Logbuch:Netzpolitik
Einblicke und Ausblicke in das netzpolitische Geschehen
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LNP490 Spionage-Spielplatz

Feedback — Spionageskandal in Österreich — eIDAS-Wallet Challenge — Digitaler Euro — Recht auf Bargeld — Chatkontrolle

Tim und Thomas gehen kurz auf Feedback aus den letzten beiden Sendungen ein und dann berichtet Thomas von dem jüngsten Spionageskandal aus Österreich, der eine ungute Verquickung von Polizei, Verfassungsschutz und Politikern aufzeigt. Dann gehen wir noch mal auf die Ideen für einen Digitalen Euro und das damit verbundene mögliche Recht auf Bargeld ein. Zum Schluss noch ein Update zur Chatkontrolle und ein Termin.

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Veröffentlicht am: 21. April 2024
Dauer: 1:38:26


Kapitel

  1. Intro 00:00:00.000
  2. Prolog 00:00:29.734
  3. Feedback: Bundestagszusammenfasser 00:02:57.209
  4. Feedback: Humboldt 00:16:09.694
  5. Feedback: Entsenden nach Phettberg 00:17:32.170
  6. Feedback: EGMR und Russland 00:18:29.323
  7. Spionageskandal & Bundestrojaner in Österreich 00:20:13.143
  8. SPRIN-D Challenge für offene eIDAS Wallet 00:46:23.910
  9. Digitaler Euro und Recht auf Bargeld 01:07:08.048
  10. Chatkontrolle Update 01:29:57.223
  11. Termin 01:32:34.124
  12. Epilog 01:34:22.428

Transkript

Tim Pritlove
0:00:00
Thomas Lohninger
0:00:01
Tim Pritlove
0:00:03
Thomas Lohninger
0:00:07
Tim Pritlove
0:00:29
Thomas Lohninger
0:02:04
Tim Pritlove
0:02:05
Thomas Lohninger
0:02:40
Tim Pritlove
0:02:54
Thomas Lohninger
0:03:30
Tim Pritlove
0:03:37

Ja, also das fand ich auch und ein Grund mehr, das mal hier auch zu erwähnen. Und zu unseren Ausführungen gab es dann aber auch noch ein paar Kommentare, unter anderem von Privacy by Default. In meinem Berufsleben habe ich viel mit der Verwaltung und ihrer schmerzhaften Digitalisierung zu tun. Deshalb habe ich das Bedürfnis, eine aus meiner Sicht wichtige Ursache für den FUBA, den wir alle erleben, zu ergänzen, da sie im Podcast nicht direkt erwähnt wurde. Der Föderalismus. Abgesehen von lange Zeit fehlenden Standards, zum Beispiel für Schnittstellen oder Datenformate, langsam ändert sich das übrigens, natürlich dürfen sich auf diesem Gebiet auch die Aküfi und Akronymfreaks der Ministerien austoben. Mein Lächerheitsliebling ist Zugpferd für die elektronische Rechnung, ist echt jeder und seine Oma irgendwie am Mitmischen. Während auf der einen Seite im Podcast wird es erwähnt, die Online-Zugangsgesetz-Novelle im Bundesrat scheitert, weil die Länder es für unzumutbar halten, gab es vorher dazu passendes Gemecker der Kommunalverbände, Städtetag, Landkreistag, Gemeindetag, die sich ebenfalls beklagen. In der Regel geht es da ums Geld, was ja auch nachvollziehbar ist. Wenn man aber auf der anderen Seite, wie in der IT üblich und auch mit Erfolg erprobt, versucht Standardisierung voranzubringen, pochen dieselben Akteure auf ihre föderalistische Unabhängigkeit und wollen sich vom Bund mal gar nichts vorschreiben lassen. Dazu kommt dann noch das Problem, dass es in vielen Amtsstuben gar nicht so einfach ist, die Fragen, was machen sie hier eigentlich, wozu und was brauchen sie dafür oder was brauchen sie dafür nicht, vernünftig beantwortet zu bekommen. Ohne diese Antworten ist das aber leider gar nicht so leicht Prozesse festzustellen, diese möglichst effizient zu digitalisieren und entsprechende Anforderungsbeschreibungen zu verfassen. Ich empfehle jedem und jeder, die in der Wirtschaft zu Hause ist, mal ein Praktikum in der öffentlichen Verwaltung. Danach lernt ihr Alkohol echt zu schätzen. Und PS, wenn es dann droht, so richtig gegen die Wand zu fahren, ist gerne der Datenschutz schuld. Wobei ich dann ins Spiel komme. Aber auch hier gilt, irgendwer muss es ja machen. Genau, irgendwer muss es ja machen, ist ja auch die Tagline vom Bundestagszusammenfasser.

Thomas Lohninger
0:05:55
Tim Pritlove
0:06:00
Thomas Lohninger
0:07:17
Tim Pritlove
0:07:49
Thomas Lohninger
0:07:54
Tim Pritlove
0:07:57
Thomas Lohninger
0:09:06
Tim Pritlove
0:09:24
Thomas Lohninger
0:09:48
Tim Pritlove
0:09:50

Ja, es gibt dann natürlich noch ein paar andere sexy internationale Sachen, das heißt dann, jetzt muss ich gleich nochmal kurz nachschauen, das war Zugfahrt, die internationalen Standards sind dann die Cross-Industry Invoice CIE, und in die Universal Business Language. Ob das jetzt so sehr viel besser ist, weiß ich ja auch nicht. Naja, auf Französisch heißt es übrigens Faktürex. Und auf Deutschbehördisch heißt es X-Rechnung. So stellen sich das Amerikaner, glaube ich, immer vor, wie Deutsche sowas nennen würden. X-Rechnung. Die rufen dann gleich die Polizei. Gut, haben wir noch Kommentare? Ja, wir haben noch weitere Kommentare. Wo war ich? Komme ich schon ganz ab von der Spur. Genau, wir haben noch Hypercrafter, der auch noch was zum Thema Digitalisierung sagt. Zum Thema Digitalisierung und Bürokratie, Vereinfachung von Gemeinden. In Bayern gibt es die AKDB, Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern. Diese entwickeln Programme für Gemeinden, die sogenannte OK-Reihe. Des Weiteren ist die AKDB-Initiatorin der BAIKIT, die bayernweit Ausschreibungen durchführen für die Gemeinden. Und sie haben eine Tochter namens Living Data, die Hardware beschafft und Störungen und Probleme behebt. Also so fremd es auch klingt, aber Bayern liegt in der Digitalisierung der Gemeinden weiter vorne als manch anderes Bundesland. Disclaimer, Quelle, ich bin Auszubildender bei Living Data. Okay, gut, nehmen wir so hin. Und dann haben wir noch was von STQ. Ja, sie schreibt, ist es tatsächlich so, dass in Deutschland jedes Ministerium und jedes Bundesland seine eigenen Gesetze verwaltet? Da muss man ja erstmal wissen, aus welchem Ressort ein Gesetz stammt. Ich will ja nicht ätzen, aber in Österreich gibt es das Rechtsinformationssystem des Bundes, in dem praktische sämtliche Gesetze und Verordnungen sowohl auf Bundes- als auch Landesebene vorliegen. Und zwar immer in der geltenden Fassung, als auch historisch. Seit Juli letzten Jahres gibt es sogar viele Gemeindegesetze dort auffindbar. Und auf der Parlamentsseite hat man konsolidiert alle Eingaben, Gesetzesvorlagen, Stellungnahmen und Beschlüsse. Inwieweit es allerdings auch eine API für die beiden Seiten gibt, ist leider nicht bekannt. Ist dir das vielleicht bekannt?

