. Erstes Thema.Meine Güte, der Markus, erstes Thema bei uns in der Sendung.
Tim Pritlove
Ja, ist eigentlich auch nur eine kleine Meldung, könnte man sagen.Vielleicht auch nicht. Also Markus Beckedahl, der ja glaube ich in der Öffentlichkeitsehr mit seinem Projekt Netzpolitik.org verbunden ist, was er vor gut 20 Jahren gegründet hat.Verlässt jetzt das Schiff und wendet sich anderen Dingen zu und da fällt einemerstmal auf dass das ja schon 20 Jahre sind,21 war 21 wann ist das online gegangen?
Linus Neumann
Die Webseite wurde 2002 von Markus Beckedahl als Blog gegründet Okay.
Tim Pritlove
Also über 20.
Linus Neumann
Jahre Ich wäre jetzt fast sicher gewesen, dass es 2004 war, weil ich mal nach der ähm,nach einem Redesign Aufkleber gemacht hatte.Genau, bei dem Redesign, einem der Redesigns, die ich mal gemacht hatte fürNetzpolitik.org stand oben drauf seit 2002 offensichtlich und mein Gehirn hatmir gesagt, es wäre seit 2004 gewesen.Ja, aber genau, seit 2002, also 21, 22 Jahre.
Tim Pritlove
Ich hatte auch 2004 im Kopf, weil ich hatte auch, also ich habe tatsächlichmal mit ihm Einen der aller aller aller ersten Chaos Radio Express Folgen gemacht.Damals noch als es so hieß.Heute ja nur noch CRE. Und wo ich halt noch überhaupt gar nicht wusste,was dieses Format irgendwann mal sein würde.Und CRE 007 ist sozusagen mit ihm.Da ist er gerade, ich glaube aus Tunesien oder so zurückgekommen. Bei diesem WSIS,irgendein internationales Meeting und da haben wir uns darüber unterhalten undda kam dann auch das erste Mal so Notznetzpolitik.org als Projekt zur Sprache.
Linus Neumann
Offenbar schon 2005 einen ersten Freedom Blog Award bekommen von Reporter ohneGrenzen, also ja, dann wird das schon stimmen mit dem 2002.
Tim Pritlove
Naja, auf jeden Fall ist das ein interessanter Flashback auch,weil gerade so diese Zeit 2004, 2005, 2006 ist bei mir stark in Erinnerung.Klar, weil das so auch ein bisschen der Start der Meta-Ebene war,aber vor allem, weil es ja auch die Zeit war, in der ...Die Publikation im Internet auf einmal so ein individuelles Ding wurde.Vorher in den ersten zehn Jahren des Webs, so ab 94 ungefähr, war ja so Publikation.Erstmal kamen ja die ganzen Firmen mit so, ja, wir haben jetzt auch eine Internetpräsenzund unsere Visitenkarte im Web und so weiter, wo dann irgendwelche beklopptenWerbeagenturen Werbeagenturen für völlig überdrehte Millionenbeträge beauftragt wurden,irgendwie fünf HTML-Seiten mit Flash-Content zu erzeugen, der dann irgendwierumgehüpft hat, wenn man drauf ging.
Linus Neumann
Das waren gute Zahlen für die Werbeagenturen.
Tim Pritlove
Das war also wirklich eine Wichserei, das war wirklich einfach furchtbar undja okay, für die Werbeagenturen war das natürlich geil,das ist halt immer so bei diesen Hypes, wenn irgendwas neu ist,keiner weiß, was es ist, aber du musst halt irgendwie dabei sein,sonst kannst du dich vor deinen Business-Kollegen nicht mehr ordentlich zeigen,dann wird halt höllisch viel Geld auf einmal klar gemacht, um irgendwie die Zukunft zu machen.Und was haben wir hier schon für Hypes, jetzt ist es halt gerade AI oder wenndu jetzt nicht irgendwie AI auf deine Kleidung draufstempelst,dann brauchst du dich auf der nächsten Businessmesse gar nicht mehr zeigen und so weiter.Und naja, die Zeit war dann halt irgendwann reif, dass genug Werkzeuge da waren,dass dieses Publizieren nicht mehr so schwierig war und dann kamen halt solcheSysteme auf wie Textpattern und dann später auch WordPress,die halt, hier ist dieses andere Blogging-System noch, komme ich jetzt geradenicht drauf, also man konnte auf einmal bloggen.So, man konnte selber einfach irgendwie was reinschreiben in das Internet unddann erschien das irgendwie.Und 2004, 5, 6, das waren so…,Der Aufbruch für Text, also 2004 ging so dieser totale Blog-Hype los,war ja dann auch bald die Geburtsstunde der Republika, das kam ja dann auch mit in diese Zeit rein.Nein, 2005 war dann so dieses, oh wow, ja also erstmal so diese Begeisterung,oh bloggen, was, man kann selber was reinschreiben und dann schreibe ich dasin die Webseite und dann steht das da, so unglaublich.So, jetzt ist jeder, seine eigene Zeitung, werden Zeitungen überleben, ja, sofort so,was, ganze Industrien werden jetzt untergehen, weil jemand bloggt.So, Markus Beckedahl schreibt jetzt selber was über Netzpolitik.org und mussnicht bei der Zeit fragen, dass das irgendwie im Internet veröffentlicht wird.Und ein Jahr später hattest du das dann mit Podcast oh man, was man kann Tonaufnehmen und im Internet einfach so veröffentlichen ohne beim Radio zu sein.Was geht denn jetzt ab, wird das Radio überleben,so, ganze Industrien werden untergehen weil jetzt Leute irgendwie in ihrem Mikrofonins Internet sprechen sind.
Linus Neumann
Sie doch auch oder nicht?
Tim Pritlove
Es hat aber wirklich jetzt noch sehr lange gedauert und 2006,weißt du was aus 2006 rauskam?
Linus Neumann
Äh, äh, YouTube. Oh.
Tim Pritlove
Und dann ging das mit Videos los.
Linus Neumann
Ja, also das war ja, also insgesamt.
Tim Pritlove
Was Videos? Jeder kann Video, wird das Fernsehen überleben irgendwie.
Linus Neumann
Ja, Tim, du überlebst gerade Web 2.0, ne?
Tim Pritlove
Genau, aber das war im Prinzip.
Linus Neumann
Aber es gab ja noch eine, wie ich finde, wichtige andere oder weitere,also was das Blog ausgemacht hat, Etwa nicht nur, dass es ein Content-Management-Systemist, dass man sich plötzlich bei seiner Webseite einloggen und die Inhalte selber verändern kann,sondern auch diese Funktionalität der Trackbacks.Etwas, was dann auch irgendwann dem Spam zum Opfer gefallen ist,habe ich so ein bisschen den Eindruck.Aber was es Blogs ermöglichte, sich automatisch miteinander bekannt zu machenoder zu verlinken, also funktioniert so.So, du, es gibt jetzt so ein Blogartikel, sagen wir, bei Netzpolitik.org undjetzt geht ein weiteres Blog, sagen wir mal Spreeblick, gab es ja damals zum Beispiel,da gibt es vielleicht immer noch, aber und schreibt einen,Artikel, der darauf Bezug nimmt und dann wird dieser Link und verlinkt dabeiNetzpolitik.org, dann sagt der Spreeblick-Server dem Netzpolitik.org-Server Bescheid, übrigens,hier hat jemand gerade was was dazu geschrieben und auf dich verlinkt.Und wir geben dir jetzt mal so einen kleinen Snippet davon.Packen das da drunter und das kannst du dann, wenn du möchtest,als Kommentar annehmen.So, das machte aber immerhin möglich, dass diese Blogosphäre entstand,wo dann gegenseitig aufeinander Bezug genommen wurde.Und ich glaube, bis Netzpolitik.org irgendwann hart in die Kommentare eingegriffen hat,war wahrscheinlich jede Logbuch-Netzpolitik-Folge ein Trackback unter vielenNetzpolitik.org-Artikeln.Weil sich ja nach wie vor unsere Inhalte naturgemäß sehr stark auch mit denInhalten von Netzpolitik.org.Johnny Häusler hatte damals dann glaube ich noch so eine Sendung im Radio Trackbackoder war das ein Podcast?Das war schon noch so ein ausschlaggebender Aspekt des Blogs,aber wir müssen vielleicht gar nicht so viel über Blogs reden.
Tim Pritlove
Nee, aber du machst einen guten Punkt, weil das muss man sich mal klar machen,dass das also wirklich eine wichtige Aufbruchszeit war.Auch die Hashtags wurden im Prinzip in der Blogosphäre damals noch unter demNamen Technorati-Tags geboren.Also auch das war sozusagen das erste Tagging, diese erste Idee von Contentunter einem Stichwort zusammenzufassen. Da kommt sozusagen das Tag her.Man hat dann seine Blogartikel getaggt und Technorati hat dann alle Blogs abgesuchtund dann sozusagen konntest du auf Technorati nach einem Hashtag suchen unddann fandest du eben Blogartikel zu diesem Thema.
Linus Neumann
Die waren aber nicht notwendigerweise, also Tags waren nicht notwendigerweisemit einem Hash davor. vor.
Tim Pritlove
Ne, also Technorati-Tags, Hash hat sich dann durchgesetzt auf Twitter. Ja.Das kam noch dann, dann wurden es die Hash-Tags, weil sie halt noch ein Hash davor hatten.Genau, so, aber die Tags an sich sind mit Technorati geboren worden,eine Webseite, die dann halt auch irgendwann dem Spam zum Opfer gefallen ist.Das waren alles super Ideen, aber im Prinzip so die die,Geburtsstunde dieses Individual- Und genau da ist dann halt Markus reingegangenmit Netzpolitik.org und hat eigentlich das erste wirklich nennenswerte netzpolitische,ähm,Wie soll man denn das nennen? Also Pamphlet, hatte ich fast gesagt.Also die erste wirkliche Quelle sozusagen geschaffen für so netzpolitischen Content.
Linus Neumann
Er hat sogar den Begriff geprägt. Also den Begriff gab es jetzt nicht notwendigerweise.Also vielleicht hat den jemand anderes vorher verwendet, aber er hat ihn etabliert.Ja, er hätte ja auch zum Beispiel Digitalpolitik nehmen können.Übrigens gehört ihm offenbar die Domain digitalpolitik.de, wo er jetzt bloggt.
Tim Pritlove
Tja.
Linus Neumann
Auf eigene Beine ging und ich war, wenn ich das recht erinnere,der erste quasi angestellte Autor.Davor gab es viele Gastschreiber,Jörg-Olaf Schäfers und auch eigentlich viele Leute aus dieser ganzen Netzpolitik-Bubbleund mit dieser Herauslösung,ich glaube,mein Arbeitsvertrag war sogar noch mit New Thinking.Aber da ging das dann langsam los, dass Netzpolitik da rausgelöst wurde.Davor war ich Praktikant. Ich bin also als Praktikant dann in eine sehr prekärbezahlte Stelle, aber immerhin eine bezahlte Stelle gewechselt und dann...Hat sich das über die Jahre eben immer weiterentwickelt. Ich denke nennenswertvor allem, dass dann 2015 die Landesverratsaffäre war.Das hat glaube ich nochmal sehr stark zur Wahrnehmung von Netzpolitik Erk dannnochmal beigetragen und nochmal sehr viel mehr das Ding auf stabile Beine gestellt,auch was das Spendenaufkommen anging.Und inzwischen, ich lese immer die Finanzberichte und so, aber wenn wir jetzt mal kurz schauen,haben die ungefähr eine Million an quasi Spendenaufkommen im Jahr,mit der sie 2023 20 Mitarbeiter finanziert haben.Also da ist nochmal einiges passiert, nachdem ich da wieder weggegangen bin.Genau. Und ja, inzwischen natürlich was ganz anderes als das Blog,was Markus da mal selber,mehr oder weniger selber betrieben hat und dann als es groß genug war,Leute von sich aus eben auch gerne dort geschult haben.Also klar, war auf jeden Fall eines der größten, wenn nicht das größte Blogder deutschen Blogosphäre.Natürlich habe ich mich da gefreut, schreiben zu dürfen.
Tim Pritlove
Bis wann hast du da geschrieben?
Linus Neumann
Ich würde schätzen 2011, Ende 2011.
Tim Pritlove
Bis ich abgeworben habe.
Linus Neumann
Habe. Also das war ja so, ich bin gegangen,ist jetzt glaube ich auch kein Geheimnis, weil ich ein bisschen mehr Einkommendann doch brauchte, also ich habe meine monatlichen Kosten dadurch nicht decken können,habe dann eben in die IT Security gewechselt, wo ich einen Job bekommen habe, der meine monatlichen,Aufwände ganz gut decken konnte und eher wirklich durch, also completely unrelatedRelated kam das ungefähr zusammen, dass ich meinen Job gewechselt habe und LogbuchNetzpolitik angefangen habe.Was aber damit zu tun hatte, dass du, also es waren zwei unabhängige Prozesse.Die hatten jetzt nichts miteinander zu tun. Die sind einfach nur koinzidiert.Dann habe ich ja auch noch eine Zeit lang, also ich glaube, wenn das mir jetztnicht jemand heimlich weggenommen hat, habe ich immer noch Schreibrechte beiNetzpolitik.org. Also ich könnte jederzeit….Aufgestellt hat, aber ich kann sicherlich nicht andere Sachen editieren und löschen.Es sei denn, die haben immer noch meine Backdoor in dem ... ... ...
Tim Pritlove
...
Linus Neumann
... ...Lange Rede, kurzer Sinn. Ich glaube nicht, dass es jemanden gibt,die die Netzpolitik in in Deutschland in ihrer Berichterstattung,aber auch in ihrer Kampagnenfreudigkeit so stark geprägt hat wie Markus Beckedahl.
Tim Pritlove
Und das hat sich ja auch gerade mit dem von dir schon erwähnten Landesverratsskandal gezeigt.Ich kann mich noch erinnern, also als das rauskam, es hat nicht lang gedauert,war das nicht so in wenigen Stunden, war dann auf einmal so eine Demonstrationauf der Straße von mehreren hundert Leuten.Also ich weiß nicht mehr ganz genau, wie lang der Vorlauf, vielleicht war esauch nur ein Tag oder so. Aber es war, das kam raus und es gab spontan großeDemonstrationen, so im Regierungsviertel.Und also der Vorlauf war glaube ich nicht mehr als ein Tag oder so oder zwei vielleicht.
Linus Neumann
Immer auf jeden Fall schnell.
Tim Pritlove
Genau. Und das hat dann schon gezeigt und glaube ich aber auch dem Establishmentgezeigt, dass so dieses kleine Block nicht mal einfach so totzuschießen ist,sondern sehr viel mehr Relevanz hat.Das ist ja noch so eine Zeit, wo einfach dieses ganze Netzgewese nicht so richtig ernst genommen wurde.
Linus Neumann
Und auch diese Zusammenhänge, also das war, sie haben Pläne des Bundesverfassungsschutzes,des Bundesamtes für Verfassungsschutz für den Aufbau einer Einheit zur Überwachungdes Internets veröffentlicht.Und die waren natürlich, das war natürlich einfach ein Leak aus dieser Behörde,ja, und die wurden die Strafanzeige die kam von Hans-Georg Maaßen dem Hans-Georg Maaßen-Mann der Typ,ja und dann wurde sie also das hatten sie veröffentlicht im Frühjahr 2015,hat auch keine Sau interessiert dann haben sie die im Mai 2015 hat dann derdamalige Generalbundesanwalt Harald Range ein Ermittlungsverfahren eröffnet,Und dann, glaube ich, hat das irgendwie bis Juli oder August gedauert,bis sie das auch erfahren haben. Ne.Genau, ich sehe, achso, und dann wurde es aber auch relativ schnell eingestelltund ich glaube, dass der Range dann dafür auch noch irgendwie größeren Ärgerbekommen hat. Naja, wie dem auch sei, wahnsinnige Geschichte.Mein bescheidener Beitrag damals war Landesverrat.org, wo ich dann diese Inhaltebereitgestellt habe, weil Netzpolitik.org, die ja auch, genau,die mussten die ja dann offline nehmen.Und dann gab es eben einige, die sich getraut haben, diese Inhalte zu spiegeln.Und da gab es noch eine starke Kritik, die Tagesschau hatte sich das nicht getraut. Ja, weil...Dass Markus da langsam gehen würde, hat sich ja über die Zeit nachverfolgen lassen.Er hat ja schon vor längerer Zeit die Chefredaktion abgegeben und das dann andie Doppelspitze Anna Biselli und Daniel Leisegang übergeben.Und ja, dass jetzt offenbar nach längerer Zeit dann eine vollständige Aufgabeauch seiner Herausgeberschaft ist.Und womit auch, also er hat dann nicht mehr viel geschrieben,aber dann so eine Kolumne gehabt und so und in seiner Danke-Netzpolitik.org,in seinem letzten Beitrag sagt er sogar, dass er jetzt auch quasi den Schreibzugriff,den standardmäßigen Schreibzugriff abgibt.Ja, und dann hat er eben unter digitalpolitik.org bloggt er jetzt eben weiter.Wobei man vielleicht auch sagen muss, das kann man schon sagen,Entschuldigung, digitalpolitik.de, jetzt habe ich fast den Fehler,wozu man vielleicht auch sagen muss, Markus war schon eigentlich immer Blogger.Der hat eher einen Freund des schnellen Raushauens, des kurzen Kommentars.Das waren seine hauptsächlichen Beiträge. Die langen Recherchen,die dann später auch Einzug erhalten haben bei Netzpolitik.org,die wurden eher auch von anderen getrieben.Was nicht heißen soll, dass er da nicht seinen Beitrag zu geleistet hat,aber so vom Typ her war Markus eben einfach mal Blogger durch und durch.
Tim Pritlove
Ja, er war in der Lage es spontan auf den Punkt zu bringen und da ist er jadann eben auch als Ansprechpartner für die Medien dann eben zu einer festenGröße erwachsen, weil er halt einfach schnell erfassen konnte,okay, das ist jetzt hier sozusagen die politische Kernaussage,die jetzt hier gerade unter der Lupe ist und dazu hätte ich mal folgende Anmerkung zu machen.Genau. Das ist eine Fähigkeit, die nicht jedem liegt.
Linus Neumann
Ne, und die hat er wirklich enorm gut drauf und die ja glaube ich auch sicherlichbei seiner Koalition der Republika eine Rolle spielt,dass er halt die ja bei aller Gebreite des Programmes doch schon durchaus immer,also gut bei der Breite ist es nicht so schwer, aber die schon die relevantenThemen immer abbildet, ja und ja.Das auch sehr, sehr gut macht und diese netzpolitischen Diskussionen ebenfallsbreit prägt und wiedergibt.Und ja, kann man auf jeden Fall sagen, Markus, haben wir da eine ganze Mengezu verdanken und sicherlich nicht zuletzt auch Logbuch Netzpolitik,weil wer weiß, wenn ich damals nicht Praktikant bei Netzpolitik.org gewesenwäre und Redakteur bei Netzpolitik.org, ob wir irgendwie jemals dazu gekommenwären, diesen Podcast zu machen.
Tim Pritlove
Nö, wahrscheinlich nicht.
Linus Neumann
Das hat sehr viel fruchtbaren Nährboden für sehr viele Menschen gebracht,was Markus da geschaffen hat.Aber er wird erhalten bleiben, er macht die Republika weiter,plant jetzt wohl offenbar noch ein anderes Festival und so.
Tim Pritlove
Wobei ja so für so einen digitalen Menschen, ich hab die Schreibrechte abgegeben,schon so ein bisschen klingt wie so eine Inschrift auf dem Grabstein. ein, ne? Also,Wenn ich die Schreibrechte abgebe.
Linus Neumann
Ich hätte jetzt, also das hätte jetzt auch nicht unbedingt, also warte mal,ich versuche mich da mal eben einzuloggen.Vielleicht kann ich ihm die einfach wiedergeben.Nee, ich komme da auch nicht mehr so ohne weiteres drauf. Die haben da jetztauch mal endlich eine HT-Access Sperre auf dem Login.Ja, also Also, ähm...Markus Becke da, vielen, vielen Dank. Es gibt zwei schöne Artikel, einmal von ihm,wo er Netzpolitik.org dankt, einmal von Netzpolitik.org, wo sie ihm danken undjetzt gibt es ein Trackback von uns, sofern WordPress das noch unterstützt,wo wir ihm auch nochmal danken.Wir haben ja beide auch vor wenigen Tagen noch persönlich getroffen und da auchunsere Glückwünsche und unsere Anerkennung übermeldet.So, also ich weiß ja nicht, Tim, ob du es mitbekommen hast, aber Daniela Klette.
Tim Pritlove
Der Name war mir ehrlich gesagt kein Begriff.
Linus Neumann
Nö, ich glaube eigentlich die meisten Namen der sogenannten dritten Generationwaren ja nicht so bekannt wie die der ersten und zweiten Generation der Roten Armee Fraktion.Ja, also Bader-Meinhof, Ensslin und so diese ganze Runde, die Namen sind ja sehr bekannt.Dann kommen glaube ich so, wir werden dann noch so Jan Karlraspe,Christian Klarholger-Mainz sind dann noch bekannte Vertreterinnen der Roten Armee Fraktion.Aber die sogenannte dritte Generation der RAF, also die als zweite,die alle um die Landshut-Geschichte drumherum waren,haben es nicht mehr zu so viel Ruhm geschafft.Wobei dieser Ruhm natürlich insgesamt auch relativ zweifelhaft ist.Jedenfalls hörte ich relativ verspätet ein paar weitere Episoden eines Podcasts,in dem ich auch selber zu Gast war.Und zwar war das der Podcast Legion Hacking Anonymous.Ja, das war eine, wenn ich mich nicht täusche, sechsteilige Produktion, so von Studio Bummens,eine ziemlich gute oder umtriebige Podcast-Produktionsbude, so um Cash Rauberos,Patrick Stegemann,Seraphine Dinges.Jetzt weiß ich gar nicht, ob die da alle wirklich, also da arbeiten auch soein bisschen Lose zusammen, aber die haben schon die ein oder andere echt aufwendige,coole Produktion hinter sich, denke ich, kann man so sagen.Und da gab es das irgendwie zu Hacking, zu Anonymous,wo sie sich ein bisschen mit diesem Kollektiv oder dieser Idee Anonymous auseinandergesetzthaben in sechs Episoden und ich glaube in einer davon kam ich auch so ein bisschenzum Thema Hacking zu Wort.Und jetzt kommt da auf einmal eine neue Staffel quasi.Das ist eine aufwendig über Monate produzierte True Crime im weitesten Sinne.Und jetzt kommen die hin und fügen dem Ding zwei Folgen hinzu.Und zwar Legion Most Wanted.Wo ist die RAF-Terroristin Daniela Klette?Und das beginnt damit, dass ein Hörer denen irgendwie eine E-Mail schreibt undsagt, ey, ihr habt doch hier diesen Anonymous-Podcast gemacht und mir ist daecht was Irres passiert. Ich war auf einem,auf einer Geburtstagsparty im Anonymous-Umfeld und da war eine Frau,die dann irgendwie zu fortgeschrittener Stunde das,Fahndungsplakat der RAF rausholt und auf Daniela Klette zeigt und sagt, sie wäre das.Und wollte euch dem nicht mal,annehmen.
Tim Pritlove
Eine Frau, die selber gesagt hat, sie sei die die auf der Suche ist.
Linus Neumann
Du kennst das,man sitzt da feuchtfröhlich zusammen in kleiner clandestiner politischer Rundeund feiert einen Geburtstag und Leute outen sich als Terroristen und plötzlichoutet sich die ein oder andere als Terroristin as you do,und dann nehmen die sich dieser Sache an und ich muss ehrlich sagen,also ich habe diese beiden Folgen verspätet gehört, die sind glaube ich irgendwieim Dezember erschienen oder nee, die erste im Dezember und die zweite am 9., nee,nein, beide im Dezember. So.Und ich hab die aber verspätet gehört irgendwann im Februar.Weiß gar nicht genau wieso, aber ich hab die später gehört.Und ich muss sagen, dass ich mich ehrlich gesagt ziemlich darüber aufgeregthabe, weil sie, also dann irgendwie diese,Frau, die da von sich behauptet hat, sie wäre wäre Daniela Klette,da stellt sich dann im weiteren Verlauf raus, dass sie das wohl nicht ist.Die hat da wahrscheinlich einfach ein bisschen, wird dann ein bisschen interviewtzu dem Thema und sagt dann so, ja hier.Nee, aber ich war so in dem Umfeld bin ich groß geworden oder so.Hat sich ein bisschen dicke getan oder derjenige, der da diese Podcast da aufsie angesetzt hat, hat vielleicht falsche Erinnerungen gehabt oder so.Jetzt haben die aber, Und im Rahmen dieser Recherche, weil die machen das jaschon ordentlich, mit jemandem vom Bellingcat gesprochen und haben einfach mal in PimEyes,in dieser Gesichtersuchmaschine, danach suchen lassen.Und Bellingcat ist ja so ein, könnte man sagen, so ein O-Sint-Recherche-Kollektiv.Die nutzen diese ganzen öffentlich verfügbaren Informationen,so auch in diesem Fall PimEyes.Und dieser kanadische Journalist sagt dann so, ja ne, ich hab mal hier in dieserGesichtersuchmaschine geguckt, die Frau da in Köln, die ist das nicht, aber die hier ist das.Und sagt irgendwie, hier gibt es eine Capoeira-Schule in Kreuzberg und die Frau,die da auf dieser Facebook-Seite von dieser Capoeira-Schule ist, das ist Daniela Klette.Und dann gehen die in diesen Podcast dahin und sagen, ja okay,dann gehen wir jetzt halt mal in diese Capoeira-Schule, machen da so eine Stundemit, finden die da nicht Fragen nach ihr?Und der sagt, der Capoeira-Vortänzer oder was sagt dann, ja ne,die war früher öfter mal hier, aber ist irgendwann nicht mehr gekommen.
Tim Pritlove
Also haben ein Bild gezeigt sozusagen.
Linus Neumann
Das hing da wohl auch rum in der Capoeira-Schule. Also irgendwie haben die daFotos gemacht, da war sie drin. drin.So, und dann beenden die das und sagen, ja okay, Podcast zu Ende,wir haben jetzt hier zwei wildfremde unschuldige Personen, einfach mal beschuldigt,gesuchte Terroristin zu sein, aber wir haben uns entschieden,man muss ja auch mal veröffentlichen, dass nicht jede Recherche was wird, okay, ciao.Und ich dachte mir so, ey, das kannst du doch nicht veröffentlichen,also es ist doch wirklich,also hatte ich meine Probleme mit und irgendwie so drei Tage,nachdem ich das gehört habe, irgendwie so Daniela Klette erwischt,war auf der Facebook-Seite von der Capoeira-Schule und die war das einfach.Die hatten halt Recht.
Tim Pritlove
Und wussten es nicht.
Linus Neumann
Und da habe ich mich ehrlich gesagt sogar noch so ein bisschen,fand ich halt auch kritikwürdig, weil sie so ein bisschen sagen so,wir wissen es nicht, kann doch sein, dass es ist.YOLO, ciao, goodbye, frohe Weihnachten.Und ja, ich hatte meine Schwierigkeiten mit dieser Publikation.Aber Aber, ja, irgendwie, wann war das?Mitte Februar oder wann, fand dann eine Verhaftung statt von Daniela Klettein Kreuzberg, ja, in Kreuzberg, Berlin.Und die hat da offensichtlich in letzter Zeit,wie lange weiß man nicht, gesucht wurde sie glaube ich 30 Jahre lang oder so,hat die in Kreuzberg rumgehangen und hat da offenbar ein halbwegs unbehelligtes Leben geführt.So, in weiterer Folge haben sie dann jetzt auch noch nach den anderen gesucht.Insbesondere haben sie ja den Burkhard Garwig dann mit Bildern gesucht.Ich würde jetzt mal vorsichtig vermuten, dass sie die aktuellen Bilder von BurkhardGawig vielleicht, das ist eine Spekulation von mir, von einem Handy hatten,was sie Daniela Klette weggenommen haben.Weil auf einmal hatten sie, kurz nachdem sie Daniela Klette hatten,hatten sie aktuelle Bilder von Burkhard Gawig und offenbar auch Hinweise aufseinen Aufenthaltsort, weil sie ja dann noch weitere Türen eingetreten haben.Was vielleicht auch da eine wilde Spekulation damit zu tun haben könnte,dass Handys Fotos mit Geotechs machen.Aber das ist jetzt wirklich Spekulation von mir, da habe ich keine Einblicke.Auf jeden Fall irre Story, Alter.Ich finde das absolut irre. Zumal ja dann die Polizei hingegangen ist und sichgerühmt hat, dass sie mit ihrem Dank 30 Jahre vorsichtiger Arbeit und genau,wir lassen hier nichts mit uns machen.Und dann war nämlich der, der Kesch Rauberos war auf einmal unter Druck,dass er dann gefragt wurde, habt ihr mit der Polizei kooperiert?Und da musste er natürlich als Journalist so sagen, so, äh, nee,Und nee, so nein haben wir nicht.Wir haben natürlich ein paar Fragen an die gestellt, aber wir kooperieren alsJournalisten natürlich nicht mit der Polizei und glaube ich auch,dass die nicht zur Polizei gegangen sind und gesagt haben, ey Leute,wollt ihr nicht mal gucken?Ich glaube, wir haben die Daniela Klette. Aber sie haben halt einen Podcastveröffentlicht, wo sie mehr oder weniger sehr einfach nachvollziehbar das rausgehauenhaben, was ich eben daran auch ein bisschen kritisch fand,weil irgendwie so, ich weiß nicht, wie viele Capoeira-Schulen es in Berlin gibt,aber es sind wahrscheinlich nicht so viele wie Yoga-Studios,wo ich sagen würde, das ist eine nicht eindeutige Angabe.Aber okay, wie gesagt, ich meine, wenn du am Ende recht behältst, kannst du sowas machen.
Tim Pritlove
Was sie ja gemacht haben, ist eigentlich nur zu zeigen, es gibt diese Recherchemöglichkeiten.
Linus Neumann
