Logbuch:Netzpolitik
Einblicke und Ausblicke in das netzpolitische Geschehen
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LNP155 Frivole Rechtsmeinung

Safe Harbor Urteil — Netzneutralität in Europa — Staatsschutz in Österreich

Linus steht diese Woche leider nicht zur Verfügung und so gestalten Tim und Thomas die heutige Sendung. Und da wir selbstverständlich auch über das bahnbrechende Urteil des EuGH zur Safe Harbor Vereinbarung zwischen EU und USA sprechen begrüßen wir auch den Initiator der Klage Max Schrems und reden ausführlich über die Geschichte der Klage und die möglichen Implikationen des Urteils. Im Anschluss betrachten wir dann noch die bald anstehende wichtige Entscheidung im EU-Parlament zur Netzneutralität und die Pläne der österreichischen Regierung zur Einführung einer geheimen Staatspolizei.

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Veröffentlicht am: 7. Oktober 2015
Dauer: 1:10:05


Kapitel

  1. Intro 00:00:00.000
  2. Prolog 00:00:32.890
  3. Safe Harbor Urteil 00:01:29.570
  4. Netzneutralität in Europa 00:32:06.277
  5. Staatsschutzgesetz in Österreich 00:55:36.905
  6. Epilog 01:08:05.160

Transkript

Tim Pritlove
0:00:00
Thomas Lohninger
0:00:09
Tim Pritlove
0:00:32

Logbuchnetzpolitik, Ausgabe Nummer einhundertfünfundfünfzig und äh heute machen wir mal ein kleines äh Spezial, was nicht nur damit zu tun hat, dass äh Linus gerade mal, verfügbar ist für diese Sendung und ich von daher mal hier äh ausnahmsweise mal den Hut aufhabe, sondern auch weil wir ähm ja heute mal wieder mal äh ein bisschen die Perspektive nach Österreich äh richten wollen und das sogar aus zwei Gründen. Nämlich einerseits, weil äh es ohnehin von Zeit zu Zeit mal angemessen ist, da den Fokus drauf zu richten und andererseits, weil ja natürlich auch gerade sehr viel äh Wind äh erzeugt wird Wegen dieser Österreicher, die so viel Ärger machen. Thomas, ich begrüße dich erstmal hier. Zur Co-Moderation bisher den Hörern eigentlich wunderbar bekannt und schon oft auch hier gewesen. Ähm und ja, wir können dann eigentlich auch gleich mal zu äh Thema Nummer eins äh voranschreiten ohne viel ähm Teil zu vergeuden. Und dabei begrüßen wir dann nämlich auch gleich noch den äh weiteren Gast, den wir hier noch mit in der Leitung haben. Ich sage hallo zu zu Max, Max Shemps, hallo. Genau, du bist ja auch aus Österreich, deswegen äh konnte ich mir gerade den Witz nicht verkneifen. Ähm ja, worum geht's? Äh ganz klar. Äh wir wollen natürlich reden über das äh Urteil, des Europäischen Gerichtshof, was äh gestern so ein bisschen eingeschlagen hat wie eine Bomber, habe ich zu den Eindruck, weltweit. Ähm zu ja ausgelöst durch eigentlich deine versus Facebook-Kampagne, die wir ja hier auch schon einige Male angesprochen haben und wir haben auch hier in der letzten äh Sendung im Prinzip ja auch schon, besprochen, dass es äh absehbar war, wie das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ausgeht. Weil ja der Generalanwalt der EU-Generalanwalt im Prinzip das alles schon so äh beschrieben hat und erfahrungsgemäß und so war's halt auch diesmal wieder hat sich das Gericht eigentlich der Meinung dieses Generalanwalts äh weitgehend angeschlossen Ja, du hast das ja jetzt im Prinzip alles ausgelöst und ich wollte mal so ein bisschen die Gelegenheit nutzen, mit dir zu sprechen, auch um einfach nochmal nachzuzeichnen. Wie es eigentlich dazu kam, wann äh wann hast du eigentlich damit angefangen mit der ganzen. Das war jetzt zwanzig äh zwanzig dreizehn, ne? Hast du damit angefangen? Moment ist das ein Fachbegriff, Rechtsmeinung. Das ist ja interessant, die Männer haben sich ja im Prinzip ins eigene äh Fleisch äh geschnitten in gewisser Hinsicht. Hast du denn ähm was hier ist eigentlich der alleinige Klageführer oder hast du dich jetzt beim EuGH auch noch mit anderen Gruppen zusammengetan, irgendeiner Form? Ist jetzt auch nicht so, dass du keine Unterstützung äh erhalten hättest auf dem Weg dahin. Das findet jetzt äh quasi auch statt. Wie viel ist denn da zusammengekommen? Und ist es dann limitiert worden. Ähm gut, jetzt ist äh das Urteil äh vorgelegt worden, Was steht denn da eigentlich genau drin? Was hat denn jetzt das EuGH ähm also was war denn überhaupt die Frage sozusagen? Also was was war denn sozusagen äh der Kerninhalt deiner deiner Klage und wie ist darauf reagiert worden? Entschuldigung, du meinst jetzt äh Kernbereich der Privatsphäre oder Kernbereich.