Thomas Lohninger
0:12:39

Ja, also das RISS, wie wir es ganz liebevoll nennen, das Rechtsinformationssystem, ist eigentlich eine wirklich schöne Sache. Das haben sich die Leute Anfang der 2000er einfallen lassen. So was machen wir denn jetzt eigentlich mit diesem Internet und mit den Gesetzen? Lasst uns das alles einfach als CC0, also wirklich komplett frei lizenziert, offen ins Netz hauen mit API, weil das gehört ja uns allen und was soll man sonst damit machen? War eine sehr kluge Entscheidung und das RISS wird verwendet für alle Bundes-, Landes- und eben auch jetzt auch Gemeindegesetze. Es ist auch versehen mit den Gerichtsentscheidungen, die veröffentlicht werden, wobei da natürlich nicht alle an die Öffentlichkeit kommen, weil da muss man manchmal anonymisieren. Aber man kann da unheimlich gut nachschlagen. Man findet dort alles und auch wirklich revisioniert alle vorherigen Fassungen von Gesetzen. Und man findet dort auch aktive und vergangene Begutachtungsverfahren. Also wenn Gesetze konsolidiert werden. Was da aber fehlt, ist das, was im Parlament passiert. Also Änderungsanträge, die in Ausschüssen eingebracht werden, Parlamentsreden und so. Der Gesetzwerdungsprozess, der ist da leider nicht drinnen. Wir haben eine Parlamentswebseite, die wurde auch mit der kürzlichen Renovierung des Parlaments neu gemacht, aber die ist wirklich ein, also ich habe da physische Schmerzen, wenn ich drauf schauen muss. Und natürlich gibt es keine API, es gab mal das Projekt Offenes Parlament, das da mit Scrapern versucht hat, mit der Brechstange Transparenz reinzubekommen, die haben aber aufgegeben, weil man es ihnen auch wirklich so schwierig gemacht hat. Also da ist der, wie heißt der, Parlamentszusammenfasser von euch, Bundestagszusammenfasser, da schaue ich neidisch drauf, weil halt gerade eben diese Gesetzwerdung, die Etappen, die ein Gesetz nehmen muss, was sagen denn die einzelnen Parteien dazu, von wem kommt welcher Änderungsantrag? Die Transparenz fehlt uns in Österreich, wir haben wirklich nur die beschlossenen Sachen und die eingebrachten Sachen und die Gerichtsentscheidungen wirklich als offene Daten.

Tim Pritlove
0:14:52
Thomas Lohninger
0:15:56
Tim Pritlove
0:17:19
Thomas Lohninger
0:17:32

Und dann ebenso eine interessante sprachliche Klarstellung kam von wiederum Axel, der meinte, unter Umständen bin ich etwas spät dran damit, aber ich habe die Woche zum ersten Mal Entgendern nach Fettberg, YouTube-Video verlinkt, gehört. So gesehen kann es sein, dass Thomas bei 1 Stunde 13 und 49 Sekunden Aktivisti sagt. Und da hat Axel recht. Ich habe das Wort verwendet als genderneutrale Form von Aktivistinnen und Aktivisten. Und mir war aber gar nicht bewusst, dass ich damit nach Fettberg gendere. Fettberg war ein sehr bekannter Kabarettist aus Österreich, der in seinem Körperumfang, seinem Namen wirklich alle Ehre gemacht hat. Und insofern, wir verlieren auch da nochmal auf den Kommentar und das Video. Das ist durchaus lustig. Und zuletzt noch eine sehr hilfreiche Klarstellung von Theresa Akt zum Thema der fortwährenden Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für Altfälle. Sechs Monate nach ihrem Ausschluss aus dem Europarat ist die russische Föderation ab dem 16. September 2022 keine Vertragspartei der Europäischen Menschenrechtskonvention mehr. Das haben wir, glaube ich, in der Sendung erwähnt. Aber jetzt kommt die interessante Klarstellung. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist weiterhin für die Bearbeitung von Handlungen oder Unterlassungen betreffenden Beschwerden gegen Russland zuständig, die bis zum 16. September 2022 eingereicht wurden. Vor dem Gerichtshof sind derzeit 17.450 Beschwerden gegen Russland anhängig. Gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention ist Russland rechtlich verpflichtet, Urteile und Entscheidungen des Gerichtshofs umzusetzen. Das Ministerkomitee des Europarates wird weiterhin die Umsetzung der betreffenden Urteile und gültigen Entscheidungen überwachen. 2.219 Urteile und Entscheidungen müssen von Russland noch vollständig umgesetzt werden und sind noch beim Ministerkomitee anhängig. Da gibt es auch schöne Statistiken zu anderen Ländern, das ist an sich nämlich ein gar nicht so unterschätzendes Problem, dass auch so diese EGMR-Urteile von manchen Ländern einfach ignoriert werden und das sind nicht nur Staaten, die man da vielleicht irgendwie so klassifizieren würde wie Russland oder Ungarn, sondern auch wirklich zentraleuropäische Staaten. Also ist an sich ein Problem für die Rechtsstaatlichkeit.

Tim Pritlove
0:20:13
Thomas Lohninger
0:20:27
Tim Pritlove
0:21:38
Thomas Lohninger
0:21:44
Tim Pritlove
0:22:13
Thomas Lohninger
0:22:19
Tim Pritlove
0:22:22
Thomas Lohninger
0:22:26
Tim Pritlove
0:22:45
Thomas Lohninger
0:22:49

Und es ist ihnen nicht entgangen, dass da geheimdienstliche Informationen wohin gingen, wo sie nicht hätten hingehen sollen. Und daraufhin wurde Ott suspendiert. Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, weiterhin tätig zu sein. Und er war tätig, indem er zum Beispiel Informationen abgefragt hat aus dem Akten, dem elektronischen Aktensystem der Sicherheitsdienste in Österreich. Er hat sich weiterhin mit seinem Dienstausweis bei ausländischen Partnerdiensten vorstellig geworden und hat dort Informationen abgesammelt, zum Beispiel aus Italien. Er ist zu Bezirksämtern gegangen und hat sich dort Meldeadressen ausheben lassen. Unter anderem von einem der Journalisten, der, ich glaube, er hat für Bellingcat gearbeitet und war auch die Person, die mit Alexej Nawalny, nachdem der den Novichok-Anschlag überlebt hat, ja aufgeklärt hat, wer waren die russischen Hintermänner. Du erinnerst dich wahrscheinlich an diesen legendären Telefonanruf, wo Nawalny die Leute, die ihn versucht haben umzubringen, angerufen hat und sich als russischer Offizieller ausgegeben hat und die niedergemacht hat und sich genau erklären hat lassen, wie das passiert ist. Da war dieser Journalist daran beteiligt. Und jetzt kommt es, der hat das alles auch im Auftrag von Russland getan. Gisto Ott hat Sina-Laptops. Sina-Laptops sind von Deutschen besonders gehärtete, gesicherte Laptops, die für geheime und streng geheime Materialien zugelassen sind. Die dürften über ihn gechannelt nach Russland gegangen sein. Und natürlich massiver vertrauensbruch ja also am geräte selber vollständig, Die ist komplett verschwunden.

Tim Pritlove
0:24:48
Thomas Lohninger
0:24:49

Ja, und da gibt es dann auch Teile dieser Informationslieferungen, da weiß man dann, okay, die Person, die da Kurier gespielt hat, von Österreich raus, mit dem Flieger nach Moskau, ins Hotel neben der FSB-Zentrale eingecheckt. Also wir wissen auch sehr viele dieser Dinge, weil Jan Marsalek, ein anderer Österreicher, den man vielleicht noch kennt aus der Wirecard-Affäre, wo er ja das angebliche Mastermind dieses Milliardenbetruges war, wo wir auch immer mehr herausfinden, wie Wirecard für die Finanzierung von russischen Aktivitäten in Europa herangezogen wurde. Und Jan Marsalek hatte einen Spionagering von bulgarischen StaatsbürgerInnen, einem Trio, das vor kurzem in Großbritannien festgenommen wurde, dem gerade dadurch der Prozess gemacht wird. Und in deren Telefonen findet sich ganz viel Kommunikation zwischen Jan Marsalek und eben seiner Geheimdienstzelle, die er geführt hat, vornehmlich im Auftrag von Russland. Und im Zuge dieser, wir wissen ja, Jan Maaselek als Wirecard dann implodierte und dieser Milliardenbetrug auffiel, ist Maaselek ja die Flucht gelungen, zuerst nach Belarus und dann nach Russland. Bei dieser Flucht geholfen hat ihm ein anderer Beamter des Verfassungsschutzes in Österreich genannt, Martin Weiß. Aus diesen Chats wissen wir auch, Martin Weiß, der dann auch ins Fadenkreuz der Ermittlungen kam, ja der ist inzwischen da, wo du gerade bist, in Dubai. bei. Und Marselek hat in den Chats auch gesagt, ja, den Weiß, den haben wir jetzt, Zitat, evakuiert. Also der wird wahrscheinlich nicht mehr zurückkommen, um sich der Strafverfolgung zu stellen. Martin Weiß war der Vorgesetzte von Egistoort. Egistoort ist weiter in Österreich, der ist auch seit kurzem in Haft. Da wird jetzt auch gerade massiv versucht aufzuklären, was denn eigentlich ja wirklich alles passiert ist. Und es gibt noch ein. Das könnte nicht österreichischer sein, diese Geschichte. Ein Detail, das muss ich erzählen. Es gibt auch noch drei Telefone, die es nach Russland geschafft haben. Und da war es so, ich glaube es war 2016, wir hatten Innenminister Sobotka, kein besonders charmanter Mensch und dieser Innenminister hat zu einem Firmenfest in einem Ministerium so ein Teambuilding-Event dahingeladen. Und da sind die Leute dann irgendwie, haben wahrscheinlich getrunken, gegessen und sind dann auch mit Kanus durch einen See gefahren. Und die Frau von unserem aktuellen Bundeskanzler, Karl Nehammer, war auch bei diesem Ausflug dabei, war auch in einem dieser Kanus dabei, nur wusste nicht, dass man halt in Kanus nicht aufstehen sollte, weil sonst kentern die Dinger.