Aber stell dir mal vor, das hätte auch anders ausgehen können,dass jetzt irgendwie die Leute irgendwelche Internet-Naseweise herausfinden, wer da gemeint ist.Und dann irgendeine komplett unbescholtene Capoeira-Tänzerin fertig machen undsie bezichtigen, eine Terroristin zu sein.Also ich fand das, vielleicht bin ich da auch überempfindlich,aber ich fand diese Podcast-Veröffentlichung, als ich sie gehört habe,habe ich gedacht, das kannst du eigentlich nicht machen.Aber okay, das war auch nur mein persönlicher Einblick und wie gesagt,der Erfolg gibt ihnen recht Ich mein.
Tim Pritlove
Also ich hab mal grad mal diese PimEyes Webseite mal ausprobiert und einfachmal mein eigenes Gesicht da reingeschmissen Und?
Linus Neumann
Bist du Raftterrorist oder nicht?
Tim Pritlove
Ich,Ich kann mich da jetzt nicht zu äußern.Auf jeden Fall, also ist überhaupt gar kein Problem, mich zu finden.Also so gefühlt wirklich, aber auch wirklich in jedem Scheiß Foto,wo ich auch nur ansatzweise drauf bin und ich würde mal sagen,eine ganze Menge der URLs, die hier angedeutet werden, die man jetzt nicht klickenkann, ohne da zu bezahlen. Ähm,Da wusste ich auch gar nicht, dass ich da irgendwie drauf bin.Also auf irgendwelchen Stadionfotos bin ich dann irgendwie so zu sehen.
Linus Neumann
Was?
Tim Pritlove
Halb überdeckt, ja.
Linus Neumann
Okay.
Tim Pritlove
Ja. Also und ich habe jetzt nur so ein Bild mal hochgeladen,wo ich so halbwegs okay drauf zu erkennen bin.Aber das ist auch schon ein paar Jahre alt und findet definitiv auch die älterenFotos von mir. Also das funktioniert exzellent.Und vor allem nicht ein einziges Foto, was ich nicht bin.
Linus Neumann
Okay, bei mir erkennt er gar nicht, dass er sagt, das wäre kein Gesicht.Was hast du für eine Fresse.
Tim Pritlove
Wie sieht das denn aus? Nee, man darf da nur hübsche Menschen hochladen.Naja, auf jeden Fall eine irre Geschichte und ja, jetzt ist halt Frau Kletteausfindig gemacht worden Und zwei weitere, die noch flüchtig sind,sind sozusagen on the run.Wird man noch sehen, ob das auch noch zu Fahndungserfolgen führt.Aber was lernen wir da jetzt daraus? Warum erwähnen wir das Ganze?Einfach um mal klar zu machen,dass die vor vielen Jahren von uns vielleicht noch so als theoretische Möglichkeitmal in den Raum gestellte Funktionalität jetzt quasi da ist.Also es ist einfach möglich eine Person zu finden und das finde ich ja hier so bemerkenswert.Das Foto, mit dem sie das gefüttert haben, war das alte Fahndungsfoto.
Linus Neumann
Ja, da bin ich zum Beispiel, also ich habe darüber mit Kantorke gesprochen,der ja genau zum Thema biometrische Massenüberwachung im Logbuch auch schon zu Gast war. Ja.Und der hat mir gesagt, mit dem normalen Fahndungsfoto würde man sie nicht finden.Ich habe es aber selber nicht ausprobiert.Deswegen muss ich da jetzt einfach mal mit, das kann ich das erstmal nur sowiedergeben. Ich wusste aber auch nicht, wie einfach das ist.Also ich habe hier tatsächlich jetzt auch, krass, es gibt ja Bilder von mir,die ich echt nicht kannte.
Tim Pritlove
Ja, so ging es mir auch.
Linus Neumann
Also ich glaube, da müssen wir was gegen unternehmen.Also ich meine, sowieso, die Gefahren, also ich meine, die ganze Geschichteerzählen wir jetzt sowieso nur, um vor den Gefahren biometrischer Gesichterkennungzu warnen, muss man ja einfach mal ganz klar sagen.Aber es kann auch sein, dass das vielleicht abgeschaltet wurde,vielleicht hat die inzwischen ein GDPR-Komplaint bei PimEyes eingereicht oder so.Aber also relativ sicher hat dieser Bellingcat-Journalist jetzt nichts gemacht,was nicht jeder andere mit ein bisschen Mühe auch hätte machen können.Es gab dann weiterhin Diskussionen also Thilo Jung hat ja dann zum Beispielauch in der Bundespressekonferenz als sie da ihren Erfolg feierten auch gesagtso, ja was ist denn daran so schwer, das haben die Podcaster doch schon vor zwei Monaten gemacht so,und also und dann gab es aber Diskussionen darüber, dass die Polizei sagt,sie dürfte dieses Tool nicht verwenden was ich ähm.Und was ich nicht genau beurteilen kann, ob das wahr ist oder nicht.Also ich fände es gut, wenn sie es nicht dürfen ohne weiteres,weil das ist ja schon ein höchst kritikwürdiges Produkt, dieses PIM-Eis.Und es ist jetzt, sag ich mal, für den Kampf gegen biometrische Massenüberwachungnicht unbedingt positiv, dass es jetzt diesen Ermittlungserfolg gibt.Ja, also selbst wenn das jetzt etwas ist, was am Ende zur Überführung einerTerroristin beigetragen hat,heißt das nicht, dass eine solche Technologie unterm Strich netto positive Konsequenzenfür eine Gesellschaft hat?
Tim Pritlove
Nee, weil in diesem Moment sind es natürlich einfach Demonstranten und Leute,die gegen die Industrie protestieren oder sonst irgendwie.
Linus Neumann
Nur kurz um ein Beispiel zu nehmen, bei diesen Massendemonstrationen in Reaktionauf die Korrektivrecherche,die ja eine der wichtigsten politischen Enthüllungen, Recherchen oder sonstwas, der letzten Jahre ist,die dann zu massenhaften Demonstrationen gegen diese grundgesetzfeindlichenBestrebungen aus dem engsten Kreis der AfD geführt haben.Da wurden ja auch Leute fotografiert und gefilmt.Insbesondere bei den kleinen Demonstrationen hast du die sogenannte Anti-Antifada gehabt, die eben Leute fotografiert.Das ist völlig normal, dass du bei Demonstrationen gegen Rechtsextreme fotografiert wirst. ist.Insbesondere, wenn es sich, wenn du dich in dem Kreise befindest, wo es.Oder in Bereichen befindest, wo du zu den wenigen Mutigen gehörst und nichtzu denen, für die erst 100.000 auf die Straße gehen müssen, damit sie sich alsSchaulustige mit darunter trauen.Und da sieht das dann schon sehr schnell ganz anders aus, wenn solche Tools in deren Hände sind.Und da plötzlich jeder Demonstrationsteilnehmer von jedem selbsternannten Anti-Antifamal eben erkannt werden kann und dann in den jeweiligen Gruppen,in denen Angriffe auf Menschen und Belästigungen von Menschen koordiniert werden, plötzlich kursieren.Das ist eine Gefahr, die nicht theoretisch ist, die wir mit dem NSU 2.0 beiweiß ich nicht wie viel hundert Leuten gesehen haben.Mit dem selbsternannten NSU 2.0. Also das ist alles wirklich eine Gefahrtechnologie.
Tim Pritlove
Ja, aber es ist halt auch so, the ship has sailed.Also das ist jetzt sozusagen eine Technologie, die ist da und diese Datenbankensind da und ich glaube, die gehen auch so schnell nicht wieder weg.Ist wirklich knifflig, wie man jetzt hier dem Missbrauch oder Gebrauch da nochnennenswert Herr werden soll.Das ist auf jeden Fall ein Problem.
Linus Neumann
JaTja, also Wahnsinnsgeschichte und Podcasts. Der Podcast ist natürlich empfohlen,auch sei es nur, um sich das Ding mal anzuhören.Aber ich fand das wirklich irre.
Tim Pritlove
Aber jetzt gibt es ja den AI-Act. Da wird doch alles gut.
Linus Neumann
Ja, also genau.Der AI-Act wurde jetzt so beschlossen.Bis zuletzt wollten ja eigentlich,also in seiner ursprünglichen Positionierung, wollte das Parlament dieser biometrischenMassenüberwachung potenziell ein vollständiges Verbot überhelfen.Ja, das wird so nicht sein.Es sind jetzt viele Begründungen zugelassen, Menschen zu überwachen,anhand körperlicher Merkmale zu identifizieren,das auch mit Hilfe von öffentlichen Kameras und das soll teilweise sogar inEchtzeit erlaubt werden, wenn die Annahme besteht,dass etwas Schlimmes passieren könnte.Also sehr geringe Anforderungen an die Begründungen.Und da gab es also im Trilog kaum Einschränkungen der Wünsche der Mitgliedstaaten.Das wird jetzt noch potenziell noch vor den EU-Wahlen in Kraft treten und dannwerden, dann in zwei Jahren werden diese Regeln greifen.Und jetzt könnten die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene strengere Regelnerlassen, als es von der Verordnung vorgesehen ist.Zum Beispiel für diese biometrische Überwachung.Die Ampelregierung hat angekündigt zumindest eine Echtzeitüberwachung nichtzu wollen ja also das ist ich denke es wäre schon nicht schlecht gewesen da mehr,Einschränkungen zu haben weil diese Technologie jetzt auch noch direkt in Echtzeitauf die Leute loszulassen.
Tim Pritlove
Ja wobei Echtzeit heißt ja eigentlich auch nur möglichst sofort Und zehn Minutenspäter ist meistens auch noch sofort genug und ist dann schon schnell wiederaus der Reglementierung rausgenommen.Also das wird schon einfach genutzt werden.So richtig verhindert wurde dadurch jetzt nichts.
Linus Neumann
Ja, also da wurde auf jeden Fall die,also ich denke, man kann sich über vieles in diesem AI-Kram Gedanken machen,aber ich glaube eine biometrische Überwachung des öffentlichen Raumes erstmalohne große Einschränkungen zuzulassen,ist folgenschwer und Und ein klarer Fall von einem Risiko, das man sich garnicht erst vorstellen kann.Ich habe es immer wieder gesagt, dass das ermöglicht dann im öffentlichen Raumdas Tracking, wie wir es aus dem Internet kennen. Und das ist...Wirklich problematisch.Hört auf Daniela Klette.Daniela Klette kann ein Lied davon singen.
Tim Pritlove
Gut. Kommen wir zu anderen problematischen Nutzungen von Technologie.Unsere Freunde von der Bundeswehr.
Linus Neumann
Du hast das ja mit Pavel im UKW behandelt. Ihr habt euch allerdings mehr mitden Inhalten dieses Taurus-Gespräches auseinandergesetzt.
Tim Pritlove
Genau.
Linus Neumann
Was war passiert?
Tim Pritlove
Was war passiert? Also es ging hier um ein vorbereitendes Gespräch von vier,Bundeswehrmitgliedern, deren Namen ich jetzt schon wieder nicht parat habe.Vielleicht findest du die Liste noch kurz.Das ist nochmal ganz interessant zu sehen. Das war also schon auch...Also Leute, die was zu sagen haben und es sollte halt ein Treffen vorbereitetwerden mit dem Verteidigungsminister Pistorius,wo es nochmal um diese Taurus Marschflugkörper geht.Das ist ja so ein System, was nur Deutschland hat und in einer gewissen Mengevorrätig ist und seit längerer Zeit ganz oben auf der Wunschliste der Ukraine steht,weil natürlich mit diesem System es möglich ist, die Russen auf eine Art undWeise zu treffen, wie es mit den anderen Systemen so nicht geht.Und das Ganze ist natürlich jetzt im Zentrum einer hitzigen politischen Debatte.Bei diesem Vorbereitungsgespräch ging es im Wesentlichen darum.Nochmal die technischen Grundlagen und die logistischen Herausforderungen darzustellen.Sollte es denn doch irgendwann noch eine politische Entscheidung für solcheLieferungen geben, die es halt bisher nicht gab und die sich auch im Kontextdieses Gesprächs nicht abgezeichnet hat.Ja und jetzt war es aber so, dass diese Leute,die sich dort unterhielten, nicht in einem abhörsicheren Raum saßen,sondern quer verteilt über die Welt und ein Teilnehmer war zu dem Zeitpunktin Singapur und die ganze Diskussion lief über das Konferenzsystem WebEx,was im Wesentlichen eigentlich ein internetbasiertes und dann entsprechend auchmit Verschlüsselung ausgestattetes Konferenzsystem ist.Allerdings wurde hier die Möglichkeit gewählt, dass man sich auch per Telefon zuschalten kann,weil es offensichtlich einem der Teilnehmer nicht möglich war oder vielleichtsind es auch mehr als einer, ich weiß es jetzt nicht ganz genau,es gab da verschiedene Darstellungen, irgendwie nicht möglich war über das Internetteilzunehmen, was mich ehrlich gesagt verwundert, hat, weil...Kann mir keiner erzählen, dass diese Personen nicht mit Smartphones ausgerüstetsind, wo man mal eben auch selbstverständlich per Smartphone und Internetverbindung,gerade in Singapur sollte es genug Internet geben,bin ich mir eigentlich relativ sicher, daran teilnehmen kann.Stattdessen wurde halt ein Telefonzugang genommen und das Problem mit dem Telefonnetzwerkist nun mal, dass dort Verschlüsselung nicht standardmäßig aktiviert ist,sondern nicht existent ist.Und mit Telefonverbindungen, die aus Singapur initiiert werden und dann Einwahlknoten,ich weiß gar nicht wo diese Einwahlknoten waren,ob das deutsche Einwahltelefonnummern waren oder vielleicht sogar amerikanische,kann ich gerade nicht sagen, wo auch immer sie sind, bevor man zu diesem Einwahlknotenkommt, durchläuft man mindestens eben Verteilungssysteme in Singapur.Und in diesem Fall eben wahrscheinlich auch internationale Netzknoten und naja,unverschlüsselte Telefonie wird einfach weltweit an zahlreichen Orten abgehört.Und so ist es den Russen gelungen, dieses Gespräch vollständig bezuschneidenund fanden dann den Inhalt so putzig, dass sie das dann auch genüsslich veröffentlichthaben, offensichtlich mit dem Ziel,Kanzler Scholz hier noch mehr in Zugzwang zu bringen, sich nochmal ganz klarzu seiner Entscheidung zu bekennen, diese Taurus-Lieferung nicht zu genehmigen,was er ja dann auch getan hat,wie es eben die Russen geheißen haben.Also der Grad an ähm,Wie soll man denn das nennen? Also ich weiß nicht, ist es Nachlässigkeit,ist es Inkompetenz, ist es, was ist es denn eigentlich?
Linus Neumann
Das ist Fahrlässigkeit, die in keiner Form zu entschuldigen ist.Also das, ja, kannst du nicht erklären.Ich finde übrigens nur, also offenbar, also zwei Teilnehmer kenne ich.Das ist der Brigadegeneral Frank Gräfe und der Inspekteur der Luftwaffe IngoGerhards und zwei Offiziere.Weil du mich gerade noch gebeten hattest, die Namen zu recherchieren.Die Offiziere finde ich jetzt spontan nicht.Und ich glaube, es hat sich dann herausgestellt, dass offenbar der Gräfe,der da in Singapur war, sich unsicher eingewählt hatte.Aber dass auch der Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhards, ebenfalls sich nichtrichtig eingewählt hatte.Also nicht mit dem, nicht mit der, für den Dienstgebrauch zertifizierten Variante eingewählt hat.So, und jetzt frage ich mich, wieso kann die Bundeswehr diese,wieso haben die überhaupt diese Option an, dass man sich per Telefon damit einwählen kann?Also, das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, weil ich bin mir relativsicher, dass das ein deaktivierbares Feature ist.Zur Frage, es hat eventuell nicht funktioniert. Tja, wieso wohl nicht,wenn einer auf der Leitung hängt?Das könnte eine Sache sein. Außerdem, ich habe nicht viele Erfahrungen mit WebEx,aber ich kann sagen, dass es von allen Möglichkeiten des Videoconferencing diejenigeist, die ich am allerwenigsten mag.Und diejenige, wo ich am häufigsten feststelle, dass Leute sich auch übers Telefoneinwählen, teilweise auch einfach deshalb, weil es geht.Also warum geht das überhaupt? Warum?Warum? Und meistens werden die Leute sich dann von Telefonen einwählen,dann nutzen sie die Mute-Taste nicht und so weiter, aber okay,ich will jetzt nicht schon wieder in meinen Rant über,Mehrpersonentelefonie,ausbrechen.
Tim Pritlove
Also es geht natürlich deshalb, weil die Leute manchmal einfach kein Breitband-Internet haben.
Linus Neumann
Genau, aber ja, in Singapur ist das eher unwahrscheinlich.
Tim Pritlove
Ja, das ist in der Tat.
Linus Neumann
Ein entwickeltes Land. Ja, aber also es ist Es ist hochnotpeinlich und wenndu dir überlegst, was Militäre dieser Welt ausgegeben haben über die Zeiten,In Verschlüsselung. Ich meine, wir können froh sein, dass die Deutschen keineFunktion, oder eine Schwachstelle in der Verschlüsselung der Enigma hatten.Das hat nach allem, was man historisch weiß, einen entscheidenden Beitrag geleistetdazu, dass die scheiß Nazis den Krieg verloren haben.Also die Bedeutung von Verschlüsselung sollte Militären seit jeher bekannt sein.
Tim Pritlove
Insbesondere den Deutschen.
Linus Neumann
Insbesondere den Deutschen, die sollten sich an eine, also da gibt es überhauptkeine Entschuldigung für.
Tim Pritlove
Überhaupt keine Entschuldigung für. Null.Ja, aber haben sie gemacht und ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll.Also ich meine, du hast schon recht, also es ist sowohl die Frage,warum wird es bereitgestellt und B, warum wird es dann auch noch gemacht,wenn es bereitgestellt wird.
Linus Neumann
Mir war übrigens so, aber das habe ich offensichtlich falsch gelesen oder falschin Erinnerung, dass irgendwie noch nachher behauptet wurde,es wäre noch nicht mal jemand auf der Leitung gesessen,sondern es sei passiert, dass sie einfach eine weitere Person eingewählt hatund niemand sich gewundert hat, dass da einer mehr im Call ist.Aber das lese ich jetzt nicht im Wikipedia-Artikel, bei dem ich davon ausgehe,dass jede gesicherte, stabile Information sich darin wiederfindet.
Tim Pritlove
Ja, das habe ich als Vermutung auch gelesen, aber kenne dafür keine Bestätigung.
Linus Neumann
Ja, also hielte ich potenziell für die noch wahrscheinlichere Variante,aber genau, also aktueller Stand ist das zumindest nicht bestätigt.
Tim Pritlove
Ja, also das ist auf jeden Fall das,Problem ist hier glaube ich einfach, dass die Bundeswehr nicht alert genug ist,also die laufen hier noch in einem bürokratischen Trott der,im Wesentlichen hier so wir machen hier so ein bisschen Militärsimulationen,den Eindruck macht. Also sie sind nicht im Kriegsmodus.Das ist das, was mich so ein bisschen verstört dabei.
Linus Neumann
Also sagen wir mal, Konfliktmodus wäre mir lieber. Also ich hoffe nicht,dass sie in den Kriegsmodus kommen.
Tim Pritlove
Aber Ja, wir haben aber gerade Krieg. Also man muss in dem Kriegs,also als Bundeswehr muss man gerade im Kriegsmodus sein, weil wir haben da geradeein Land, was täglich im Fernsehen ankündigt, dass sie irgendwie Atomraketenauf Berlin schicken wollen.Also wenn Wenn dann die Bundeswehr nicht dann im Kriegsmodus ist,dann frage ich mich, wann die im Kriegsmodus ist.Also mal ehrlich, man kann es ja aus der Politik irgendwie noch versuchen rauszuhalten,um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen.Aber innerhalb der Bundeswehr sollte man da einfach ausreichend beunruhigt sein.Man sollte zumindest ausreichend sensibilisiert sein, hier nicht noch die Dingeschlimmer zu machen, als sie ohnehin sind.Zum Beispiel, indem man interne Talking Points einfach so preisgibt,weil die halt politisch und informationstechnisch genutzt werden können.So und ich meine, was haben wir hier schon über Security-Angriffe auf dem Bundestagund so weiter gesprochen,wo mit Hightech und finstersten Hacker-Methoden und Zero-Day-Exploits und diealso findigsten Methoden sozusagen schon die Geheimnisebene dieses Staates aufgebohrt wird.Aber wenn man dann halt einfach sagt, ja ich nehme jetzt einfach mal Telefon,dann muss man sich auch einfach über gar nichts mehr wundern.
Linus Neumann
Nein, also da sind noch keine Köpfe gerollt.Also wenn du das nicht machst, dann brauchst du dich über gar nichts mehr zu wundern.Oder? Also das Gut Natürlich hat es auch Also natürlich müssen wir trotzdemjetzt diese Sache ordentlich untersuchen Na, aber,Ey, Verschlüsselung Ich find's allein schon irre Also ich find's eigentlichschon irre, dass die überhaupt WebEx nutzen Wobei das ja bei,sinnvoller Anwendung potenziell Vielen Dank.Wahrscheinlich für ein solches Gespräch eine ausreichende Sicherheit bieten würde.
Tim Pritlove
Ich weiß nicht, ist jetzt ein Webex irgendwas speziell schlecht, was ich nicht weiß?
Linus Neumann
Maximal Scheiße zu bedienen.
Tim Pritlove
Okay, gut, aber es ist an sich das Feature, wir haben eine verschlüsselte Verbindung, haben sie schon.
Linus Neumann
Also sollte jetzt, würde ich dem Ding schon zutrauen.
Tim Pritlove
Francisco ist das System, muss man dazu nochmal sagen. Tja, naja gut,also so, ja, als Kopfschüttel haben wir jetzt hier gerade nicht bereit, oder?Haben wir noch irgendeinen nennenswerten Kommentar dazu abzugeben?
Linus Neumann
Nee, nee, hast recht. Wir könnten jetzt noch ein paar Minuten weiter uns anden Kopf fassen, aber das machen wir einfach nach der Sendung noch ein bisschen.Aber du fragst dich doch echt.
Tim Pritlove
Ey. Tja, so ist es. Wir dienen Deutschland.Aber nicht besonders gut.So, mal vielleicht ein bisschen was aus der Abteilung, etwas bessere Nachrichten.
Linus Neumann
Ah ja, da bin ich mal gespannt.
Tim Pritlove
Genau. Es gibt da einen Menschen, Karl Malamuth,ich weiß nicht, ob du von dem schon mal gehört hast, Aktivist und Internethistoriker,der zwar aus den USA kommt und dort unter anderem das Projekt publicresource.org gegründet hat.Und unter anderem auch in den USA schon mit Klagen dafür gesorgt hat,dass Normen und Standards,die in Gesetzen verwendet werden, auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen.Und hatte da auch im letzten September bereits schon Erfolg damit.Und vor allem geht er spezifisch dagegen vor, dass das Ganze mit dem Urheberrecht begründet werden soll.Was jetzt also passiert ist, er hat geklagt in der EU und mit der Argumentation, ihr macht Gesetze.Diese Gesetze beziehen sich auf bestimmte Standards,aber wenn ich diese Standards einsehen will, dann werde ich von der DIN undvon anderen Normungsinstituten zur Kasse gebeten, weil ich muss ja Geld dafürbezahlen, wenn ich mir diese Standards vor die Nase halten möchte,um mal nachzuschauen, was ich denn jetzt eigentlich tun muss,um diese Gesetze einzuhalten.Und hat das eben vor den Europäischen Gerichtshof gebracht, über den wir jaschon öfter berichtet haben, über den EuGH.In diesem Zusammenhang habe ich übrigens auch nochmal begriffen,dass der EuGH tatsächlich, also dass das Gerichtssystem der Europäischen Uniontatsächlich aus drei Teilen besteht, von denen es nur zwei Teile gibt.Hä? Ja, es gibt nämlich den Europäischen Gerichtshof, den EuGH,Aber es gibt auch noch das Gericht der Europäischen Union, das EUG.Nicht EUGH, sondern EUG.Früher wurde es einfach das Gericht der ersten Instanz genannt,dafür ist es nämlich zuständig.Und außerdem gibt es noch sogenannte Fachgerichte, die existieren könnten,aber von denen derzeit noch kein Nutzen gemacht wird im europäischen System.Themen. Auf jeden Fall Moment.
Linus Neumann
Könnten wir dann, also könnten wir diese dritte fehlende Instanz jetzt einfach kurz spontan gründen?
Tim Pritlove
Fachgericht für,verschlüsselte Webkonferenzen. Ja, mal gucken. Also weiß ich nicht.Genau, also die Argumentation mit der da vorgegangen ist, ist halt das technischeNormen, die Bestandteil europäischer Verordnungen und Richtlinien sind,dass die für Unternehmen und Bürger kostenfrei zugänglich sein müssen.Und diese Klage wendet sich halt vor allem gegen die Europäische Kommissionund diese Normungsorganisationen, die also auch hier beteiligt sind.Also das sind einerseits die verschiedenen Normungsorganisationen in den europäischenLändern und das Europäische Komitee für Normung, CIN.Interessant ist, dass also zunächst einmal sich dieses Gericht der EuropäischenUnion dem angenommen hat und das hat diese Klage zurückgewiesen mit dem Hinweis,weil ja dann die Finanzierung dieser Normungsinstitutionen, Organisationen gefährdet sei.
Linus Neumann
Ist ja geil.
Tim Pritlove
Und ich meine, man muss ja auch nochmal klar machen, Normen werden halt vondiesen DIN und von anderen Normungsorganisationen in Europa veröffentlicht,aber nicht vollständig und frei.Sondern wenn man die dann halt so genau haben will, dann muss man horrende Summendafür bezahlen, dass man eine entsprechende Kopie dieser Standards bekommt.Also wenn ich mir das so mal vorstelle, das Internet hätte sich so nicht durchgesetzt.Also das war definitiv auf einer anderen Basis gebaut.Aber in dem Moment, wo man halt in Gesetzen auf entsprechenden Standards verweist,insbesondere bei den neuen digitalen Gesetzen.
Linus Neumann
Ist doch völlig selbstverständlich, oder?
Tim Pritlove
Würde man meinen, aber tatsächlich wird halt hier auch immer argumentiert,dass ja allein schon wegen des Urheberrechts das ja auch nicht ginge.Wobei halt der Malamuth ganz nachvollziehbar argumentiert,dass ja diese Normungsgruppen erstmal gar nicht die Urheber seien,sondern die veröffentlichen das ja nur.Und dass ohnehin das Urheberrecht nicht diesen Status haben darf,sondern dass der Recht auf den Zugang zu dem Gesetzestext eigentlich Priorität haben soll.Und jetzt ist das Ganze dann aber, nachdem es in erster Instanz erstmal zurückgewiesen wurde,geht es dann eben zum Europäischen Gerichtshof und der hat sich jetzt dazu geäußertund hat gesagt, sagt so, ja nee, also das kann nicht sein,dass Standards, die in Gesetzen als Voraussetzung sind,wo gesagt wird, damit du dieses Gesetz erfüllen kannst, muss folgender Standardberücksichtigt werden.Und wenn du dann halt sagen willst, ja was steht denn da drin in dem Stand,ich würde ja gerne mal überprüfen, ob hier irgendjemand auch das Gesetz einhält,dass man dann erstmal dafür bezahlen muss, nur um das irgendwie zu machen.Und das geht halt irgendwie nicht.
Linus Neumann
Ja, also.
Tim Pritlove
Es ist jetzt noch so ein bisschen unklar, so wie sich das EuGH geäußert hat,inwieweit das jetzt dann auch sozusagen dieses Urheberrecht-Argument betrifft,weil sich dazu das EuGH so konkret nicht geäußert hat.
Linus Neumann
Das heißt, wir müssen einfach nur riesige Gesetze mit Unmengen an urheberrechtlichgeschütztem Material veröffentlichen?
Tim Pritlove
Naja, das ist ja sozusagen nur so ein Argument, um das sozusagen aufrechtzuerhalten.Also mir ist nicht ganz klar, was jetzt hier der nächste Schritt ist,aber hier ist auf jeden Fall ein interessanter Fakt geliefert worden,weil im Prinzip wird jetzt diese ganze aktuelle Handhabung für nichtig erklärt vom EuGH.Und jetzt muss hier in irgendeiner Form Abhilfe geschaffen werden.
Linus Neumann
So, ich finde das, also es sollte auch wirklich einleuchtend sein, oder?
Tim Pritlove
Es sollte einleuchtend sein, allerdings stellt sich natürlich hier eine vielgrößere Frage, nämlich wie finanzieren wir denn jetzt die Normungsinstitute künftig?Also nicht alle Standards, die in diesen Normungsinstituten gehandelt werden,stehen in irgendwelchen Gesetzen.Da sind ja jede Schraube und jedes Kabel und Schutzmechanismen und keine Ahnungalles mögliche, es gibt Standards für jeden Scheiß,sind da drin und da wird es halt natürlich noch weiterhin so gehandhabt werden können.Nur Standards, die eben explizit Teil von Gesetzen sind, müssen jetzt eigentlichkostenlos herausgegeben werden.Und zwar für die Öffentlichkeit.
Linus Neumann
Ja.
Tim Pritlove
Das finde ich ist eine ganz gute Nachricht.
Linus Neumann
Ja, aber das ist auch, also was denn sonst?
Tim Pritlove
Tja.
Linus Neumann
Ja, irre. Also ich wusste das nicht. Ich wusste nicht, dass es noch nicht so ist.Umso mehr freue ich mich, dass es jetzt so ist.
Tim Pritlove