Thomas Lohninger
0:14:59
Tim Pritlove
0:15:10
Thomas Lohninger
0:15:38
Tim Pritlove
0:16:41
Thomas Lohninger
0:19:19
Tim Pritlove
0:19:27
Thomas Lohninger
0:22:50
Tim Pritlove
0:23:47

Aber was ähm was erwartest du denn jetzt an an konkreten Auswirkungen? Erstmal für die US-Unternehmen, die jetzt unsere äh privaten Daten vorhalten. Äh du meinst jetzt, dass welches Gesetz, auf welches. Was erwartest du? Ich muss auch nochmal fragen, also was denkst du müsste jetzt, um mal erst mal bei Facebook zu bleiben, Facebook konkret für Maßnahmen einleiten, um jetzt gesetzeskonform zu sein? Ja gut, aber was was heißt denn das jetzt sozusagen? Das heißt, wenn jetzt ein Deutscher dann äh äh Account hat, dann dann müssen die Bits in Europa liegen oder sie müssen nur in der in den USA genauso äh behandelt werden, als würden sie in Europa liegen. Ja, zum Beispiel Silicon Valley ja ohnehin schon ziemlich äh auf den Hinterbeinen steht, was die ganze Überwachungssituation betrifft. Also. So, wir wissen, deine Zeit ist äh begrenzt eine ähm eine Frage, möchte ich aber trotzdem noch einen Raum schmeißen, weil jetzt natürlich diese ganze Grundfrage mit äh die Grundrechte für Datenschutz werden hier äh verletzt. Natürlich ja auch Auswirkungen haben kann auf, andere äh Vereinbarungen, mir fällt da vor allem hier Passengerecord, PNR, also die Speicherung von Flugcast äh Daten beziehungsweise deren Austausch mit den USA äh ein und natürlich auch Swift, also der Austausch von Finanztransaktionen, der ohnehin schon sehr äh umstritten ist. Ähm denkst du, dass das äh auch auf solche Bereiche jetzt ein unmittelbarer Auswirkung hat, die Rechtsprechung? Und wie geht's jetzt äh für dich weiter, wenn du dann mal äh endlich äh vor allen vor alle Kameras äh geschoben worden bist? Weltweit. Na ja okay, kann ich mir vorstellen. Thomas, hast du noch Fragen?

Thomas Lohninger
0:31:50
Tim Pritlove
0:31:59
Thomas Lohninger
0:32:22
Tim Pritlove
0:33:01
Thomas Lohninger
0:33:09
Tim Pritlove
0:34:12
Thomas Lohninger
0:34:13

Das war äh Ende Juni, also sozusagen wirklich, glaube ich, dreißigste Juni, der letzte Tag der lettischen Ratspräsidentschaft, das wird ja dann mit. Hälfte des Jahres ans nächste Land übergeben und die wollten halt unbedingt noch eine Einigung haben, Und äh es waren schon irgendwie die Grünen und haben gesagt, nee, machen wir nicht mit. Die Liberalen sind aufgestanden. Äh die Linken waren sowieso nicht anwesend, Und äh dann dann war irgendwie nur noch die Sozialdemokratie dort und da gab's auch irgendwie schon eine Verhandlungsführerin, die Kammer Ebert, die meinte so, nein, das geht überhaupt nicht. Und wir verhandeln hier nicht weiter. Die Vorbedingungen passen alle nicht, Die andere Verhandlungsführerin der Sozialdemokraten stand mit ihrer Handtasche schon in der Tür, ja? Das war die letzte, die sozusagen, wenn die ja sagt, dann gibt's einen Deal, wenn die nein sagt, dann können wir mit mehr Zeit und mit mehr Ruhe weiter verhandeln, Antis mit der Handtasche in der Tür gestanden und dann wurde ihr nochmal was für Roaming versprochen, Hat sie bei einer Netzertralität nachgegeben, so sind wir zu dem Text gekommen, der jetzt hier am Tisch liegt. Ähm und da wurden sozusagen die Artikel, wurden da Ende Juni festgezorrt, dann Anfang Juli gab's noch ein einziges Treffen, wo man noch über die Erwägungsgründe des Gesetzes gesprochen hat. Also die ganzen Erklärungen, wo auch Definitionen drinnen stehen. Und da wurde ein bissel was noch repariert, aber es hat's nicht wirklich besser gemacht. Und wir wir haben stehen heute jetzt mit einem Text da. Ja noch nicht wirklich gesetzt ist, aber der jetzt Ende ähm Oktober in zweiter Lesung durchs Parlament geht und wenn wir dort nichts tun, wenn's dort keine Änderungsanträge gibt, dann ist das so gesetzt und dann ist das die Netzzentralität, die wir in allen achtundzwanzig EU-Ländern, diese halbe Milliarde Menschen haben werden.