Tim Pritlove
0:27:52
Thomas Lohninger
0:27:57
Tim Pritlove
0:29:22
Thomas Lohninger
0:29:24
Tim Pritlove
0:30:03
Thomas Lohninger
0:30:07
Tim Pritlove
0:30:12
Thomas Lohninger
0:30:18

Da gibt es sicherlich jetzt in den Kommentaren werden wir lesen, wie das heißt. Ich glaube, da gibt es auch zumindest Gutachten, die man bekommen kann. Ich kann nichts dazu sagen, wie aussagekräftig die sind. Auf jeden Fall wurde da Ott, der ja, wie wir vorher gehört haben, suspendiert wurde, der nichts mehr wurde innerhalb dieses sehr mächtigen Apparates, hat dem Vernehmer nach hier seinen Unmut über Postenschacher und Korruption zum Ausdruck gebracht. Und bei dem Postenschacher glaube ich ihm auch. Und diese Vorwürfe, dass da die konservative ÖVP den Verfassungsschutz dafür missbraucht, ihre Leute unterzubringen und Versorgungsposten zu schaffen, war so einer der Vorwürfe. Und als wir dann einen blauen Innenminister hatten mit Herbert Kickl von der FPÖ, der rechtsextremen Partei in Österreich, wurde diesem Pamphlet aber auf einmal sehr viel Glauben gegeben und es war dann auch die Basis für eine Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz. Eine Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz, die nur aufgrund dieser komischen Vorwürfe, die vorher niemanden interessiert haben, hat dazu geführt, dass man halt wirklich in das Innerste des Verfassungsschutzes vorgedrungen ist, auch alle nachrichtendienstlichen Informationen damit dort komprimiert waren. Und der Verfassungsschutz ist in Österreich wie auch in Deutschland natürlich auch für die Beobachtung der rechtsextremen Szene verantwortlich. Und lustigerweise war mit dieser Hausdurchsuchung ein Politiker der FPÖ betraut, der nämlich Leiter einer Polizeieinheit für Straßenkriminalität ist. Die haben nichts mit Korruption zu tun, aber die waren lustigerweise diejenigen, die dann dort einmarschiert sind. Und lustigerweise hat man auch das Büro der Referatsleiterin, die sich mit eben jenen Rechtsextremen im Verfassungsschutz beschäftigt und diese beobachtet, da besonders dafür interessiert. Und wie wir heute wissen, weil es da auch gerade einen Untersuchungsausschuss gibt, wieder einmal, das ist schon der zweite in dieser Causa, die hatte wirklich so, das ist wieder sehr österreichisch, auf ihrem Schreibtisch noch. Ausgedruckt die Einladung von Herrn Küssl, das ist ein sehr berühmter Rechtsextremer, der schon wirklich wegen Wiederbetätigung verurteilt ist in Österreich. Der hat eben jene Person zu einem Treffen eingeladen, die die Hausdurchsuchung geleitet hat. Und dieser Zettel war lustigerweise nachher weg von dem Schreibtisch. Und er war aber nicht bei den Dokumenten, die sichergestellt wurden. Und wir wissen auch, dass das Innenministerium von all dem, was es nachher wissen wollte, über die Haustischsuchung, vor allem eben diese Infos aus diesem Büro, wo Rechtsextremistinnen eben beobachtet wurden. Das hat sie interessiert. Also es könnte nicht perfider sein und es ist pure Operette, aber leider ist es die Realität. Und vielleicht gibt es deswegen so viele lustige Sachen aus Österreich, weil man nur noch lachen kann, wenn man nicht weinen will. Und das ist so gerade, was abgeht im Land. Und jetzt kommt aber die netzpolitische Tangente. Und das Learning, die Forderung, die jetzt massiv erhoben wird, schon seit zwei Wochen, ich glaube, wir haben in unserem Verein sogar 20 Interviews gegeben in den letzten zwei Wochen, ist, dass man jetzt als Reaktion auf diesen massiven Spionageskandal, jetzt braucht man einen Staatstrojaner. Jetzt braucht man unbedingt einen Bundestrojaner.

Tim Pritlove
0:33:53
Thomas Lohninger
0:33:57

Ja, also diese Chats, die sind so gefährlich, wir müssen da jetzt ran. Und die Briten konnten da Handys überwachen und wir wollen die auch überwachen. Dass das gar nicht der Fall ist, weil das waren ja Leute, die waren vor Gericht. Natürlich war das Handy sichergestellt und wurde forensisch ausgewertet und physisch hinzugefasst. Das können die Österreicher heute auch schon. Die Spionagesoftware können sie nicht. Die haben wir ihnen schon dreimal vereitelt. 2016, 2017, 2019 zuletzt beim Verfassungsgerichtshof. Es gab schon drei Gesetze, die gescheitert sind, um Staatstrojaner in Österreich zu legalisieren. Aber jetzt ist die massive Forderung des Innenministeriums, des Verfassungsschutzes, aller Polizistinnen, die in den Medien sprechen und auch leider der Kontrollkommission für die Geheimdienste, ja wir brauchen jetzt einen Bundestrojaner. Also der Missbrauch von Kompetenzen wird mit der Ausweitung von Kompetenzen belohnt. Und das ist zum Glück für die Grünen, den Koalitionspartner in Österreich, die rote Linie, die nicht überschritten werden darf. Aber diese Debatte ist gerade massiv und wir hoffen, dass wir da die Linie halten können. Das ist gerade wieder so Thema und es ist auch sehr nah an der deutschen Debatte. In Deutschland gibt es Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchung. Also diese Spionagesoftware, leitet die nur das aus, was kommuniziert wird von dem Telefon? Oder schaut die sich auch an, was auf dem Gerät für Bilder, Adresseinträge, Entwürfe von Nachrichten, die vielleicht nie abgesendet wurden, was da sonst eben noch gespeichert ist. Und diese technische Funktion, die meiner Meinung nach, also diese rechtliche Funktion, die technisch gar nicht funktioniert, wird da auch gerade wieder ins Spiel gebracht. Also ja, das ist so grob die Debatte. Immer Dreck am Stecken haben und ihr Geschäftsmodell sie dazu bringt, dass sie mit sehr zweifelhaften Akteuren ins Geschäft kommen und denen auch diese massiven Spionagetools in die Hand geben. In Polen hat die neue Regierung gerade, glaube ich, es waren 600 Fälle aufgedeckt, wo Pegasus in Polen eingesetzt wurde. Also das ist einfach eine Gefahntechnologie, die es zu ächten gilt. Und man sollte mit Steuergeld keine Sicherheitslücken finanzieren. Ja, das war so irgendwie die Zusammenfassung und wir verlinken einen sehr tollen Podcast zu dieser Sache. Wir verlinken auch ein Comic, weil man muss alle Wege nutzen, um das irgendwie verständlich zu machen. Und natürlich so die ganzen Hintergründe zu dem, was da in Österreich los ist und auch der Anzeige, die wir gegen diese Wiener Spionagefirma DSIRF eingebracht haben.

