Logbuch:Netzpolitik
Einblicke und Ausblicke in das netzpolitische Geschehen
https://logbuch-netzpolitik.de


LNP500 Zombiecalypse im Grunewald

Die 500. Folge von LNP live on stage in Berlin

Zur 500. Ausgabe von Logbuch:Netzpolitik haben wir uns wieder einmal auf die Bühne begeben und durften vor über 800 Zuschauern drei unterhaltsame und aufschlussreiche Gespräche mit tollen Gästen führen. Gleichsam unterhaltsam steigen wir in die Sendung ein mit dem anti-kapitalistischen, anti-faschistisches, anti-nationalistisches Jodelduo "Esels Alptraum". Der Abend war ein großer Spaß und wir danken allen, die den Weg in die Urania nach Berlin gefunden haben.

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Veröffentlicht am: 6. September 2024
Dauer: 3:12:30


Kapitel

  1. Esels Alptraum 00:00:00.000
  2. Intro 00:20:48.756
  3. Begrüßung 00:21:43.628
  4. Prolog 00:23:39.011
  5. Elenos 00:25:11.874
  6. Ulrike Franke 00:57:36.271
  7. Anne Brorhilker 01:51:49.095
  8. Epilog 03:07:39.958

Transkript

Tim Pritlove
0:20:57
Linus Neumann
0:20:58
Tim Pritlove
0:21:10
Linus Neumann
0:21:20
Tim Pritlove
0:21:43
Linus Neumann
0:21:50
Tim Pritlove
0:21:53
Linus Neumann
0:22:34
Tim Pritlove
0:22:34
Linus Neumann
0:23:13
Tim Pritlove
0:23:25
Linus Neumann
0:23:43
Tim Pritlove
0:23:55
Linus Neumann
0:23:58
Tim Pritlove
0:23:59
Linus Neumann
0:24:21
Tim Pritlove
0:24:24
Linus Neumann
0:24:30
Tim Pritlove
0:24:32
Linus Neumann
0:24:42
Tim Pritlove
0:24:47
Linus Neumann
0:24:52
Tim Pritlove
0:24:55
Linus Neumann
0:25:03
Tim Pritlove
0:25:08
Linus Neumann
0:25:12
Tim Pritlove
0:26:33
Linus Neumann
0:26:43
Elenos
0:26:45
Linus Neumann
0:26:47
Tim Pritlove
0:26:47
Linus Neumann
0:26:48
Elenos
0:26:51
Tim Pritlove
0:26:56
Linus Neumann
0:27:23
Tim Pritlove
0:27:37
Linus Neumann
0:27:41
Tim Pritlove
0:28:11
Elenos
0:28:12
Tim Pritlove
0:28:20
Linus Neumann
0:28:26
Elenos
0:28:30
Tim Pritlove
0:28:32
Elenos
0:28:50
Linus Neumann
0:29:23
Elenos
0:29:33
Linus Neumann
0:30:20
Elenos
0:31:09
Linus Neumann
0:32:37
Tim Pritlove
0:32:40
Elenos
0:32:48
Tim Pritlove
0:33:51
Elenos
0:34:02
Tim Pritlove
0:34:04
Elenos
0:34:04
Tim Pritlove
0:34:07
Elenos
0:34:08
Tim Pritlove
0:34:22
Elenos
0:34:24
Linus Neumann
0:35:09
Elenos
0:35:12
Linus Neumann
0:36:25
Elenos
0:36:26
Linus Neumann
0:36:45
Elenos
0:36:57
Tim Pritlove
0:37:39
Elenos
0:37:42
Linus Neumann
0:38:00
Elenos
0:38:03
Tim Pritlove
0:38:20
Elenos
0:38:23
Linus Neumann
0:38:41
Elenos
0:38:44
Linus Neumann
0:38:58
Elenos
0:39:00
Tim Pritlove
0:39:19
Elenos
0:39:22
Tim Pritlove
0:39:27
Linus Neumann
0:40:34
Tim Pritlove
0:40:39
Elenos
0:40:45