Tim Pritlove
0:35:52
Thomas Lohninger
0:36:00
Tim Pritlove
0:36:03
Thomas Lohninger
0:36:37
Tim Pritlove
0:37:47
Thomas Lohninger
0:37:56
Tim Pritlove
0:38:51
Thomas Lohninger
0:38:58

Also im Parlament ist es unwahrscheinlich, weil einfach Roaming und Netzzentralität ja die zwei Themen sind in diesem Gesetz, und Roaming ist für die EU etwas, das äh in in breiten Teilen der Bevölkerung Wellen schlägt und das war auch Wahlkampfthema, als in ähm Mai zweitausendvierzehn, das Europaparlament gewählt wurde, ging's auch für viele Abgeordnete darum, dass sie vorher noch Roaming, Abgeschafft haben und sich feiern haben lassen. Das heißt, für die ist das ein Wahlversprechen, das werden sie versuchen zu retten und umzusetzen. Treppenwitz, wir erinnern uns, Roaming war ja immer so, dass das Tauschthema, ja? Wir wir nehmen euch das Roaming weg und dafür gebt ihr uns bei der Netzzentralität was. Das war der Deal mit den Providern. An das Perfide ist jetzt aber, dass in diesem Text Roaming in Wirklichkeit ähm weiterhin bestehen wird. Es gibt nur eine basic free Aloons. Das heißt, wenn ich jetzt irgendwie nach Italien gehe äh als Deutscher und dann äh zurück nach Hause telefoniere, äh ein paar Minuten, paar Megabyte habe ich frei. Danach gibt's immer noch Roaminggebü, und wenn ich als Deutscher in Deutschland mit meinem deutschen Handy nach Frankreich anrufe, auch dann gibt's immer noch Roaming. Also es ist halt bei weitem nicht so, dass wir an den Grenzen nicht mehr merken, dass wir jetzt eine Grenze überschritten haben. Ähm und dass wir wirklich als Europa zusammenrücken, Ähm es ist halt gerade eben die die paar Urlauber, die es gibt, die sind aus der Debatte raus und das wird eher dazu beitragen, dass wir Roaming auf lange Sicht noch behalten werden und nicht, dass es äh endlich abgeschafft wird.

Tim Pritlove
0:40:24
Thomas Lohninger
0:40:37
Tim Pritlove
0:41:24
Thomas Lohninger
0:42:18

Ja, das ist das ist halt auch wieder so ein Treppenwitz, ja. Ich meine, als wir angefangen haben, ähm zweitausenddreizehn sah es so aus, dass die. Da gab's ja noch die alten Regeln in den USA, die dann aufgehoben wurden, das heißt so, immer wenn's in Europa gut ausgesehen hat, hat es in den USA schlecht ausgesehen oder umgekehrt. Aber es war nie beide auf der selben äh Seite und abwechselnd hat man dann von Lobbyisten gehört, schaut auch in den USA, ist Netznetralität, das hält dort nicht, das braucht man nicht, und jetzt wo die USA wirklich gute Regeln haben, hört man von allen Telekom-Lobbyisten. Der amerikanische Markt ist nicht zu vergleichen mit dem europäischen und die haben ja viel mehr Olympohle und viel mehr Netzzentralitätsverletzungen Also es sind halt Ausflüchte. In Wirklichkeit natürlich haben die USA hier einen Goldstandard gesetzt und Thema wird halt gerade weltweit verhandelt, also in Brasilien, in Mexiko, wartet man, ähm also da ist man in der Implementierungsphase der dortigen Gesetze, da wird immer noch viel ausverhandelt in den Details, in Indien überlegt man sich in Netzzentralitätsgesetz zu machen, jetzt auf dem äh IGF in Brasilien wird das ein riesiges Thema sein, also Netzertralität führt grade wirklich global ausverhandelt. Natürlich schauen viele Länder auch nach Europa. Ähm wenn wenn die EU jetzt hier eine schlechte Entscheidung trifft, dann wird das, Grund für vor allem viele Länder des globalen Südens sein, sich dann nicht an den USA, sondern an Europa zu orientieren.