Tim Pritlove
0:37:08
Thomas Lohninger
0:37:16
Tim Pritlove
0:37:35
Thomas Lohninger
0:37:36
Tim Pritlove
0:38:23
Thomas Lohninger
0:38:30
Tim Pritlove
0:39:22
Thomas Lohninger
0:40:36

Das mag sogar mit einem Grund sein, dass ich, wenn du die Verhandlungen in Wien machst, dann weißt du genau, worauf du dich einlässt, ja, das ist sozusagen, da gibt es keine Überraschungen. Ja, also wir wissen ja auch aus den Snowden-Folien, dass Österreich oder zumindest Wien eine Full-Tech-Stadt ist, also dass hier einfach alles aufgezeichnet wird und nachher ausgewertet, weil also diese zwei Millionen Leute, die sich da herumgrundeln, bevor wir jetzt die Diplomaten vorher rausfischen, nehmen wir mal alles und schauen dann im Nachhinein, was wir brauchen. Da haben wir dann vielleicht auch noch die Liebschaft oder die Drogendealer von den Diplomaten auch noch mitgefangen. Könnte ja hilfreich sein. Natürlich, aber das greift auch in das Grundrecht auf Datenschutz von allen anderen Menschen hier in diesem Land ein. Wir haben halt so überhaupt nicht reflektiert, was denn auch die Neutralität betrifft. In dieser neuen Zeit nach dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine denn bedeutet. Und ich glaube, dass da Schweden und Finnland die klügeren Lehren draus gezogen haben. Ich bin zwar überhaupt kein Fan von Militär und Militärausgaben, aber man sollte halt entweder sagen, wir demilitarisieren komplett und sagen einfach so, Inschallah hoffen wir, dass nichts passiert oder wir sind Teil der NATO und lassen uns schützen. Also diese Debatte gibt es gerade halt auch. Und ja, es gibt den BVT, von dem ich vorher gesprochen habe, auch nicht mehr. Nach diesem massiven Vertrauensverlust, auch durch die Haustischsuchung und die sonstigen Spompernadeln von Innenminister Kickl der FPÖ, ist Österreich auch aus der Berner Gruppe ausgeschlossen worden. Das ist ein Zusammenschluss westlicher Nachrichtendienste und das hat dann dazu geführt, dass nach dem Terrorangreif in Wien vom November 2020 man das BVT abgeschafft hat, eigentlich ein Grund zur Freude ist, einen Nachrichtendienst abzuschaffen. Leider wurde genau danach halt der Nachfolger geschaffen. Das ist die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst, genannt DSN, die jetzt eben gerade zuständig ist für diese Dinge.

Tim Pritlove
0:42:55
Thomas Lohninger
0:43:02
Tim Pritlove
0:43:54
Thomas Lohninger
0:44:06
Tim Pritlove
0:44:08
Thomas Lohninger
0:44:12
Tim Pritlove
0:44:16
Thomas Lohninger
0:44:19
Tim Pritlove
0:44:23
Thomas Lohninger
0:44:30
Tim Pritlove
0:46:07
Thomas Lohninger
0:46:17
Tim Pritlove
0:46:19
Thomas Lohninger
0:46:39
Tim Pritlove
0:46:54
Thomas Lohninger
0:47:04

Genau. Und jetzt ist das Gesetz in trockenen Tüchern und es stellt sich die Frage, wie kommt man denn zu der Software, die das Ganze umsetzen soll und dem ganzen Ökosystem, das ja da aufgezogen werden soll. Und mit dieser Frage hat sich die deutsche Bundesregierung in den letzten Monaten sehr intensiv beschäftigt und hatte da auch einen Konsultationsprozess. Der anfangs sehr offen war. Ich war da gemeinsam mit vielen anderen NGOs am Anfang dabei. Wirklich übrig geblieben sind dann eigentlich, glaube ich, nur zwei VertreterInnen der Zivilgesellschaft, die da wirklich durchgängig dabei waren, die eine unheimlich gute Arbeit gemacht haben, um da diesen Architekturvorschlag, den die deutsche Bundesregierung jetzt vorgelegt hat, zu verbessern. Die zwei waren da wirklich alleine auf weiter Flur, weil ansonsten hatte keiner den Atem, sich diesem Marathon an Meetings zu unterwerfen, außer der Industrie natürlich, die war da sehr glücklich, ihre Vorstellungen einzubringen. Wir haben jetzt auf jeden Fall mal diesen Architekturvorschlag, den wir auch verlinken, das ist ein sehr langes Dokument und vor allem das Datenschutzkapitel habe ich mir angesehen und da muss ich sagen, das ist wirklich gut geworden. Also da hat Deutschland genau das, wie wir uns das gedacht haben in den Verhandlungen, dass das sein soll, mal niedergeschrieben. Es ist noch nicht so, dass man jetzt sagen kann, okay, da ist die technische Spezifikation drinnen. Die kommt erst später von der EU-Kommission. Das ist ganz spannend, weil in den nächsten sechs, sieben Monaten muss die Kommission das vorlegen. Und Deutschland hat da natürlich mal was auf den Tisch gelegt, was die Kommission nicht ignorieren kann. Das freut mich jetzt mal nur so als Datenschützer, weil damit die Latte ein bisschen höher gelegt wurde, als ich das aus vielen anderen Ländern kenne. Da wird Datenschutz gerade bei digitalen Identitätssystemen bei Weitem nicht so wichtig genommen. Es gibt auch noch Kritikpunkte, die wir an diesem Architekturvorschlag haben. Zum Beispiel, wenn du Daten über dich weitergibst an eine Firma, weil du jetzt eine Versicherung abschließt oder bei einem Hotelcheck-in, da ist ja alles denkbar an privatwirtschaftlichen Use Cases. Gibst du nicht nur deine Daten weiter auf einer vertrauenswürdigen Verbindung, sondern du gibst auch die staatlich beglaubigten kryptografischen Echtheitszertifikate weiter. Sprich, es ist dann auch für diese Firma, die deine Daten bekommt. Kryptografisch nachweisbar, dass die von diesem Staat als echt und authentisch zertifiziert wurden. Und das schafft ein paar neue Probleme, die wir so noch nicht hatten. Erstens mal, du kannst damit parallele Infrastrukturen aufbauen und dadurch natürlich auch abseits von diesem EIDAS-Regularium, wo es vielleicht klare Grenzen gibt, was mit den Daten passieren kann und da kann auch eine Firma ausgeschlossen werden, wenn ich die Daten mal habe, kann ich ja irgendwie mein Parallelsystem aufbauen damit. Technisch wäre das dankbar. Und das zweite ist natürlich, der Überwachungskapitalismus freut sich unheimlich, wenn du nicht mehr irgendwelche so Webformulareingaben hast, wo man vielleicht noch lügen kann oder tricksen kann oder Dinge weglassen kann. Sondern wenn du halt wirklich weißt, diese Daten sind staatlich beglaubigt. Das ist wirklich dieser Mensch, das ist seine Adresse, das ist seine Führerscheinklasse, seine finanzielle Situation, Familiensituation, Name sowieso. Also das wiegt schon sehr schwer und da gäbe es bessere technische Möglichkeiten, diesen Austausch zu gestalten, ohne die Signaturen mitzuliefern. Und deswegen, ja, da gibt es sicherlich noch Bewegungsspielraum so ein bisschen und das ist jetzt mal nur in der Nutshell, wie wir dieses Datenschutz, dieses Architekturkonzept sehen. Aber jetzt komme ich zu dem eigentlichen Punkt dieses Themenblocks und zwar, wie kommt man zu der Software? Und da hat sich die Bundesregierung mit dieser, ich glaube die heißt so Agentur für Sprung, Innovation, Sprint, sind sie auf die Idee gekommen, wir machen da so ein mehrstufiges Verfahren, wo eingangs sechs Firmen oder Konsortien ausgewählt werden. Ich glaube, das müssen gar nicht Firmen sein, aber es sind so sechs Anbieter, die Software bauen wollen. Die bewerben sich, da werden sechs ausgewählt, die kriegen mal einen Batzen Geld, damit sie was bauen können. Nach ein paar Monaten gibt es die zweite Stufe, wo dann glaube ich vier übrig bleiben und wiederum eine zusätzliche Finanzierung gegeben wird, um das Ganze weiterzuentwickeln. Und zuletzt sollen zwei Anbieter übrig bleiben, die in der dritten Runde von einer Jury ausgewählt werden, wiederum Geld bekommen, um die Dinge auch fertig zu entwickeln. All das soll Open Source sein und sich an dieses Architekturkonzept halten. Das ist schon mal spannend, weil eine komplette Open-Source-Implementierung zu haben, ist sowieso die Voraussetzung dafür, dass man so einer Software vertrauen kann. Aber das hilft natürlich auch allen anderen Ländern, wenn da schon ein Software-Stack da ist, zu dem man sich zumindest verhalten kann. Es ist nur Open Source, es ist keine freie Software, es stellen sich vielleicht immer noch Lizenzfragen, aber trotzdem ist dieser Ansatz nicht schlecht und ja, auch zum Kern der Sache zu kommen, diese Jury von zehn Leuten wird jetzt gerade gesucht und unter anderem wurde auch ich gefragt, ob ich da nicht hineingehen will. Und das wollte ich, ich habe mich da noch nicht letztlich entschieden, ich wollte das mal auch mal hier offen einfach in der Sendung mit dir und auch mit den Hörerinnen besprechen. Für mich ganz entscheidende Punkte war, dass es die Möglichkeit einer dissenting opinion gibt, also wenn man nicht mit dem Mehrheitsvotum der Jury einverstanden ist, dann kann man auch Punkte anbringen, die in der Begründung, die für jede Firma oder für jeden Einreicher dort, der eine Wallet bauen will, dann veröffentlicht werden. Du kannst dich natürlich nicht zu denen äußern, die du ablehnst, das wäre ein bisschen nachtreten, aber trotzdem glaube ich, dass es sinnvoll ist, so dissenting opinions zu haben, dass du einfach on the record geben kannst, was Bedenken sind und dass man halt trotzdem auch vielleicht weiß, es gibt wirklich Augenmerk auf Datenschutz bei der Auswahl jener Konsortien oder Firmen, die hier versuchen, eben mit staatlichem Geld so eine Wallet zu bauen. Es gibt auch eine Aufwandsentschädigung, das sind drei Termine, wo es jeweils 1000 Euro gibt. Das geht natürlich an Epicenter Works als den gemeinnützigen Verein, wo ich das ganze tue im Rahmen meiner Anstellung. Und ja, das ist so grob, wie ich die Sache sehe. Tim, was denkst du dir?