Genau, also muss man mal abwarten, was das jetzt tatsächlich auslöst.Mir ist nicht so ganz klar, was jetzt der nächste Schritt ist in diesem Zusammenhang,aber so ganz ohne Auswirkungen wird das nicht sein können.
Linus Neumann
Okay. Dann kommen wir zum letzten Thema.Und dieses Thema ist eins aus dem kulturellen Bereich, würde ich sagen.Also das Internet ist bereichert worden durch ein neues Mem.
Tim Pritlove
Ja, welches?
Linus Neumann
Das ist der Anzeigenhauptmeister.
Tim Pritlove
Okay, das ist dieser Mensch, der Falschpacker aufschreibt oder so?
Linus Neumann
Also der hat, also es ist eine Spiegel-TV-Doku und Spiegel-TV hat auf,wenn man so mal deren YouTube-Veröffentlichungen verfolgt, die haben da so durchwachsenes Material.Also ich glaube, sehr bekannt ist diese Penny an der Reeperbahn.Kennst du nicht?
Tim Pritlove
Penny an der Reeperbahn?
Linus Neumann
Also auf der Reeperbahn in Hamburg-St. Pauli befindet sich ein Pennymarkt.
Tim Pritlove
Achso, ja.
Linus Neumann
Und dieser Pennymarkt hat relativ ausgedehnte Öffnungszeiten und natürlich einrelativ spezielles Publikum.Also einerseits Leute, die auf der Reeperbahn unterwegs sind und mal vielleichtnoch irgendwo billig Alkohol kaufen wollen.Andererseits Leute, die vielleicht auf der Straße wohnen in Hamburg und da Alkohol kaufen.Aber dann natürlich insgesamt auch.Es ist ein relativ bunter Bezirk, in dem der ein oder andere Charakter wohnt.Und in diesem Penny-Markt haben die eine Zeit lang mal so eine Doku gemacht,in der sie mal so alles wiedergeben, was da so rein und raus läuft.Dazu relativ belustigt erzählt und es ist auf jeden Fall absolut lustig.Ja, auch grundsätzlich erstmal eine wertschätzende Stimme, aber man weiß jetzt auch nicht unbedingt,ob jedem Menschen, der da dargestellt ist oder sich auch darstellt,ob der unbedingt im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war, als er dem zugestimmt hat.Oder ob der überhaupt noch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist.Also muss man gesehen haben, ist unglaublich unterhaltsam, ist auch eine sehrinteressante Sozialstudie, aber ich denke, an der kann man auch sehr viel Kritik üben,weil da mitunter auch wirklich Menschen in katastrophalen Zuständen gezeigt werden. So.Gleichzeitig haben die relativ viele Recherchen irgendwie, da gibt es ja sozu Rockermilieu, kriminelles Milieu und so, wie dem auch sei,haben ein relativ buntes Programm.Und jetzt haben sie einen jungen Mann begleitet,der irgendwie 18 Jahre alt ist, mit so einem eindeutig höchst verkehrssicherenFahrrad durch die Gegend fährt und dabei irgendwie Signalkleidung trägt undeinen Helm und dann Knöllchen schreibt.Höhepunkte sind dann irgendwie, dass er jemanden aufschreibt, der,Irgendwie statt sieben Meter vom Halteverbotsschild sechs Meter siebzig vomHalteverbotsschild entfernt ist und deswegen 30 Zentimeter im Halteverbot stehtund deswegen jetzt aufgeschrieben wird und dann dokumentiert er das mit so einem Zollstock.Dann hat er irgendwie vorne ein Schild dran wo irgendwie Pulifzai steht ja,weil Polizei darfst du nicht dran schreiben.
Tim Pritlove
Wäre Amtsanmaßung sondern da steht was dran Pulifzai ja.
Linus Neumann
Also und dann wirft ihm jemand Amtsanmaßung oder Täuschung vor,weil er sich eben auch als Anzeigenhauptmeister,vorstellt Ja, also wenn er da mit Leuten spricht, dann sagt er irgendwie,ich bin Anzeigenhauptmeister so und so.
Tim Pritlove
Polizvieh steht drauf.
Linus Neumann
Polizvieh.
Tim Pritlove
Polizvieh.
Linus Neumann
Ja, das ist so ähnlich wie hier in Berlin stand doch mal, steht glaube ich immernoch, weiß ich gar nicht, so ein altes Polizeiauto, eine Wanne,auf der dann statt Polizeikanzlei stand. Da hat es so ein Verkehrsrechtler, glaube ich.
Tim Pritlove
Oh, kenne ich mit Politur, aber es gibt verschiedene Varianten.Ja, genau, es gibt Polenta.
Linus Neumann
Politur und was man so alles da so draufschreiben kann. So, aber der ist halteisenhart und der hat irgendwie um die 4000 Anzeigen geschrieben.Geht, glaube ich, wohl auch seinem Heimatdorf inzwischen, damit gehöre ich auf den Sack.Hält sich aber für irgendwie jemanden, der Staatssäcke füllt und hat,also hat da wirklich ein sehr ausgefallenes Hobby, sagen wir mal. Ja.So und den haben die mit, ich glaube das ist sogar der gleiche Erzähler,so da so begleitet in seinem Alltag, wie der dann da so mit den Leuten aneinander gerät,die dann irgendwie so sagen,ja ich hab hier so einen Vogel und dann sagt er direkt, das ist eine Beleidigungund kennt dann irgendwie den Paragrafen und schreibt dann eine Anzeige dafür.Dann hat er wieder in irgendeinem Falschparker die Polizei bestellt.Dann hat die Polizei aber ein beschmutztes Nummernschild.Und dann entblödet er sich nicht, auch noch der Polizei zu sagen,sie müsste dann jetzt mal langsam das Nummernschild reinigen.Weil noch ist es erkennbar.Aber, aber, und der Typ ist natürlich Instant, Instant-Meme,ja, also der ist so geil, also der ist, du guckst dir das an und du denkst dir so, ist der gut,aber du weißt auch, das Internet ist undankbar, Tim, ich sage dir,das Internet ist undankbar.Weil natürlich ist der Typ jetzt ein Instant-Meme und der wird jetzt rauf und runter gememt und so.Und statt ihn dankbar zu behandeln, statt dem Internet zu danken.Ist der natürlich zu absoluten Hassobjekt von irgendwie weiß ich wie vielen Autofahrern geworden.Und hat dann jetzt auch schon, also wie heißt dieser absolute Vollproll da von YouTube?Ja, nein, aber der wirkt nicht der Königsbräu.
Tim Pritlove
Achso, ja.
Linus Neumann
Der Königsbräu von YouTube.
Tim Pritlove
So Namen, die mir Gott sei Dank schnell wieder entfallen.
Linus Neumann
Montana Black.
Tim Pritlove
Ja, sowas, ja.
Linus Neumann
Mit so einer Knast drin. Also der Typ, ey. Eine Figur. Der ist ja auch ein Instant-Meme.Also den guckt man sich ja auch nur an.Aber, also jedenfalls, der hat dann auch schon prophezeit, dass der früher oderspäter auf die Fresse kriegt.Natürlich. Also ist ja auch klar, ne? Ich meine, natürlich kriegt der früheroder später auf die Fresse.Aber natürlich auch, insbesondere, weil Spiegel TV den jetzt da in einer Dreiviertelstundendokuder Weltöffentlichkeit oder dem deutschen Autofahrer zum Fraß vorgeworfen hat.Ja, und da hat er natürlich auch… Mit Realnamen.Ja, ich hab den, also der ist da mit Realnamen, wird über den berichtet.Ich hab deswegen auch extra seinen Realnamen gerade nicht gesagt,so, aber Ich auch nicht, aber Der ist mit Realnamen und irgendwie Wohnort und so jetzt im Internet.Und statt den mal zu feiern, weil ich denk mir so, kann doch nur Gewinner geben.Also der Typ zeigt einen Autofahrer nach dem anderen an, die rasten aus undwenn sie den beleidigen oder schlagen, kriegen sie noch eine Anzeige.Erstmal würde ich sagen, so ey,the game, not the player. Also der macht das halt, also ich finde das eine...
Tim Pritlove
Also ich kann einen gewissen Unmut der Leute durchaus nachvollziehen.
Linus Neumann
Natürlich. Ich glaube, der Unmut ist dem auch nicht entgangen.Der merkt ja, wie die Welt auf ihn reagiert.
Tim Pritlove
Aber ist dem ein bisschen egal?
Linus Neumann
Also der hält sich dafür auf der der auf der richtigen Seite des Gesetzes ist,der möchte einfach nur, dass die Leute sich dran halten.Also sagen wir mal, ich würde noch einen draufsetzen. Ich glaube,dem ist auch klar, dass er jetzt nicht am Ende des Tages Menschen glücklichgemacht hat mit seinem Tun.Und deswegen meine ich auch, gewissermaßen könnte man auch sagen,der will ja auch auf die Fresse.Also so, oder der will, sagen wir mal so, der will, dass Leute ihm auf die Fresse hauen wollen.
Tim Pritlove
Weißt du?
Linus Neumann
Der hat da schon, also man kann da teilweise so eine leichte diebische Freude auch bei erkennen.Ja, also als er dann das ausmisst so mit den sieben Metern, dann fragt ihn haltdieser Journalist oder Redakteur oder wer das dann ist. oder so,muss man das jetzt immer messen?Und dann sagt er so, nö, kann man auch schätzen.Aber der hat sich halt verschätzt. So, oder?Ich finde halt, für so einen muss man dankbar sein. Der treibt ja jetzt niemandenin den Ruinen. Der schafft ein Thema.Und ich finde es fürchterlich, dass das Internet nicht die Souveränität hat zu sagen, so.Guter Typ. So, schaff was, worüber wir uns den Mund zerreißen können.Schaff was, wo wir uns mit auseinandersetzen können. Gib uns ein Gesprächsthema.Und ich verstehe es nicht. Ich verstehe es genauso nicht beim Drachenlord,warum Menschen dann so darauf reagieren.Wie gesagt, dass der von einem, den er da irgendwie in einer Stresssituationweiß, da sind Leute, sie sind beim Be- und Entladen vor ihrem eigenen Geschäft.Und dann kommt er an und sagt, Hallo, ich bin der Anzeigenhauptmeister.Gebt jetzt eine Anzeige. Und die nehmen den natürlich nicht ernst.Und dann ruft er halt die Bullen. Und dann kommen die Bullen und sagen,boah, scheiße, ja, hier 15 Euro.Lass uns in Ruhe und wollen wieder weg.Der hat da halt einen Punkt getroffen, wo er trollen kann.Und damit muss man eben auch, also ich finde, das ist eine Reifeprüfung fürdie Menschen, damit umzugehen. und eben nicht die Fassung zu verlieren.
Tim Pritlove
Wie würdest denn du damit umgehen, wenn der dich jetzt laufend im Meta aufschreibt?
Linus Neumann
Ich bin ein schlechtes Beispiel.Ich weiß nicht, ob ich das im Podcast, ich kann das auch nicht erzählen.Wenn ich das erzähle, dann bin ich dran.
Tim Pritlove
Also dann bin ich dran wegen Beamtenbeleidigungen.
Linus Neumann
Aber sagen wir mal, ich hab ich hab nach meiner letzten,nach meinem Nach meinem letzten Strafzettelchen, was mir von so Polizisten ausgestellt wurde,Bodycount wieder entdeckt. Kennst du Bodycount?1992, Album.
Tim Pritlove
Achso, Rap? Oder was?
Linus Neumann
Bodycount ist völlig in Ordnung, kommen auch übrigens dieses Jahr nach Berlin,Hamburg und so, aber die hatten 1992 ein Album rausgebracht, das sich...Das sich mit Gewalt gegen Polizisten verherrlichend auseinandergesetzt hat.Sagen wir das so. Das wurde dann in Deutschland auch, ist in Deutschland schwerzu bekommen gewesen, sagen wir es mal so.
Tim Pritlove
Und das hast du dann vermehrt gehört.
Linus Neumann
Weil du unzufrieden warst über den Anzeigenhauptmeister.
Tim Pritlove
Der in dem Fall wirklich ein Hauptmeister war.
Linus Neumann
Das war ein richtiger Hauptmeister und das war auch so einer.
Tim Pritlove
Aber der Polizei kann ich das in gewisser Hinsicht noch nachsehen.
Linus Neumann
Ne, das sind also.
Tim Pritlove
Also mit den Gesetzen ist es ja so, die sind dazu da,um Recht zu definieren und festzustellen und natürlich gibt es Momente,wo man sozusagen das auch missbrauchen kann.Ja, also vor allem gibt es erstmal Momente, wo es auch sinnvoll ist,dass es das gibt und dann ist das sozusagen die Vergleichsgröße,die man nimmt und damit wird dann eben recht auch entschieden,wenn mal was Schlimmes passiert ist.Allerdings, gerade was den Straßenverkehr betrifft.
Linus Neumann
Ein völlig unterregulierter Bereich, wenn ich das mal sagen darf.Im Straßenverkehr hier, also ich habe gesagt, wir sprechen nicht drüber,aber jetzt sprechen wir drüber.Hier in Berlin, unterregulierter Bereich,unterentforster Bereich,du kannst dich an eine Ampel stellen und du kannst dir sicher sein,dass bei jedes Mal, wenn das da rot wird, noch drei Leute drüber fahren.Du kannst dich hinstellen und brauchst nicht lange zu warten,bis irgendwelche Besoffenen zu acht auf irgendeinem Roller auf der falschenSeite rumfahren und so weiter.Aber wozu entscheidet sich Berlin, wem wird das Leben in Berlin schwer gemacht? Den Radfahrern.
Tim Pritlove
Da muss ich jetzt wirklich ein bisschen kichern.
Linus Neumann
Also die wirklich in jeder Statistik die gefährdetsten Verkehrsteilnehmer inBerlin sind, von denen die geringste Gefährdung ausgeht.
Tim Pritlove
Der Anzeigenhauptmeister konzentriert sich ausschließlich auf Autos?
Linus Neumann
Ich glaube, der Anzeigenhauptmeister, der drückt keine Augen zu.Also da kannst du sicher sein, der drückt keine Augen zu.
Tim Pritlove
Dem geht es doch sozusagen ums Prinzip und damit auch egal, welcher Gesetzestextjetzt hier relevant ist.
Linus Neumann
Ich würde sagen, der Anzeigenhauptmeister ist nicht bestechlich,der ist nicht korrumpierbar.
Tim Pritlove
Gut, also wo wir jetzt gerade bei diesem Bereich sind.
Linus Neumann
Ich habe Hochachtung vor dem.
Tim Pritlove
Ja, also mit den roten Ampeln habe ich in Berlin etwas andere Erfahrungen.Also ich würde mal sagen, die allermeisten Autos bleiben bei rot stehen, solange bis grün ist.
Linus Neumann
Und dann fahren sie mit 100 weiter.
Tim Pritlove
Egal, wir waren bei der roten Ampel. Rote Ampeln, finde ich,haben im Wesentlichen noch ein hohes, wie nennt man das?
Linus Neumann
Das ist eine der wenigen Dinge, die Autofahrer noch bemüht sind zu respektieren, ja.
Tim Pritlove
Genau, also da ist so die, ich weiß nicht genau, wie man das jetzt korrekt quantifiziert,aber sagen wir mal so, die Mitmachbereitschaft bei diesem Gesetz ist relativ hoch.Allerdings bei Fahrradfahrern habe ich das Gefühl, überhaupt nicht bekannt,dass rote Ampeln eigentlich auch für Fahrradfahrer, also bei jeder einzelnenroten Ampel, wirklich jeder Ampel in Berlin, jede Ampel, wenn ich da stehe, rot,immer ist auch mindestens einer, wenn nicht zehn Radfahrer dabei,die komplett zu ignorieren.Also den Punkt kannst du jetzt wirklich überhaupt nicht aufmachen.Ich weiß genau, worauf du hinaus willst und ich sage auch nicht,es ist nicht erforderlich, bestimmte Dinge zu entforcen.Worauf ich hinaus möchte, ist was anderes.
Linus Neumann
Also ich habe….
Tim Pritlove
Ist das meiner Auffassung nach nicht im Sinne der Gesetzgebung.Weil diese Gesetze sind nicht dafür gedacht, permanent überall,jederzeit, auf jeden angewendet zu werden,sondern sie sind sozusagen dafür gedacht, um dafür zu sorgen,dass wir ein Gemeinwohl haben, haben, in dem sich alle weitgehend,so wie es erforderlich ist, respektieren und Sicherheit gewähren.Das ist sozusagen das Ziel.Aber nicht permanent für jede 30 Zentimeter Verfehlung irgendwie zur Kasse gebetenzu werden, weil das ist dann auch nicht im Sinne der Gesellschaft.Und das ist das Problem, was die Leute mit dem Anzeigenhauptmeister haben.Natürlich sollte es nicht dazu führen, dass ihm dann sozusagen Dinge geschehen,worauf andere Gesetze damit angewendet werden können.Insofern verstehe ich den Punkt natürlich auch.
Linus Neumann
Also, zu den roten Ampeln. Ich habe meine Strafen für das Überfahren roter Ampelnimmer mit Fassung bezahlt und mich da nie drüber aufgeregt.
Tim Pritlove
Mit dem Fahrrad?
Linus Neumann
Ja, ich bin natürlich nur mit dem Fahrrad. Wenn du im Auto über eine rote Ampelfährst, das kannst du nicht bringen.
Tim Pritlove
Warum nicht?
Linus Neumann
Das ist verboten.Okay, gut. Da würden sie mich auch nach dem Führerschein fragen.
Tim Pritlove
Eigentlich beim Fahrradfahren auch.
Linus Neumann
Ja, also ich habe tatsächlich mal für das Überfahren einer roten Ampel, die lauern ja.Die stellen ja auch Rotampelfallen. Aber auch das machen sie übrigens für Fahrradfahrerund nicht für Autofahrer.
Tim Pritlove
Für Autofahrer gibt es sogar richtige Maschinen.
Linus Neumann
Also pass auf, ich kann dir erklären, was passiert ist. Ich habe während desRadfahrens an einer Telefonkonferenz teilgenommen.Was legal ist.
Tim Pritlove
Aber verschlüsselt.
Linus Neumann
Verschlüsselt, ja. Ja, so. Und ich hatte das Handy in der Tasche,weil ich ja weiß, dass ich das Handy während der Fahrt nicht bedienen darf.Und hatte das Ding natürlich auf Mute, weil ich ja weiß, dass ich durch meineFahrgeräusche die Telefonkonferenz an ihrem Geschehen störe.So, dann wurde es mir aber dazu bunt und ich wollte mich zu Wort melden.Zu diesem Zeitpunkt stand ich an einer roten Ampel Und zwar am Alexanderplatz,Dann habe ich an dieser roten Ampel Was auch mein gutes Recht ist,Ähm.Moment, wie war das? Da wurde es grün. Ich hatte mein Handy noch in der Tasche.Ich bin losgefahren, habe in Vorbereitung meines Einschreitens in diese Telefonkonferenz,bin ich also nicht auf dem Radweg weitergefahren,sondern bin dann langsam, also absolut mit Schrittgeschwindigkeit,auf den Gehweg gerollt, dort zum Stehen gekommen. Ich konnte ja nicht auf der Straße anhalten.Ich bin also auf dem Gehweg zum Stehen gekommen, habe dabei mein Handy rausgeholt,mich unmutet und angefangen zu sprechen.Woraufhin ich mir zwei fahrradfahrende Polizisten auf dem Gehweg entgegen kamen, die zu mir fuhren.Also schon mal gegen dieses man darf nicht auf dem Gehweg fahren Gesetz.Übrigens auch auf der falschen Seite mir entgegen kamen.
Tim Pritlove
Außer man ist Polizist.
Linus Neumann
Genau und dann haben die mich wegen,Fahren auf dem Gehweg den ich ja wahrscheinlich gute 6 Meter berollt hatte.
Tim Pritlove
6 Meter das sind 6 Meter als erlaubt sind.
Linus Neumann
6 Meter mehr als erlaubt sind die sind aber 30, 40 Meter zu mir gefahren telefonieren am Steuer,Und zweifelhafter Beanstandung der Verkehrssicherheit meines Fahrrades mit einem Knöllchen versehen.Das war dann irgendwie so 100 noch was, 150 Euro oder sowas der Spaß gekostet hat.Das hatte aber leider noch die bittere Konsequenz,dass ich zum Wiederherstellen der Verkehrstauglichkeit meines Rades nach derenAuffassung ein Loch in diesen Fahrradrahmen bohren musste.
Tim Pritlove
Was? Wieso das?Achso, du hast kein Licht gehabt, oder was?
Linus Neumann
Nee, natürlich brauchte ich kein Licht an dem Fahrrad zu haben.
Tim Pritlove
Und was musst du da noch reinbohren?
Linus Neumann
Eine Auffassung für die Hinterradbremse.
Tim Pritlove
Dein Fahrrad hat hinten keine Bremse gehabt?
Linus Neumann
Selbstverständlich hat mein Fahrrad hinten eine Bremse gehabt.
Tim Pritlove
Ja, aber?
Linus Neumann
Es gibt in Berlin zwei unterschiedliche Urteile zu der Frage,ob ein Fixed-Gear-Fahrrad die Anforderungen von zwei unabhängigen Bremssystemen erfüllt oder nicht.
Tim Pritlove
Ah, du bist mit dem Hipster-Bike unterwegs gewesen und daran haben sie sich gestört.
Linus Neumann
Das Fahrrad, was mein verstorbener Freund als letztes designt hat,was ich gekauft habe, ja.Und dieses Fahrrad durfte ich dann auf Anordnung der Polizei beschädigen.Das war einfach nur, also ganz ehrlich, wenn du meinen Weg zur Arbeit fährst,das sind sechs Kilometer, sieben Kilometer durch Berlin Mitte,die kannst du nicht zurücklegen, ohne in Lebensgefahr zu geraten.Und dass dann da irgendwelche Polizisten ihre Hauptaugenmerk darauf legen,Radfahrer einfach nur zu schikanieren in Situationen, die in keiner Form…,in keiner Form irgendeinen Menschen in Gefahr gebracht haben oder sonstiges,ist einfach also da habe ich verliere ich sämtliches,Interesse diesen Staat noch weiter zu unterstützen und das ist wirklich Dasist eine arme Sau, der Typ, der zeigt da, der lässt da ab und zu mal einen Wieso?
Tim Pritlove
Vielleicht waren die von der Polizei ja ja auch arme Säue. Also letzten Endesist es aber genau das gleiche.So, weil er ja dann auch Leute sozusagen in Situationen gegen das Gesetz stellt,wo es aber real kein, also unterstelle ich jetzt mal, ich habe jetzt nicht alleSituationen gesehen und mit Sicherheit schreibt er auch mal Leute auf,wo man sagt, das geht ja gar nicht. Gar keine Frage.Aber es gibt sicherlich eine Menge Situationen, wo man sagt,hast du sie noch alle? Ja, das ist das Problem.
Linus Neumann
Ganz ordentlich alle. Also das ist ja auch klar, aber man muss doch auch malso einen Typ mal embracen und sagen, Mann ey, so groß ist die Wahrscheinlichkeit,dass ich die Freude habe mit dem nicht.Und jetzt, ja, jetzt darf ich nicht mehr im Halteverbot parken.Meine Güte. Also ich weiß nicht, wie oft die, wann immer ich ein Auto hattein Berlin, weißt du, wie oft die mir die Dinger abgeschleppt hatten?Weil, was da nämlich passiert ist, Auto in Berlin kann ja keine Sorge brauchen,also steht das die ganze Zeit rum.Also kommt irgendwann einer und stellt da ein Halteverbotsschild hin und dannkommt der Abschlepp-LKW und dann kriegst du eine Rechnung für weiß ich nicht,150 Euro kostet das Abschleppen, 70 Euro,das Parken im Halteverbot und so weiter,Das ist Teil des Sports.
Tim Pritlove
Man muss einfach kontextsensitiv vorgehen.
Linus Neumann
Sagen wir mal so, ich hätte keinerlei der Handzeigenhauptmeister verliert meinepersönliche schützende Hand, sobald der irgendwie einen Radfahrer belästigt.
Tim Pritlove
Sogar die Polizei kann ganz entspannt sein.Also ich hab's irgendwie tatsächlich mal gebracht, dass ich irgendwie so zerstört und völlig,ermüdet von irgendeiner Veranstaltung zurückkam, uns wirklich gebracht habe,das Auto, mit dem ich fuhr, auf der Straße stehen zu lassen.Der Schlüssel war noch drin und ich bin wie oben in die Wohnung reingegangenund bin oben eingeschlafen.
Linus Neumann
Da kannst du aber froh sein, dass die dich erst erwischt haben,nachdem du den Rausch ausgeschlafen hattest.
Tim Pritlove
Nee, ich war gar nicht so betraut. Das war kein Alkoholismus.Ich war wirklich nur vollkommen, ich weiß nicht mehr ganz genau,was der Grund war, aber ich war einfach todmüde und bin einfach eingeschlafen.Und ja, das konnte aber auch noch alles sehr entspannt und ohne größere Strafengeregelt werden. Die haben sich einfach nur sehr gewundert.Was wollen wir denn jetzt eigentlich mit dieser Meldung jetzt sagen,aber die würden es jetzt so ausführlich geäußert haben Du möchtest gerne.
Linus Neumann
Dass er nicht.
Tim Pritlove
Getötet wird jetzt.
Linus Neumann
Also ich finde dürfen eins nicht vergessen die Leute, die ihn angegriffen habendas hätte ich vielleicht noch früher dazu sagen sollen die haben den in derBahn erkannt das waren keine Opfer von dem,Leute.
Tim Pritlove
Haben ihn angegriffen? Ja. Hast du das schon erwähnt?
Linus Neumann
Der hat, also der wurde angegriffen. Der ist Opfer einer Körperverletzung geworden. Und zwar,Nicht, wie es zu erwarten gestanden hätte,dass der früher oder später halt einen auf die Fresse kriegt von jemandem,dem er im falschen Moment einen reinwürgt,sondern offenbar ist das am Abend des 2.März nach einem Match von Dynamo Dresden beim Halleschen FC.Und sagen wir mal so, Dynamo Dresden-Fans stelle ich mir nicht so angenehm vor.Ich weiß nicht, wie das Spiel verlaufen ist.Heimfans, dann war es in Halle. 18.20 Uhr, als die Bahn von etwa 20 Heimfansnach dem Spiel genutzt wurde, der Jugendliche wurde anschließend verletzt inein Krankenhaus gebracht.Sein Mobiltelefon wurde später auf dem Bahnsteig gefunden. gefunden.So, das heißt, er hat jetzt von Menschen, die er, mit denen er nichts zu Leidegetan hat, angegriffen.Und das ist, denke ich, eine eindeutige direkte Konsequenz dieser Spiegel Online-Dokuund der massenhaften Aufmerksamkeit, die der natürlich überall bekommen hat.
Tim Pritlove
Heißt das jetzt, dass man ich meine jetzt mal die Perspektive Spiegel-TV Spiegel,was war das? Spiegel-Online? Spiegel-TV?
Linus Neumann
Spiegel, es gibt ja keine also Spiegel-TV ist sowieso nochmal was anderes alsSpiegel-Online, aber inzwischen gibt es ja gar keine Unterscheidung mehr.
Tim Pritlove
Okay, also dieses Fernsehteam, was halt schon seit vielen, vielen Jahren diesesSpiegel-TV macht, das ist ja jetzt beileibe nicht das erste Produkt dieser Art.Denkst du, dass dass das jetzt, sagen wir mal, die Ursünde in diesem Fall ist,dass man darüber berichtet?Also ich meine, wenn du jetzt so ein Journalist wärst.
Linus Neumann
Ich bedauere, ich muss einfach mal wirklich mein Bedauern darüber ausdrücken,dass dem Internet die Reife fehlt, um sich an sowas zu erfreuen.Und dass wir eine Situation haben, wo so einer, Und das war ja,also, es haben ja wirklich viele vorhergesagt, dass der, und da brauchst du auch nicht viel, ähm.Kompetenz zu, um dir vorzustellen, dass der eine sehr fürchterliche,dass diese Öffentlichkeit, die er jetzt bekommt, für ihn fürchterliche Folgen haben wird.Das hat auch ein Artikel im RND auch schon vorhergesagt.Der sagte so, das ist schlimm, der wird Opfer von Gewalt werden.
Tim Pritlove
Drachendort gelodet sozusagen.
Linus Neumann
Ja, und das finde ich halt fair game, wenn das in der Situation ist,wo er jemandem auf den Sack geht, wenn das jetzt irgendwie eines seiner konkretenOpfer ist, dass er sich nicht anders zu helfen weiß, weil er sich nicht artikulieren kann, ist okay.Ich denke, das ist ein Risiko, was er selber kennt.Und vielleicht notfalls mit seinem Pulli-2-Fahrrad dann da wegfährt oder so.Dass der jetzt quasi eine Zielperson öffentlicher Hetze ist, finde ich halt schlimm.
Tim Pritlove
Ja, ist auch schlimm. Ja.Aber er macht das noch. Bis man nicht...Ich würde ihm einfach raten, such dir ein anderes Hobby. Es gibt andere schöneDinge, die man machen kann.Also wenn man so einen Spaß dran hat, Gesetze umzusetzen, da gibt es auch sogarein Berufsbild dazu. Wie heißt das nochmal gleich?
Linus Neumann
Polifzai?
Tim Pritlove
Polifzi. Nee, Rechtspfleger heißt das.Rechtspfleger. Da könnt ihr doch Rechtspflege machen. Das wird doch vielleicht was für ihn. Naja.
Linus Neumann
Aber also.
Tim Pritlove
Alle Beteiligten haben ja eigentlich irgendwie so ein bisschen mal drüber nachzudenken,was sie eigentlich tun, würde ich sagen. Ja genau.
Linus Neumann
Welche Veränderung möchtest du in der Welt machen?
Tim Pritlove
Also die Journalisten sollten sich ein bisschen darüber Gedanken machen,was ihre Berichterstattung für Auswirkungen hat.Die Hater sollen einfach mal kacken gehen und Herr Hauptmeister selber.
Linus Neumann
Herr Nanter, sollte sich auch mal überlegen. Und die Polizei,die müssen ihr Nummernschild sauber machen.
Tim Pritlove
Ich meine, man könnte ja auch Briefmarken sammeln oder Blumen pressen oder esgibt so viele schöne Hobbys, mit denen man seine Zeit sinnlos vergeuden kann. Warum das?Naja, okay.Jetzt machen wir hier Schluss.
Linus Neumann
Internet pflege deine Helden, sonst hast du halt irgendwann keine mehr.
Tim Pritlove
Haben wir sonst noch was beizutragen? Nee, ne? Nee, ist auch schon wieder ganzschön lang hier unsere Sendung, glaube ich, oder?Ich schau mal Uiuiui, ja das reicht,Gut Leute damit schicken wir euch in die Woche und,mir fällt mir jetzt irgendwie nicht dazu ein Nee.
Linus Neumann
Mir auch nicht Ja.
Tim Pritlove
Auch nicht.
Linus Neumann
Achso, du musst ja jetzt...
Tim Pritlove
Nee, nee, muss ich nicht.
Linus Neumann
Okay. Ciao, ciao.