Tim Pritlove
0:43:39
Thomas Lohninger
0:43:41
Tim Pritlove
0:44:10
Thomas Lohninger
0:44:20

Also äh es geht um Änderungsanträge im Europaparlament. Das ist unser Hebel, das sind wir stark. Ähm dort müssen wir vor allem, ähm die Sozialdemokraten, die Linken, die Grünen und auch die Paliberalen die es noch gibt die auf die würde ich mich jetzt mal so aus deutscher Perspektive konzentrieren. Es geht um eine absolute Mehrheit. Das heißt wir haben eigentlich nicht den Luxus ähm uns nur auf eine linke Mehrheit zu stützen, sondern wir müssen wirklich mit allen sprechen, um genügend Stimmen zu bekommen. Ähm und Safety Internet Punkt EU ist äh wieder aktuell, liefert wieder genau die Tools, die man braucht, um das zu tun. Ähm das heißt, es ist auch keine eine Ausrede, wieso man nicht in diesem Thema jetzt nochmal aktiv werden will. Ähm und äh wie gesagt, das Europaparlament, das sind auch Leute, mit denen man sprechen kann, die kann man anrufen, gerade die Assistenten dort sind alles irgendwie äh junge gut gebildete, doch meist sehr weltoffene Menschen, ähm und wenn man denen erklärt, schaut, das ist wichtig und ihr habt das schon mal getan und es wird Änderungsanträge geben und ihr müsst nur die richtige, einen richtigen Moment die Hände hochheben. Ähm dann wird man auf jeden Fall nochmal eine eine gute Chance haben, hier noch was zu bewegen. Ähm was ich jetzt noch nicht erklärt habe, ist, was eigentlich jetzt noch das Problem in Netzneutralität ist. Ähm weil es ist nämlich ein neues Problem dazugekommen, Wir erinnern uns noch, Spezialdienste sind sind äh jetzt in dem in dem aktuellen Text schlecht definiert, sodass bestehender Online-Dienst auf einmal, Überholspur eines Spezialdienstes bekommen kann. Also ökonomische Diskriminierung, da wo wie die Deutsche Telekom das mit Spotify macht, einzelne Dienste aus meinem monatlichen Volumen ausgeschlossen werden und auch wenn das Volumen verbraucht ist, kann ich noch Musikstreaming hören, diese Form der Diskriminierung ist auch noch erlaubt und der dritte neue Punkt ist Glaspace Traffic Management. Am Internet wird in Europa ja oft, Bestford übersetzt. Best FORD, das äh Netzneutralität wird in Europa oft mit Bestord übersetzt, also dass Daten einfach genauso gut übertragen werden, äh wie man kann und ich ich äh greife als Provider jetzt nicht ein und priorisiere meine eigenen Daten irgendwie meine Konkurrenz. Dieses Best-Efod-Prinzip wird eigentlich abgeschafft mit diesem Text. Weil ich dann die Möglichkeit habe, als Internetprovider herzugehen und zu sagen, ich habe hier fünf Traff-Klassen. Und die Traffic Klasse, ich habe mal irgendwie goldpremium, und extra langsam. Ich kann die nicht vermarkten. Ich kann da nicht ein Businessmodell draus machen, aber ich kann einfach sagen, Videostreaming ist wichtig. Ähm zeitkritische Dienste sind wichtig, werden immer priorisiert. Webbrowsing ist eher langsam, das ist das ist in der mittleren Prioritätsklasse, sagen wir mal so drei von fünf und dann habe ich aber auch noch so äh. E-Mail-Dienste, verschlüsselte Dienste, Dinge, die ich nicht einsortieren kann und die gebe ich in die letzte Qualitätsklasse, Also alles, was jetzt an unbekanntes, neues Protokoll ist, alles, was vielleicht ist, auch wenn gerade da zum Beispiel Bitcoin, oder betreuend Videostreaming über das Protokoll gefahren wird, dann ähm werde ich das auch in die schlechteste Qualitätsklasse einsortieren, Also dieses Glas bis Traffic Management, auch wenn es nicht dazu taugt, ein Geschäftsmodell damit zu machen, hat immer noch große Probleme, wenn's darum geht, die Neutralität und Offenheit des Internets zu behalten. Und ähm das wird eben ermöglicht mit den derzeitigen Text und das wirklich so reingeschlichen worden, keine vorherigen Institutionen haben das eigentlich in ihrer eigenen Position gehabt, aber es ist halt wirklich in diesen spätabendlichen Verhandlungen rein, gebracht worden als Text. Und da müssen wir auf jeden Fall kämpfen, dass das verhindert wird, weil was mache ich, wenn ich ein neues Protokoll entwickle oder einen neuen Dienst, und irgendein portugiesischer Provider äh gibt mich in die falsche Qualitätsklasse, wie verhandele ich, dass ich da in die richtige reinkomme? Was ist wenn das ein Open-Source-Protokoll ist? Wer verhandelt dann dafür? Was ist mit dem ganzen verschlüsselten Traffic, der vielleicht nicht kategorisierbar ist. Es gibt Beispiele im Plus NET in Großbritannien, auch belgische Provider, die schon so ein klassenbasiertes Netzwerkmanagement haben. Und äh das ist für ganz Europa, wenn wir in die Richtung gehen, halt wirklich eben genau das Gegenteil von dem, wie sie es in den USA gemacht haben und äh hat äh jetzt eben wirklich auch große Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit des Netzes.