Tim Pritlove
0:54:06

Also zunächst einmal diese Bundesagentur für Sprunginnovationen, die kennt ja vielleicht nicht jeder. Das ist ja eine relativ neue Geschichte, ein Laden, der vom Rafael Laguna de la Vera mit diesem klangvollen Namen geführt wird und mit dem hatte ich zum Beispiel auch schon mal das Vergnügen einen Podcast aufzunehmen, nämlich im Rahmen von Forschergeist, Forschergeist 91, wo wir uns mal darüber unterhalten haben. Und der Modus operandi dieser Bundesagentur an sich ist ja schon mal sehr entstaubt. Also das ist zwar, es leuchten ja immer gleich alle Warnglocken auf, wenn irgendwo Bundes davor steht. Aber wie beim Bundestagszusammenfasser kann es halt auch mal anders laufen. Und mein Verständnis ist, dass da sehr flexibel gedacht wird. Und wo es halt auch darum geht, schnell zu Lösungen zu kommen. Und ich habe auch so den Eindruck, dass da ein gewisses Grundverständnis der digitalen Realitäten vorliegt. Das vielleicht mal erstmal so von vornherein. Und naja, warum nicht? Also ich meine, das klingt ja ganz sinnvoll. Man wünscht sich ja eigentlich immer diese Einbindung. Man hat vielleicht manchmal so ein bisschen Angst, wenn man dann irgendwie auch wirklich eingebunden wird, dann wird man dann vielleicht nicht erhört und dann ist das so ein bisschen Feigenblatt und so. Das ist natürlich durchaus immer ein berechtigter Einwand so grundsätzlich oder zumindest etwas, was man für sich selber mal prüfen sollte, ob das so ist. Klingt für mich jetzt hier erstmal so nicht, sondern hier gibt es halt wirklich auch den Wunsch so etwas Sensitives dann eben auf einer Open Source Basis entwickeln zu lassen und das ist ja erstmal kein Fehler. Ich weiß nicht, ob wir nochmal kurz sagen sollten, was das denn genau wäre. Also EIDAS ist ja quasi die europäische Richtlinie, die, ist das eine Richtlinie? Oder ist das eine Verordnung? Eine Verordnung, die halt klar sagt, wie so Identifikation sozusagen abzulaufen hat in Europa. Und diese Wallet soll was genau leisten?

Thomas Lohninger
0:56:20

Also diese Wallet ist eine App auf unseren Smartphones nach den Plänen der EU-Kommission, die es uns erlaubt, online und auch offline, also wenn wir uns in physischer Nähe begegnen, uns auszuweisen. Einerseits mit unserer staatlichen Identität, also wer bist du und auch andere Eigenschaften und Datenfelder über dich eben weitergeben kannst an sowohl öffentliche Stellen wie auch private. Dieses System ist nach allen Richtungen hin offen. Das können beliebige Daten sein von Universitätsabschlüssen, deiner Meldeadresse, Familienstand, Lenkerberechtigung bis hin zu Hotelzimmerschlüsseln oder Kundenkarten. Und auch die andere Seite der Gleichung gegenüber wem du dich ausweist ist offen. Das können beliebige staatliche Stellen sein, Bund, Land, Gemeinde, ganz beliebig, aber auch beliebige Unternehmen. Das Ganze ist ein europäisches System, soll also wirklich interoperabel sein. Dass du dich dann eben auch in Schweden oder in Frankreich mit diesem System bewegen kannst. Es erlaubt auch die Authentification. Du wirst auch explizit bei Facebook, bei Google und bei anderen Big Tech Plattformen die Möglichkeit finden, dich mit dieser Wallet einzumelden bei dem dortigen Dienst. Diese Very Large Online Plattforms gemäß Digital Services Act, also die Big Techs dieser Welt, werden nämlich verpflichtet, die Wallet anzubieten. Was ich für eine ganz schlechte Idee halte, aber so sieht es das Gesetz vor. Und der letzte Punkt, den man nicht übersehen darf, ist, dass mit dieser Wallet auch rechtsgültig unterschrieben werden kann. Also es wird auf einmal sehr wichtig, dass du wirklich die Kontrolle darüber behältst und nicht irgendjemand, der mal kurz Zugriff auf dein Handy hat, dann einen Vertrag für dich unterschreibt oder einen Kredit aufnimmt oder so Sachen. Das ist so grob der Funktionsumfang dieser European Digital Identity Wallet.

Tim Pritlove
0:58:31
Thomas Lohninger
0:59:40
Tim Pritlove
0:59:52
Thomas Lohninger
0:59:56

Es ist so, dass es da ganz unterschiedliche Vorstellungen gibt zwischen den Mitgliedstaaten. Manche Länder meinen, die Private Keys sind sowieso immer nur bei uns am Server und dieser Wallet, die darf nicht mehr sein als ein Frontend, aber alles, was wirklich kriptografische Signaturen betrifft, ist bei uns am Server, weil nur wir sind vertrauenswürdig, hat natürlich massive Datenschutznachteile. Weil wenn du das nicht sauber machst, ist es sehr leicht möglich, auch an zentraler Stelle nachzuvollziehen, was die Leute denn so tun mit dieser Wallet, die vielleicht bei jedem Einkauf, bei jedem ÖPNV-Trip und so weiter zur Anwendung kommt. Dann gibt es das Modell, wo Österreich zum Beispiel auch dafür ist, dass man sagt, wir haben doch die Secure Enclaves und die Chips auf diesem Telefon, denen vertrauen wir doch. Hier ist es so, dass durch den Digital Markets Act geregelt ist, dass der Staat auch den Zugriff bekommen muss auf diese Chips. Und dass jetzt Apple nicht hergehen kann und sagen, nee, unsere Infrastruktur ist so super secure, ihr dürft da nicht irgendwie das skriptografische Schlüsselmaterial ablegen drauf. Und da stellen sich auch einige technische Fragen, wo ich gespannt bin, wie man das lösen will. Aber das ist so der zweite Ansatz. Nutze das, was du gerade gesagt hast, die Sicherheit des Telefons. Und der dritte Ansatz, der vor allem von Deutschland präferiert wird, den ich auch für den sichersten halte, ist, sobald es ans Eingemachte geht, also wirklich ans Unterschreiben oder an, man nennt das Level of Assurance High, da muss der Personalausweis mit dem Chip ans Telefon gehalten werden. Und nur dann kannst du diese Funktionen ausführen, weil das wirkliche Schlüsselmaterial, das bleibt auf der Chipkarte des Personalausweises und geht nicht auf das Telefon. Und gerade weil es zum Beispiel in Norwegen zig Fälle gibt, wo dieses Unterschreiben für andere Leute zum echten Problem wurde, glaube ich, dass dieser Ansatz sogar auch aus IT-Sicht übrigens der bessere wäre. Aber darum wird gerade gestritten, was sich da am Ende als EU-Standard durchsetzen wird. Ist noch absolut offen. Da wird gerade massiv gezogen, das IIDAS-Gesetz ist noch nicht im Journal der EU veröffentlicht, im Amtsblatt. Das wurde so ein bisschen lange hinausgezögert. Ich glaube, weil da im Hintergrund noch bestritten wird, sobald das im Journal veröffentlicht wird, was dem Vernehmen nach sehr bald der Fall sein soll, läuft eine Uhr und dann gibt es nur noch sechs bis maximal zwölf Monate, bis die Kommission diese technischen Standards festlegen muss. Und dann wissen wir auch viel mehr, wie die Interoperabilität grenzüberschreitend funktionieren soll.