Shownotes

Prolog: unter eins, zwei, drei

Feedback

Anonyme Bewertungen

iOS WebApps

Triggerwarnungen und Content Warnings

Defediverse

Danke, Markus Beckedahl!

Daniela Klette

AI Act ohne strenge Einschränkungen

Abgehörte WebEx-Konferenz der Bundeswehr

Europäische Normen und Bezahlschranken

Anzeigenhauptmeister

LNP486 Das fünfte Element

Product Liability Directive — Cyber Resilience Act — Platform Workers Directive — European Health Data Space — AI Act

Die heutige Folge ist ein Spezial zur aktuellen EU-Gesetzgebung. Tim und Thomas besprechen mit Ralf Bendrath und Arnika Zinke, die beide für die Grüne Fraktion in der EU an der Gesetzgebung mitarbeiten, gerade bzw. bald beschlossene neue Richtlinien und Verordnungen. Einen besonderen Schwerpunkt legen wir dabei auf den AI Act und diskutieren seine Entstehung und konkrete Ausgestaltung.

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Tim Pritlove
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Thomas Lohninger
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Ralf Bendrath

Für diese Episode von Logbuch:Netzpolitik liegt auch ein vollständiges Transkript mit Zeitmarken und Sprecheridentifikation vor.

Bitte beachten: das Transkript wurde automatisiert erzeugt und wurde nicht nachträglich gegengelesen oder korrigiert. Dieser Prozess ist nicht sonderlich genau und das Ergebnis enthält daher mit Sicherheit eine Reihe von Fehlern. Im Zweifel gilt immer das in der Sendung aufgezeichnete gesprochene Wort. Formate: HTML, WEBVTT.