Also es ist halt extrem schwer messbar. Darum kann ich jetzt nicht sagen, ja, hier, das und das haben wir schon geschafft, aber... Ich weiß nicht, ich glaube ja nicht, also ich glaube nicht an Wiedergeburt, darum glaube ich, unsere Zeit hier auf Erden ist begrenzt und irgendwie, ich habe mir irgendwann mal vorgenommen, nur noch Sachen zu machen, die entweder absolut notwendig sind, auch wenn sie keinen Spaß machen oder eben sinnvoll und was bewirken oder eben Spaß machen und ich finde, bei diesen Aktionen, es fällt alles drei zusammen und wenn, selbst wenn man in manchen Tagen, stelle ich mir nämlich die Frage auch und dann denke ich, naja, war immer noch spaßig, also es ist nicht ganz verschütt und ich glaube, dass man, ja, man kann es halt so machen, nicht messen, aber wenn man zum Beispiel 2021, das war nach dem Corona, ich meine, da hatten wir so eine Fahrradsternfahrt gemacht, auch noch wegen Hygienevorschriften und so, da dachte man Sternfahrt, da waren halt über 10.000 Leute auf der Straße, mit so einem breiten Grinsen, weil endlich was los war und weil man auf die Straße konnte und auch nochmal wirklich. Kollektiv eine politische Meinung zum Ausdruck bringen und zwar nicht defensiv irgendwas verteidigen oder verbissen, sondern freudvoll und ich glaube, das ist nicht zu unterschätzen, das kann man halt nicht messen, aber wenn diese Leute dann, also wenn 10.000 Leute mit so einem neuen Schwung irgendwie in ihren Alltag gehen und da politisch wirken, wo auch immer, also vielleicht nicht in einer Steuerverhandlung, sondern im Kindergarten oder keine Ahnung wo, also wenn politische Leute irgendwo sind, dann wirken sie politisch und dann kannst du das nicht messen, aber ich glaube, dass dieser Schwung oder dieses Gefühl von, man kann was gestalten, es ist nicht alles frustrierend, es gibt Leute, die denken wie ich, es gibt irgendwie schöne Dinge, dass man das halt, das ist einfach irgendwie eine wichtige Sache, aber, aber klar, also die Gesetze werden wir nicht schreiben, logisch, man kann einfach nur immer wieder mit dem Finger darauf zeigen, wo man hingucken sollte und.

Linus Neumann
0:42:44
Elenos
0:43:53
Tim Pritlove
0:44:21
Elenos
0:44:24
Tim Pritlove
0:44:25
Elenos
0:44:28
Tim Pritlove
0:45:36
Elenos
0:45:41
Tim Pritlove
0:45:46
Elenos
0:45:49
Linus Neumann
0:46:49
Elenos
0:46:55
Tim Pritlove
0:47:22
Elenos
0:47:28
Linus Neumann
0:47:34
Tim Pritlove
0:47:34
Elenos
0:47:37
Linus Neumann
0:48:01
Tim Pritlove
0:48:04
Elenos
0:48:11
Linus Neumann
0:49:05
Elenos
0:49:11
Tim Pritlove
0:49:13
Elenos
0:49:17
Tim Pritlove
0:49:55
Elenos
0:49:58
Tim Pritlove
0:50:02
Linus Neumann
0:51:53
Elenos
0:51:57
Linus Neumann
0:52:02
Elenos
0:52:20
Linus Neumann
0:52:37
Elenos
0:52:37
Tim Pritlove
0:52:59
Elenos
0:53:02
Tim Pritlove
0:54:03
Elenos
0:54:05
Linus Neumann
0:55:20
Elenos
0:55:25
Tim Pritlove
0:56:13
Linus Neumann
0:56:30
Tim Pritlove
0:56:33
Elenos
0:56:35
Tim Pritlove
0:56:38
Elenos
0:56:53
Tim Pritlove
0:56:59
Linus Neumann
0:57:22
Tim Pritlove
0:57:26
Linus Neumann
0:57:27
Tim Pritlove
0:57:28
Linus Neumann
0:57:36
Tim Pritlove
0:57:37
Linus Neumann
0:58:54
Tim Pritlove
0:59:00
Ulrike Franke
0:59:09
Tim Pritlove
0:59:10
Ulrike Franke
0:59:15
Tim Pritlove
0:59:16
Ulrike Franke
0:59:24
Tim Pritlove
0:59:28
Ulrike Franke
0:59:29
Tim Pritlove
0:59:32
Ulrike Franke
0:59:36
Tim Pritlove
0:59:38
Ulrike Franke
0:59:55
Tim Pritlove
0:59:59
Ulrike Franke
1:00:00
Tim Pritlove
1:00:31
Ulrike Franke
1:00:38
Tim Pritlove
1:00:54
Ulrike Franke
1:01:08
Tim Pritlove
1:01:10
Ulrike Franke
1:01:14
Tim Pritlove
1:01:17
Linus Neumann
1:01:26
Ulrike Franke
1:01:28
Tim Pritlove
1:01:39
Ulrike Franke
1:01:41
Tim Pritlove
1:02:20
Ulrike Franke
1:02:31
Tim Pritlove
1:03:08
Ulrike Franke
1:03:19
Linus Neumann
1:04:07
Ulrike Franke
1:04:11
Tim Pritlove
1:04:57
Ulrike Franke
1:05:07