Tim Pritlove
1:02:49

Ja, also von daher ist es sicherlich ganz sinnvoll, sich dort einzuklinken. Ich habe so ein bisschen Angst, dass da halt wieder so Fummelsachen bei rauskommen, wie wir das jetzt gerade mit dieser Ausweis-App gehabt haben. Dann soll das dann im Web gehen und dann gibt es dann irgendwie keine zuverlässige, sichere Verbindung zwischen der Webseite und dieser Karte. Also ich verstehe eh nicht, warum es einem dann die Telefone auch so schwer machen, kryptografisch diese Prozesse auch irgendwie mit Webseiten dann auch in Verbindung zu bringen. Und so ein Vorgang, wo halt auf der einen Seite mein Personalausweis zum Einsatz kommt, aber eben auch eine sichere Brücke zu digitalen Gegenstellen geschlagen werden muss, wenn man es in Anführungsstrichen richtig machen will, da ist es halt unter Umständen dann auch erforderlich auf die Hersteller mal zuzugehen und zu sagen, ihr müsst jetzt diese Schnittstellen aber auch anbieten, damit wir nicht irgendwelche komischen Fummellösungen machen. Wie wir das jetzt hier gesehen haben, da machen wir jetzt eine URL und dann wird irgendwie die App aufgerufen und dann passt das schon irgendwie so. Das ist halt so ein bisschen an der Stelle so ein bisschen wackelig. Und dann wird die falsche Methode gewählt, weil bei der Entwicklung nicht richtig drüber nachgedacht wurde, wie man das jetzt irgendwie gelöst bekommen würde und dann schafft man sich da eben so eine. Einsprungsstelle für Unsinn. Und das ist schwierig und Ich denke, das muss auf breiter Front vorangebracht werden, aber es muss vor allem darauf geachtet werden, dass es ordentlich gemacht wird.

Thomas Lohninger
1:04:29

Absolut. Wir können ja in den Kommentaren nochmal Feedback sammeln dazu. Diese Frage ist, glaube ich, eine ganz spannende mal zu diskutieren. Wir sind ansonsten immer sehr bedacht darauf, auch unsere Unabhängigkeit zu wahren. Und zum Beispiel, wenn jetzt irgendjemand von uns Beratung haben will, wir tun das nur unentgeltlich. Wir könnten dafür kein Geld nehmen, weil dann wären wir befangen, wenn im nächsten Moment dann ein Journalist kommt Und unsere Meinung haben will zu diesem Thema. Das geht sich für die Rolle als NGO und Watchdog meiner Meinung nach nicht aus. Und hier gibt es natürlich auch eine Verschwiegenheitsvereinbarung, weil du in der Jury natürlich schon über Geld entscheidest. Ich glaube, in Summe sind es grob drei Millionen, die da vergeben werden. Und deswegen ist das was, das ich jetzt so noch nicht hatte und ich kann aber gerade, weil das wirklich staatliche Infrastruktur ist, wo so viel dranhängt, will ich, dass da Datenschutz ernst genommen wird und das ist was, wo ich Ahnung habe und da hoffe ich auch, dass im Hinblick auf so... Eine Vergabe von Steuergeld, um eine wirkliche allgemeine Infrastruktur zu bauen, wo ganz viele Teile der Gesellschaft ja dann auch davon abhängig sein werden, da macht es einfach Sinn, am möglichst inklusiven Prozess zu wählen. Und für mich ist ganz entscheidend, dass ich halt, wenn ich da reingehen sollte, mich dann nicht mehr äußern kann zu dem Projekt als solches oder zu einzelnen Dingen, wenigstens in Form der Dissenting-Opinion nochmal sagen kann, okay, das war zwar die Entscheidung, aber es gab Chatham House anonymisiert zumindest folgende Gegenpunkte bezüglich dem und dem. Und ich hoffe aber auch, das ist ja immer die schöne Sache, wenn du als NGO in so Juries bist, Du bist eigentlich die schwächste Partei, weil du hast keine Lobby im Hintergrund. Gleichzeitig bist du die, wenn du aufstehst und sagst, Leute, das erfüllt den Zweck nicht mehr, dann haben alle ein Problem. Also oft gibt es dann schon einen Konsens und ich hoffe, dass überhaupt auch genügend Angebote reinkommen, wofür wir sagen, ich will was datenschutzfreundliches bauen. Dann hat man vielleicht wirklich auch was für ganz Europa geschaffen, weil am Ende des Tages geht Deutschland hier voran und das finde ich mutig und gut. Da muss aber auch wirklich was dabei rausschauen, dass unseren europäischen Werten auch Genüge tun.

Tim Pritlove
1:06:59
Thomas Lohninger
1:07:02
Tim Pritlove
1:07:07
Thomas Lohninger
1:07:22
Tim Pritlove
1:08:22
Thomas Lohninger
1:08:37

Ganz genau. Und auch die Cryptocurrency-Assets, Blockchain-Bullshit-Sachen, die da von Big Tech kamen. Libra habt ihr damals erwähnt in der Sendung, den Vorstoß von Facebook, von Meta, hier eine digitale Währung zu schaffen, hat den Zentralbanken auf der ganzen Welt unheimlich viel Schrecken eingejagt, weil Facebook kann schon nicht mit Daten umgehen. Jetzt wollen wir ihnen nicht auch noch Geld in die Hand geben. Also dieser Vorschlag eines digitalen Euros ist idealistisch und ideologisch irgendwie verständlich. Aber die Frage, die Linus auch gestellt hat, was bringt mir das denn als Konsumentin oder Konsument, die ist weiterhin unklar. Und das sagen auch einige der Konsumentenschutzorganisationen, dass im jetzigen Vorschlag ist der Vorteil für Konsumentinnen nicht klar. Auf einer hohen Ebene bin ich schon der Meinung, dass so etwas wie Bezahlung, Geld ist schon was, das wir lieber demokratisch regulieren, als es jetzt irgendwie einer Firma zu überantworten. Und die EZBau sieht ja auch, dass immer weniger von dem Geld, was ihres ist, noch unterwegs ist. Weil eigentlich sind nur die Münzen und die Scheine, die wir in Händen halten können, wirkliches Zentralbankgeld. Geld auf deinem Bankkonto und Geld auf der Visa-Karte oder in Apple Pay, das sind Schuldverschreibungen mit der Bank, mit Visa oder mit Apple. Und dadurch ist es eben nicht mehr Geld, das wirklich in den Händen von der Zentralbank ist und da ist es auch so ein bisschen für sie ein Schritt, den sie setzen, weiter relevant zu bleiben.

Tim Pritlove
1:10:23
Thomas Lohninger
1:11:19
Tim Pritlove
1:11:26
Thomas Lohninger
1:12:53