Transkript
Tim Pritlove
Guten Morgen Thomas.
Thomas Lohninger
Guten Morgen Tim.
Tim Pritlove
Sag mal, wie ist eigentlich das Wetter in Brüssel?
Thomas Lohninger
Das muss noch abgestimmt werden. Wir haben noch kein Tredo-Gergebnis.
Tim Pritlove
Logbuch Netzpolitik Nummer 486 vom 13. März 2024. 2024.Und ja, den Linus, den habe ich mal kurz weggeschickt, damit wir hier uns malum die seriösen Themen kümmern können.Und begrüßen natürlich erstmal Thomas. Habt ihr schon gehört? Hallo Thomas.
Thomas Lohninger
Hallo. Genau.
Tim Pritlove
Und heute haben wir eine große Runde, nämlich eine große EU-Runde und begrüßenaußerdem noch den Ralf, Ralf Benrath. Hallo.
Ralf Bendrath
Hallo.
Tim Pritlove
Hallo, du warst ja schon mal bei uns und ganz frisch neu mit dabei,grüße ich auch noch die Annika, hallo.
Arnika Zinke
Hallo, servus.
Tim Pritlove
Ja, Annika, Annika Zinke, fangen wir doch mal mit dir kurz an.Stell dich doch mal bitte kurz vor, dass wir mal wissen, was du so machst und was dich zu uns führt.
Arnika Zinke
Ja, hallo, freut mich sehr dabei zu sein. Genau, also ich bin Annika,ich komme ursprünglich aus Wien.Also jetzt haben wir heute zwei Quoten Österreicher quasi im Podcast.Das kommt wahrscheinlich auch nicht so oft vor. Genau, ich war ursprünglichJournalistin in Wien und bin dann über Umwege in Brüssel gelandet.War dann bei Alexandra Gese als Praktikantin im Office und habe dort auch begonnen,an Digital Services Act zu arbeiten.Und bin dann in die Fraktion gewechselt, vor zweieinhalb Jahren in der Fraktionder Grünen und war dort zuerst Beraterin für horizontale Digital-Koordinierung.Das heißt quasi über die verschiedenen Ausschüsse übergreifend alles,was Digitalpolitik trifft, zukoordinieren und im Rahmen dessen auch recht stark KI-Gesetz gearbeitet,weil das natürlich über sehr viele verschiedene Ausschüsse drübergegangen ist,weil das ein Thema ist, das nicht unbedingt in einen Ausschuss gut reinpasst.Und bin seit gut einem Jahr jetzt im Binnenmarktausschuss, was einer der zweifederführenden Ausschüsse im KI-Gesetz auch ist, über das wir heute noch sprechen werden.Genau, und habe aber unter anderem auch an anderen Files gearbeitet,wie zum Beispiel im European Media Freedom Act, der heute auch im Plenum abgestimmt wurde.Im Cyber Resilience Act habe ich auch ein bisschen mitgearbeitet.Genau, also alles, was quasi Digitalpolitik betrifft und Binnenmarkt irgendwiebetrifft, fällt in meinen Ressort.
Tim Pritlove
Was war denn so uninteressant am Journalismus, dass du die Politik gewechselt bist?
Arnika Zinke
Es war nicht unbedingt uninteressant, aber zum einen, wie es für viel bewusstist, ist der Journalismus ein recht prekäres Arbeitsumfeld.Das war also einer der Hauptgründe. Und der andere Grund war auch,dass dadurch, dass wir sehr viel online gearbeitet haben,ich großes Interesse daran hatte, besser nachzuvollziehen, beziehungsweise mehrdaran zu arbeiten, wie Plattformen eigentlich Inhalte verbreiten,verbreiten, mehr Richtung eben Empfehlungsalgorithmen zu arbeiten.Und deswegen habe ich dann auch, ja, war ich sehr interessiert,am Digital Services Act zu arbeiten, habe dazu auch meine zwei Masterarbeiten geschrieben.Also die Digitalpolitik hat mich im Rahmen meiner journalistischen Karrierequasi immer mehr begleitet, sodass ich dann so interessiert daran war,dass ich mir dachte, okay, ich möchte hauptberuflich daran arbeiten.
Tim Pritlove
Okay. Masterarbeit in was?
Arnika Zinke
Also es waren zwei zum Digital Services Act, weil ich habe dann schon nicht genug davon bekommen.Also beim einen ging es darum, wie Initiativberichte im EU-Parlament,ob die eine Auswirkung auf die Kommissionsvorschläge haben können.Und das habe ich im Rahmen des Digital Services Act gemacht.Und bei dem anderen ging es mehr um Empfehlungsalgorithmen und wie die DigitalServices Act reguliert werden.
Tim Pritlove
Und das war dann für Politikwissenschaft?
Arnika Zinke
Genau, Politikwissenschaften und internationale Beziehungen.
Tim Pritlove
Okay.
Thomas Lohninger
Wir haben heute ja sehr viele EU-Themen. Da können wir gleich einsteigen.Ein Initiativbericht, weil das ist auch ein Begriff, der gerade gefallen ist.Das sind einfach nicht bindende Resolutionen, könnte man sagen,die das Parlament erlässt.Also das sind fast die einzige Sache, die das Europaparlament von sich aus machenkann und initiieren kann, die halt zur Meinungsbildung dienen sollen.Was hat denn deine Masterarbeit ergeben? Haben sie einen Impact gehabt?
Arnika Zinke
Genau, es ist so, dass das Parlament ja kein Vorschlagsrecht hat,im Gegensatz zur Kommission, die die Gesetze ja vorschlagen darf.Und von allein hat am Anfang ihres Mandatsangekündigt, dass sie die Initiativberichte mehr ernst nehmen wird.Und das, was meine Forschung ergeben hat, ist, dass es zwar...In der Theorie nicht übernommen werden muss, in der Praxis es aber schon derKommission etwas bringt, wenn die Mehrheiten in den Initiativberichten geformtwerden, auch berücksichtigt werden im Vorschlag.Das heißt natürlich, wenn man möchte, dass der Vorschlag in irgendeiner WeiseErfolg hat, ist es nicht dumm, sich anzusehen, wie Mehrheiten im Parlament gebildet werden.Und natürlich, wenn das Parlament dann genau zu einem bestimmten Bereich etwasveröffentlicht, dann schon einen Einfluss.Aber grundsätzlich ist es halt schon so, dass viele von den Initiativberichtenauch nicht, vor allem Initiativberichte, die jetzt nicht unbedingt auf ein Gesetzspezifisch ausgerichtet sind, nicht unbedingt den Erfolg haben,den sich manche Politiker inne erhoffen.Also man muss da schon auch ein bisschen differenzieren und es ist nicht so,dass jeder Initiativbericht mit dem Strichpunkt übernommen worden ist.Aber gerade beim Digital Services Act, was ja auch ein sehr großes Gesetz war,war das ein bisschen anders, würde ich sagen.Aber vielleicht mal greife ich noch, was zu sagen, weil Ralf schon länger im Parlament ist als ich.
Tim Pritlove
Ja, genau, Ralf, sag doch mal was. Du darfst dich auch noch mal vorstellen.
Ralf Bendrath
Ja, danke auch noch mal für die Einladung. Ich bin, genau wie Annika,Fraktionsreferent der Grünen-EFA-Fraktion im Europäischen Parlament.Ich bin für den Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres zuständigund mache da vor allem Datenschutz.Das ist der Ausschuss, der auch federführend für Datenschutz zuständig ist.Nebenbei aber alles, was an anderen Digitalsachen so anfällt,inklusive auch Polizeiinformationsaustausch, polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit und solche Sachen.Ich mache aber inzwischen relativ viel auch ausschussüberschreitende Arbeit,weil jetzt inzwischen die Kollegen alle mitgeschnitten haben,dass ich hier der Onkel Ralf von der DSGVO bin.Ich habe früher für den Berichterstatter Jan-Philipp Albrecht bearbeitet,als das Ding verhandelt wurde und habe seitdem sogar einen IMDb-Eintrag.Und jetzt kommen die Kollegen immer und haben irgendwas zu europäischer Sozialversicherungskarteim Beschäftigungsausschuss oder zu Veröffentlichung von Agrarzuschüssen im Agrarausschussoder zu irgendwelchen anderen Themen,wo es irgendwie dann auch Datenschutzfragen plötzlich gibt.Ich gehe jetzt zum Financial Information Access Geschichte, Finanzdatenraumund komme immer, Ralf, kannst du hier mal drüber gucken?Und das ist ganz, bis zur Fischerei ging das schon. Das ist irgendwie ganz lustigmanchmal. Dann lernt man auch viel über den Tellerrand hinaus.Ja, und ich habe jetzt die Freude gehabt, mit Arne quasi die letzten,weiß nicht, drei Jahre oder so zusammenzuarbeiten am KI-Gesetz,am Artificial Intelligence Act, weil...Ja, da kommen wir später zu. Die Details dazu spreche ich mir für nachher.Aber warum das ein gemeinsames Ausschussverfahren mit dem Binnenmarkt und demInnenausschuss war, das war eine lustige Geschichte.Es gibt noch Axel Voss-Witze später.
Tim Pritlove
Das sind immer die besten. Und hast du auch schon einen Initiativbericht mal angestoßen?
Ralf Bendrath
Angestoßen selber nicht.Verdoppelt. Wie viel davon jetzt in der KI- Verordnung im IAI-Act gelandet ist,ich glaube ehrlich gesagt gar nicht so viel, weil die Kommission da einen sehrstrikten Rahmen gesetzt hat, aber da gehen wir später noch an die Details.
Tim Pritlove
Nur mal um so ein Gefühl dafür zu bekommen, weil ich habe diesen Begriff Initiativberichtehrlich gesagt noch nie gehört, aber wie viele werden denn da so pro Jahr von gemacht?Ist das so ab und zu mal einer oder passiert das am laufenden Meter?
Ralf Bendrath
Nee, das passiert viel viel am Anfang der Legislaturperiode,wenn die neue Kommission erst anfängt, ihr Arbeitsprogramm abzuarbeiten undbis dann die ersten Gesetzesvorschläge kommen, dauert es meistens eine Weileund dann sind die Leute noch übermotiviert und wollen selber was machen.
Tim Pritlove
Hast du so Beschäftigungstherapie fürs Parlament?
Ralf Bendrath
So ein bisschen. Die Abgeordneten wollen mal irgendwas sagen,ohne dass es gleich ein Gesetz ist und dann schreibt man halt so einen Initiativbericht.Das ist quotiert. Das können nicht beliebig viele werden.Ich weiß nicht, ob das in allen Ausschüssen so ist. Bei uns im Innenausschussist es so, dass dass, glaube ich, parallel immer nur sechs gleichzeitig verhandelt werden dürfen?
Arnika Zinke
Ich glaube, die Kapazität hätten wir gar nicht, sechs gleichzeitig zu verhandeln.Also ich glaube, daran scheitert es schon, aber normalerweise kann man die vorschlagenund das ist in der Menge begrenzt.Aber wir hatten zum Beispiel im Binnenmarktausschuss gegen Ende noch einen sehr erfolgreichen,Initiativbericht zu Addictive Design, also Abhängigkeit machendem Design,sein, hört sich in Deutsch nicht so gut an, wo wir das Feedback auch von derKommission bekommen haben, dass das eins der Top-Themen ist,an dem die jetzt auch für die nächste Legislaturperiode arbeiten.Also es kommt auch ein bisschen darauf an, in welcher, ob man quasi so ein bisschendas Gefühl hat, in die richtige Richtung quasi zu stechen mit dem Thema.
Ralf Bendrath
Also Initiativberichte sind so ein bisschen strikter reguliert.Die müssen von der Konferenz der Fraktionsvorsitzenden bewilligt werden.Wie gesagt, es darf nur sechs parallel laufen, zumindest in meinem Ausschuss.Andere Ausschüsse können aber noch eine Beteiligung einfordern und dazu nochOpinions machen, die dann irgendwie berücksichtigt werden müssen oder auch nicht.Das ist ein bisschen mühsam. In meinem Ausschuss ist es eher so,wenn wir irgendwie eine Stellungnahme raushauen wollen, dann machen wir eine Resolution.Die wird einfacher verhandelt, die muss nicht genehmigt werden.Da gibt es auch keine anderen Ausschüsse, die mit reinquatschen wollen.Und die wird dann quasi vom Liebeausschuss, also Civil Liberties,Justice, Non-Fers, direkt im Plenum getabelt. Und dann ist sie meistens nacheinem Monat schon durch.
Tim Pritlove
Verstehe. Es gibt also sozusagen auch noch kleinere Einheiten von Schlussfassungen.
Ralf Bendrath
Ich entdecke nach 15 Jahren hier immer noch Sachen in der Geschäftsordnung,die ich bisher noch nicht kannte.
Tim Pritlove
Na gut, aber wir wollen uns ja heute nicht so sehr mit der Bürokratie an sich beschäftigen,sondern mal konkret reinschauen, was derzeit denn eigentlich so alles in derPipeline ist, beziehungsweise jetzt gerade beschlossen worden ist oder unmittelbarvor dem Beschluss steht, unter anderem den AI-Act.Aber du, Ralf, hast ja noch ein paar andere Themen auch noch,die du mitgebracht hast.
Ralf Bendrath
Ja, das ist so ein bisschen eine Digitalwoche hier im Plenum gerade.Deswegen ist Annika ja auch gerade in Straßburg, weil gerade Plenarsitzung desEuropäischen Parlaments in Straßburg ist.Und zwei, was heißt kleinere, die nicht so viel Aufsehen erregt haben,Sachen sind mir hier noch aufgefallen.Das ist einmal die Produkthaftungsrichtlinie, die revidiert wurde und der Cyber Resilience Act.Und die führen beide Sachen ein, für die wir damals mit Jan-Philipp Albrechtnoch und so schon seit teilweise zehn Jahren gekämpft haben.Wo man also auch mal schön sehen kann, Politik ist manchmal echt das langsame Bohren dicker Bretter.Als wir damals angefangen haben, mit Jan-Philipp Albrecht uns um Produktsicherheit,also Quatsch, IT-Sicherheit mal zu kümmern, kam man ziemlich schnell drauf,auch natürlich durch Gespräche mit Linus und anderen vom CCC und so.Es gibt keine guten Anreizstrukturen bisher für die Hersteller,sich ernsthaft um IT-Sicherheit zu kümmern.Es gibt keine Produkthaftung für Software, es gibt keine Verpflichtung,Sicherheitsupdates zu liefern oder irgendwas.Software kommt immer mit dieser allgemeinen Terms of Service zum Anklicken,ich akzeptiere die Software so, wie sie ist.Und keiner ist verantwortlich. Das hat sich jetzt geändert, nach diesen zehnJahren oder wie lange da andere Leute schon drüber nachgedacht haben.Und das eine ist die Product Liability Directive, die Produkthaftungsrichtlinie,die gibt es schon ewig, die ist dieses Jahr 39 geworden,wurde 1999 mal kurz ein bisschen gänzt, um landwirtschaftliche und Fischereiprodukte mit abzudecken.Und sie sagt im Prinzip, wenn du ein schadhaftes Produkt verkaufst und Leutenehmen deswegen Schaden daran, das kann auch mentalen Schaden beinhalten,dann bist du verantwortlich undmusst dafür haften und im Zweifelsfall Schadensersatz und sowas zahlen.Und jetzt mit der neuen Revision, die gerade gestern angenommen wurde,ist endlich auch Produkthaftung für Software mit dabei.Das heißt, wenn du eine schadhafte Software in den Markt bringst,kommerziell, das ist immer nur kommerziell, dann bist du haftbar.Das heißt, damit hast du natürlich jetzt als Hersteller einen starken Anreiz,dich mal ernsthaft um IT-Sicherheit zu kümmern.Was wichtig ist, da gab es auch zwischendurch immer wieder mal Fragen aus der Community, die,Wenn du ein freier Softwareentwickler bist, der nur zu Hause so ein bisschenvor sich hin frickelt und das Zeugs irgendwo auf GitHub hochlädt oder so,aber das nicht geschäftlich macht, dann bist du nicht in der Verantwortung.Wenn jemand jetzt dein freies Softwaremodul nimmt und ein kommerzielles Produkteinbaut, dann ist der dafür verantwortlich und nicht du als Entwickler von demkleinen Open-Source-Software-Tool.Das war also ganz wichtig, das haben wir da auch gewonnen.Was sonst? Ja, ich glaube, das waren so die wesentlichen Elemente.
Thomas Lohninger
Ja, vielleicht bei dem Punkt. Das war auch etwas, das wirklich gerade bei derFree Software Foundation Europe ein riesiges Thema war.Also in der gesamten Community der freien und offenen Software hat man sichda große Sorgen gemacht rund um Cyber Resilience Act.Und es ist gut, wenn da jetzt eine Lösung gefunden wurde, die einfach gemeinwohlorientierte,nicht kommerzielle Produkte ausnimmt. Und ich frage mich dann immer so,wie stabil sind die Definitionen? Ist das wirklich gut abgegrenzt?Und de facto, was du damit natürlich dann auch hast, ist, dass die Person,die daraus ein Geschäft macht, auf einmal natürlich auch alle etwaige Haftungübernimmt und die nicht weitergeben kann an irgendwen.Was, glaube ich ja auch, wenn wir so beim ersten drüber nachdenken,eine brauchbare Lösung ist.Ein anderes Thema, was beim Cyber Resilience Act noch ganz… Thomas.
Ralf Bendrath
Wir waren noch bei der Produkthaftungsrichtlinie. Cyber Resilience Act habeich mir gar nicht vorgestellt. Aber es geht sehr ineinander über.
Thomas Lohninger
All the same.
Tim Pritlove
Also kurze Anmerkung dazu. Also diese Product Liability Directive,die gibt es ja im Prinzip schon.Die ist bloß 40 Jahre alt und seitdem nicht wirklich angefasst worden,wenn ich das richtig sehe.
Ralf Bendrath
Doch, es wurden 1999 landwirtschaftliche und Fischereiprodukte mit reingetan.
Tim Pritlove
Aha.Deine neue Kernkompetenz sozusagen.
Ralf Bendrath
Aber sonst nichts. Und jetzt diegroße Neuerung ist eben, dass jetzt auch digitale Produkte mit drin sind.
Tim Pritlove
Ah, okay. Und was heißt das dann konkret? Also ich meine, wenn ich jetzt sozusagenWindows benutze und dann mentalen Schaden davon trage, was ich durchaus fürwahrscheinlich halte, dann kann ich dann sozusagen Bill Gates anrufen und dermuss mir dann Rente zahlen.
Ralf Bendrath
Naja, wenn dann die entsprechenden Gerichte, wo das wahrscheinlich landen wird,entscheiden, dass das Produkt schadhaft war und du deswegen einen mentalen Schadendavon getragen hast, dann ja.
Tim Pritlove
Verstehe.
Ralf Bendrath
Halte ich aber den Fall eher für unwahrscheinlich. Es gibt sozusagen kaputteSoftware, die einfach Sicherheitslücken und ähnliches hat.
Tim Pritlove
Ja, und das heißt, hat das den Status einer Verordnung? Gilt das sozusagen unmittelbar dann?
Ralf Bendrath
Das ist eine Richtlinie, die muss durch nationales Recht umgesetzt werden.
Tim Pritlove
Okay, und das heißt, das kann auch noch ein bisschen dauern, sozusagen.
Ralf Bendrath
Ja, da fragst du mal die FDP, wie lange die wieder auf die Bremse treten will.Das ist ja hier inzwischen ein Running Gag, hätte, hätte Lieferkette.
Tim Pritlove
Ja, genau. Okay, gut, aber nehmen wir jetzt mal an, es sei im Sinne des Gesetzesin eine Richtlinie überführt worden bereits.Kannst du mal so einen typischen Fall aufmachen, den ihr sozusagen bei dem Designim Sinn hattet und wie sich das dann äußern könnte konkret?
Ralf Bendrath
Annika, hast du da mehr mit zu tun gehabt? Weil das ja euer Ausschuss war.
Arnika Zinke
Es war mein Ausschuss, aber es war mein Kollege, der daran gearbeitet hat.Aber es ist zum Beispiel jetzt nicht KI, nur um das ganz kurz zu sagen,weil für KI war eigentlich ein Schwestergesetz vorgesehen, nämlich die KI-Haftungsrichtlinie.Die steckt aber momentan im Justizausschuss fest, da ist der Berichterstatter Axel Voss.Also da gab es etwas Ungereimtheiten, was die Ausrichtung des Gesetzes betrifft.Aber ja, ich habe nicht in der plattbaren Produkthaftungsrichtlinie gearbeitet.
Ralf Bendrath
Ja, ich habe die jetzt auch nicht im Detail verfolgt. Ich habe vor allem dasBriefing von unserem Kollegen dazu gelesen.Also auch nicht den ganzen Gesetzestext. Aber so ein Beispiel,was ich mir jetzt da vorstellen würde, ist, wenn du dir einen Smart Thermostatkaufst für deine Heizung.
Tim Pritlove
Ja, habe ich gerade gemacht. Sehr gut. Viel Spaß.
Ralf Bendrath
Wer klemmt denn bitte sein Haus ans Internet?
Tim Pritlove
Dann mit dem Internet hat das einfach nichts zu tun.
Ralf Bendrath
Ach so, okay. Aber wenn das Ding sozusagen Internet-Konnektivität hat und sichda jemand reinhackt und irgendwie deine Heizung so hoch dreht,dass der Boiler kaputt geht oder sowas, dann wäre der Thermostat-Hersteller dafür haftbar.
Tim Pritlove
Wow.
Ralf Bendrath
Wenn sozusagen dem nachzuweisen ist, dass er hier ein schadhaftes Produkt auf den Markt gebracht hat.
Tim Pritlove
Aber mit dem Nachweis, das könnte natürlich dann nochmal so ein Ding werden.Das muss sich dann erst mal noch zeigen vor den Gerichten, was für Nachweisedort erbracht werden müssen.Oder gibt es dafür auch dann schon eine Maßgabe, wie das zu erfolgen hat?
Arnika Zinke
Es gibt bei bestimmten Fällen eine Umkehrung von der Beweislast.Die bestimmten Fälle müsste ich aber nachschauen. Aber es gibt Fälle,wo es für den Konsumenten sehr schwierig nachzuweisen ist, wo das umgekehrtwird und auch in Fällen, wo es eben besonders schwer der Schaden wäre.
Tim Pritlove
All right, gut. Dann können wir ja auf den Cyber Resilience Act kommen,Ralf. Was hat es denn damit auf sich?
Ralf Bendrath
Genau, das ist ein neues Gesetz. Das ist eine Verordnung, gilt also unmittelbar,nachdem sie jetzt veröffentlicht wird und dann in Kraft tritt.Und da geht es sozusagen nochmal härter wirklich in die Pflicht für Anbietervon elektronischen Endgeräten. Das kann auch Software beinhalten oder andere digitale Devices.Das ist so ein bisschen ähnlich aufgehängt wie das KI-Gesetz,der AI-Act im Rahmen dieses sogenannten New Legislative Framework,wo noch so ein ganzer Rattenschwarz von Marktaufsichtsbehörden dranhängt undso und am Ende das CE-Label rauskommt, was man so kennt als Label für Produktsicherheit in Europa. Ja.Die Hersteller von solchen Produkten,also das ist eine relativ allgemein gehaltene Regelung, Artikel 13,Obligations of Manufacturers, also Auflagen für Hersteller, die müssen sichan die essentiellen, ich weiß immer nicht, was du auf Deutsch hast,wir machen alles auf Englisch hier, Essential Requirements,essentielle Anforderungen, danke, in Annex 1 halten.Und Teil 1 von Antrag 1 ist über Cyber Security.Und da steht dann ganz klar drin, Produkte mit digitalen Elementen sollen designt,entwickelt und hergestellt werden, sodass sie ein angemessenes Level von Cybersicherheitbasierend der jeweiligen Risiken liefern.Und sie sollen zum Beispiel auf den Markt gebracht werden ohne bekannte Sicherheitslücken.Also versteckte Backdoors, die der Hersteller kennt, aber nicht angibt beimVerkauf, sind jetzt damit verboten offiziell.Sie müssen bei Default einer sicheren Konfiguration ausgeliefert werden.Sie müssen Sicherheitsupdates kriegen können. Sie müssen vor ungesichertem Zugriffgeschützt sein und wenn es einen Zugriff geben sollte, müssen Sie es berichten.Und jetzt steht sogar noch drin, Sie müssen die Vertraulichkeit von gespeicherteroder übertragener Daten,egal ob persönliche Daten oder andere, sicherstellen, unter anderem durch Verschlüsselung,Speicher und auch Transit. Ja.Und die Sicherheitsupdates müssen mindestens für fünf Jahre bereitgestellt werden.Außer das Produkt hat absehbar eine deutlich geringere Lebenszeit,dann reicht es auch kürzer.Aber mindestens sind erstmal normalerweise fünf Jahre müssen verpflichtendeSicherheitsupdates geliefert werden.
Tim Pritlove
Fünf Jahre ab was? Ab was gerechnet?
Ralf Bendrath
Ab Verkauf. Ab Verkauf. Verstehe ich zumindest so.
Thomas Lohninger
Also das ist wirklich so wie ein Mindesthaltbarkeitsdatum, nur diesmal wirklichfür Sicherheitsupdates. Genau.
Ralf Bendrath
Und die sagen auch ganz deutlich da, ich glaube in einem Erwägungsgrund,ich finde den Teil gerade jetzt nicht mehr sofort,wenn klar ist, dass das Gerät eine längere Lebenszeit hat, zum Beispiel Routeroder andere Sachen, die normalerweise länger laufen als fünf Jahre,dann müssen die Sicherheitsupdates auch jetzt für die erwartbare Lebenszeit geliefert werden.Was da jetzt noch nicht drin ist, das hatten wir mit Linus damals mal diskutiertbei einer Anhörung unserer Fraktion zur IoT-Sicherheit, kurz nach dem WannaCry-Unglück.Was passiert, wenn diese Lebenszeit erreicht ist, End of Life,und die keine Sicherheitsupdates mehr liefern? Wann müssen sie dann sozusagendem Nutzer es ermöglichen, das Produkt selber up-to-date, wenn zum Beispieldie Software unter freie Lizenzen gestellt werden muss oder so. Das ist hier noch offen.Das ist nicht geklärt. Du hast einfach nur jetzt mindestens fünf Jahre die Updates.Wenn das Produkt absehbar länger hält, dann auch noch länger.Ja, und danach kannst du es dann wegschmeißen oder auf eigenes Risiko weiter benutzen.Aber das ist wirklich ein ziemlicher Durchbruch, finde ich. Das muss man echt mal anerkennen.
Tim Pritlove
Das würde ich auch meinen.
Arnika Zinke
Es war tatsächlich ein Änderungsantrag im Binnenmarktausschuss,das unter einer freien Lizenz zu veröffentlichen, wenn es nicht mehr am Marktist. Leider hat es keine Mehrheit bekommen.
Thomas Lohninger
Ja, solche Sachen werden nie verstanden. Aber jetzt mal praktisch gefragt,wenn du sagst Mindeststandards bei IT-Sicherheit, so peinliche Dinge wie ungehäschtePasswörter, das dürfte es dann nicht mehr geben, oder?
Ralf Bendrath
Nee. Nee.
Thomas Lohninger
Und etwas, an das ich mich auch noch erinnere, wir haben am Anfang an dem Gesetz gearbeitet,da gab es ja auch diese Meldung von Sicherheitslücken, wenn ein Hersteller jetzt etwas findet,eine Lücke in der eigenen Software oder in den eigenen Geräten,dass diese Lücken dann auch an staatlichen Stellen unmittelbar gemeldet werdenmüssen, auch noch bevor die Sicherheitslücke behoben wurde.Wo es dann ja auch die Sorge gab, dass dieses Wissen um etwaige Einfallstoredann von staatlichen Stellen vielleicht sogar auch missbraucht würde für zumBeispiel Staatstreuer.
Ralf Bendrath
Ja, ich habe den Text jetzt nicht vor mir, aber wie ich den Briefing vom KollegenChristian entnehme, gibt es jetzt anscheinend eine neue Stelle bei der EU-IT-SicherheitsagenturEnisa, die genau diese Sicherheitslücken bekommen soll.
Thomas Lohninger
Ja, das war nämlich wirklich ein bisschen problematisch, weil damit natürlich,wenn du konkret den Weg, wie deine Software aufgemacht werden kann,sofort melden musst, noch bevor du es geschlossen hast.Also das widerstößt dann ein bisschen gegen, Sponsor-Predisclosure ist das jetztnicht, aber es öffnet gewisse Gefahren.
Ralf Bendrath
Okay, ob man die bevor man es gepatcht hat schon melden muss,weiß ich jetzt nicht. Das müsste man im Detail nochmal nachgucken.Das habe ich jetzt nicht vor mir.
Thomas Lohninger
Das war zumindest früher mal ein Problem. Ab wann gelten denn diese Gesetze?
Ralf Bendrath
Der Cyber Resilience Act, wie gesagt, ist eine Verordnung, die gilt unmittelbar.Die ist jetzt quasi heute, gestern angenommen worden im Plenum.Das muss jetzt der Rat formal noch annehmen, weil wir noch im ersten Lesungsverfahren sind.Dann wird es im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Und dann weiß ich nicht,ob es irgendwelche Übergangsfristen gibt oder ob das dann sofort gilt.Steht jetzt hier nicht im Briefing drin.
Arnika Zinke
Also meines Wissens nach gibt es relativ lange Übergangsfristen.Also zumindest nachdem es aus dem Parlament kam, haben wir sehr große Problemegehabt, die Fristen nicht allzu lange zu haben.
Tim Pritlove
Also ein paar Jahre, oder was muss man sich da jetzt vorstellen?
Arnika Zinke
Ja, genau, ein paar Jahre.
Tim Pritlove
Okay, das tropft also so langsam rein.
Ralf Bendrath
Okay, ich sehe gerade Artikel 14, Reporting Obligations of Manufacturers.Da geht es offenbar nur um Verwundbarkeiten, die aktuell aktiv ausgenutzt werden.Wenn also gerade irgendwie Angriffe laufen, dass dann die nationalen C-Cert-Koordinatorenund Enisa benachrichtigt werden sollen, damit die Schritte ergreifen können.Wenn gerade ein Angriff läuft, macht das ja auch Sinn.Aber darüber hinaus sehe ich jetzt keine Verpflichtungen.
Tim Pritlove
Zumindest gibt es jetzt erstmal nicht mehr das Admin-Admin-Standardpasswortbei irgendwelchen Routern.Das ist schon mal wichtig, dass mal überhaupt so eine Linie da gezogen wird mit so Leuten.Also wenn ihr hier irgendwie mitspielen wollt, dann ist einfach mal ein gewissesMinimum jetzt auch definiert und nicht nur so der Markt macht das schon.Und ich denke, das ist dann doch schon ein wichtiger Schritt nach vorne.
Thomas Lohninger
Ja, und vor allem auch, Ralf hat ja schon die Analogie mit dem CE-Label genannt.Genauso wie man sich darauf verlassen muss, dass ein Gerät, das an Strom hängt,nicht zum Rauchen anfängt und explodiert, es hat auch bei der Netzwerkverbindungein gewisses Mindestmaß an Sorgfalt einfach geboten.Also ob dieses Gesetz wirklich in allem perfekt ist, wird man sehen,aber die Richtung ist da schon die richtige, glaube ich.
Ralf Bendrath
Und hier gab es natürlich auch wieder die Frage, was ist mit Open Source?Der gleiche Ansatz wieder bei der Produkthaftungsrichtlinie.Wenn man Software nicht kommerziell auf den Markt bringt, ist man raus.Also der kleine Open-Source-Entwickler, der irgendwelche Tools baut,die dann andere kommerzielle Hersteller nehmen, der ist raus und die kommerziellenHersteller sind in der Pflicht.Und die müssen dann sozusagen auch für die Sicherheitsupdates sorgen,nicht der kleine Bastler in der Kellerwerkstatt oder so.
Tim Pritlove
Aber was definiert denn dann kommerziell? Also es gibt ja auch oft so Leute,die Open Source machen und dann quasi selber kommerziell sind,weil sie dann Beratungen dafür machen.Damit wären sie ja sozusagen im kommerziellen Spiel.
Thomas Lohninger
Oder um Spenden bitten für ihre Software.
Tim Pritlove
Graubereich.
Ralf Bendrath
Puh, das weiß ich nicht. Annika, das ist wahrscheinlich in deinem Ausschussschon besser ausdiskutiert. Das wüsste ich jetzt nicht. Gibt es bestimmt irgendwoschon Standarddefinitionen?
Arnika Zinke
Es gab dazu lange, ich weiß, es gab dazu sehr lange Diskussionen,gab auch beim Cyber Veselians Act und auch gerade was Spenden betrifft,vor allem Spenden, die immer wieder über einen längeren Zeitraum passieren,auch von größeren Entitäten.Ich weiß jetzt aber auch nicht, was genau das Endresultat war,weil wir natürlich, wenn es noch im Parlament ist, relativ viel eingebunden sind.Aber wenn das dann final in den Trilog geht, vor allem war das auch zu einerZeit, wo das KI-Gesetz gerade im Trilog war, Da sind wir dann auch als nichtfederführende Ausschüsse ein bisschen raus.Aber an sich wurde sich jetzt auf eine Definition geeinigt, mit der meines Wissensdie Open-Source-Community recht zufrieden ist und die jetzt eigentlich auchin den meisten neuen Digitalgesetzen verwendet worden ist, wo relativ klar ist,was ist wirklich auf den Markt bringen und was ist, wenn man es nur eben zumBeispiel bei GitHub hochlädt.
Ralf Bendrath
Ich habe hier gerade herausgefunden, Erwägungsgrund 15, da steht was drin,die, ich muss jetzt sozusagen live vom Englischen ins Deutsche übersetzen,die Lieferung im Kurs einer kommerziellen Aktivität kann charakterisiert werden,nicht nur indem ein Preis für ein Produkt mit digitalen Elementen verlangt wird, sondern auch,wenn man einen Preis verlangt für technische Unterstützungsdienste.
Tim Pritlove
Das würde das dann mit einschließen.
Ralf Bendrath
Well, this does not serve only the recuperation of actual costs.
Thomas Lohninger
In einer der letzten Folgen haben wir Gesetze durch JGPT analysieren lassen.Diesmal lassen wir sie durch die Verhandler selbst interpretieren. Ein Fortschritt.Aber das ist auch passend irgendwie zu dem nächsten Gesetz, das wir noch kurzansprechen wollten, Ralf.Das ist auch etwas, was du uns mitgebracht hast. Das hat ja fast schon irgendwieden guten Nachrichtsjingel verdient.
Ralf Bendrath
Die Plattform-Workers, ne?
Thomas Lohninger
Ja, genau.
Ralf Bendrath
Genau. Es gibt jetzt auch seit dieser Woche eine Plattform, die wurde nichtim Plenum abgestimmt, sondern die war schon im Februar ausverhandelt und warbisher aber im Rat blockiert.Und gerade jetzt vorgestern am Montag hat wieder der Ministerrat für Beschäftigung,Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz getagt.Und da gab es bisher eine Sperrminorität, bestehend aus Estland,Griechenland, Frankreich und Deutschland, mal wieder die FDP.Und Estland und Griechenland haben jetzt sich von der Enthaltung zu einem Vote,zu einer Abstimmung dafür durchgerungen.Deswegen gab es jetzt nur noch mit Frankreich und Deutschland alleine keine Sperrminorität mehr.Und deswegen kommt jetzt die Platform Workers Directive,die erstmals sozusagen die Arbeitsbedingungen regelt für Leute,die über Plattformen, was weiß ich, wie Uber Eats oder Deliveroo oder sowasarbeiten, aber auch zum Beispiel Mechanical Turk von Amazon oder so Zeug.Weil da bisher immer noch ganz oft unklar war, sind das Angestellte,sind das Freelancer, welche Rechte haben die gegenüber dem Quote-unquote Arbeitgeber und so.Und diese Plattform Worker's Direct, soweit ich es verstanden habe,wie gesagt, das war Beschäftigungsausschuss, ich habe es auch nur von der Seitemitverfolgt, die macht jetzt vor allem zwei Sachen, die...Sagt eben, dass sozusagen erst mal die Annahme gilt, wenn man so ein Plattform-Workerist, ist man Angestellter.Und die Beweislast, dass das nicht der Fall ist, hat der Arbeitgeber sozusagen oder die Plattform.Das heißt, damit gelten dann die ganzen Rechte als Arbeitgeber wie Recht aufbezahlten Urlaub, Recht auf Streik und alles mögliche andere,Krankengeld und so weiter.Und wie gesagt, wenn die Plattform meint, nee, aber in dem Fall ist das dochganz klar nur ein Freelancer, der macht nur ab und zu mal hier was,wenn er Bock drauf hat, dann muss sie das eben nachweisen.Und dann ist sie raus aus den Arbeitgeberverpflichtungen.Und das Zweite ist, dass es jetzt zum ersten Mal Regeln gibt für algorithmischesManagement von Arbeitern oder Arbeitenden.Das heißt, wenn man ernsthafte Entscheidungen trifft über so einen Plattformarbeiteroder eine Arbeiterin, zum Beispiel Beendigung des Vertrages oder so,das darf auf keinen Fall von einem Algorithmus gemacht werden,das muss immer ein Mensch entscheiden.
Tim Pritlove
Gilt denn, also für welche Unternehmen gilt denn das und für welche Mitarbeiter gilt denn das?Also inwiefern ist jetzt die Zugehörigkeit oder der Aufenthalt in Europa daentscheidend oder gilt das dann irgendwie weltweit oder wie ist das gedacht?
Ralf Bendrath
Das gilt immer nur für Europa. Europäische Gesetz gilt nur in Europa.
Tim Pritlove
Klar, aber gilt es auch für einen indischen Plattformarbeiter,für eine Firma, die in Europa ist?
Ralf Bendrath
Gute Frage. Kann ich jetzt so nicht beantworten. Wie gesagt,das habe ich selber nicht verhandelt.
Tim Pritlove
Und gilt es für einen deutschen Mitarbeiter einer indischen Firma zum Beispieloder einer amerikanischen?Also das ist so das, was ich mich frage. Was ist jetzt da sozusagen, wen betrifft das quasi?Und wann ist man dadurch geschützt?Weil so viele Plattformen haben wir ja nicht in Europa.