Also es ist beides. Es ist nicht rein wissenschaftlich. Es ist nicht nur zu sagen so, dieses Thema muss irgendwie bearbeitet werden, dann hätte ich auch an der Uni bleiben können. Ich wollte schon immer, ich habe ja auch meine eigenen Überzeugungen. Es ist selten, dass ich sage, das muss jetzt gemacht werden, Politik. Diese Drohne müsst ihr kaufen. Das ist selten. Aber es ist schon so, dass ich sage, naja, also zum Beispiel in Deutschland, Wir haben das sicherheits- und verteidigungspolitische Thema in Deutschland über die letzten Jahrzehnte sträflich vernachlässigt. Auf eine Art und Weise, wo wir wirklich gesagt haben, Verteidigung, Militär, alles ganz schrecklich. Alles Krieg und Aggression und wollen wir alles nicht. Und ich verstehe natürlich, wo es herkommt. Ich verstehe auch... Warum wir das so wollten, aber ich habe das immer schon als sehr problematisch angesehen, weil nur wenn man sagt, wir wollen das ja alles nicht mehr, heißt das ja nicht, dass der Rest der Welt das genauso sieht. Und insofern, ja, habe ich eigentlich die letzten 10, 15 Jahre quasi gesagt, wir müssen diese Themen mehr bespielen, wir müssen dazu mehr arbeiten, wir müssen uns mit Militär und Verteidigung mehr auseinandersetzen, wir müssen auch potenziell da auch mehr selber machen, also Thema Unterfinanzierung, Bundeswehr und Co. Und ja, dann kam der 24. Februar 2022 und dann kam der 27. Februar mit der Zeitenwende und da hat sich natürlich dann in meinem professionellen Leben sehr viel verändert dahingehend.

Tim Pritlove
1:06:31
Ulrike Franke
1:07:11
Tim Pritlove
1:07:19
Linus Neumann
1:07:20
Ulrike Franke
1:07:21
Tim Pritlove
1:07:24
Ulrike Franke
1:07:26
Tim Pritlove
1:07:45
Ulrike Franke
1:07:46

Und das machte halt, also vor der Zeitenwende, also da konnte man es an einer Hand abzählen, inzwischen kann man die Leute vielleicht an zwei Händen abzählen, aber es ist halt wirklich sehr wenig. Und genau, Thomas Wegeld ist einer der drei Mitstreiter, also eben, wir sind vier. Wir haben uns, wir haben irgendwie auch so ein bisschen unterschiedliche Erzählungen in dieser Entstehungsgeschichte, weil wir alle gleichzeitig so ein bisschen der Meinung waren, da müsste man noch mehr machen. Thema, es wird in Deutschland zu wenig darüber darüber gesprochen. Wir machen zwar alle Medienarbeit, also eben auch schon vor jetzt irgendwie dem Krieg gegen die Ukraine, aber es ist halt einfach wirklich was anderes, ob man, im Deutschlandfunk drei Minuten lang erklären darf, wofür jetzt die Senate-Übung da ist oder mal wirklich sagen kann, okay, wir diskutieren jetzt mal 55 Minuten, wie funktioniert das eigentlich alles und macht das eigentlich Sinn und wofür ist das eigentlich alles da? Und da haben wir uns tatsächlich so ein bisschen zusammengefunden, alle gleichzeitig Ich hätte schon gesagt, Bei mir fing es an, dass ich gefragt habe, was gibt es denn eigentlich in Deutschland an Podcasts? Weil ich kannte ja die englische Podcastwelt und hörte da, was ist echt der deutsche sicherheitspolitische Podcast? Und dann kam die Aussage, gibt es nicht. Und dann war so ein bisschen die Reaktion, ja, sollte man das ja vielleicht mal machen. Und dann haben wir uns zusammengefunden auf unterschiedliche Wege. Also ich kannte Frank sehr gut, Frank hat Carlo sehr gut. Wir alle kannten irgendwie Thomas und haben uns gefunden und haben gesagt, das sollten wir jetzt machen. Das war vor sechs Jahren. Im Übrigen ist es eben auch ein Podcast, deswegen hat mir das Vorgespräch so gut gefallen. der eben trotz des schweren Themas auch immer versucht, unterhaltsam und ja, zum gewissen Grade eben auch humorvoll zu sein. Also eben hieß es Humor entwaffnet. Ich weiß nicht, vielleicht ist es dann bei uns Humor bewaffnet, aber die Idee ist eben zu sagen, das soll man eben auch hören und nicht die ganze Zeit bierernst da sitzen und entweder so einer Vorlesung folgen oder sich gedenken, um Gottes Willen, wie schrecklich ist die Welt, irgendwie alles Krieg und Panzer und so weiter, sondern es soll irgendwo auch wie gesagt unterhaltsam und humorvoll sein natürlich lachen wir nie über Krieg und Leid, das wird uns gar nicht einfallen aber wir lachen eben sehr viel über uns und die Situation ist komisch und das macht es dann für uns nett und offensichtlich auch so hörbar, dass es ein paar Leute hören Ich.