Tim Pritlove
0:48:46

Äh finde ich aber jetzt einen interessanten Gedanken, den du da gerade geäußert hast. Ich weiß nicht, ob der äh äh in eurer Argumentation auch schon eine größere Rolle gespielt hat, aber die nicht klassifizierbarkeit von verschlüsselten Traffic. Im Hinblick auf die den potentiellen Anstieg von verschlüsselten Trappic. Ja, also gerade jetzt mit äh neuen Mechanismen, die in den nächsten Monaten ausgerollt werden, wie zum Beispiel diese Kampagne. Ich denke, wir werden da einen signifikanten äh Anstieg sehen im im Kryptobereich beziehungsweise auch die, komplett Verschlüsselung in großer äh Dienste, die ja mittlerweile auch Standard ist, äh weiß nicht ganz genau, wie weit äh WhatsApp äh vorangekommen ist, aber über kurz oder lang äh wird es einfach noch mehr sein und das heißt, dass es betrifft ja dann im Prinzip alle Dienste. Also gerade diese Argumentation mit. Ähm. Ja, ihr seid ja nur ein unwichtiger Dienst. Ja und es gibt da keine Masse, äh in dem Moment, wo man nicht mehr klassifizieren kann, weil zu sehr verschlüsselt, äh ne, gerade wenn's alles ohnehin über Web äh äh Protokolle geht äh in dem Moment ist ja jeder ausgegrenzt und da muss man sich wahrscheinlich schon mal darüber Gedanken machen. Aber wahrscheinlich stellen die Leute sich das halt immer noch so vor, dass man sich einfach äh den entsprechenden Sportwagen kauft in Form äh des des entsprechenden Netzzugangs. Aber innerhalb der Netze äh selbst ist das natürlich äh in dem Sinne gar nicht zu lösen.

Thomas Lohninger
0:50:11

Genau und äh das das äh da sind einfach noch ganz viele äh wirklich stinkende Eiterpollen in diesem Gesetz, wo halt auch schlecht gearbeitet wurde. Also man hat ganz oft äh Widersprüche auch im Text, dass dass man sagt so. Äh der das eine oder andere Seite sagt, A, das andere Seite, sagt B und das geht logisch aber nicht zusammen, Das ist halt wirklich so ein Kompromisstext und in vielen Punkten äh sagen auch äh inzwischen alle Rechtsmeinungen ist das so offen, wie dir dann von den Regulierungsbehörden am Ende ausgelegt wird, also auch bei bei Spezialdiensten ist es so, das könnte man auch positiv lesen. Jetzt eine gute, äh wirklich motivierte Regulierungsbehörde könnte sagen, nein, also es äh irgendwie so Skype Ultra hat, die ihr Spezialdienst, nein, das geht nicht, aber es kann genauso auch in Regulierungsbehörde hergehen und sagen, natürlich, ja, wir machen hier den ganzen Markt auf. Und. Genau diese Unschärfe im im Gesetzestext, die wird mit einem Arbeitsschritt, der Ähm danach kommt beseitigt. Also wir haben sozusagen jetzt die eine Möglichkeit, Änderungsanträge noch reinzukriegen am, am siebenundzwanzigsten, achtundzwanzigsten Oktober, wenn das Ganze in Straßburg abgestimmt wird. Ähm egal, ob wir da gewinnen oder verlieren. Passiert dann ein äh ähm Prozess, wo die europäischen Regulierungsbehörden sich alle zusammensetzen und nochmal Guidelines schreiben die genau definieren, wie dieses Gesetz jetzt gemeint ist. Das heißt, es sind nicht gewählte Regulierungsbehörden, die Bundesnetzagentur für Deutschland, die RTR für Österreich, aufkommen für Großbritannien, die kommen alle zusammen und äh geben dann dem Gesetz wirklich eine konkrete Bedeutung, die es jetzt noch nicht hat, weil jetzt kann ich's so oder so lesen. Und äh diese Guideline Creation ist äh für uns deswegen auch ein ganz wichtiger Schritt. Wo wir uns auch einbringen werden. Es wird da eine Konsultation geben, also es kann äh Hinz und Kunz und alle Menschen ihre Meinung sagen, ähm wie dieses Gesetz jetzt äh gemeint sein soll und und wieso dieses oder jenes wichtig und richtig für die Gesellschaft ist. Ähm und da müssen wir uns auf jeden Fall auch nochmal einbringen. Ähm da wird's dann auch auf Safety Internet noch mehr Informationen geben, wenn's soweit ist. Und äh das ist halt wichtig. Wir sehen halt, eben in in Brasilien und in Mexiko sind wir gerade in dieser Phase. Da ist das Gesetz beschlossen und jetzt gehen die Regulierer her und überlegen sich, was heißt das denn eigentlich konkret? In den USA was anders. Dort hat der Regulierer ja das Gesetz geschrieben. Deswegen ist das amerikanische Gesetz auch so gut, weil's wirklich äh hundert Seiten lang hat. Äh und, und, und nicht wie das Niederländische, was fünf Seiten hat oder das äh Europäische, was so ungefähr auf zwanzig kommt.