Ralf Bendrath
Muss ich mal kurz gucken, ob das von der Kollegin hier im Briefing irgendwieabgedeckt ist, sonst wüsste ich es nicht.
Thomas Lohninger
Also es ist ganz oft so bei diesen grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen,dass es sehr schnell sehr kompliziert wird, auch innerhalb der EU.Da gibt es auch recht komplizierte Regelwerke, so Stichwort Entsenderichtlinie.Aber wovon man auf jeden Fall ausgehen kann,ist, dass die klassischen Essensauslieferer, Leute, die in der Servicebrancheüber Plattformen beschäftigt sind,alles, was eben über die klassischen Apps bezogene Arbeitsleistung ist, mehr oder weniger,hier auf jeden Fall davon enthalten ist.Und die Gewerkschaften jubeln hier auf jeden Fall.Man sollte anmerken, dass schon vor dem Konflikt, den Ralf gerade genannt hat,es hier eine Abschwächung gab zwischen dem, was das Parlament verabschiedet hat.Da hätte es so einheitliche Kriterien gegeben, ab wann du denn jetzt wirklichangenommener fixer Angestellter von dieser Plattform bist. ist.Und diese Kriterien gibt es jetzt aber leider nicht mehr. Nur noch Prinzipien,aber da gibt es dann Umsetzung, Spielraum.Das hier ist ja eine Richtlinie, die muss erst in nationales Recht überführt werden.Und das wird zu einem Fleckerteppich führen, wo einfach in unterschiedlichenLändern unterschiedliche Kriterien gelten.Und das ist für das Land kann das immer noch gut sein, wenn man jetzt hier esschafft, Druck zu machen.Aber es gibt kein europaeinheitliches Niveau, ab wann der Uber-Treiber,der Uber-Fahrer könnte jetzt zum Beispiel in Deutschland Status A haben undin Österreich Status B zum Beispiel.
Ralf Bendrath
Es gibt sogar, habe ich jetzt gelernt, keine einheitliche Definition von wasWork, also Arbeit, eigentlich genau bedeutet, weil das anscheinend EU-weit bishernicht harmonisiert ist und die Mitgliedstaaten wohl darauf bestanden haben,dass Arbeitsrecht und sowas weiterhin nationale Kompetenz ist.
Tim Pritlove
Das könnte die Sache ein bisschen schwierig machen, oder?
Ralf Bendrath
Ja, wie Thomas sagt, das wird einen Flickenteppich geben, aber besser so einFlickenteppich als gar keine Rechte für die Plattformarbeiter, ganz klar.Was ich gerade noch gesehen habe hier im Briefing der Kollegin ist,dass die Plattformen auch jetzt Kommunikationskanäle bereitstellen müssen,damit die Plattformarbeitenden untereinander kommunizieren können,zum Beispiel um Betriebsräte zu gründen oder sowas.
Tim Pritlove
Ah ja. Okay, aber das sind so einfach mal so die typischen Tages,weil das erste Beispiel mit diesem Mechanical Turk, da denkt man ja dann gleichirgendwie Amazon und Ausland und so.
Ralf Bendrath
Aber… Amazon hat eine Niederlassung in Europa.
Tim Pritlove
Ja klar, aber diese Mechanical Turks sind ja sozusagen traditionell sehr weitüber den Planeten verstreut gewesen,aber es ist natürlich klar, dass jetzt vor allem so Lieferdienste,was Thomas schon sagte oder eben sowas wie Uber,davon dann vermutlich auch betroffen sein wird.Nur, dass man es mal zuordnen kann, was davon wirklich dann tangiert ist.Weil Plattform ist ja dann ein dehnbarer Begriff.
Thomas Lohninger
Was mal konkret, ist Onlyfans davon betroffen?
Tim Pritlove
Du hast Sorgen.
Thomas Lohninger
Sag ja nur.
Ralf Bendrath
Vermutlich schon. Ich meine, Sexarbeit ist auch Arbeit.
Tim Pritlove
Ja, stimmt. Sind die da nicht alle selbstständig?
Thomas Lohninger
Was man vielleicht einfach noch vermelden sollte oder dazu sagen ist,dass das auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung ist.Und ich glaube auch, dass da die Gewerkschaften schon einen wichtigen Schritt tun,weil gerade freie DienstnehmerInnen oder Selbstständige waren ja oft auch beiden klassischen Arbeitsrechten diejenigen, die durch die Finger geschaut habenund nicht mal repräsentiert wurden.Und denen einfach hier zu einem besseren Status zu verhelfen, ist auf jeden Fall gut.Und Und zuletzt nochmal jetzt dadurch, dass das auf diese Art jetzt irgendwiedurchgegangen ist, es zeigt auch irgendwie schön, dass die Achse Deutschland-Frankreichalleine dann doch nicht verhindern kann.Und dass sich alle anderen Staaten hier schon darauf einigen konnten.Also da kann man den Liberalen wahrscheinlich danken, die in Deutschland die.Zustimmung verhindern und in Frankreich ja an der Regierung sind.
Ralf Bendrath
Ja, aber das kann man vielleicht nochmal kurz ein bisschen vertiefen,Weil das ist echt ein Problem inzwischen mit diesem sogenannten German Vote,was in Brüssel hier inzwischen alle kennen.Und das ist einfach ein Fehler im Koalitionsvertrag in Berlin.Das gibt es ja oft auch in Landesregierungen oder Landeskoalitionsverträgen,dass da drin steht, wenn die Regierungsparteien sich nicht einigen können aufirgendeine Sache, enthalten sie sich im Bundesrat.So, im Bundesrat reicht aber normalerweise eine einfache Mehrheit,um ein Gesetz zu beschließen.Rat der Minister der Europäischen Union brauchst du eine qualifizierte Mehrheit.Da brauchst du irgendwie 72 Prozent der Mitgliedstaaten und die 65 Prozent dereuropäischen Bevölkerung repräsentieren. Ich glaube, so in der Größenordnung.Und das heißt aber dann, eine Enthaltung ist dann genauso scheiße wie ein Dagegenstimmen,weil einfach diese qualifizierte Mehrheit nicht zustande kommt.Das heißt also, wenn die FDP als kleinster 4-Prozent-Koalitionspartner in Berlinsagt, wir sind dagegen, dann muss die Regierung sich enthalten,laut Koalitionsvertrag, und arbeite dann aber aktiv gegen so ein Gesetz undenthält sich nicht nur einfach so, ne?
Tim Pritlove
Das nennt man German Vote?
Ralf Bendrath
Ja, weil das einfach jetzt in ganz vielen Gesetzen passiert,dass die Deutschen sich enthalten und damit dazu beitragen, dass vielleichteine qualifizierte Mehrheit nicht zustande kommt, weil die FDP dagegen ist.Hätte, hätte, Lieferkette.
Tim Pritlove
Und das ist sozusagen ein Konstruktionsfehler im Koalitionsvertrag,dass man es für Europa nicht anders geregelt hat.
Ralf Bendrath
Genau. Und das ist auch ein Konstruktionsfehler im Bundeskanzleramt, würde ich mal sagen.Also unter Merkel wäre das nicht so durchgegangen, weil das einfach massiv diedeutsche Rolle auch in der Europäischen Union untergräbt.Also Deutschland, auch bis zu Merkel und so, war immer eigentlich dafür bekannt,dass man versucht hat, einen Ausgleich zu finden zwischen den Mitgliedstaaten,dass man nicht so selber mit dicken, ausgefahrenen Ellenbogen in den Verhandlungenreingegangen ist und einfach versucht hat, den Laden zusammenzuhalten.Idealerweise gemeinsam mit Frankreich. Und wenn jetzt dank der FDP die Deutschenda immer so rumpoltern müssen und immer sagen,wir sind aber dagegen de facto und im Zweifelsfall so ein Gesetz blockieren,weil dann kommen natürlich viele kleinere Mitgliedstaaten auch oder auch Frankreichdann, die sich hinter Deutschland dann verstecken.Und das ist einfach echt ziemlich bitter.Und wie gesagt, in Brüssel schon bekannt als The German Vote.
Tim Pritlove
Annika, du hast da noch was zu sagen?
Arnika Zinke
Nein, ich wollte nur sagen, dass genau wie Ralf das angesprochen hatte,wenn natürlich Deutschland und Frankreich beide sagen, sie sind dagegen odereiner enthält sich, der andere ist dagegen, dann kreiert das einen Effekt auchbei den anderen Mitgliedstaaten.Das heißt, die überlegen sich dann schon, vielleicht sollten wir doch dagegenstimmen oder schauen wir uns das nochmal genauer an, warum denn die zwei Großen da dagegen stimmen.Und wir hatten das Problem auch in dem KI-Gesetz letztlich, dass wegen Deutschlandund wegen der FDP das Gesetz und die Abstimmung im Rat auf der Kippe gestanden sind.
Ralf Bendrath
Wegen Deutschland und Frankreich.
Thomas Lohninger
Ja, zitiere ich dann nochmal den griechischen Arbeitsminister von den Konservativen.Da wir im Geist von Kompromiss und europäischer Einheit arbeiten wollen,werden wir die Richtlinie unterstützen. Sehr schön.Und ja, das obliegt dann wirklich den Regierungen oder eben den Koalitionsabkommen,wie das genau gehandhabt wird. In Österreich ist es zum Beispiel in der aktuellenRegierung so, dass man sich da bewusst nicht abstimmt.Also hat man auch wegen Klimaschutz gemacht, dass da sozusagen die grüne Klimaministerinsich austoben kann, ohne dass hier irgendjemand reinredet, was die Ratspositionen betrifft.Ist dann aber zum Beispiel bei Überwachungsthemen unter Umständen sehr negativ,wenn du keinen Ausgleich hast und das dann der konservative Innenminister selberalles entscheiden kann. Aber ja, das ist Europa.
Ralf Bendrath
In Deutschland ist es so, die SPD-Innenministerin entscheidet das Asylpaketmit und die Grünen schlucken es.Naja, anderes Thema.
Tim Pritlove
Okay, aber soviel jetzt zur Platform Workers Directive. Jetzt gibt es demnächstPorno-Betriebsräte, das ist doch super.So, ein weiteres Thema noch vor dem AI-Act hast du noch für uns,nämlich die Health-Plattform, nein, wie heißt es, Entschuldigung.
Thomas Lohninger
European Health Data Space.
Tim Pritlove
Der European Health Data Space, korrekt.
Thomas Lohninger
Genau, das hast du verhandelt. Also, worum geht es dabei? Ich glaube,das hatten wir in Ansätzen, aber give us the primal.
Ralf Bendrath
Ja, das ist auch wieder ein Gesetzesvorschlag,der in zwei Ausschüssen gleichberechtigt verhandelt wird.In meinem Ausschuss Liebe, also Civil Liberties, Justice and Home Affairs,wegen der Datenschutzkomponente und Gesundheit- und Umweltausschuss wegen Gesundheit, Gesundheitsdaten.Und das ist kurz vorm Abschluss. Morgen Nacht soll der letzte Trilog,also die letzte Verhandlungsrunde zwischen Rat, Parlament und Kommission stattfinden.Das Ding hat im Prinzip zwei Elemente. Ist natürlich viel komplizierter,aber hat im Prinzip zwei Elemente. Das eine ist Regeln für primäre Nutzung vonGesundheitsdaten und das andere ist für sekundäre Nutzung.Primäre Nutzung heißt, wenn mein Arzt meine Patientenakte Akte irgendwie lokalauf dem Rechner schon elektronisch vorhält,dann soll er oder sie die in der Regel auch vernetzt bereitstellen,damit wenn ich dann zu einem anderen Arzt gehe oder zu einer anderen Ärztinoder ins Krankenhaus oder so, die auch Zugriff auf die gesamte Akte haben unddas eben besser nutzen können, um mich besser zu behandeln, weil die dann auchVorerkrankungen und vorherige Behandlungen und sowas direkt sehen können.Macht irgendwie Sinn, das gibt es hier zum Beispiel in Belgien auch.Da Da sind viele Leute auch ganz glücklich drüber. Da kann man auch selber mitder App auf dem Smartphone irgendwiegucken, was ist eigentlich gerade in meiner Patientenakte so los?Dann kann ich die Sachen auch selber mal rauspulen und angucken und so.Da war lange der Streit, braucht es dazu ein Opt-in? Also müssen die Leute einwilligen,damit es elektronisch vernetzt verfügbar gemacht wird?Oder ist es generell bei Default so und man soll vielleicht nur widersprechen können?In Deutschland ist, glaube ich, aktuell der Stand, dass es immer noch ein Opt-inist, aber das soll jetzt umgestellt werden auf Opt-out unter lauter Wacht,damit mehr Leute die elektronische Patientenakte nutzen.Und das Gesundheitswesen sozusagen effektiver ist. Das Ergebnis hier ist imPrinzip das gleiche. Es bleibt erstmal so vorgesehen, dass es per Default ineine vernetzte elektronische Gesundheitsakte kommt.Die Mitgliedstaaten können dann selber aber noch entscheiden,ob sie ein Opt-out ermöglichen wollen oder nicht.So, das ist eigentlich noch relativ unproblematisch. Da gab es dann so ein bisschenMissverständnisse in den Verhandlungen, weil die Leute, die Belgier hier vonder Ratspräsidentschaft, haben erst gedacht, wenn man da widerspricht,heißt das, dass der Arzt gar nicht mehr meine Akten elektronisch führen kann,sondern wieder auf Papier zurück muss.Das war natürlich dann so, nee, Quatsch. Natürlich kann der Arzt seinen lokalenRechner haben. Wir sind 2024 heutzutage.Nur die sollen nicht vernetzt sein.Wenn man als Patient vielleicht besondere Sicherheitsbedürfnisse hat,weil man auch mal eine psychologische Behandlung hatte oder andere Sachen odereine Abtreibung oder so, will man einfach, dass das nur beim Arzt in der Praxisliegt und nicht vernetzt ist.Nicht irgendwie vielleicht auch sogar Angreifer da rangehen können oder so mitIT-Sicherheitslücken. Obwohl, die sind ja jetzt alle weg mit dem Cyber-Resilienz-Experiment.
Tim Pritlove
Gott sei Dank.
Ralf Bendrath
So, das ist das erste, primäre Nutzung.Das zweite ist die sekundäre Nutzung und das ist für uns das Riesenproblem,weil es gibt eigentlich jetzt seit über 2400 Jahren den hypokratischen Eid,den Ärzte ablegen müssen und der beinhaltet unter anderem die ärztliche Schweigepflichtoder das Patientengeheimnis.Dass einfach das, was ich mit meinem Arzt bespreche, zwischen uns bleibt undich darauf vertrauen kann.Was jetzt hier vorgesehen ist, ist, dass die Gesundheitsdaten,sofern sie vernetzt verfügbar sind, auch für andere Zwecke genutzt werden können.Das geht dann vor allem um Forschung. Natürlich Big Pharma hat da auch ein Rieseninteressedran, aber auch öffentliches Gesundheitsmanagement, zum Beispiel in Zeiten vonPandemien, Infektionstracing, solche Geschichten, was ja teilweise die Gesundheitsämterauch heute schon machen.Es gibt ja Sachen, wo die ärztliche Schweigepflicht unterbunden wird durch Gesetz,bei meldepflichtigen Krankheiten und so, wie es zum Beispiel Corona auch war.Und da war jetzt aber die Riesenfrage bis zum Schluss oder ist immer noch,das Parlament wollte hier aber dann mindestens sagen, dann sollen die Leuteaber zumindest ein Widerspruchsrecht haben.Dass ich sagen kann, meine Patientendaten sollen bitte für Forschung oder sonicht bereitgestellt werden.Die Mitgliedstaaten haben jetzt, die belgische Ratspräsidentschaft hat wirklichversucht, das irgendwie zu berücksichtigen.Das war für das Parlament sozusagen die eine große rote Linie die ganze Zeit.Wir haben ganz viele andere kleinere Sachen aufgegeben, um dieses Opt-out zukriegen für sekundäre Nutzung.Aber die Mitgliedstaaten stellen sich jetzt auf stur und sagen,nö, wir wollen einfach alle Daten und man kann gerne ein Opt-out machen,aber dann gibt es für die Mitgliedstaaten dann das Recht, wieder das Opt-out zu überschreiben.Also das gilt dann einfach nicht. Und das sind dann auch für Zwecke,wo ich mich frage, braucht es dazu wirklich immer alle Daten?Unter anderem für öffentliche Institutionen, die ein Mandat im Bereich der öffentlichenGesundheit haben oder sogar private Institutionen, die eine Aufgabe im Bereichder öffentlichen Gesundheit haben.Gut, da könnte man vielleicht noch drüber streiten, ob man das ein bisschenenger fasst und dann ist es vielleicht noch akzeptabel.Der Parlamentsvorschlag war jetzt, dass man das nur in Situationen von öffentlichermedizinischer Notlage oder Notlage der öffentlichen Gesundheit machen kann.So eine ähnliche Regelung haben wir schon im Data Act zum Beispiel.Dann wollen sie aber auch noch alle möglichen Research, medizinische Produktentwicklungmedizinische Geräteentwicklung also die haben sie bisher auch so entwickelnkönnen ohne dass man von allen Patienten die Daten abgegriffen hat und das letzte ist auch Statistiken.Nationale, multinationale und EU-Level offizielle Statistiken ich meine Statistikerkönnen seit über 100 Jahren mit unvollständigen Datensätzen umgehen,das ist deren Job da dann irgendwie die Bias so rauszurechnen,Ja, so sieht es aus. Das ist das letzte Angebot, was die Kommission jetzt aufden Tisch vorgelegt hat als Quote-Unquote-Kompromiss.Das geht morgen Abend in den letzten Trilog. Heute war nochmal ein Treffen derSchattenberichterstatter vom Parlament von den verschiedenen Fraktionen.Und es sieht so aus, dass die Mehrheit, zumindest eine Mehrheit aus EVP,EKR, also die europakritischeren Konservativen und Sozialdemokraten,das so akzeptieren will.Und im Prinzip alles aufgibt, was wir die ganze Zeit gesagt haben.Hier, wir geben euch die ganzen anderen Sachen nur, wenn wir dieses eine Opt-outkriegen, aber dann auch richtig.Und am Ende werden wohl nur die Grünen und die Linken dagegen stimmen.ID ist noch ein bisschen unklar. Die würden normalerweise als gute Populistenauch irgendwie auf den Zug aufspringen und sagen, da sind wir dagegen.Wir verkaufen nicht unsere Gesundheitsdaten an Big Pharma.Aber die haben zufälligerweise die Berichterstatterin, Liebe Ausschuss,weil das sonst niemand wollte.Und das ist per Dehont bei denen gelandet. Und da sehe ich jetzt nicht,dass die da großen Rückzieher macht, wenn sie selber Co-Berichterstatterin ist. ist.Aber verhandelt wurde es im Prinzip alles von dem EVP Berichterstatter im Umwelt-und Gesundheitsausschuss.Ja, das ist das. Morgen Abend geht das den Bach runter.
Thomas Lohninger
Ja, noch nicht. Also gibt man einen Brief, aber ich wiederhole jetzt nochmal oder fasse zusammen.Also wir haben ein EU-Gesetz, das die Digitalisierung von allen Patientinnenaktenund wahrscheinlich auch sonstigen.Gesundheitsbezogenen Daten aus dem in Krankenhäusern, Arztpraxen und sonstigenEinrichtungen miteinander vernetzt.Opt-out oder Opt-in kann es geben, wenn der Mitgliedstaat das vorsieht für diese Primärnutzung.Aber bei der Sekundärnutzung, die eigentlich ja die kritischere ist,weil da geht es nicht nur um das Gesundheitssystem, sondern da geht es um Forschung.Und das heißt auch pharmakologische Forschung. Das heißt auch,dass hier ganz viele andere Interessenträger auf einmal Zugriff auf sehr sensible Daten bekommen.Wir haben auch schon mehrmals diskutiert, dass solche Gesundheitsdaten sehrschwer bis gar nicht zu anonymisieren sind, weil das ist einfach sehr einzigartig bei Menschen.Wenn ich als Arbeitgeber weiß, wenn du im Krankenstand bist,wenn du geimpft wurdest oder du das auf Social Media postest,finde ich dich wieder in diesen Datensets.Es gibt dazu auch eine Klage meines Wissens von der GFF,die da auch in Deutschland höchstgerichtlich dagegen vorgehen,gegen diese Sekundärnutzung anhand von einem Menschen, der halt sehr einzigartigeBlutwerte oder sonstige Werte hat und da auch sehr leicht zu reidentifizieren ist.Das halte ich für eine ganz große Gefahr. Das ist vielleicht auch nochmal zusagen, das hier ist so eine sogenannte Lex Spezialis zur DSGVO, oder?Das etabliert eine Ausnahme von unserem Grundrecht auf Datenschutz für diesen eigenen Bereich hier.Und ich meine...Also morgen wird das sozusagen, kannst du da vielleicht auch mal aus dem Nähkästchenplaudern, wie läuft denn sowas ab, so eine Trilog-Sitzung, also wie viele Leutesind da im Raum, wie lange wird da verhandelt, was erwartet dich da morgen?
Ralf Bendrath
Morgen könnte es relativ schnell gehen. Also der letzte Trilog letzten Donnerstagabend,der hat um 18 Uhr angefangen, war ungefähr morgens um fünf zu Ende ohne Ergebnis,weil das Parlament da noch die Linie gehalten hat.Und jetzt haben aber alle Fraktionen intern nochmal geguckt,sind wir noch ein bisschen flexibler oder so. Die Mitgliedstaaten dagegen haben nicht geguckt.Es gab heute noch mal Sitzung der Botschafter.Da war das Thema gar nicht auf der Tagesordnung.Also die Belgier haben gar nicht erst versucht, noch mehr Flexibilität für sichselber zu kriegen, sondern haben nur gesagt, hier, liebes Parlament,wenn ihr noch mal flexibler werdet, dann können wir es nächste Woche noch mal versuchen.Weil morgen ist sozusagen die letzte Deadline, um vor der Europawahl noch ein Gesetz abzuschließen.Weil das dann alles noch irgendwie sprachlich aufgeräumt werden und noch abgestimmtwerden muss und so weiter.Also morgen kann es relativ schnell gehen. Da sitzt dann normalerweise der belgischeMinister, Gesundheitsminister, die Berichterstatter vom Parlament,vielleicht noch ein Vorsitzender oder Vize-Vorsitzender vom Umweltausschuss.Der Vorsitzende vom Innenausschuss kommt zu solchen Verhandlungen nie,obwohl das könnte. Das ist aber ganz gut so, weil der ist immer so ein bisschen verwirrt.Der könnte da nur Unsinn reinbringen. Und dann sitzen da halt noch die Kommission,das ist dann wahrscheinlich die Kommissarin,Kiria Kiedis, die Gesundheitskommissarin, und alle Fraktionen,manche mit Abgeordneten richtig vertreten, viele aber, weil jetzt gerade Straßburg-Wochewar und die schon längst ihre Flüge nach Hause gebucht hatten in die ganzenMitgliedstaaten und so, die werden jetzt nicht morgen alle nach Brüssel fahren.Also von uns wird auch keiner dabei sein, weil die alle Verpflichtungen schon woanders hatten.Aber dann sitze halt ich da mit meiner Kollegin aus dem Umwelt- und Gesundheitsausschuss,unserem digitalen Koordinator, der Nachfolger von Arneka an dem Job,Francesco, noch ein paar Abgeordneten, Mitarbeitende.Juristische Dienste sind da immer vertreten, oft auch die Sprachjuristen. Das sind dann so...20 bis 30 Leute vielleicht in so einem Setting. Und reden tun aber eigentlichnur der Rapporteur, also der Berichterstatter,in diesem Fall eigentlich in der Regel der ENVI, also Gesundheits- und Umweltausschuss-Rapporteurvon den Konservativen, der belgische Minister und die Kommissarin. darin.Und dann gibt es manchmal so Punkte, wo man dann sagt, okay,das Parlament muss sich mal kurz zurückziehen,dann gibt es nebenan irgendeinen sogenannten Breakout-Room, wo dann sogar soein Patrick Breyer zum Beispiel, der das für uns auf der Datenschutzseite macht,sich online dazuschalten kann und dann wird halt intern in einer Parlamentsdelegationberaten, okay, Leute, wir haben jetzt hier ein neues Angebot von den Belgiern,können wir das irgendwie mittragen oder ist das immer noch nicht gut genug,können wir einen Gegenvorschlag machen oder so.Und dann müssen halt sozusagen die Fraktionen der Reihe nach sagen,wie weit sie gehen können.Und dann muss der Berichterstatter gucken, wie er damit umgeht,ob er jetzt eine Mehrheit findet für den Kompromiss oder nicht.Manchmal gibt es auch Situationen, wo der Berichterstatter einfach sagt,ich habe jetzt hier keine klare Mehrheit, ich lasse es einfach darauf ankommen.Wir nehmen das Ding jetzt mal so an und gehen damit in die Ausschüsse und dannins Plenum und gucken, ob wir eine Mehrheit kriegen. Das ist aber eher selten.Das kann aber teilweise bei komplexeren Gesetzen, hier sind jetzt noch ein paarFragen offen, unter anderem auch die Frage der Lokalisierung,weil das EP die Daten in Europa speichern wollte und nicht irgendwo auswärts.Und der Rat sagt aber, nee, nach DSPVO kann man die doch auch in den USA transferieren,weil da gibt es ja eine Angemessenheitsentscheidung und so. Also das sind abernur vier, fünf Punkte, die noch offen sind.Die kann man morgen relativ schnell abkaspern, weil eigentlich fast alle außeruns und den Linken schon angedeutet haben heute Morgen, dass sie da mitgehen können.Es gibt auch andere Beispiele. Da können wir vielleicht gleich zum AI-Act nochwas zu erzählen, weil da haben wir, glaube ich, den bisher längsten Trilog gehabt.Der hat insgesamt 39 Stunden gedauert.
Thomas Lohninger
Darauf kommen wir gleich. Aber ich will nur kurz innehalten,dass das so kurz vor einer Europawahl ziemlicher Wahnsinn ist,als hier eine Massenenteilung von Gesundheitsdaten irgendwie auf den Weg zubringen. Also eigentlich müsste das doch morgen scheitern.Und wenn es das nicht im Trilog tut, dann hätte man nur noch die Chance,das im Plenum in zweiter Lesung zu verhindern, oder?
Ralf Bendrath
In erster Lesung. Wir sind noch im First Reading Procedure. Es geht dann alsojetzt Ende April ins Plenum, ja. Das letzte Plenum vor der Europawahl.Da könnte man noch einen Antrag stellen, das muss man gar nicht,man kann auch dagegen stimmen.Und wenn eine Mehrheit der Abgeordneten dagegen stimmt, dann ist es tot,klar. Aber das sehe ich einfach nicht.Aber macht gerne Kampagne. Wir sind dabei.
Tim Pritlove
Vielleicht hilft ja die German Vote am Ende.
Ralf Bendrath
Nee, in dem Fall hat Deutschland damit kein Problem.
Tim Pritlove
Okay.
Ralf Bendrath
Das war eher so, dass man irgendwie dann aus Verhandlerkreisen im Rat hört,dass die deutschen Vertreter oder Vertreterinnen einer Ratsarbeitsgruppe, das ist ja SPD,Lauterbach, Gesundheitsminister, dass die sich dann abschätzig über den BundesdatenschutzbeauftragtenUlrich Kelber äußern, der auch SPD-Mitglied ist, weil die sich anscheinend mitdem inzwischen so überworfen haben, dass sie über ihn nur noch schlecht reden können.Also unsäglich.Vielleicht noch kurz eine Klarstellung, damit das nicht in den falschen Hals kommt.Es ist schon so, das muss man auch anerkennen, dass die Daten,wenn sie für sekundäre Nutzung freigegeben werden, da muss erst ein Antrag gestelltwerden und die sogenannten Health Data Access Bodies, also in der Regel irgendwelcheAbteilungen im Gesundheitsministerium oder so, müssen das dann genehmigen.Die Daten werden dann nicht einfach an Big Pharma übermittelt,so als riesengroßer Patentendatensatz, sondern die werden nur von dem HealthData Access Body in einem sicheren Processing, in einer sicheren,Datenverarbeitungsumgebung, Secure Processing Environment, bereitgestellt undda muss sozusagen dann der Antragsteller kommen und seinen Algorithmus zu denDaten bringen. Der kriegt aber die Daten nicht mit nach Hause geliefert.Also die Daten gehen sozusagen nicht raus, Aber es sind natürlich trotzdem meineDaten und ich als Patient will selber entscheiden können, ob die irgendjemandfür Forschungszwecke oder so verarbeiten kann, egal wo und unter welchen Umständen.
Tim Pritlove
Alright. Gut, dann schlage ich mal vor, schlage mal hier das Buch erstmal zu,zu dem Thema und kommen auf unseren Kernthema, der AI-Act. Perfekt.Und Annika, da bist du ja sehr engagiert gewesen, wenn ich das richtig verstanden habe.Kannst du vielleicht mal anfangen und nochmal kurz erläutern,was so die Genese dieses Acts war?Also was genau ist hier der Trigger gewesen, damit es überhaupt dazu kam?Und was sind sozusagen die politischen Zielsetzungen, die sich hier letztenEndes Bahn gebrochen haben?
Arnika Zinke
Also vielleicht mag Ralf die Genese kurz machen, weil ich möchte nicht übereine Zeit reden, wo ich noch nicht da war und Ralf war schon dabei.Deswegen kann Ralf vielleicht kurz die Genese machen und ich kann das Gesetzkurz erklären dann und was alles dann während der Verhandlungen passiert ist.
Ralf Bendrath
Das fing schon vor ein paar Jahren an, ich glaube nach einer letzten Legislatursogar, da gab es einen Initiativbericht im Rechtsausschuss von Mehdi Delvauxaus Irland, der hieß zu Robotics and Civil Liability.Da wurde unter anderem diskutiert, ob wenn ein Roboter oder eine KI selbstständigEntscheidungen trifft, ob die dann nicht auch selber wie eine Art juristischePerson werden sollte, die dann auch Verantwortlichkeit dafür kriegt und sowas.Wo dann zum Glück am Ende der Diskussion rauskam, nein, ganz klar,die Verantwortung liegt immer bei einem Menschen.Eine KI kann nicht für irgendwas verantwortlich gemacht werden.Die kann ja auch nicht in den Knast gehen oder so. Jemand würde das nichts ausmachen.Aber die hatte einen ganz schönen Einstieg damals in ihren Erwägungsgründen.Da stand dann unter anderem drin, dass vom klassischen Pygmalion-Mythos derAntike über Frankensteins Monster von Mary Shelley und der Prager Golem-Legendebis zum Roboter von Karel Čapek,der dieses Wort geprägt hat, Menschen über die Möglichkeit fantasiert haben,intelligente Maschinen zu bauen.In den meisten Fällen Androiden mit menschlichen Zügen.Fand ich mal einen schönen Einstieg in so einen Initiativbericht,so ein bisschen poetischer als normal.So, und dann ging so ein bisschen hier überall, das hieß damals teilweise nochBig Data, wurde überall darüber diskutiert, dass man jetzt Möglichkeiten hat,mit den großen Datenmengen auch viele Maschinen zu trainieren und damit lustige Sachen zu machen.Und dann hat die Kommission, die hatte vorher noch so eine High-Level-Expert-Groupeingerichtet und so weiter, dann hat die Kommission angekündigt,sie werden ein Gesetz vorlegen zum Thema KI-Regulierung, das erste weltweit.Und dann wurde hier plötzlich hektische Betriebsamkeit ausgelöst.Da haben, glaube ich, in sieben Ausschüssen wurden dann Initiativberichte gemacht,also von Grundrechteaspekten über Bildung bis hin zu Sicherheit und Verteidigungund so, wo überall KI vielleicht eine Rolle spielen könnte und was man da machen sollte.Und parallel gab es noch einen Sonderausschuss zum Thema KI,wo Axel Voss von der CDU Berichterstatter war.Auch ein bisschen bescheuerte Doppelarbeit. Da macht man sieben Initiativberichteparallel und noch einen Sonderausschuss parallel.Aber irgendwie wollte die Mehrheit im Haus das so.Und Axel Voss hat dann in seinem Berichtsentwurf versucht, so ein bisschen auchMady Delvaux mit ihrem Roboterbericht zu imitieren, in dem auch ein bisschenpoetisch wurde. Aber der hat dann einfach nur Unsinn reingeschrieben.Da stand dann zum Beispiel drin, dass KI das fünfte Element sein wird,neben Erde, Wind, Feuer und Wasser, was uns immer umgeben wird und so.
Thomas Lohninger
Schon fast homöopathisch, okay. Okay.
Ralf Bendrath
Also, naja, und dann kam der Kommissionsvorschlag für das Gesetz,das war etwa vor drei Jahren, ne?Annika, ich weiß gerade gar nicht mehr.
Arnika Zinke
Ja, vor drei Jahren im April 2021. Genau.
Ralf Bendrath
Dann kam der Vorschlag und dann hat relativ schnell der Justizausschuss AxelVoss zum Berichterstatter gemacht für die Gesetzgebung.Und dann haben aber alle anderen Fraktionen sich plötzlich zusammengetan undhaben eine neue Fraktion gegründet, die sogenannte ABV Group, Anybody But Voss.Es wollte einfach niemand außer Axel Voss selber, dass er der fehlerführendeBerichterstatter im fehlerführenden Ausschuss wird. Deswegen war klar,der Rechtsausschuss ist schon mal raus.Und dann wurde ziemlich lange hin und her verhandelt.Und am Ende, so wirklich am letzten Tag der Deadline, glaube ich,kam dann in der Konferenz der Fraktionsvorsitzenden ein Vorschlag von den Sozialdemokraten,dass doch ein gemeinsames Verfahren werden sollte zwischen dem Ausschuss fürbürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, weil der für die Grundrechte zuständig ist,und dem Binnenmarktausschuss,weil die Kommission dieses KI-Gesetz auch in Form von so einem,auf den Markt bringen Gesetz, was für Regeln muss ich einhalten,wenn ich KI auf den Markt bringen will, vorgeschlagen hat.Und das waren dann am Ende federführende Berichterstatter, Sozialdemokratenim Binnenmarktausschuss und Liberale im Grundrechte- und Innenausschuss.So kam das.
Tim Pritlove
Das ist also alles sozusagen auch von dieser europäischen Sicht des Maschinenmenschen,so Frankenstein und so weiter. Wir haben ja im Westen eine sehr negativ konnotierteSicht auf diese ganze… Hast du recht, ne?Naja gut, ich meine, gehen wir mal nach Japan, da ist einfach eine ganz andere Grundhaltung dazu.Da hast du sozusagen so die Maschine, der Freund des Menschen und wann auchimmer Robotik in Japan ein Thema ist, dann geht es immer sofort um Assistenzsysteme,helfen, Pflege und so weiter.Das ist so das, was da immer im Vordergrund steht und es hat natürlich auchviel mit so einer kulturellen Prägung zu tun, die hier definitiv ein bisschendystopischer ausfällt als jetzt in anderen Kulturen.
Ralf Bendrath
Ja, aber es passt auch, glaube ich, ganz gut in die Linie der ganzen europäischenDigitalgesetzgebung der letzten fast zehn Jahre jetzt, was sozusagen mit derDatenschutzgrundverordnung ja angefangen hat und dann mit dem Digitalen DiensteGesetz, Digitale Märkte Gesetz,Data Act, Data Governance Act und so weiter, oder jetzt hier Cyber Resilience Act,dass man einfach nach und nach jetzt besser verstanden hat, was sind denn wirklichdie echten Risiken und Gefahren bei den ganzen neuen Technologien,vor allem, wenn die in der Masse ausgerollt werden und jetzt versucht,langsam mal die Sachen wieder einzufangen.
Tim Pritlove
Das ist aber ein guter Punkt, weil während wir bei den anderen Sachen ja schondas auch alles sehr lange beobachten oder jetzt verhältnismäßig lange,ja, also das Internet und so Computer etc., das ganze Digitalwesen begleitet uns ja jetzt,sagen wir mal, die europäische Gesellschaft vielleicht aktiv seit Mitte der90er Jahre so wirklich, würde ich mal sagen, ungefähr. ungefähr.Und jetzt haben wir natürlich auch schon eine gewisse Zeit gehabt.Während jetzt dieses AI-Thema ist ja relativ frisch.Also im Vergleich zu den anderen Themen habe ich so den Eindruck,wird das relativ früh aufge...Also das wird nicht mal ein relativ schneller Vorstoß. Sonst sagt man immer,ja, die Politik reagiert ja nicht und jetzt ist das für uns schon alles so dieRealität und die Politik kommt nicht mit.Und jetzt habe ich so fast so den Eindruck, jetzt schlägt es komplett um undjetzt wird AI zu einem Zeitpunkt reguliert,wo glaube ich noch nicht mal eine wirklich klare Vorstellung davon existiert,was es jetzt eigentlich genau ist oder macht oder was jetzt wirklich die realenBedrohungen und Chancen und Risiken sind,um in dieser klassischen Abwägungsgeschichte zu bleiben.
Ralf Bendrath
Ja, da hast du sicher recht.
Arnika Zinke