Absolut. Und wie du gerade gesagt hast, es sind da viele technische Fragen noch nicht geklärt. Ihr habt euch ja damals, glaube ich, im Juli 23 zu dem Thema geäußert. Und seit Juni 23 haben wir die dazugehörigen Gesetze, die von der Kommission vorgestellt wurden. Und diese Gesetze sind aber, eh so wie wir das aus der EIDAS kennen, großteils Überschriften und grobe rechtliche Konzepte und Konstrukte, wo aber die Dinger, die einen interessieren, um da vielleicht auch eine Aussage zum Datenschutz zu machen, komplett fehlen. Es gibt doch so gut wie keine Rechte, die ich als Person habe, wenn ich jetzt diese Währung verwende. Was darf eingesehen werden, was nicht. Und da fehlt unheimlich viel an Safeguards, was aus unserer Sicht wichtig wäre. Und diese Gesetze, ich verwende hier den Plural, weil es noch ein zweites gibt, das Recht auf Bargeld, auf das komme ich gleich, aber beim digitalen Euro ist es so, dass da zwar die DSGVO korrekt wiedergegeben wird, auch mit den Bestimmungen, wer was verarbeitet und was für Daten von wem und zu welchem Zweck, aber halt eben auf einer technischen Ebene. Wie wird hier Privacy by Design garantiert? Was habe ich denn vielleicht noch für Zusicherungen, dass zum Beispiel zumindest für Kleinstbeträge gewisse Informationen nicht anfallen über eine tägliche Transaktion, wie ich sie vielleicht durchführe? Es gibt nämlich bei diesem digitalen Euro das Versprechen der EU-Kommission, dass diese Währung und dieses Zahlungsmittel datenschutzfreundlicher sein soll als alle anderen digitalen Bezahlsysteme. Das ist nicht schwierig, weil die sind alle so schlecht, dass da besser sein ist easy. Aber dann sagen sie auch und der digitale Euro, vor allem der offline digitale Euro soll besser sein als Bargeld, was Datenschutz betrifft oder zumindest genauso gut wie Bargeld. Das ist ein Versprechen, an dem messe ich sie die ganze Zeit, weil da sind sie meilenweit davon entfernt. Und du hast doch bei vielen Sachen dann so erst ausgelagert in zum Beispiel Delegated Acts, also Verordnungen, die später kommen und dann einseitig von der Kommission erlassen werden. Regeln zur Geldwäscheprävention und Terrorfinanzierung, die natürlich die klassischen Feinde vom Datenschutz sind bei so Bezahlsystemen. Und das ist auch ein superschwieriges Problem, weil du hast doch diese ganze Frage des Double Spendings und du willst da ja Kohärenz sicherstellen in so einem Währungssystem. Es gibt bei dem digitalen Euro zwei Ausprägungen, einen Online- und einen Offline-Digital Euro. Beim Online-Digital Euro muss zumindest eine Partei der Käufer oder Verkäufer, Payer oder PI, online sein, weil da alles immer in der Infrastruktur der EZB abgebildet wird, die sogenannte Settlement-Infrastructure. Kann man sich so vorstellen wie eine einfache Datenbank. Keine Blockchain, alles nur bei der EZB, aber da hast du jede Transaktion drin. Und der Offline Digital Euro, der soll wirklich auch dann funktionieren, wenn beide Parteien offline sind. Und da stellt sich dann schon so die Frage, ich habe Geld, das auf Nullen und Einsen basiert und kopiert werden kann. Wie schaffe ich es, dass das nicht einfach wie alles Digitale kopiert wird und dann zwei, drei, viermal Millionenfach ausgegeben wird? Und da ist eine einzige Antwort, die sie gefunden haben. Ja, wir haben in diesen Smartphones doch diese Sicherheitschips, diese Secure Enclaves eingeführt. Wir vertrauen denen einfach mal komplett und wir wetten die Stabilität der Eurozone darauf, dass da schon nichts passieren wird.

Tim Pritlove
1:16:48
Thomas Lohninger
1:17:20

Ausgeschrieben. Fun Fact, Amazon ist einer der Player, der sich hier reingeschmuggelt hat und auch jetzt das Währungssystem bauen will. Und um den Offline Digital Euro abzusichern, haben sie gerade einen Tender vor zwei Monaten rausgegeben mit sage und schreibe 1,2 Milliarden Euro, um da technische Standards und Absicherungskonzepte und aber auch den Betrieb dieser Währung dann abzubilden. Das ist Ja, für ein Gesetz, was noch nicht beschlossen ist, wohlgemerkt, das Gesetz, Sie wollten unbedingt, dass das jetzt noch vor der Wahl durchgeht, das haben Sie nicht geschafft. Es gibt massive Bedenken, unter anderem vom Datenschutz von uns, aber auch von den Banken, die da große, große Sorge haben, hey, damit geht ja Geld uns flöten, wenn das nicht mehr Euros bei unserem Konto sind, die wir verborgen können an andere Kunden, sondern digitale Euro, die ja direkte Schuldverschreibung mit der EZB sind. Auch wenn wir da das Kundenverhältnis halten und die Vertragsbeziehungen eingehen, dann haben wir da die große Angst, dass uns das Geld abhanden kommt und deswegen hat man auch eine Grenze eingezogen, dass keiner mehr als 3.000 Euro verdient. Digitale Euro sozusagen zu einem Zeitpunkt halten kann. Also der Digital Euro sollte kein Store of Value sein. Also so wie das Geld unter dem Kopfkissen der natürliche Feind der Bank ist, soll auch der Digitale Euro kein Feind der Banken sein, indem man einfach eine Grenze einzieht von 3000 Euro. Euro, mehr digitale Euro darfst du nicht halten. Das ist natürlich auch wieder überhaupt nicht im Sinne der Bevölkerung, aber es ist halt so ein Geschenk, das man den Banken macht.

Tim Pritlove
1:19:05

Also ich habe jetzt nicht viel Kenntnis darüber, wie da der aktuelle Debattenstand ist in diesem Umfeld, weil ich mich da einfach nicht drin bewege. Aber grundsätzlich würde ich ja sagen, erstens, wenn man etwas schaffen will, was unmittelbar auch in der Bedienung und in der Akzeptanz mit dem, was wir derzeit so mit Kreditkartensystemen haben, mithalten soll, dann muss man im Prinzip auch genau auf diesem Level mitspielen. Und das wäre halt zumindest erstmal, dass sozusagen die EZB Infrastrukturen aufbaut, um im Prinzip eine Alternative zu sein zu so etwas wie Girocard, so etwas wie Mastercard und Visa im Sinne von Payment-Netzwerke. Dass man also sozusagen selber auch als Payment-Netzwerk auftritt, weil so funktioniert das halt jetzt sozusagen. Du willst mit deiner Uhr im Supermarkt zahlen, dann muss es ja irgendeine Clearance geben. Es muss ja irgendjemand sagen. Diese Transaktion darf stattfinden, für diese Transaktion ist das Geld da und ich stelle jetzt auch sicher, dass diese Transaktion hier bei dem einen dazugeht und bei dem anderen weggeht und das passt schon so. Das ist ja im Prinzip was so ein Bezahlnetzwerk einem sicherstellen will. Also Security, Einhaltung von Gesetzen im Sinne von Geldwäsche und Transaktionen und wo es hingehen darf und wo nicht oder was für Transaktionslimits sind oder was auch immer in der ganzen Rechtsgeschichte mit drin ist. Und wenn du dann eben sagen willst, wir wollen aber von Mastercard und Visa von diesen Netzwerken unabhängig sein, naja dann musst du halt dein eigenes Netzwerk haben. Und wenn man das eben auf Basis des Euros und der EZB macht, dann muss man halt irgendwie ein Trusted Netzwerk haben. Im Prinzip haben wir sowas ja auch schon, das ist halt das SEPA-System, das macht schon einen Großteil davon, das ist ja digital, hängt bloß eben noch an diesen anderen Netzen dran, weil da eben die Händler dran hängen, weil die Bezahl-Terminals eben Verträge haben mit irgendwelchen Dienstleistern und das merkt man ja dann auch mal wieder, wenn irgendwas abgelehnt wird und dann kannst du mit Master bezahlen, aber mit Visa nicht und so weiter. Im Prinzip müsste man hier sehr langfristig vorgehen und sagen, okay, wir machen jetzt hier sozusagen den Euro auch direkt bezahlbar und direkt darstellbar. Den Offline-Euro, ehrlich gesagt, da habe ich so meine Zweifel, ob das überhaupt gelingen kann. Also ich glaube, das ist schwierig, weil das einfach ein generelles informatisches Problem ist, was ja zum Beispiel diese ganze Blockchain-Geschichte überhaupt erst losgetriggert hat, weil dieses Double-Spending ist halt einfach ein Problem. Leben. Klar, da kann es irgendwie Lösungen geben, ich frage mich halt nur, ob die so wichtig sind. Weil das Bargeld, was in geringen Mengen vorgehalten werden kann, anonym und bei den Leuten sein soll. Das funktioniert auch nicht digital. Also da gibt es auf meiner Meinung nach nicht so den unmittelbaren Druck, das digital machen zu müssen. Das ist natürlich so ein bisschen das Problem, dass jetzt du Läden hast, die eben sagen, wir wollen aber jetzt hier nur noch digital bezahlt werden, weil Bargeld ist uns irgendwie zu teuer und zu aufwendig und das wird geklaut und das muss man zählen und rollen und bei der Bank abgeben, wenn man das dann auch auf dem Konto haben will und dann muss man dann noch Gebühren dafür bezahlen und so weiter. Hast du dich übrigens auch schon mal gefragt, warum manche Restaurants nur Bargeld annehmen?