Tim Pritlove
0:52:46
Thomas Lohninger
0:53:00

Ähm also das ist sehr unterschiedlich, womit wem man spricht. Äh es gibt sehr gute Regulierungsbehörden, die sehr motiviert sind. Ähm äh vor allem eben auch in kleineren Ländern und dann gibt es solche, ja, Behörden wie ähm Offcom in Großbritannien ist so wirklich der Teufel, also die die versuchen alles um ja nichts zu tun. Und die sind auch große Feinde der Netznetralität. Ähm an sich lässt sich das äh die Ausrichtung der ähm. Der Regulierungsbehörden ziemlich nah an der Ausrichtung der Regierungen immer im Rat äh ablesen. Also die Länder, die ähm im Rat gegen Netzzentralität waren, die haben auch meistens Regulierungsbehörden, die gegen Netzneutalität sind. Ähm der Vorteil ist so ein bisschen, dass innerhalb von diesem Gremium an europäischen Regulierungsbehörden. Berg nennt sich das, äh jedes Land eine Stimme hat. Und im Rat ist es ja so, dass die großen Länder mehr Gewicht haben, mehr Stimmrecht haben. Ähm gleichzeitig Ressourcen sind natürlich trotzdem ungleich verteilt, also kleine Länder wie Österreich, die kommen da vielleicht mit zwei Leuten hin, haben vielleicht noch eine Person, die, halbtags irgendwie das die Verhandlungen verfolgt und äh, kommen dort mit einem Verhandlungsteam von fünf Leuten und haben zwanzig Leute in London sitzen, die alles Myron und die ganze Zeit, die Verhandlungen äh begleiten. Also das wird wirklich ein interessanter Prozess. Auch die Kommission muss sich da einbringen ihr habt da auch Mitspracherecht, das einzige Player. Und äh das das wird sozusagen auch nochmal, Ein Detailkampf, den wir führen müssen. Aber jetzt sind wir noch im Gesetzgebungsprozess. Jetzt haben wir noch die Chance, den Text an sich zu verbessern. Dass wir halt einfach um um Welten besser und erfolgsversprechender als sich jetzt schon auf die Guidelines zu konzentrieren.

Tim Pritlove
0:54:46
Thomas Lohninger
0:55:10

Uh

Tim Pritlove
0:55:12
Thomas Lohninger
0:55:15
Tim Pritlove
0:55:18
Thomas Lohninger
0:55:18
Tim Pritlove
0:55:53
Thomas Lohninger
0:55:54