Ja, und das war, glaube ich, auch sehr bewusst so gemacht, weil eben auch aufdie konstante Kritik irgendwie reagiert wurde, dass wir immer so spät dran wären.Also gerade bei dem Digitalen Dienstegesetz war es ja auch so,dass es hieß, ja, also wir haben so verschiedenste Probleme,gerade mit den großen Plattformen.Und warum braucht da die EU so lange?Und das war dann schon irgendwie so ein selbsterklärtes Ziel,auch von von der Leyen da wirklich irgendwie fortzubreschen und irgendwie mitdiesem Brussels-Effekt quasi zu reiten und da für KI was vorzulegen.Wobei ich finde allein der Name AI Act, und es wurde auch viel kritisiert,nicht ganz unproblematisch ist, weil es ja eigentlich auch um automated decision making geht,beziehungsweise, ja, dass auch nicht ganz klar war, ob dann automated decisionmaking auch in dem Begriff Artificial Intelligence fällt oder nicht.Aber AI Act klingt halt besser als automated decision making law.Also das war auch ein bisschen ein PR.
Tim Pritlove
Ja, guter Punkt. Genau. Und das ist ja dann wiederum etwas, was schon länger diskutiert wird.Man sieht das ja hier auch so Algorithm Watch und ähnliche Gruppen haben sichja da auch schon lange mit dieser Problematik beschäftigt.Also wer fällt die Entscheidung und damit natürlich auch verbunden,wer ist am Ende haftbar für falsch getroffene Entscheidungen und das hinterfragthalt sowohl einfache Algorithmen,die nun durch AI gleich nochmal ein Level weniger nachvollziehbar werden potenziell.
Arnika Zinke
Genau. Und es ist jetzt so, um kurz das Gesetz zu erklären,also ich würde sagen, es ist jetzt im Vergleich zu den anderen Gesetzen vielleichtetwas innovationsfreundlicher gedacht worden,in dem Sinne, dass in dem Gesetz eben auch diese, zum Beispiel diese innovativen,ich weiß gar nicht den Begriff, aber Sandboxes heißt es auf Englisch, Sandkisten.
Ralf Bendrath
Reallabore heißen die auf Deutsch.
Arnika Zinke
Noch nachgeschöpft werden muss. Also es gab quasi ein eigenes Kapitel für Measuresfor Innovation, um eben auch die quasi so ein bisschen industriepolitisch auchzu mehr KI-Systeme in Europa zu generieren.Weil im Vergleich dazu zum Beispiel die Systeme, die verboten werden,im Kommissionsvorschlag ja eigentlich sehr dünn waren.Also es gab ein Verbot für biometrische Massenüberwachung in Echtzeit,aber dann auch wieder mit ziemlich großen Ausnahmen. Unter anderem,wenn man zum Beispiel Missing Children, also Kinder sucht.Es gab ein Verbot für Social Scoring, das aber so limitiert geschrieben war,dass es eigentlich wirklich nicht wirklich was anwendbar gewesen wäre.Wäre, klingt aber gut, wenn man eine PR-Mitteilung dazu macht.Und dann das, was die KI-Provider, also die Hersteller, danke.Es ist wirklich manchmal schwierig, wenn man immer in Englisch arbeitet unddann versucht, alles auf Deutsch zu übersetzen.Genau, also dass die Hersteller einfach eigentlich nur dann etwas zu erfüllenhatten, wenn sie als Hochrisiko eingestuft wurden.Das heißt, es gab zwar diese Pyramide, die vielleicht auch einige schon gesehenhaben, quasi welche Bereiche das KI-Gesetz quasi umfasst.Und oben auf der Pyramide sind die verbotenen KI-Systeme, was ja eigentlichde facto so gut wie nichts ist.Dann gibt es quasi einen mittleren Bereich mit Hochrisiko, wo dann alles,was quasi zu erfüllen ist im KI-Gesetz, quasi nur in diesem Bereich fällt undalle Regelungen quasi nur in dem Bereich zu erfüllen sind.Und dann gibt es noch einen untersten Bereich, das ist Low-Risk oder Minimum-Risk,also quasi die wenigst Risiko-KI-Systeme, die ein paar Transparenzpflichten erfüllen mussten.Das heißt, diese Pyramide, die die Kommission da quasi auch vorgestellt hat,ist eigentlich recht verwirrend, weil letztlich ist es ein Gesetz für ein paarPseudoverbotene KI-Systeme gewesen und das, was sie als Hochrisiko begriffen haben.Und der Begriff Hochrisiko ist ja auch eigentlich recht problematisch,weil da will ja auch kein Hersteller eigentlich reinfallen.Also kein Hersteller, der sein KI-System irgendwie schon verkaufen will,außer es ist wirklich für einen Bereich, der hochproblematisch ist,möchte wirklich in den Hochrisikobereich fallen.Und das ist, glaube ich, auch ein Begriff, der uns negativ durch die ganzenVerhandlungen verfolgt hat.Genau, nur um das fertig zu erklären, was Hochrisiko ist und was nicht,ist in dem sogenannten Annex Free,wenn ich das richtig im Kopf habe, festgeschrieben, das sind quasi verschiedeneBereiche, die von Bildung bis Migration, Arbeitsverhältnisse gehen,wo verschiedene Kaisersysteme,Strafverfolgung genau, reingegebenwurden, die potenziell in diesen Hochrisikobereich fallen könnten.Und genau, also das ist so mal ein bisschen die Logik und auch nochmal daraufzurückzukommen, was Ralf vorhin gesagt hat,es ist eben in diesem Produktsicherheitsgesetzesrahmen eingebettet worden.Das heißt, KI wird als Produkt begriffen, was auch schon nicht ganz unproblematisch ist.Und das wurde auch, also man munkelt, dass es auch deswegen gemacht wurde,damit das Gesetz eben nicht nur im Justizausschuss landet, sondern eben auchim Binnenmarktausschuss, wo ja alles, was Produktsicherheit betrifft, behandelt wird.Also das ist auch schon bewusst von der Kommission so gewählt worden,nicht unbedingt, weil sie KI unbedingt als Produkte sehen wollten,sondern auch, weil man dann vielleicht,und das sieht man auch bei anderen Gesetzen, schon beeinflussen will,in welchem Ausschuss das Gesetz landet, was dann ja auch wiederum Einfluss daraufhat, wie die Parlamentsposition aussehen wird.Also wenn es nur im Liebe landet, dann wird die Parlamentsposition relativ hoheWahrscheinlichkeit progressiver ausfallen, als wenn es nur im Idre landet,was der Industrie- und Wissenschaftsausschuss ist,der traditionell immer recht konservativ, liberal und wirtschaftsfreundlich ist.
Tim Pritlove
Ich habe nochmal eine Nachfrage. Nur mal zu diesem Begriff Hochrisiko.Risiko in Bezug auf wen oder was? Also wie ist dieser Begriff gedacht?Für wen soll was wie ein Risiko sein, damit das da reinfällt?
Arnika Zinke
Also es ist zum einen der Bereich, in dem es verwendet wird,also zum Beispiel Immigration und zum anderen auch quasi, welchen Impact eshaben kann, also welche Einflüsse es quasi auf Menschen haben kann.Also zum Beispiel eben im schulischen Bereich, dass wenn die Systeme quasi nichtgut getestet sind oder starken Bias haben oder Cybersecurity-Probleme haben,dass sie dann ein höheres Risiko quasi darstellen oder potenziell mehr Schadenanrichten könnten als ein Chatbot zum Beispiel.Wobei ich argumentieren würde, dass auch Chatbots Schäden anrichten können.
Tim Pritlove
Also Risiko im Sinne von Gefährdung für Menschen.
Thomas Lohninger
Also ich erinnere mich noch irgendwie, wenn man so Lobbyisten zugehört hat,bevor das Gesetz vorgestellt wurde,hatten die auch schon diese Idee der Pyramide und die haben halt so plakativ gemeint,ganz oben ist automatisierte Tötung, wenn die Drohne dich umbringt oder dassein Mensch noch irgendwas dafür tun muss und ganz unten ist der Algorithmus,der Schrauben sortiert,der gar nicht reguliert wird und dazwischen überlegen wir uns dann irgendwas.Aber das ist halt in der Praxis dann umzusetzen super schwierig,weil auch so Dinge, wo sich die Zivilgesellschaft massiv dafür eingesetzt hat,wie zum Beispiel das Verbot von Gesichtserkennung, Biometrie oder auch,es gibt ja inzwischen so Wahrheitsdetektoren oder Emotionserkennung,wo es sehr zweifelhaft ist, ob das technisch überhaupt funktioniert,was da als Produkt angeboten wird.Und da glaube ich, kommen wir dann auch gleich darauf zu, was denn jetzt wirklichin diesem Gesetz drinnen steht.Und du hast ja auch schon Migration angesprochen. Wir haben in vielen EU-Ländernauch gerade bei arbeitslosen oder arbeitssuchenden Menschen den Einsatz vonAlgorithmen, wurde teils auch schon von Höchstgerichten verboten.Also da gibt es ja wirklich schon viele Fälle, die nach Regulierung schreien.Was wird jetzt besser mit diesem Gesetz?
Ralf Bendrath
Vielleicht noch ganz kurz zu Tim, zu der Frage nach dem Risiko.Also zum Beispiel im Artikel zur Definition, da steht unter systemisches Risiko,dass ein KI dann ein systemisches Risiko hat, wenn sie einen signifikanten Impact,Auswirkungen auf den ganzen Unionsmarkt hat durch ihre Reichweite oder durchvernünftigerweise vorhersehbare negative Effekte auf öffentliche Gesundheit, Sicherheit.Also nicht im Sinne von sozusagen innere Sicherheit, sondern Produktsicherheit,Safety, nicht Security, Public Security, also öffentliche Sicherheit,Grundrechte oder die Gesellschaft als Ganze.Aber das ist natürlich dann auch eine intellektuelle Herausforderung.Damit haben wir auch eine Weile lang gerungen am Anfang, weil dann sagt derArtikel 6 zu den Hochrisiko-KI,die Kommission ist ermächtigt, mit einem delegierten Rechtsakt weitere KI-Systemeoder Anwendungsfälle in den Annex 3 hinzuzufügen, mit den Hochrisiko-KIs,wenn diese neuen KI-Systeme oder Anwendungsfälle ein gleich hohes oder höheres Risiko haben,als die, die schon im Annex 3 drinstehen. Ja, wie misst man das?Wie viel ist 1,50 m KI-Risiko? Das kannst du eigentlich nicht schwer vergleichen.Das ist immer von Anwendungsdomäne zu Anwendungsdomäne.Haben wir echt eine Weile hin und her überlegt und dann am Ende aber gemerkt,das ist eine politische Entscheidung jedes Mal.
Arnika Zinke
Ja, um jetzt auf die Frage zurückzukommen, was ändert sich quasi oder was wird jetzt besser?Also es ist quasi schon so, dass wir natürlich im Vergleich zur Parlamentsposition,die in vielen Fällen besser ist, als das, was dann beim Trilog rauskommt,natürlich nicht alles drin haben, was wir als Parlament angesehen haben alsproblematisch und zu verbietende KI und als Hochrisiko-KI.Also nur, weil du vorher noch angesprochen hattest, Emotionserkennung,Massenüberwachung mit Biometrie,die Polygraphen, das waren alles Punkte, die wir in unserer Parlamentspositionkomplett verbannt hätten, also quasi verboten hätten.Und von denen wir nicht alle, aber einige in gewissen Bereichen geschafft haben, zu verbieten.Das eine ist eben die Emotionskennung, also quasi die basiert darauf,dass man denkt, dass wenn eine Person lacht, dass man davon ableiten kann,dass die Person quasi glücklich ist.Und es ist mittlerweile eindeutig bewiesen, dass das nicht funktioniert unddass es auch gegen Menschen, die zum Beispiel neuroatypisch sind,glaube ich ist das richtige Wort.Einfach auch falsch Emotionen erkennt und dass Emotionen einfach sich nichtleicht so ableiten lassen.Deswegen hat zum Beispiel auch Microsoft Emotionserkennung komplett aus demSortiment sozusagen genommen.Also die entwickeln in dem Bereich auch nicht mehr, weil sie erkannt haben,dass es Pseudowissenschaft ist.Wir haben es zwar nicht ganz durchbekommen, aber wir haben zumindest im Bereicham Arbeitsplatz und im schulischen Bereich Emotionserkennung komplett verboten.Was ein großer Gewinn für uns vor allem als Grüne war, wo man aber Emotionserkennungzum Beispiel noch verwenden darf.Und um ein Beispiel zu nennen, ist eben im Migrationsbereich,also zum Beispiel an Grenzen, was weiterhin hochproblematisch ist,weil die Probleme bestehen ja weiterhin.Es ist zwar Hochrisiko, aber Hochrisiko heißt halt, du musst einige weitere Regeln erfüllen.Das heißt, die KI muss Cybersecurity Standards erfüllen, es müssen gewisse Dokumentationengemacht werden und jetzt in dem spezifischen Fall ist wahrscheinlich auch eineGrundrechteabschätzung notwendig, also das sogenannte Fundamental Rights Impact Assessment.Das war auch ein großer Gewinn für unsere Fraktion, das mit reinzukriegen.Dass eben nicht nur der Hersteller, sondern auch der Benutzer,also der, der das System quasi kauft, sondern wirklich anwendet,sich auch anschauen muss, was macht die KI eigentlich mit den Personen,auf denen ich das anwende.Das ist ein bisschen eine Weiterleitung von dem, was schon in den Datenschutzfolgeabschätzungengemacht wird, aber eben speziell auf KI umgemünzt.Und das war für uns insofern ein großer Erfolg, weil das bedeutet,dass eben nicht nur der Hersteller, der spezifisch und kontextbasierte Anwendungenüberhaupt nicht abschätzen kann, dass sich wirklich der Benutzer hinsetzen mussund sich mit der KI auseinandersetzen muss.Und ich glaube, dass es auch eben daraufhin, wie wir KI verstehen und wie wirgenerell, wie viel Bedeutung und können wir KI zumessen, sehr wichtig ist.Weil wenn das zum Beispiel von Schulen verwendet wird oder auch von Behörden,die vielleicht einen Datenschutzbeauftragten haben und dann das jemandem gebenund sagen, sagen, ja, verwende das halt, um zum Beispiel Schülern zu helfen,in welche Fächer oder in welche Berufe sie sich dann einordnen.Dass es nicht einfach so angewendet wird, sondern die Personen wirklich wissen,okay, welche möglichen Folgen könnte das haben, wenn wir das jetzt mit unserenSchülern gemeinsam verwenden.Und ich glaube schon, dass das auch im Laufe der Zeit auch wirklich dazu führenwird, dass Menschen einfach besser verstehen, wie KI funktioniert und wo auchdie Limits von KI sind, was letztlich auch eine Möglichkeit ist,rechtliche Folgen abzuschätzen.So haben wir es auch mal ein bisschen versucht zu verkaufen,das natürlich auch für Unternehmen, das relevant ist, abzuschätzen,wo sind die rechtlichen Folgen, die ich möglicherweise habe,wenn ich KI verwende, die nicht so gescheit ist, wie ich eigentlich glaube, dass sie ist.
Thomas Lohninger
Also eigentlich so wie bei der Datenschutzgrundverordnung, ein neuer Text,den ich abnicken muss, wo theoretisch drinnen steht, was mit meinen Daten passiertoder was da im Hintergrund eigentlich abläuft.Also es muss erklärt werden für die NutzerInnen, was jetzt in diesem System drin ist.
Arnika Zinke
Ja, und der Benutzer muss sich halt auch wirklich damit auseinandersetzen,welche Personen eigentlich mit der KI interagieren oder auf welche Personendie KI angewendet wird und ob das zum Beispiel jetzt Personen mit dunkler Hautfarbesind oder Personen, die eine Disability haben. Genau.Und der Unterschied zur datenschutzrechtlichen Folgenabschätzung ist,dass es manchmal Fälle gibt, wo es quasi einen grundrechtlichen Impact habenkönnte, wo aber keine persönlichen Daten angewendet werden.Also zum Beispiel, wenn man Migrationsflüsse versucht nachzuvollziehen und darausdie KI irgendwelche Entscheidungen treffen lässt.Und gerade in diesen Bereichen, diese Randbereiche sind, die eben nicht vonder DSGVO abgedeckt sind, ist das auch besonders wichtig.
Thomas Lohninger
Also auch sowas wie Predictive Policing, also dass die Polizei mit Algorithmenversucht, vorherzusehen, welche Verbrechen in welcher Region wann passieren,was ja auch ein bisschen so Pseudoscience ist.
Ralf Bendrath
Also das vielleicht ganz kurz, Predictive Policing, was sich nur auf bestimmteNachbarschaften bezieht oder sowas, das wäre noch erlaubt, würde aber unterHochrisiko fallen, müsste also eine Grundrechtefolgenabschätzung machen und alles mögliche.Aber Predictive Policing über Individuen, dass die KM ja ausrechnet,wie wahrscheinlich ist es, dass Thomas Lohninger in den nächsten zwei Monateneine Straftat begeht, das ist verboten.Und was wir zum Beispiel auch noch verboten haben, ist das, auf Englisch heißtdas Facial Image Scraping, dass ich massenhaft Gesichtsbilder aus dem Internetmir zusammenwühle und daraus dann eine große Datenbank mache.Also Clearview AI oder PIM-Eyes ist jetzt verboten.
Thomas Lohninger
Und diese Grundrechtsabschätzungen, sind die öffentlich einsehbar?Kann ich die als User sehen?
Ralf Bendrath
Die sind in der Datenbank, oder?
Arnika Zinke
Ich glaube, dass die in der Datenbank gegeben werden müssen.Es ist quasi eine neue EU-Datenbank geschaffen worden, wo dann diese Folgerechtsabschätzungenhochgeladen werden müssen, um eben mehr Transparenz zu ermöglichen.Das war zum Beispiel auch etwas, was nicht im Kommissionsvorschlag drinnen warund was uns auch sehr wichtig war, da einfach mehr Transparenz zu schaffen,wer das verwendet und ja, auch, dass eben diese Abschätzungen dann öffentlich sind Das war das.
Ralf Bendrath
Was die Niederländer schon machen oder Amsterdam oder so. Die haben das schonin Betrieb, eine öffentliche Datenbank, wo man sowas genau nachgucken kann.Davon haben wir uns inspirieren lassen.
Arnika Zinke
Sowohl die Datenbank als auch die Grundrechtefolgenabschätzung kommen beideaus den Niederlanden, die Idee.
Thomas Lohninger
Es gibt auch unheimlich viele zivilgesellschaftliche Projekte,die einfach so mappen, welche Anwendungen von KI gibt es schon.Vor allem eben in der öffentlichen Verwaltung, da wo die Leute nicht auskennen,wo es kein Produkt ist. ist.Und das heißt, das kommt jetzt europaeinheitlich und diese Datenbank wird dannwirklich auch so alles beinhalten oder gibt es da auch wieder Ausnahmen,dass zum Beispiel so Polizeimilitären nicht einmelden müssen?
Ralf Bendrath
Ganz richtig geraten, Thomas. Natürlich gibt es Ausnahmen und genau eine dieserAusnahmen ist, dass KI-Anwendungen im Strafverfolgungsbereich in die Datenbankreinkommen, aber in den nicht öffentlich zugänglichen Teil.Also die Aufsichtsbehörden können das weiterhin überprüfen, aber der Öffentlichkeit ist es verborgen.
Tim Pritlove
Was sind denn sozusagen da die Aufsichtsbehörden? Ich habe gelesen,da gibt es ein AI-Office.Ist das das, wovon wir reden?
Ralf Bendrath
Es gibt zwei Ebenen oder sogar drei teilweise, weil die Datenschutzbehörden,wenn es um personenbezogene Daten geht, auch immer noch eine Rolle haben dabei.Aber dann gibt es die Marktaufsichtsbehörden, Market Surveillance Authorities,die sozusagen die Standardbehörden sind in diesem ganzen Produktsicherheits-CE-Label-Rahmenwerk.Und dann gibt es aber, da kann Arneka mehr zu sagen, das ist mal diese ganzeMarktüberwachung, das ist alles Imco-Committee-Territorium, da halte ich michraus, das wissen die viel besser.Aber es gibt dann eben auch noch das AI-Office in der Kommission.Das, warte mal kurz, genau, das ist im Prinzip ein nettes Label für eine neueAbteilung in der Kommission.Also in der Definition steht da, das AI-Office means the commission's functionof contributing to the implementation, monitoring and supervision of AI systems and AI governance.Das ist auch schon etabliert. Das wurde durch die Kommissionsentscheidung vom24.01.2024 schon eingerichtet.Die Kommission kann ja ihre eigene interne Organisationsstruktur selber entscheiden,auch wenn das Gesetz noch gar nicht da ist. Aber die fangen jetzt sozusagenschon mal langsam an, Leute anzuheuern und das ganze Ding aufzubauen und so.Zu den Aufgaben steht in dem einen Artikel zum AI-Office eigentlich gar nichts drin.Da steht nur, das soll irgendwie das alles irgendwie koordinieren und helfen.Aber da muss man sich so ein bisschen durch den Text wühlen.In den einzelnen Punkten kommt dann sowas wie zum Beispiel die Entwicklung fürModellverträge zwischen KI,Hochrisiko-KI-Anbietern und Drittparteien, die irgendwie Komponenten und andereUnterstützungs-Sachen liefern.Dann, was heißt Template nochmal?
Tim Pritlove
Vorlage.
Ralf Bendrath
Eine Vorlage entwickeln für Inklusive eines automatisierten Tools,damit Anbieter von KI ihre Grundrechtefolgeabschätzungen einfacher machen können.Dann soll sie dabei helfen, dass die Industrie Codes of Practice entwickelt,also Verhaltenskodizes.Und das ist ganz interessant. Das ist immer noch eine Sache der Industrie,wie bei vielen anderen Codes of Conduct oder Codes of Practice.Aber da steht jetzt drin, wenn zwölf Monate nach dem Inkrafttreten des AI Actdiese Codes of Practice noch nicht da sind oder die Kommission, also das AI Office,findet, dass die nicht gut genug sind, dann kann die Kommission selber bestimmteStandards nochmal verbindlich entscheiden. Ja.Dann soll das AI-Office die technische Dokumentation von General-Purpose-AI-Modellen,also allgemeinen Zweck, was ist das General-Purpose?
Arnika Zinke
Allzweck-Modellen.
Ralf Bendrath
Allzweck-KI-Modellen überprüfen. Dann soll sie eine Vorlage bereitstellen füreine Zusammenfassung der Inhalte, mit denen die KI trainiert wurde und so weiter und so weiter.Und dann in dem eigentlichen Artikel 64, der dieses AI-Office sozusagen etabliert,steht eigentlich nur, the Commission shall develop union expertise and capabilitiesin the field of AI through the AI-Office. Und das ist eigentlich so der Kern.Das war ein Tipp, den wir damals bei einer Anhörung gekriegt haben von FrancesHaugen, der Facebook-Whistleblowerin, die uns geraten hat, Leute,es gibt nicht genug KI-Expertinnen und Experten in der Welt,um alle 27 Mitgliedstaaten ihre eigenen Expertisezentren aufbauen zu lassen.Das müsst ihr europäisch bündeln.Und das war sozusagen die ganze Idee hinter diesem AI-Office,dass man sozusagen hier einen Pool von Expertinnen und Experten hat,die dann eben den Mitgliedstaaten auch sozusagen beispringen und die unterstützenkönnen bei der Umsetzung.
Tim Pritlove
Klingt jetzt nicht falsch.
Arnika Zinke
Ja, ich wollte nur noch mal sagen, dass das AI-Office auch schon eine Aufsichtsfunktionbei den General Purpose AI-Modellen hat.Und das war ein Zusatzbereich, den es im Kommissionsvorschlag nicht gegebenhat, nämlich diese Allzweck-Modelle.Und das war ein spezifischer Bereich, wo das Parlament ein komplettes Kapitelquasi hinzugefügt hat, weil das Parlament eben gesagt hat, okay,es ist so schön, dass wir KI-Systeme regulieren, aber es gibt ja ein Modell,das vor dem KI-System kommt, auf dem das KI-System oft basiert,wo quasi die Regeln eigentlich jetzt nicht da sind, vor allem,weil das ja alles auf dieses Hochrisiko zugemünzt ist.Von grüner Seite, unsere Idee war ursprünglich, dass wir sagen,alle Allzweckmodelle sollten alle Hochrisikoanforderungen eigentlich auch erfüllen.Das ging aber nicht durch und deswegen haben wir eben einen Kompromiss gefunden,verschiedene Anforderungen, die quasi auf den Hochrisikoregelungen basieren,aber quasi hochrisikoleit auch für diese Allzweckmodelle umzusetzen.Und da hat das KI-Büro jetzt die Funktion.Zu unterscheiden, welche der Modelle quasi nur die einfachen Dokumentations-und Transparenzpflichten erfüllen müssen oder welche Modelle quasi extra Anforderungenerfüllen müssen, also quasi in den Top-Tier fallen.Also es gibt zwei Stufen für die Modelle und Modelle, wer zum Beispiel eben GPT-free,worauf jetzt Chat-GPT basiert oder ja, also verschiedene Large-Language-Modelszum Beispiel, aber auch, was auch immer in der Zukunft kommen mag,Und die stärkeren Regeln wären dann zum Beispiel Red Teaming,also interne Risikoanalyse bzw.Risikotesten von möglichen Problemen innerhalb des Modells.Und das war eben ein komplett neuer Bereich, den das KI-Gesetz selbst und dieKommission überhaupt nicht vorhergesehen hatte. Und die jetzt der Kommissiondeutlich mehr Macht geben, als eigentlich auch vorhergesehen war.Weil eigentlich war es wirklich gedacht, dass es national eben über die MarketSurveillance Authorities und die Data Protection Authorities in jedem Mitgliedstaateinzeln die KI-Systeme überwacht werden.Und jetzt sind die ganzen Modelle ausgelagert zu dem AI-Office,das eben nicht nur eben die ganzen Punkte erfüllen kann, die Ralf vorhin schonerwähnt hat, sondern eben auch einteilen kann,wer das quasi Modell leiht und wer das Modell, das quasi einen höheren Impacthat und deswegen weitere Anforderungen erfüllen muss.Und das ist auch insofern interessant, weil in der Zukunft das AI-Office auchweitere problematische oder impactful Modelle hinzufügen kann in den Top Tierund deswegen ja relativ viel Macht bekommt.
Ralf Bendrath
Und wir wissen seit heute Morgen schon, wer der Chef wird.
Thomas Lohninger
Bevor wir dazu kommen, die generelle Struktur davon, dass wir das mal wiederholen.Also an sich war gedacht, die ganze Rechtsdurchsetzung über diese nationalenMarktaufsichtsbehörden zu machen.Und jetzt ist sozusagen auf Bestreben des Parlaments hin,dieses AI-Office bei der Kommission mächtiger geworden in Bezug auf das Einstufenvon konkreten KI-Systemen gemäß ihrem Risikogehalt.Halt dieser generellen Modelle, General Purpose Modelle, da kann man sich wahrscheinlichso die klassischen Large Language Models vorstellen, oder? Ja?Unique. Und du hast dann aber am Ende eigentlich so welche Auflagen,weil für mich ist so, das habe ich auch mit Kolleginnen schon diskutiert ausder Zivilgesellschaft,es ist so ein bisschen sehr weird, jetzt zu sehen, dass eine Marktaufsicht aufeinmal Grundrechte einhalten soll.Also wo sind wir denn jetzt mal so ein Testcase von, ich weiß nicht,Clearview AI haben wir vorher gesagt, das ist sowieso ganz verboten,aber was gibt es denn so für Beispiele, die ihr nennen könnt,wo nach eurer Lesart des Gesetzes einem Unternehmen auch Konsequenzen drohen,wenn durch die eigenen Systeme wirklich Schaden auftritt bei Menschen.Ist das alles nur eine theoretische Sache, wo ich eine Abschätzung irgendwo hinterlegen muss?Oder kann ich da zum Beispiel auch als Betroffener klagen? Wir haben ja,glaube ich, auch in der Sendung zuletzt schon diesen British Post Office Scandal diskutiert,wo aufgrund eines Fehlers eines Computersystems hunderte Menschen fälschlicherweisederen Existenzen zerstört wurden.Ja, hätte man vielleicht im Vorhinein auch nicht gesagt, dass es ein Hochrisikosystem sein soll.War es dann aber am Ende? Also würde der AI-Act bei solchen Fällen helfen und wenn ja, wie?
Arnika Zinke
Also zum einen zur AI-Liability, also quasi zu dem Schwestergesetz zur Produkthaftungsrichtlinie.Da warten wir ja immer noch darauf, dass es da in dem Bereich eine Entscheidung geben wird.Und das würde, glaube ich, vieles von den Fällen, die du gerade genannt hast,also wie kann ich persönlich vorgehen und persönlichen Schaden,Was es schon gibt, ist, dass das KI-Gesetz auch die Möglichkeit hat,über die Collective Redress, also kollektive Verbandsklage, dass Verbandsklagenquasi ermöglicht werden.Das heißt, wenn du quasi nachweisen kannst, dass der Hersteller zum Beispieldie Anforderungen nicht erfüllthat im Hochrisikobereich, dann wäre zum Beispiel so eine Klage möglich.Wir haben auch eingeführt, dass eine individuelle Person auch zu einer nationalenBehörde gehen kann und sich beschweren kann, wenn man glaubt,dass innerhalb dieser Regulierung gewisse Pflichten nicht erfüllt worden sind.
Thomas Lohninger
Aber ich hake genau da ein. Also wenn ich jetzt ein Unternehmer bin mit einerganz bösen Absicht, so ein typischer Überwachungsschweinekonzept,kann ich sozusagen hier meinen Kopf aus der Schlinge ziehen,wenn ich genügend Papier produziere und über alle diese Risiken ganz viele Abschätzungen mache?Oder ist am Ende der real auftretende Schaden das, was auch zu der Strafe führen kann?Egal wie viel Papier ich da vielleicht rundherum mir zugekauft habe,um das zu kaschen, um das irgendwie so einzukleiden.
Ralf Bendrath
Ja, wenn du es als böser Überwachungskapitalist mit einer fiesen Firma es schaffst,irgendwie alle Auflagen des AI-Acts zu erfüllen, inklusive Grundrechte, Folgenabschätzung,inklusive die Auflagen zu Data Governance, dass du zum Beispiel gucken musst,ob in deinen Trainingsdaten irgendwelche Biases versteckt sind und wenn ja,musst du das irgendwie angehen und so. Wenn du das alles schaffst, dann bist du raus.Ja, ich möchte nur den fiesen Überwachungskapitalisten sehen, der das hinkriegt.Aber grundsätzlich, ich glaube, die Logik ist sozusagen, wenn ein konkreterSchaden entsteht, dann greift sowieso die Produkthaftungsrichtlinie jetzt,weil die jetzt ja auch für alle digitalen Produkte gilt.Wobei, nee, warte, die greift ja nur, wenn ich mir das Produkt selber gekauft habe. Stimmt.Nicht, wenn ich Opfer von einem Produkt von jemand anderem bin.Aber der AI-Act, soweit ich es im Kopf habe, aber correct me if I'm wrong, Annika,der sieht Strafen und Ähnliches dann vor, wenn die Anbieter von KI-Systemenoder auch die Nutzer von KI-Systemen gegen Regeln des AI-Acts verstoßen.Unabhängig davon, ob am Ende ein Schaden rauskommt oder nicht.Schaden kann dann immer auch noch zivilrechtlich und anders wie irgendwie eingeklagt werden.
Tim Pritlove
Aber da will ich jetzt nochmal einhaken, weil ich fand das Beispiel,was Thomas genannt hat, mit diesem Post-Office-Skandal eigentlich ganz plastisch,weil das ja eine, also da ist der negative Impact ja sehr offensichtlich,ja, also da sind ja, Leute haben sich ja umgebracht deswegen,weil eine Software falsch gerechnet hat und wie du schon sagst,gekauft haben sie aber das Produkt nicht, sondern sie mussten das sozusagenim Rahmen ihrer vertraglichen Bindung mit dem Post Office,UK Post Office sozusagen benutzen oder es wurde für sie benutzt und es war eigentlichdie Software der Post sozusagen.Also ist irgendetwas in diesem AI-Eck, wo ihr sagen würdet, hier greift jetztdiese Idee der Entscheidungsfindung und der Macht der Algorithmen,die diesen Fall abgedeckt hätte?
Arnika Zinke
Also ich glaube, es geht eher darum, dass die Produkte, die zukünftig auf denMarkt gebracht werden, gewisse Standards erfüllen müssen.Das heißt, die Wahrscheinlichkeit, dass so ein schädliches oder ein schadhaftesProdukt auf den Markt gebracht wird, versucht der AI zu minimieren,indem er eben Data Governance, Cyber Security und so weiter vorschlägt.Und alles, was dann quasi später passiert, findet eben in der AI Liability Directive,die es noch nicht gibt, also KI-Haftungsrichtlinie statt.Und der Hayek versucht quasi nur sicherzustellen, dass die Produkte,die in Zukunft in der EU auf den Markt kommen,ein Minimum an Standards erfüllen, die wir quasi in unseren EU-Values als wichtiggenug ansehen, damit KI auch trustworthy wird,also vertrauensbindend, also dass man quasi ein gewisses Vertrauen in die KI hat.
Tim Pritlove
Ja gut, aber hier ist es ja noch nicht mal KI. Hier ist ja Plus und Minus nichtrichtig benutzt worden.
Arnika Zinke
Dann würde es eigentlich nicht in den Scope vom KI-Gesetz kommen.
Tim Pritlove
Das heißt, das ist sozusagen immer noch nicht sanktioniert.Ja, nee, verrechnen dürft ihr euch, aber ihr dürft nicht im abstrakten Raumfalsch sein, nur im konkreten. Ist auch ein bisschen doof, oder?
Ralf Bendrath
Ja, aber dass die sich da einfach stumpf verrechnet haben, das wird ja wohlirgendwelche rechtlichen Folgen haben müssen, oder?
Tim Pritlove
Ja gut, also ich meine, das geht jetzt schon seit über zehn Jahren ist es bekannt,dass sie sich verrechnet haben und es ist ja jetzt erst durch eine Fernsehserieim englischen Fernsehen und britischen Fernsehen überhaupt erst zu einem Skandal geworden,weil dann die Öffentlichkeit gesagt hat, was geht denn hier ab und in der Zwischenzeit,wie gesagt, Leute hat das halt in den finanziellen Ruin getrieben und mehrereder Betroffenen haben sich halt einfach das Leben genommen.Und das ist halt schon irgendwie so ein Level, wo ich sagen würde,da kann man schon mal rein regulieren, um sicherzustellen, dass so etwas nicht geht.Deswegen frage ich halt einfach ganz blöd, seht ihr jetzt irgendwas in diesemAI-Act oder in dieser Product-Liability-Richtlinie, das so etwas verhindertoder ist das jetzt tatsächlich noch nicht mal abgedeckt?
Ralf Bendrath
Wenn es um einfaches Plus-Minus geht, ist es nicht abgedeckt.Das ist ja nicht unter KI.
Tim Pritlove
Also verrechnen darf man sich nach wie vor, nur nicht falsch schwurbeln.
Arnika Zinke
Also es gab auch im KI-Gesetz ganz stark den Push, es nur auf Machine Learningzu begrenzen, also KI nur als Machine Learning zu begreifen.Und es hat uns sehr viel Kraft gekostet, dass zumindest Teile von AutomatedDecision Making weiterhin im Skop von KI-Gesetz drin sind. Also so einfachereSoftware ist im KI-Gesetz auf jeden Fall nicht mit ihm begriffen.
Tim Pritlove
Ja gut, aber ich meine, in dem Fall war es ja so,dass den Vertragspartnern des Post Office quasi ein Fehler nachgewiesen wurde,den es so nie gegeben hat und das ist ja eigentlich auch eine Entscheidungsfindung.Es war nämlich die Entscheidungsfindung mit, deine Abrechnung stimmt nicht, obwohl sie stimmt.So und damit ist ja sozusagen von einer Software eine falsche Entscheidung gefälltworden, die dann auch später niemand anzuzweifeln bereit war,geschweige denn irgendeine Verantwortung dafür zu übernehmen.Und alle haben sich gegenseitig da in Schwarzenpeter zugezogen und alle, die das halt,es wurde ja noch dadurch verschlimmert, dass halt das Post Office auch nochin UK, gut ich weiß jetzt nicht EU und so, aber es geht ja jetzt nur sozusagenum so einen Fall, der ja durchaus realistisch ist, weil der hat ja stattgefunden,dass das Post Office halt auch noch so einen anderen rechtlichen Status hat und so weiter.Also es war also generell sehr schwierig, da überhaupt irgendwie gegenzugehenund es hat die Leute halt einfach mal komplett ruiniert.Das ist ja schon ein ziemlich harter Tobak. Also in meiner Wahrnehmung ist aucheine Berechnung, eine Saldos, eine automatische Entscheidungsfindung,weil ja da am Ende eine Wahrheit geliefert wird.Nämlich die Wahrheit mit, du hast uns genug Geld gegeben oder du hast uns nicht genug Geld gegeben.
Arnika Zinke
Ich verstehe dein Reasoning und es ist nicht so, dass ich dir widerspreche.Ich kann dir aber sagen, dass genau diese einfacheren Entscheidungsfindungen,genau das ist, was der Großteil der Personen, die am Verhandlungstisch saßen,vor allem die Kommission und der Rat, auf gar keinen Fall drin haben wollten.Also da ging es schon darum zu sagen, es muss etwas sein, was schon auf höherenEbenen quasi arbeitet und jetzt nicht ganz einfache Rechnungen und Excel-Tabellen.In Excel-Tabellen war immer so ein Beispiel, was sie gebracht haben.