Tim Pritlove
1:10:02
Linus Neumann
1:10:37
Ulrike Franke
1:10:41
Tim Pritlove
1:11:41
Ulrike Franke
1:12:36
Linus Neumann
1:13:20
Ulrike Franke
1:13:58

Also mit der Verteidigungsindustrie, wie gesagt, absoluten Austausch. Sie erzählen mir quasi eher dann auch, was Sie bauen oder wann Sie forschen oder so. Ich würde dann nie sagen, dieses und jenes irgendwie muss gebaut werden. Das ist jetzt nicht meine Baustelle. Aber ich kann zum Beispiel eben sagen, okay, aufgrund meiner Forschung der Drohneneinsätze, der USA und der Briten und der Deutschen in Afghanistan und Co. Wo wissen wir, an was es quasi auch gefehlt hat. Also nicht nur an Fähigkeiten, sondern auch, was wurde eingesetzt, was hat irgendwie gut funktioniert, wie wurden Dinge auch aufs Schlachtfeld gebracht, wie haben die Soldaten gelernt, wo braucht es vielleicht auch mehr Training. Das wäre so Themen. Und ein anderes Thema, wo ich zum Beispiel, das ist jetzt auch nicht irgendwie geheim, ich bin Teil von einer Gruppe, die hat Airbus gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut ins Leben gerufen. Das nennt sich, ich glaube, Arbeitsgruppe Technik Verantwortung, wenn ich mich nicht irre. Und das ist eine Gruppe von Experten aus Wissenschaft, Politik, teilweise Stiftung, ich glaube, es ist sogar jemand von der Evangelischen Kirche dabei, von der Bundeswehr. Und wir beschäftigen uns spezifisch mit der Frage von Technik. Autonomie und künstliche Intelligenz in neuen Waffensystemen und ganz konkret geht es darum, dass Airbus eines der Unternehmen ist, was an dem FCAS-Projekt baut. FKs, Future Combat Air System, das ist ein Kampfflugzeug plus, was Deutschland, Frankreich und Spanien zusammen. Bauen, sehr, sehr viel Geld und das soll eben in den 2040ern fliegen und da wird allein schon, weil es in den 2040ern fliegen soll, sehr viel künstliche Intelligenz und Autonomie und sowas verbaut. Und dann sprechen eben die mit uns, die wir uns damit akademisch oder politisch mit beschäftigen und wir loten quasi so ein bisschen aus, was sind die Probleme, Was sind die Probleme ethischer Natur? Was sind die Probleme politischer Natur? Wie kann man das irgendwie machen? Natürlich sagen wir denen nicht, bau das Flugzeug so oder so, habe ich überhaupt keine, kann ich gar nicht. Aber man spricht eben die Problematiken an und das gibt dann Airbus wieder eine neue Sicht und ja, also deswegen Austausch.