Ähm ja, was tut man irgendwie im Jahr zwei nach Snowden? Man schafft einen neuen Inlandsgeheimdienst. Ähm also Österreich plant grade mit dem Staatsschutzgesetz äh eben so einen neue Überwachungsbehörde, die auch mehr oder weniger genau das tut, was jetzt auch in diesem Seehaber-Urteil kritisiert wurde, nämlich diese anlasslose Massenüberwachung. Und da äh ist der Ackervorrat Österreich sehr stark dahinter mit einer Kampagne auf WWW Staatsschutz Punkt AT, Äh und da, die haben schon sechzehntausend Menschen unterstützt äh kann jeder machen ähm und an sich ist dieses Gesetz halt einfach eines, was von ganz vielen Seiten kritisiert wurde. Also da haben irgendwie die Richtervereinigungen, die Bischöfe, die Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer, der Verfassungsdienst, des Bundeskanzleramtes, alle haben die Hände übern Kopf zusammengeschlagen, geschrieben, wie könnt ihr nur ähm das ist halt wirklich von Hardlinern aus dem Innenministerium geschrieben und sozusagen der, Wunsch jetzt mal alle Hemmnisse für Überwachung in Österreich aus dem Weg zu räumen, eine große Datenbank, in die kommt alles rein, es gibt kein Richter Vorbehalt mehr, ich kann eigentlich jeden überwachen, ähm auch Leute, die überhaupt nicht verdächtig sind, von diesen nicht verdächtigen Personen auch noch das soziale Umfeld, die Begleitung Kontaktpersonen, an alle Daten, die ich da sammle, werden dann auch an andere Geheimdienste ausgetauscht. Äh und äh solche V-Leute, wie sie ihm in den NSU-Morden verwendet wurden, die führen wir auch in Österreich ein mit diesem Gesetz.

Tim Pritlove
0:57:26
Thomas Lohninger
0:57:31

Ähm also das ist der der Staatsschutz. Äh und äh der besteht aus den äh Behörden des äh BVT und der LVs, des Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung und der Landesämter für Verfassungsschutz es ist ein bissel ähnlich wie die der Verfassungsschutz in Deutschland, wobei das in Österreich jetzt eine Polizeibehörde ist, und sie bekommt dann die Befugnisse eines Geheimdienstes. Leider in Österreich kein Trennungsgebot wie in Deutschland zwischen Polizei und Geheimdiensten mit diesem Gesetz bräuchten wir aber eigentlich eines, ähm anstatt sowas zu machen, verschieben sie's halt wirklich auf eine Behörde, die die dann eigentlich wirklich so wie ein Geheimdienst, die bekommt das abstrakte Risikoszenario auf dem Tisch, es gibt radikale Tierschützer, Und äh deswegen fangen wir jetzt an, alles zu überwachen und nach radikalen Tierschützern zu suchen. Und wenn wir dann welche finden, äh dann geben wir keine abstrakte, Äh an keinen abstrakten Lagebericht weiter, sondern dann äh zeigen wir diese Leute gleich an und und äh leiten konkrete Ermittlungsschritte gegen diese Menschen ein. Also da ist halt auch genau das, weswegen man Geheimdienste und Polizei trennt überhaupt nicht bedacht. Ja und das Gesetz äh es wird jetzt äh wurde schon zweimal verschoben, äh weil's so viel Protest gab. Ah und jetzt äh wird der Protest auch langsam manifest im Parlament. Äh wir hatten letztens eine sehr tolle Diskussionsveranstaltung. Mit den Justizsprechern von der ganzen Opposition und die Opposition ist geschlossen dagegen und auch die SPÖ, also die sozialdemokratische Regierungspartei, die in den Bundeskanzler stellt, ist in Teilen dagegen, Da äh hatten wir den Justizsprecher, den Hannes Jarolim am Podium und der meinte auch, also mit ihm gibt's dieses Gesetz nicht und äh er hat da große, große Bedenken, und äh die SPÖ sozusagen immer noch uneinig in diesem Thema. Das ist aus einem anderen Grund sehr spannend, weil wir sehen in Österreich, dass das Parlament sich ein bisschen auf die Hinterbeine stellt bei dieser ganzen Überwachungsmaschinerie. Ähm es es gab schon mal eine Resolution vor das Parlament, geschlossen die Regierung aufgefordert hat, jetzt endlich etwas wegen der Snoden-Affäre zu machen. Und alle Schritte in die Wege zu leiten, die Bevölkerung vor der Tätigkeit ausländischer Geheimdienste zu schützen. Ähm hier ist es auch so, die Regierung hat das Gesetz durchgewinkt. Auch die ähm sozialdemokratischen Ministerien, und jetzt ist aber im Parlament die Abgeordneten haben alle Bammel und sagen so nah, eigentlich wollen wir das nicht, also es ist für ein Land wie Österreich, wo eigentlich immer der Klubzwang herrscht und wo das Parlament eigentlich nur Ausfüll äh Ausführungsgehilfe der Regierung ist, haben wir relativ großen Widerstand, Das ist sehr unüblich für Österreich und ich finde das sehr bezeichnend, dass das eben grade beim Geheimdienstthema passiert und bei bei so einer undemokratischen Gesetzesvorlage.