Tim Pritlove
Die müssen auch weiterhin falsch sein dürfen, sonst läuft gar nichts mehr.
Thomas Lohninger
Ich würde da gerne noch einen zweiten Fall reinnehmen, und zwar dieser niederländischeSkandal, wo die Steuerbehörden sich vertan haben, wo ja auch die Regierung vonMark Rutte darüber gestolpert ist.Und das als Frage zu formulieren,es macht für den AI keinen Unterschied, ob jetzt ein Unternehmen hier diesesProdukt auf den Markt bringt und diesen Fehler macht oder diesen Bias hat oderob es die öffentliche Hand ist, wo man ja vielleicht sagen könnte,da wollen wir höhere Anforderungen haben.Weil beim Unternehmen kann ich vielleicht noch irgendwie sagen,okay, gut, da werde ich kein Kunde.Aber wenn es jetzt irgendwelche Behörden sind, die solche algorithmischen Systemeanwenden, habe ich oft keine Wahl.Gibt es da höhere Auflagen für die öffentliche Hand?
Arnika Zinke
Also es gibt grundsätzlich, die Hauptlast der Anforderungen liegt auf jedenFall beim Hersteller und nicht beim Anwender.Also das ist mal so die grundsätzliche Idee auch vom KI-Gesetz.Das heißt, wenn, dann würde wahrscheinlich, also gerade wenn die KI in irgendeinerForm fehlerhaft, also zum Beispiel eben Bias hat, dann würde das eher auf denHersteller fahren als auf den Benutzer.Was es aber eben schon gibt und das ist eben vor allem für Behörden,wird es wichtig sein, ist eben diese Grundrechtefolgenabschätzung,die vielleicht in dem Fall, den du genannt hast, gegriffen hätte,weil sie sich dann schon bewusst gewesen wären.Das geht aber dann schon gegen Personen, die dann zum Beispiel sozial benachteiligtsind. Aber die Hauptklasse wäre eigentlich bei dem Hersteller.Und es gibt in dem Sinne ein paar zusätzliche Anforderungen für Behörden.Aber trotzdem muss eigentlich der Hersteller garantieren und sicherstellen,dass die KI in Ordnung ist.
Ralf Bendrath
Aber wenn ich das ergänzen kann, dieser holländische Sozialversicherungsfall,der hat uns natürlich hier alle bewegt.Und eine unserer Co-Verhandlerinnen war ja die grüne Abgeordnete aus Holland,Kim van Starrentaak im Innenmarktausschuss, neben Sergej Labudinski im Innenausschuss.Und da ist jetzt im Annex 3 für die Hochrisiko-KIs Punkt 5 drin,extra, der war auch schon vorher von der Kommission, den haben wir nur ein bisschenaufgebohrt, alles, wo eine KI eingesetzt wird zum Entscheiden,ob jemand Zugang zu essentiellen privaten Diensten oder essentiellen öffentlichenDiensten und Benefits, also...
Thomas Lohninger
Also staatliche Leistungen, Sozialhilfe.
Ralf Bendrath
Oder auch essentielle private Leistungen, wenn das irgendwie Versicherungsleistungensind oder sowas, keine Ahnung.Dann fällt das auf jeden Fall unter Hochrisiko-KI, man muss die ganzen zusätzlichen Auflagen erfüllen.Unter anderem, wenn es um Gesundheitsdienste geht, aber auch darum zu entscheiden,ob jemand Anspruch auf irgendwelche Leistungen hat.Ob es Renten sind, Sozialversicherungsansprüche, was auch immer.Oder wenn man in dem Kontext versucht, die Kreditwürdigkeit von Leuten abzuschätzen mittels KI.Das ist auf jeden Fall auch Hochrisiko und braucht dann eben die ganzen Dokumentationspflichten,Bias, es muss angegangen werden in Trainingsdaten und, und, und.
Thomas Lohninger
Das heißt, um es pragmatisch zu machen, wenn ich meine Haushaltsversicherungmir verwehrt wird oder das Jobcenter sagt,du kriegst deine Arbeitslose jetzt nicht mehr oder die Schulung nicht mehr bezahlt,dann wäre das Hochrisiko, auch wenn das vielleicht nur mit Excel passiert.
Ralf Bendrath
Nee, nur wenn es auf Basis von einer KI passiert.Also wenn es schon irgendwie ein Machine Learning System dahinter hängen.Was aber immer ergreift, unabhängig vom AI Act, ist dann der Artikel in derDSGVO zu Profiling und automatisierter Entscheidungsfindung,wo ja eh schon drin steht,man darf als natürliche Person nicht sozusagen Opfer sein von einer negativenEntscheidung, die ausschließlich mit automatisierten Entscheidungssystemen getroffen wurde.Also da ist auch immer noch ein Mensch verantwortlich. Und ich habe immer nochdas Recht, mich da auch zu beschweren entsprechend nach DSGVO und so.
Tim Pritlove
Ja, ich denke, es wird dann nicht so lange dauern, bis die AI auch in Excel das Sagen hat.Von daher fällt es dann vielleicht irgendwann doch wieder da drunter.Na gut, also ein paar Lücken bestehen auf jeden Fall noch.
Arnika Zinke
Ja, wenn du gerade Lücken ansprichst, kann ich noch eine Lücke nennen,die wir leider im Endgesetz jetzt drinnen haben.Also ich habe schon vorhin erwähnt, dass quasi das ganze Gesetz das Wichtigsteist eigentlich, okay, jetzt neben den General Purpose AI Punkten,die gut sind, die Hochrisikofälle und die Hochrisiko-KI.Und da gibt es einen Artikel, der quasi sagt, was fällt in Hochrisiko und wasnicht. Das ist der Artikel 6.Und das war eigentlich die Krux in dem Ganzen oder das Wichtigste in dem ganzenGesetz, nämlich was fällt also aus dem Annex, den wir dazu haben,quasi die Bereiche drinstehen, tatsächlich in alle Anforderungen quasi, die im Gesetz stehen.Und da gibt es jetzt quasi drei Möglichkeiten, wie man sich aus dem Gesetz wiederrausholen kann, die relativ weit formuliert sind und möglicherweise auch nochin Zukunft zu Problemen führen könnten, weil sie so weit formuliert sind.Das heißt, man kann sich dann eigentlich wieder aus den Hochrisikoverpflichtungenrausholen, wenn man in diese drei Bereiche fällt.Die ganze Raison des Gesetzes, auf dem die Kommission auch ihre Logik aufgebauthat, ist eigentlich mit diesem Artikel 6 und mit diesen Ausnahmen ein bisschen zerstört worden.Und das ist etwas, das für uns sehr hart hinzunehmen.
Thomas Lohninger
Was sind das für Ausnahmen?
Arnika Zinke
Ein ganz kleiner Moment. Also, wenn die KI nur narrow procedural,also prozedurale Anwendungen sind, die quasi so ein bisschen nebenbei laufen,aber nicht quasi das Hauptressort der KI sind, dann kann man sich rausnehmen,was jetzt genau diese narrow procedural tasks sind.Haben wir jetzt ein bisschen im Erwägungsgrund erklärt, könnte man aber auchrelativ weit begreifen.Dann sagt es, wenn die KI nur versucht, eine bereits ausgeführte menschlicheAktivität zu verbessern, was ist eine bereits ausgeführte menschliche Aktivität?Das könnte alles sein. Ich glaube, Ralf hat gesagt oder jemand,es könnte eine gebaute Pyramide sein.Das ist ja auch eine beendete menschliche Aktivität. Also, ja,problematisch, wenn das KI-System nur Decision-Making-Patterns versucht zu verbessernund keine menschliche Entscheidung entwickelt.Ersetzt.
Thomas Lohninger
Aber das ist ja genauso wie das, was Ralfrat gesagt hat.Bei der DSGVO haben wir auch diesen guten Artikel, die automatisierten Entscheidungen,die sozusagen zustimmungspflichtig ist, wenn sie ausschließlich von einer Maschine getroffen wird.Also solange da irgendwo noch ein Mensch sitzt, der die ganze Zeit nur auf OKklickt zu dem, was die Maschine ihm vorgibt, kannst du dich eigentlich wieder rausreden.
Arnika Zinke
Ja, was höchst problematisch ist und was eben auch zum Beispiel dieser HumanOversight Artikel, also eine dieser Regeln, die die Hochrisiko-KI zu befolgenhaben, ist eben, dass es einen Human in the Loop gibt, also einen Menschen,der da sitzt und eben okay drückt.Und wir haben quasi auch versucht, bei den Verhandlungen zu erklären,dass es sowas wie Automation Bias gibt, also dass man quasi davon ausgeht,dass wenn die KI sagt, naja, die Person ist in irgendeiner Form kriminell,dann wird das schon stimmen, weil die hat das ja aufgrund von irgendwelchen Parametern bemessen.Und das ist eben genau das Problem, dass nur weil ein Mensch da sitzt und dasüberprüft, das nicht immer mit einem großen Gedankengang einhergeht,weil die Personen oft gar keine Zeit haben, sich da groß zu überlegen,welche Parameter da jetzt in die KI angeflossen sind.Und das ist natürlich schon problematisch, dass es jetzt diese Möglichkeitengibt, um sich quasi wieder aus dem AI rauszuholen.Das gilt aber nur für KI-Systeme und nicht für die Modelle. Also für die Modellegibt es diesen Filter, in Artikel 6 für die gilt er nicht.
Ralf Bendrath
Was wir in der Parlamentsposition, wenn ich mich richtig erinnere,dritte hatten, war ein ausdrückliches Verbot dafür, dass eine KI quasi Urteileschreiben darf, die der Richter am Ende nur noch unterzeichnet.Das ist aber leider im Trilog wieder rausgeflogen.
Thomas Lohninger
Da würde ich gerne wissen, welcher Mitgliedstaat sich dafür eingesetzt hat,dass das künftig gehen kann.
Ralf Bendrath
Keine Ahnung.
Thomas Lohninger
Ja, wir haben da zu viel...
Ralf Bendrath
Wir haben mit den Spaniern verhandelt vor allem. Aber wer dann dahinter steckt,ist uns immer so ein bisschen unklar, wenn man da nicht die Kontakte hat.Und natürlich eine Sache vielleicht noch zum Schluss.Das riesengroße Ding, das bis zum Schluss umstritten war und uns da irgendwiezwei Nächte noch gekostet hat, war halt die Frage mit Gesichtserkennung im öffentlichen Raum.
Thomas Lohninger
Ja, ich wusste, dass das jetzt so kommt. Ich hätte dich sonst gleich danachgefragt. Wie ist das denn gelöst?Hier war die große Forderung der Zivilgesellschaft, Gesichtserkennung im öffentlichenRaum wirklich gänzlich als Hochrisikotechnik zu verbieten und daran anschließendnatürlich auch alle anderen Formen biometrischer Erkennung am Gang,einfach alles, wo uns Bewegungsfreiheit im öffentlichen Raum weggenommen wirdund Datenschutz eingeschränkt.Das war auch mit einer europäischen Bürgerinitiative nochmal bestärkt,diese Forderung, Reclaim Your Face, hieß die Kampagne.Und das hat es ja, glaube ich, auch in die Parlamentsposition geschafft.Nehmt uns nicht die Hoffnung. Was ist daraus geworden?
Ralf Bendrath
Das übernehme ich mal, ja. Das ist eher mein Blutfallbereich.Ja, es steht jetzt in Artikel 5, Paragraph 1.h.Also Paragraph 1 ist, die folgenden KI-Praktiken sind verboten.Paragraph h, die Nutzung von Echtzeit-biometrischen Identifikationssystemenauf Entfernung in öffentlich zugänglichen Räumen für die Zwecke der Strafverfolgung.Ist verboten, steht so drin, aber leider ist der Satz dann noch nicht zu Ende.Der geht nämlich dann weiter, außer und insoweit, als solche Benutzung striktnotwendig ist für eines der folgenden Zwecke.Und dann kommen sozusagen die Ausnahmen, wo es dann doch erlaubt ist,die gezielte Suche nach spezifischen Opfern von Entführung oder Human Trafficking oder so.Zweitens die Verhinderung einer spezifischen,substanziellen und unmittelbar bevorstehenden Bedrohung für das Leben oder diephysische Sicherheit von natürlichen Personen oder einer genuinen und gegenwärtigenoder vorhersehbaren Bedrohung einer terroristischen Attacke.Und drittens die Identifizierung und Lokalisierung von einer Person,die verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben, die mit einer Höchststrafevon mindestens vier Jahren Gefängnis bestraft werden kann.Also für die Zwecke wäre es noch erlaubt. Also die Idee war sozusagen dahinterdann am allerletzten Kompromiss, Donnerstag, Freitagnacht oder wann,kurz vor Weihnachten, dass wenn irgendwo jemand eine Tankstelle ausgeraubt hatund davonrennt oder davonfährt auf dem Motorrad oder so und vielleicht keinenHelm auf hat, dass man dann schnell in Echtzeit die Kameras,die es da in der Gegend gibt,wenn die sozusagen verbunden sind und Gesichtserkennung überhaupt können undsowas, einschaltet und sagt, hier, den finden wir mal diesen einen Räuber hier.Damit wir, solange der noch in der Nachbarschaft ist, irgendwie grob eine Chancehaben, dass der irgendwie noch gefasst wird.Das war sozusagen die Idee. Da kann man dann sagen, ja, ist total offen undweit. Das hat aber bestimmte weitere Voraussetzungen noch.Das soll autorisiert werden von einer Justizbehörde oder einer anderen Behörde,die binnen der Entscheidungen treffen können, also de facto Staatsanwaltschaftdann wird das sein in der Praxis.
Thomas Lohninger
Ein Richter?
Ralf Bendrath
Ja, eben, Justiz oder Staatsanwaltschaft. Dann muss diese Behörde,die es anwenden will, vorher eine Grundrechtefolgenabschätzung gemacht haben mit dem System.Zumindest in der Regel, es gibt Ausnahmen. Dann muss es strikt limitiert sein in Bezug auf die Zeit,in der das gemacht werden darf,also die Dauer und den geografischen und persönlichen Anwendungsbereich.Du kannst ja nur die Nachbarschaft überwachen, aber nicht ganz Berlin oder so oder ganz Brüssel.Und jede Nutzung soll den zuständigenMarktaufsichtsbehörden und Datenschutzbehörden notifiziert werden.Und das Ganze ist aber sozusagen nur die Leitplanke. So weit darfst du maximal gehen.Das ist noch keine Rechtsgrundlage dafür. Es steht dann in § 5,um das machen zu können, müssen die Mitgliedstaaten selber noch eine Rechtsgrundlagein ihrem nationalen Recht schaffen.Also wir haben als KI-Gesetzgeber hier jetzt nichts erlaubt.Wir haben nur gesagt, wenn ihr das macht, müsst ihr diese Leitplanken einhalten.Und es steht ausdrücklich drin, die Mitgliedstaaten können auch restriktivereGesetze verabschieden zu dem Thema.
Tim Pritlove
Da ist aber jetzt ein Wort drin, nämlich das Wort Echtzeit.Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, schließt diese ganze Regelung nurdie Echtzeitverwendung aus, aber nicht die Vorratsdatenspeicherung sozusagen.
Ralf Bendrath
Die Vorratsdatenspeicherung von Kamerabildern ist nochmal ein ganz anderes Thema.Das ist nicht vom KI-Gesetz geregelt. Also wie lange so eine Kamera Bilder aufbewahrendarf, das ist außerhalb des Geltungsbereichs vom AI-Act.
Tim Pritlove
Ja, beziehungsweise wenn man halt jetzt sozusagen Gesichtserkennung macht aufden Daten, aber halt nicht in Echtzeit.
Thomas Lohninger
Du speicherst die fünf Minuten ab und danach machst du die Gesichtserkennung drüber.
Tim Pritlove
Zum Beispiel, oder auch ein paar Tage so.
Thomas Lohninger
Oder es ist halt irgendwie, du hast es vorher gesagt, nur für den strafrechtlichenBereich. Die Privaten sind davon jetzt nicht umfasst.
Ralf Bendrath
Die Privaten sind nicht erfasst und auch sowas wie Grenzkontrollübergänge sind nicht erfasst.Das ist von der Datenschutzgrundverordnung geregelt. Da gibt es zum Beispielauch schon Entscheidungen der Datenschutzbehörden, wenn irgendwelche Fußballstadienein Verbot hatten von Hooligans, dann haben sie teilweise Gesichtserkennungeingesetzt, um die einzelnen Hooligans, die ein Stadionverbot hatten, zu finden.Da gibt es Entscheidungen der Datenschutzbehörden, sozusagen außerhalb dieserRegelung hier. Was es aber auch noch gibt, ist eine Regelung zu retrograderbiometrischer Gesichtserkennung, also Post-RBI, eben nicht in Echtzeit.Und da ist eben die Idee, dass das nicht mehr verboten ist, sondern nur nochHochrisiko, was für uns ein super, super dicke Kröte war, das zu schlucken.Könnt ihr euch vorstellen.Wir wollten komplett verabredet von allem. Wir haben jetzt schon in Echtzeitda irgendwie ein paar Ausnahmen drin reingekriegt, die aber,wie gesagt, für spezifische Verdächtige und so nur greifen.Und für retrograde KI-Echtzeit, nein, für retrograde Gesichtserkennung im öffentlichenRaum, da brauchst du erstmal die Aufnahmen, sonst kannst du es nicht machen.Und da gibt es dann eben unter Datenschutzrecht schon Regeln,wie lange dürfen Videokameras die Daten speichern und so und nach wie vielenStunden müssen sie gelöscht werden oder überschrieben werden.Und wenn du diese Daten noch hast, wenn die mal gespeichert sind und auch legalnoch gespeichert waren, dann kannst du die jetzt für ähnliche Fälle benutzen,nämlich für eine gezielte Suche nach einer Person,die auch wieder einer Straftat verdächtig ist, in dem Fall nicht mal eine schwereStraftat, sondern generelle Straftaten, wiederum mit Autorisierung eines Gerichtsoder einer Staatsanwaltschaft.Limitiert auf das, was strikt notwendig ist für die Ermittlung in einem spezifischenStrafverfahren, also kannst du die einfach allgemein erstmal alle so abscannen, ohne Anlass,In keinem Fall soll so ein Hochrisiko-KI-System genutzt werden für Strafverfolgungszweckein einer ungezielten Art,untargeted way, ohne Link zu einer spezifischen Straftat oder einem Strafverfahrenoder eben einer spezifischen drohenden Gefahr oder so.Und solche Nutzungen müssen dann zumindest in der relevanten Polizeiakte dokumentiertwerden und auch den Marktaufsichtsbehörden und Datenschutzbehörden verfügbargemacht werden auf Nachfrage.Und wir sind uns, glaube ich, alle echt einig, dass das nicht gut ist.Das ist irgendwie viel, viel offener und viel weiter, als wir es uns gewünscht hätten.Das war am Ende sozusagen der Kompromiss, der auch noch total verfahrensmäßigrichtig übel gelaufen ist. Wir hatten am letzten Abend des Trilogs, das war das 12., 10.Dezember oder so, hatten wir noch keinen finalen Text zu dieser retrograden Gesichtserkennung.Wir hatten aber vorher einen Text von einer spanischen Ratspräsidentschaft bekommen,der irgendwie in die richtige Richtung ging. ging.Da war noch eine limitierte Liste mit Straftaten, wo das genutzt werden kann und so weiter.Aber irgendwie ist es dann nicht mehr dazu gekommen, noch einen finalen Textauszufaden in der Nacht.Und dann sind alle nach Hause und ins Wochenende und am Montag oder Dienstaghaben wir noch mal wieder ein paar Aufräumtermine gehabt auf technischer Ebene,also Mitarbeiterebene.Und dann kriegen wir plötzlich von den Spaniern da einen Text präsentiert,der einfach komplett anders war als das, was wir gedacht hatten, wie die Einigung ist.Und dann ging es wirklich noch zwei Wochen hin und her.Die letzte Woche war dann irgendwie die die Sitzungsfeierwoche vor Weihnachten,wo alle schon im Urlaub waren.Ich saß da irgendwie an der Nordsee im Ferienhaus und habe mir noch E-Mails hin und her geschickt.Und dann ist am Ende das hier rausgekommen, wo dann auch irgendwie jetzt sozusagenkeiner mehr das Fass nochmal komplett aufmachen wollte.Der Trilog war sozusagen schon fertig und dann wurde diese Kröte geschluckt.Muss man nicht gut finden, überhaupt nicht. Und die Bundesregierung hat,glaube ich, schon entschieden, dass sie es auf jeden Fall enger ziehen will,wenn es überhaupt in Deutschland irgendwie Gesetzesgrundlage dafür geben wird.Und wir werden natürlich weiter dafür kämpfen, wenn das Ding mal wieder renoviertwird oder andere Gesetzesvorschläge kommen, die das irgendwie berühren könnten,dass das auf jeden Fall enger gezogen wird, ganz klar.Aber an dem Punkt jetzt den ganzen AI-Act scheitern zu lassen,war es uns auch nicht wert genug, weil da einfach so viele Sachen drin sind,die einfach jetzt mal gut sind, dass sie an den Start kommen.
Thomas Lohninger
Es war ja kurzzeitig so, dass es die Mehrheit im Rat in der Schwebe stand undwir beide haben uns ja genau zu der Zeit getroffen und du meintest,ob ich da irgendwie bei der österreichischen Justizministerin fragen würde.Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob das Gesetzeswert wäre, gerettet zu werden.Aber um vielleicht auch da zum Abschluss zu kommen, würde mich von euch beidennoch interessieren, was mit diesem Gesetz denn jetzt wirklich so die prägnanteSache, der prägnante Missstand sein soll,den wir damit wirklich hoffentlich verbessern.Bei der DSGVO, was ja damals Facebook, da war die große Erwartungshaltung,dass wir damit endlich Facebook dazu bringen, mit personenbezogenen Daten besser umzugehen.Ich glaube, es ist sehr überschaubar, was wir damit wirklich geschafft haben,trotz aller guten Absichtsbekundungen damals. Wie ist es beim AI-Act?Also ist da jetzt Palantir zum Beispiel, müsste es da eigentlich Änderungenin der Realität geben mit diesem Gesetz, wo ihr sagt, da sollte wirklich sichetwas in der Praxis ändern oder auch die Schufa zum Beispiel.Also Kreditauskunft Hain ist da aus eurer Sicht, um es nochmal zu Ende ganz praktisch zu machen.Was erwartet ihr euch jetzt von dem AI-Act, an dem ihr so lange gearbeitet habt?
Arnika Zinke
Ich fange mal an. Also ich glaube, dass so ein bisschen das,was quasi immer unter diesem Begriff vertrauenswürdige KI,made in Europe, quasi gedacht wird, dem quasi ein bisschen ein Gesetz dahintergelegt wird, was das eigentlich bedeutet.Das heißt, welche konkreten Anforderungen haben wir an die zukünftigen KI-Systeme,die in Europa auf den Markt gebracht werden?Was sind sozusagen die Mindestanforderungen, die das erfüllen muss?Und das Gleiche für die Modelle. Also es ist quasi eine Mindestanforderung,ein bisschen eine Ausdeklinierung dessen, was wir quasi unter schönen Wortendie ganze Zeit erzählen, wie wir das gerne hätten.Und ein paar Systeme sind eben komplett verboten, aber es sind eben viel weniger,als wir eigentlich für notwendig gehalten hätten.Also es ist nicht der große Wurf,den sich manche erhofft hatten, aber ich glaube, wenn man sich das Gesetz anschautund auch wie das Gesetz gemacht ist,dann konnte dieses Gesetz auch nie diese Erwartungshaltung erfüllen,auch weil KI und automated decision making so viele Bereiche umfasst.Das geht eben von biometrischer Massenüberwachung bis KI-Systeme,die kreativ verwendet werden oder die sagen, zu welcher Schule du gehen sollst.Und den Bereich so groß zu spannen, heißt halt auch, man kann nicht ganz obenanfangen, sondern es ist quasi ein Minimalkonsens darüber, wie KI-Systeme inZukunft gemacht werden sollen.Aber gerade auch darauf basierend, welche KI-Systeme jetzt schon am Markt sind,ist es extrem schwierig zu sagen, weil auch da die Anforderungen ja auch vielspäter erst in Kraft treten werden.
Ralf Bendrath
Aber ganz konkret, wegen Palantir, wenn Palantir genutzt wird,um über individuelle Personen Vorhersagen zu machen, ob sie irgendwann mal eineStraftat begehen, dann muss das jetzt weg.Das ist nicht mehr erlaubt in Zukunft, so ganz konkret. Und es soll eben auch,wie gesagt, sowas wie diesen niederländischen Sozial-Social-Benefits-Skandalda irgendwie in Zukunft vermeiden, helfen.Eine Sache, die wir noch gar nicht erwähnt hatten, wo wir aber auch ziemlichdrauf stolz sind, ist, dass jetzt in Zukunft viele KI-Systeme,vor allem die Allzwecksysteme, auch Energiebilanzen offenlegen müssen.Das Zeug verbraucht ja unglaublich viel Strom und auch Wasser.Das muss jetzt offengelegt werden, mindestens für die General-Purpose-KIs. Da bin ich mal gespannt.Also Ökobilanzen und so haben wir jetzt auch drin. Auch einer unserer Erfolge.
Tim Pritlove
Das ist eine gute Regelung. Da bin ich auch gespannt, wie das ausgeht.Ob man das überhaupt so berechnet bekommt. Wahrscheinlich schon irgendwie.
Ralf Bendrath
Das kannst du einfach berechnen. Du hast irgendwie so viele Millionen Videokartenund guckst halt, was die dann Strom verbrauchen. Das ist nicht so schwer.
Tim Pritlove
Ja, ist klar. Gut, ich denke, den AI-Act-Teil können wir damit beschließen, oder?
Thomas Lohninger
Ich glaube auch, wenn es von eurer Seite nichts mehr gibt, dann,wir sind schon relativ lange, deswegen machen wir das jetzt vielleicht sehr kurz.Ich wollte nur nochmal so einen Ausblick auf die EU generell.Ihr sitzt ja auch weiter in Brüssel und seid da sehr nah dran und wir haben jetzt ein paar.
Ralf Bendrath
Wir sind mittendrin.
Thomas Lohninger
Genau, statt nur dabei und habe da ja auch wirklich auch, es heißt ja irgendwieso schön, dass das Herstellen von Würsten, von Sausages und das Gesetze machen,da will man nicht so genau wissen, wie es wirklich passiert und gleichzeitigist die EU auch gerade am Ende ihrer Legislaturperiode, im Juni sind Wahlen.Man hat auch, glaube ich, gesehen, dass ganz viele netzpolitische Themen dannam Ende an den Mehrheitsverhältnissen im Parlament und natürlich auch in dennationalen Regierungen hängen.Und ja, nach allen Vorhersagen wird es einen Rechtsrott geben im Europaparlament.Das heißt, es wird eine Mehrheit geben aus den Fraktionen ID,was AfD, FPÖ ist, ECR, also die europaskeptischen Konservativen bis Rechtsextreme in manchen Fällen.Und halt auch der Europäischen Volkspartei.Und das wird natürlich, glaube ich, dann auch so diese Schlagzahl der Gesetze,vor allem wenn es darum geht, Harmonisierungen durchzuführen.Wahrscheinlich reduzieren.Was manchmal vielleicht sogar ganz gut wäre, wenn man sich mehr Zeit nimmt fürdie Gesetze, schaut, dass man wirklich eine breite Mehrheit hat.Insgesamt ist mein Eindruck, auch wenn ich euch heute so zugehört habe,dass ganz viel am Zeitdruck liegt.Dass etwas unbedingt bis dahin fertig werden muss und dann sind halt irgendwiedrei Viertel der Leute schon auf Urlaub und Ralf muss irgendwie aus dem Ferienhausheraus dann das fertig verhandeln.Das kann es ja nicht sein. Also ich meine, wenn sich Europa ernst nimmt,dann muss man den Gesetzestext vor sich haben ausverhandelt und dann entscheiden,ob der eine Mehrheit hat.Also ganz oft tut einem das ja schon beim Zuhören und Zuschauen weh,wie dann wirklich diese Entscheidungen, wie stümperhaft diese Entscheidungen zustande kommen.Aber ja, wie geht es euch damit und wie schaut ihr jetzt so auf die Zeit nach der Wahl?
Ralf Bendrath
Vielleicht zu der ersten Frage, wie laufen sozusagen diese Trilogverhandlungen?Ist das wirklich immer so schlimm?Als wir die Datenschutz-Grundverordnung damals verhandelt haben,haben wir wirklich den Text vor uns gehabt. Der wurde auf meinem Laptop mitprotokolliert,je nach Verhandlungsstand.Und am Ende des letzten Triloges, das war auch so nachts um elf,aber immer noch eine halbwegs menschenwürdige Zeit, hatten wir einen fertigen Text.Text, der muss dann ein paar Mal noch horizontal angepasst werden,das haben wir dann noch kurz danach noch gemacht in meinem Büro und der konntedann direkt an die Mitgliedstaaten rausgehen und auch an alle Abgeordneten, die beteiligt waren.Das habe ich jetzt ein paar Mal erlebt, dass das nicht so gelaufen ist.Mal gucken, wie es morgen Nacht wird bei den Gesundheitsdaten,ob wir da einen finalen Text haben, da ist es zumindest ein bisschen besser,dass jetzt schon mal Textentwürfe vorher flottieren.Beim AI-Hack war es einfach wirklich chaotisch, wir hatten beim letzten Trilog,als der anfing, noch 22 Punkte offen, haben dann wirklich von Nachmittags umdrei die ganze Nacht durch bis zum nächsten Mittag um eins verhandelt,dann eine Pause gemacht,einmal schlafen können die Nacht dann und am Freitag um acht Uhr morgens ginges schon wieder weiter bis nach Mitternacht.Und da gab es dann einfach teilweise keine Texte. Ich habe von anderen Trilogengehört, wo es teilweise nur so Bullet-Point-Listen gab, auf was man sich jetztgeeinigt hat, wo dann die technische Ebene hinterher noch einen Monat beschäftigtwar, das auszuformulieren.Da hat, glaube ich, die Qualität echt ein bisschen gelitten in letzter Zeit, ist so mein Eindruck.Da gibt es aber jetzt auch schon eine Reaktion drauf und zumindest vom Parlamentaus gibt es jetzt offenbar Bestrebungen, ein interinstitutionelles Abkommenzu verhandeln mit dem Rat und der Kommission, wie genau so Triloge eigentlich geführt werden müssen.Weil das oft immer noch sehr informell ist, die sind ja auch in den Verträgen irgendwo vorgesehen.Ich bin trotzdem der Meinung, man braucht so einen geschützten Raum,wenn man sich auf irgendwelche Texte einigen will. Da muss man halt die Köpfezusammenstecken mit Ausschluss der Öffentlichkeit.Aber das braucht zumindest ein paar Regeln. Und da soll jetzt hoffentlich nachder Wahl mit den anderen Institutionen daran gearbeitet werden.
Thomas Lohninger
Annika, wie siehst du das?
Arnika Zinke
Ich glaube, das Problem war auch jetzt beim KI-Gesetz die einfache Unmenge anGesetzen, die jetzt noch verabschiedet werden sollten vor Ende der Legislaturperiode.Und die Angst, die halt irgendwo immer auch mitgeschwungen ist,ist, was, wenn wir dieses Gesetz eben nicht, dieses Mandat fertig kriegen.Was bedeutet das dann mit einem deutlich rechteren Parlament?Kriegen wir da noch die Punkte, die uns wirklich wichtig sind, durch?Und vor allem auch im Hinblick darauf, dass eben Ungarn auch die nächste Ratspräsidentschaftnach Belgien jetzt hat und damit dann viele von den Prioritäten,die wir hatten, was Menschenrechte betrifft, sehr unwahrscheinlich gewesen wären.Das heißt, es hätte sich noch weiter verzögert und dann wären wir im Jahr 2025gewesen, wo wir dann wieder angefangen hätten, an KI-Gesetzen zu arbeiten unddann sind wir halt auch keine Vorreiter mehr.Also dann hätten wir eigentlich vielleicht sogar das Gesetz nochmal komplettneu machen müssen. Also das ist halt immer mit geschwungen, aber ich gebe grundsätzlichrecht, dass die Tatsache, dass wir keinen finalen Text hatten,das war einfach unglaublich. Und wir haben auch wirklich drum gebettelt.Und das war einfach dann auch vielleicht der Zeit geschuldet,die wir da gesessen sind, ist dann einfach ausgerufen worden,dass es einen Deal gibt und dann haben sich halt auch Politiker mitreißen lassen.Diesen Deal einfach dann festzusetzen.Und ja, ich finde das auch super problematisch und ich hoffe auch,dass es in Zukunft besser läuft.Ich weiß auch, dass wir uns in dem Ausschuss, der sich eben mit den ganzen Prozessenbeschäftigt und den Rules of Procedure dafür einsetzen, dass es eben auch bessereRegeln in den Trilogen gibt, dass es auch etwas mehr Transparenz gibt.Also es muss nicht unbedingt einen Livestream geben, aber dass gewisse Dokumenteauch etwas transparenter sind.Und das hoffe ich mir für die Zukunft auch eben auch, um das Vertrauen in dieEU-Institutionen auch zu verbessern.Absolut.
Thomas Lohninger
Ich glaube, der Zugang zu Texten, ich meine, ich habe die ja dann oft über Kanäle,aber dass das nicht öffentlich ist, ist wirklich ein Unding.Was in Parlamenten diskutiert wird, sollte öffentlich sein.Und ein Vorschlag für diese Regeln, die ihr euch geben wollt,es würde schon sehr viel helfen, wenn Europaabgeordnete sich nicht bereit erklären,auf irgendwelchen Fotos mit der Kommission und der Ratspräsidentschaft zu sein,bis der Text wirklich ausverhandelt ist.Weil oft ist es so irgendwie das getwitterte Foto und jetzt sind wir fertigund dann stehen alle auf und glauben, dass sie wirklich fertig sind,auch wenn danach noch ganz viel wegverhandelt wird.Das haben wir leider ein paar Mal gesehen und das ist nur ein billiger Trick.Ich hoffe, das war heute trotzdem eine Sendung, die nicht nur traurig zurücklässt,sondern ein bisschen aufgezeigt hat.
Ralf Bendrath
Cyber, Cyber, alles gut.
Tim Pritlove
Aber jetzt will ich noch wissen, hilft euch denn AI sozusagen auch bei der Analysedieser ganzen Textvorschläge?Ich meine, ihr seid ja auch die ganze Zeit so in diesem Business mit,ihr kriegt so viel Text zugeschickt und permanent müsst ihr irgendwie verstehen,was da jetzt eigentlich mit gemeint ist.Kommt da sozusagen auch schon die LLM zum Einsatz oder macht ihr das alles noch von Hand?
Thomas Lohninger
Welcher Teil von May I Act wurde von ChatGPT geschrieben?
Arnika Zinke
Also ich kann sagen, das einzige Mal, wo ich in meinem Leben Chachapiti verwendethabe, um mit meinem Freund zu brainstormen, welche Hundenamen wir uns überlegen möchten.Ich schwöre. Also wir haben alle Texte selber gelesen und selber analysiertund es waren sehr, sehr viele Texte.Aber die Versuchung ist natürlich groß, aber es spielt eigentlich nicht wirklicheine Rolle, weil gerade diese Texte so spezifisch sind und so technisch und so kontextbasiert,dass es schwierig wäre und ich finde auch ethisch problematisch,das durch irgendeine KI zu jagen.
Tim Pritlove
Ja, okay.Man kann es ja auch...Ganz praktisch sehen, einfach als Tool, also ich gebe zu,dass jetzt zum Beispiel auch gemacht zu haben, ich nehme mir so einen kompletten Text,den ich jetzt, wenn ich den lesen würde, ohnehin nicht verstehen würde,weil mir einfach das juristische Modell dafür fehlt und die Dingertaugung sicherlichfür vieles nicht, aber dieses Text zusammenfassen, das kriegen die schon irgendwie ganz gut hin.Und dann kann man halt zumindest schon mal reinstochern und sagen so,wird da etwas erwähnt zu dem und dem und so weiter und das ja,das sind schon mal ganz hilfreiche Ansätze für mich, aber dass ihr das professionellerhandhabt, daran habe ich keinen Zweifel.
Ralf Bendrath
Word und solche Software kann ja Auto-Summarize schon länger,da brauchst du keinen Chatbot für.Aber unser Job ist halt leider nicht nur die Zusammenfassung zu machen,sondern das Ding im Detail zu lesen und zu verstehen und umzuschreiben,da kommt einfach kein Weg dran vorbei.
Tim Pritlove
Na klar. Na gut, dafür seid ihr ja auch hier die Profis.Vielen, vielen Dank für eure Ausführungen und natürlich auch für eure Arbeit an den Gesetzeswerken.Das ist ja mit wenig Urlaub gesegnet, wie wir gerade gehört haben.Und ja, das ist ja eine Entbehrung. Dann kriegst du vielleicht den nächstenneuen Eintrag, Annika, auch bei der IMDB, wenn du dann wieder in Hollywood-Fußstapfen steigst.
Arnika Zinke
Ja, danke euch für die Einladung.
Thomas Lohninger
Danke auch von meiner Seite und bitte weitermachen und bis zum nächsten Mal.
Tim Pritlove
Danke. Alles klar, das war's heute vom Logbuch Netzpolitik.Bald geht's wieder weiter, dann vielleicht auch wieder mit Linus.Wir sagen tschüss und bis bald.

Shownotes

Product Liability Directive

Cyber Resilience Act

Platform Workers Directive

European Health Data Space

AI Act