Linus Neumann
1:16:10
Ulrike Franke
1:16:26

Ja, aber das ist schon, die arbeiten nicht heute dran, dass sie das in 16 Jahren machen, sondern die gibt es jetzt schon. Also wir haben jetzt künstliche Intelligenz auf den Schlachtfeldern dieser Welt, inklusive in der Ukraine, die auch Systemen sehr viel Autonomie geben. Und das ist alles quasi schon verbaut. Aber genau, natürlich geht das immer auch, also Militärprojekte sind auch immer sehr große Langzeitprojekte. Da denkt man eben in Dekaden. Das erklärt auch so ein bisschen, warum Zeitenwende auch teilweise so schleppend vorangeht. 2040 ist da eben so ein Zeithorizont. Aber genau, darüber wird nachgedacht, darüber wird geforscht, daran wird gebaut. Und weil es eben nicht so ist, dass die Verteidigungsindustrie einfach nur irgendwie coole Waffen bauen will und das Militär einfach nur irgendwie coole Waffen haben will, die schießen, das stimmt halt alles so nicht, setzen sich Leute halt zusammen und sagen, wie können wir hier etwas bauen, das die Fähigkeiten hat, die wir brauchen für unsere Verteidigung, aber gleichzeitig eben auch im Einklang stehen mit unseren zum Beispiel eben ethischen Vorstellungen oder politischen Vorgaben. Es ist zum Beispiel interessant, dieses FK-Flugzeug wird ein bemanntes Flugzeug sein selber und dann gibt es, also das ist das aktuelle Konzept, und dann gibt es einen Drohnenschwarm drumherum, eine sogenannte Kampfwolke, Verbindung mit anderen. Aber die Tatsache, dass man eben von einem bemannten Flugzeug ausgeht, das ist eigentlich vor allen Dingen auch eine politische Vorgabe, wenn man das möchte.

Linus Neumann
1:17:50
Ulrike Franke
1:18:03
Linus Neumann
1:18:44
Tim Pritlove
1:18:58
Linus Neumann
1:19:02
Tim Pritlove
1:19:05
Linus Neumann
1:19:06
Tim Pritlove
1:19:08
Linus Neumann
1:20:00
Tim Pritlove
1:20:18
Linus Neumann
1:20:47
Tim Pritlove
1:20:49
Ulrike Franke
1:21:56
Linus Neumann
1:22:47
Ulrike Franke
1:22:49