Thomas Lohninger
1:22:46
Tim Pritlove
1:22:50
Thomas Lohninger
1:24:20

Zum Recht auf Bargeld komme ich gleich noch, aber ich würde gerne einhaken bei dem, was du gerade gesagt hast. Und diesen Punkt, wie kommt der digitale Eurer überhaupt zu den Leuten und zu den Händlern, ist ein ganz wichtiger. Wichtiger und da muss man halt leider auch, also war ich in Runden, wo dann irgendwie Leute von der EZB, ich argumentiere so mit, hey, aber wir müssen doch schauen, dass das Vertrauen der Bevölkerung irgendwie da ist und die so We are the legal tender. It's a legal obligation to accept. We don't need to care about trust. Also, ein bisschen verklausuliert, aber es war schon so, wir können das halt ins Gesetz reinschreiben und genau das haben sie hier auch gemacht. Also, jeder Händler in der Eurozone Der Geld annimmt und heute irgendeine Form von digitaler Bezahlmethode anbietet, muss dann auch den digitalen Euro verwenden. Und die Gebühren sind reguliert. Da gibt es zwei Zahlen. Das eine ist, was ist denn sonst üblich für digitale Bezahlsysteme an Gebühren für den Händler und wie viel kostet es uns, den digitalen Euro in die Welt zu bringen? Und welche der beiden Zahlen niedriger ist, ist dann die festgesetzte Gebühr, die alle zahlen müssen. Und dadurch wirst du das halt einfach wirklich in der Fläche en masse sehen, wenn es soweit kommt. Zu dieser Frage des Datenschutzes nochmal, wir haben halt im Moment, kann man das beurteilen? Es ist einem Gesetz schon einigermaßen klar, wie es ungefähr technisch funktionieren soll. Beim Online Digital Euro hast du einfach eine zentrale Infrastruktur, da ist jede Transaktion drinnen gespeichert. Und das komplette Datenschutzkonzept baut darauf auf, dass die EZB uns verspricht, nicht hinzuschauen, wer jetzt was gezahlt hat. Also die Daten sind pseudonymisiert, sie können aber aus Gründen wie Fraud Detection, Anti-Money Laundering, Terror Financing und anderen halt einfach trotzdem hineinschauen und reidentifizieren. Das heißt Vollüberwachung. Und beim Offline Digital Euro ist es halt so, ja das ist in dem Telefon in irgendwelchen Chips und denen vertrauen wir und alle X Transaktionen wird ein Stand an Offline Digital Euros wieder gesynkt und jetzt kommen sie auch drauf, dass sie da Haftungsregeln brauchen, wenn Nordkorea vielleicht mal auf die Idee kommt, ein bisschen zu spielen mit diesem System. Es gibt da technische Dokumente, die sind um einiges konkreter als die Gesetze. All das wird in relativ opäken Runden im Moment verhandelt, wo wir unser Bestes tun, irgendwie eine Verbesserung hinzubekommen. Das gesamte Thema hat nicht die Aufmerksamkeit, die es verdient. Und es ist leider auch so, dass da eine Karotte dran hängt. Also dieser digitale Euro, ich bin mir nicht sicher, ob es dafür überhaupt eine Mehrheit gibt. Aber deswegen gibt es ein zweites Gesetz in diesem Paket und das ist das Recht auf Bargeld. Und da haben alle Leute eigentlich Lust drauf, zumindest in Zentraleuropa. Dieses Recht auf Bargeldgesetz würde nämlich wirklich bedeuten, dass überall in der gesamten Eurozone, auch am Land, die Verfügbarkeit von Bargeld gewährleistet sein muss vom Staat. Das heißt auch, dass Banken dann zum Beispiel wieder Geldautomaten aufstellen müssen oder mehr Schalter zur Verfügung stellen müssen. Also die Versorgung mit Bargeld muss gesichert sein. Da gibt es auch Monitoring und so weiter. Und es gibt auch eine Annahmeverpflichtung. Also wie wir das heute kennen, no cash, only card. Schilder gehören damit der Vergangenheit an, wenn dieses Gesetz so kommt. Das wäre wirklich eine super Sache, weil der schleichende Verlust des Bargelds ist aus vielen Gründen schlecht. Es gibt Leute, die haben kein Bankkonto. Bargeld ist der datenschutzfreundlichste Weg zu bezahlen. Und es ist auch für die Financial Literacy, also für den Umgang mit Geld, glaube ich, ganz hilfreich, dass du einen Bezug dazu hast und dass nicht nur irgendwelche Zahlen auf deinem Display sind. Und auch natürlich dann im Falle von Naturkatastrophen zum Beispiel, wenn der Strom weg ist oder das Netz weg ist, glaube ich nicht, dass der digitale Euro der Weg ist, wie sich Menschen noch im Wirtschaftsleben austauschen können, sondern das wird einfach Bargeld sein. Nein. Ja, wir verlinken noch auf die ganzen Policy-Analysen, die Epicenter Works dazu gemacht hat und diese Arbeit wird eben nach der Wahl, der EU-Wahl jetzt im Juni weitergehen. Es ist auch ganz spannend, weil wir einen super großen Überhang von deutschen Abgeordneten bei dem Gesetz haben, aber davon hören fast alle auf. Also der Berichterstatter Stefan Berger von der CDU hat einen sehr unwahrscheinlichen Listenplatz. Die Schattenberichterstatterin der Grünen, Henrike Hahn, tritt nicht nochmal an. Ein Gunnar Beck von der AfD ist auch Deutscher, aber von dem weiß ich nicht. Mit der AfD-Wahlisten beschäftige ich mich nicht. Ich habe kein Schmerzengeld. Und auch im Rat, also bei den EU-Mitgliedstaaten, man konnte sich nicht einigen. Also das Thema wird auf jeden Fall erst in Zukunft dann nochmal final entschieden. Deswegen gibt es die Chance, sich näher damit zu beschäftigen und das ist eine Einladung. Wir verlinken auch das Procedure-File, das ist so ein Cheat-Hack im EU-Gesetzgebungsprozess, da kann man nämlich immer nachschauen, wo so ein Gesetz gerade steht und wer es zuständig ist. Also wenn sich da Leute einbringen wollen, es ist gerade die Zeit dafür da.

Tim Pritlove
1:29:50
Thomas Lohninger
1:29:59

Ja.

Tim Pritlove
1:30:01
Thomas Lohninger
1:30:05

So wie Beetlejuice, Chatkontrolle, Chatkontrolle, Chatkontrolle. In unserer Chronistenpflicht sei gesagt, dass es wieder mal einen offenen Brief gab von 50 NGOs und 26 Expertinnen, der wiederum massive Grundrechtsbedenken äußert. Wir haben in der vorletzten Folge darüber gesprochen, dass da die belgische Ratspräsidentschaft im Moment ein bisschen freidreht und fast irgendwie jeden dritten Tag einen neuen Gesetzesvorschlag vorlegt. Wir müssen uns einigen jetzt sofort. Darauf nimmt dieser Brief Bezug, den eben ganz viele NGOs an die Kommission geschickt haben und da ist dann auch das dazugehörige Leak natürlich gekommen. Wie könnte es anders sein von André Meisler, der auf Netzpolitik.org da Protokolle veröffentlicht hat von den Ratsverhandlungen und auch auf Mastodon einen Tut abgesetzt hat mit einem wunderschönen Slide-Bild. Man könnte es fast nicht besser ausdrücken, wie die belgische Ratspräsidentschaft hier an dieser Stelle, wo man so eine schöne Grün- bis Rot-Tabelle hat und High-Risk ist Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Und da müssen wir am meisten überwachen und das geht überhaupt nicht. Also es wird einfach immer deutlicher und das bildet sich auch im Rat ab. Es gibt die, die verstanden haben, dass Verschlüsselung nicht böse ist und dass Menschenrechte auch im Internet gelten und dass man da nicht alles überwachen kann. Und da gibt es die andere Fraktion, die sagt, aber die Kinder und Verschlüsselung ist böse und wir müssen alles scannen, weil vielleicht kommen wir da ja auf irgendwelche Person of Interest. Ja, und genau dieser Konflikt spielt sich hier gerade ab und ist schön irgendwie darstellbar. Deswegen verlinken wir auf diese Dinge und halten die Daumen, dass es nicht zu einer Einigung kommt, bevor die EU-Wahl passiert und dass wir hoffentlich dieses Thema irgendwann beendigen und beerden können. Hoffentlich dann, wenn die EU-Kommission anders aufgestellt ist und Innenkommissarin Ilvia Johannsen hoffentlich ihren Job verliert.

Tim Pritlove
1:32:20
Thomas Lohninger
1:32:24
Tim Pritlove
1:32:27
Thomas Lohninger
1:32:32
Tim Pritlove
1:32:33
Thomas Lohninger
1:32:46
Tim Pritlove
1:33:36
Thomas Lohninger
1:33:38
Tim Pritlove
1:33:54
Thomas Lohninger
1:34:02
Tim Pritlove
1:34:17
Thomas Lohninger
1:34:34
Tim Pritlove
1:34:43
Thomas Lohninger
1:34:53
Tim Pritlove
1:35:01
Thomas Lohninger
1:35:58
Tim Pritlove
1:36:35
Thomas Lohninger
1:36:51