Tim Pritlove
1:00:26
Thomas Lohninger
1:02:06

Ähm ja, also das ist äh man muss schon leider, äh ich ich beneide die Deutschen um das Grundgesetz, ganz ehrlich. Es ist halt bei in Österreich weitaus weniger darauf bedacht genommen worden, eine eine kluge Architektur diesem Staate zugrunde zu legen und man war halt mehr darauf bedacht, diese neutrale, schuldfreie Zone zu schaffen zwischen Ost und West und äh wo dann die Geheimdienste sich auch spielen können, Wir haben ja die entsprechenden Gesetze, die das straffrei stellen, aber wir haben eben nicht so diesen. Diesem Gedanken, dass man eben den Bürger vor dem Staat schützen muss, wie du das ja richtig gesagt hast und was, was jetzt wirklich eine Gewaltentrennung ist und ähm wie man auch ähm Pluralismus äh und und Extremismus ähm. Immer da umgehen muss damit, dass das eben in einer Gesellschaft auch auf lange Sicht ein bissel resistent darüber ist. Ähm also da. Ist in Österreich leider äh vieles nicht vorhanden. Wir haben auch keine gute, Also die Bundesverfassung in Österreich liest sich wie ein Kochrezept wieder in den Staat aufbaust, aber nicht wofür steht, äh nicht, was er eigentlich will. Ähm und das ist an sich, was das äh ja, das das fehlt uns leider. Und, Ich meine, auch mit diesem Gesetz, ich meine. Es heißt ja auch schon Staatsschutz, ja, der, der Staatsschutz, der schützt ja wirklich nur den Staat, nicht mehr die Verfassung, nicht die Bevölkerung, sondern den Staat, seine Institutionen und ihre Funktionsfähigkeit. Und er kümmert sich um Verfassungsgefährdende Angriffe. Die aber auch äh ursprünglich Demonstrationstatbestände waren oder jetzt immer noch zum Beispiel Landesverrat, Geheimnisverrat Büssebleing, ist auch alles ein Verfassungsgefährder Angriff. Also da wird auch irgendwie so, da wird ganz viel zum Terrorismus erklärt, was eigentlich äh äh ganz normale Straftaten sind und ähm auch äh gewisse Straftaten werden nur dann eben zu Verfassungsgefährdeten angreifen, wenn sie aus religiösen und weltanschaulichen Motivationen begangen werden. Eine weltanschauliche Motivation hab ich immer.

Tim Pritlove
1:04:07
Thomas Lohninger
1:04:10
Tim Pritlove
1:05:19
Thomas Lohninger
1:05:28

Auf unbestimmte Zeit, dass es in Österreich auch wieder sehr super man erfährt das dann irgendwann kurzfristig, wann etwas auf die Tagesordnung kommt. Im Moment steht's noch nicht fest. Es wird wahrscheinlich am achtundzwanzigsten Oktober einen Innenausschuss geben, wo dieses Gesetz beschlossen äh werden soll oder wo mal im Ausschuss drüber verhandelt werden soll. Das hat auch die Frage, wie durchsetzungsstark sind die Abgeordneten noch ein geben, wie viele Änderungsanträge gibt's im im Ausschuss schon. Ähm das ist sozusagen der erste Schritt und im November wär dann eben das Plenum, das frühestmögliche wo man es beschließen könnte, ein Treppenwitz noch, ja. Achtundzwanzigsten Oktober, der Innenausschuss eigentlich vom amerikanischen Kongress über die Geheimdiensttätigkeit der NSE sprechen sollen und die Bedenken der österreichischen Bevölkerung, dem amerikanischen Kongress ausdrücken, und dieser Termin, wo Österreich sozusagen im Nachgang dieses Ganzes auf die Hinterbeine stellen, in den USA vollständig wird. Der Termin muss jetzt wahrscheinlich abgesagt werden, weil die Innenministerin, das Staatsschutzgesetz, also den Ausbau der eigenen Überwachung, lieber haben will. Ähm das das zeigt schon sehr, wo die Prioritäten liegen. Ähm und äh auch schön, wenn das Gesetz dann wirklich im elften, zwölften November beschlossen werden sollte, Ähm zwölfter November neunzehnhundertachtzehn ist der Tag, wo die erste Republik ausgerufen wurde, also für Österreich die absolute Monarchie abgeschafft hat, vielleicht jetzt zum selben Tag auch wieder abgeschafft.

Tim Pritlove
1:06:52
Thomas Lohninger
1:07:09
Tim Pritlove
1:07:53
Thomas Lohninger
1:08:10
Tim Pritlove
1:08:11
Thomas Lohninger
1:08:18
Tim Pritlove
1:08:38
Thomas Lohninger
1:08:44
Tim Pritlove
1:08:47
Thomas Lohninger
1:09:19
Tim Pritlove
1:09:23
Thomas Lohninger
1:09:56