Ja, das ist ein Prinzip, wir haben die davor auch schon gelistet, das sind alles Übergangslösungen für wenn wir was eigenes bauen, was wir dann nie tun, aber sei es drum. 5.5, bewaffnete Drohnen von Israel gelistet. Da haben wir in dieser Drohnen-Diskussion in Deutschland unglaublich viel zusammen und durcheinander geschmissen. Und das war ehrlich gesagt auch so ein Teil meiner Motivation, meiner Doktorarbeit, dass ich gesagt habe, wir haben hier so eine seltsame Diskussion, wir reden über das, aber dann schmeißt jemand das ein und dann sagt jemand Killerroboter und es macht alles keinen Sinn. Denn was wir zu dem Zeitpunkt hatten und was wir jetzt eben auch in Deutschland aktuell einsetzen, da geht es um ferngesteuerte, größere bewaffnete Drohnen. Das sind, ich vereinfache jetzt so ein bisschen die Systeme, die die Amerikaner nutzen, um eben von den USA irgendwie weiter weg Krieg zu führen. Wir können das übrigens nicht auf diese Distanzen, wenn wir in Afghanistan eine Drohne haben, dann müssen wir auch in Afghanistan sitzen, dann sitzen wir zwar im sicheren Feldlager und nicht direkt auf dem Schlachtfeld, aber wir können das nicht irgendwie von Berlin aus, aber das sind eben ferngesteuerte Systeme und da kommt diese ganze Debatte rein von, ist das jetzt besser oder schlechter, wenn der Pilot, die Pilotin, der Kontrolleur nicht im Cockpit sitzt und was bedeutet das? Und es gibt eben das eine Argument, das geht in Richtung Cubicle Warrior, also quasi. Die Soldaten, die entfremdet sind ihrem Tun, die quasi vor einem Bildschirm sitzen in einem klimatisierten Raum in Nevada, ist in den USA tatsächlich so, in der Nähe von Las Vegas, die fahren jeden Morgen zur Arbeit, setzen sich an ihren Schreibtisch, führen Krieg im Irak morgens und nachmittags in Afghanistan. Das ist auch tatsächlich so gewesen und dann fahren sie quasi wieder nach Hause und dann bringen sie quasi die Pixel auf den Bildschirm und das ist so das eine Extrem. Da sind Elemente daran, sind nicht falsch. Ich kann jetzt nicht so viel ins Detail gehen, aber Elemente davon sind nicht falsch. Die andere Realität ist aber eben auch, dass man sagen kann, naja, aber anstatt da einen Piloten, eine Pilotin in einem Flugzeug zu haben, haben wir da jetzt plötzlich ein riesen Team sitzen. Das ist nämlich nicht nur einer, das ist dann ein Team von verschiedenen Leuten, die haben inklusive noch irgendwie juristischen Beistand dabei und die können dir genau sagen, ist das jetzt eine gute Idee, da eine Bombe drauf zu schmeißen. Das ist so das Erste, das hat der Pilot nicht. Sie haben auch unendlich Zeit. Pilot, Pilotin, Kampfflugzeuge haben eine unglaublich kurze Flugdauer. Du fliegst da los, du schmeißt eine Bombe, du fliegst wieder zurück und hast nämlich keinen Sprit mehr. Drohnen können ewig in der Luft bleiben. 24 Stunden, 30 Stunden bei den Systemen. Wenn die im Relay fliegen, für immer und ewig. Sieben Tage können die einem Ziel hinterher fliegen, um wirklich sicher zu sein, dass es das Richtige ist. Und, und das ist das, was ich eben mit dem denkste, von wegen, dass der Pilot irgendwie näher dran ist. Ich habe halt auch Interviews geführt. das war jetzt ein deutscher Drohnenpilot damals noch unbewaffnet, wir haben lange. Überwachungstronen einfach gehabt ein deutscher Drohnenpilot in Afghanistan, und der flog vorher und auch glaube ich immer noch zeitgleich auch Tornados, also eben bemannte Flugzeuge und der sagte mir so, bei dem einen sitze ich in meinem Flugzeug, fliege habe Koordinaten und da schmeiße ich eine Bombe drauf oder mache eben Überwachung, aber ich habe eigentlich keine Ahnung was am Boden vorgeht und dann fliege ich wieder zurück Und hinterher habe ich die Bilder oder eben potenziell den Schaden am Boden. Bei der Drohne bin ich da stundenlang unterwegs und gucke mir an, was passiert in dem Haus, was macht der Typ, ist das irgendwie mein Ziel? Der spielt mit seinen Kindern. Sind das Kinder, muss ich auch identifizieren und so weiter und so fort. Und ich habe eine ganz andere emotionale Nähe. Und das sind so die beiden Wahrheiten. Wie gesagt, das ist nicht so, das eine ist wahr und das andere ist falsch oder vice versa. Das ist irgendwie so beides. Und Ziel, auch meiner Forschung im Übrigen, ist dann natürlich zu sagen, okay, das eine klingt ja offensichtlich wie eine dumme Idee. Wir wollen keine Cubicle Warriors. Wir wollen nicht Leute, die quasi irgendwie wahllos Menschen wie Pixel auf dem Screen irgendwie umbringen. Wir wollen aber im Übrigen auch nicht die erhöhte Belastung, dass wir sehen hier genau, was passiert und haben vielleicht irgendwie Albträume von dem, was wir tun, sondern wir wollen eben. Wenn wir der Meinung sind, dass dieser Einsatz richtig ist und dass dieser Krieg geführt werden muss, wollen wir ihn auf eine Art führen, der mit unseren Werten im Einklang steht, der möglichst gut ist für unsere Soldaten, ich weiß nicht, wie man das besser formulieren kann. Und genau, so bringt man das dann quasi zusammen. So, und jetzt, sorry, jetzt habe ich sehr lange gesprochen über quasi das eine, und das ist halt eben das, was wir zum Beispiel in Deutschland haben, die ferngesteuerten Drohnen. Aber jetzt gibt es eben die ganze Entwicklung hin zu dem unsäglichen Begriff der Killer-Roboter. Wir haben eben zunehmend eine Automatisierung und mehr Autonomie in der Kriegsführung. Das heißt, es werden einfach mehr Entscheidungen an die Maschine abgegeben. Das hängt meistens damit zusammen, dass man schneller sein will oder muss. Es gibt gerade den Druck, schneller zu sein. Teilweise gibt es auch den Druck, dass man vielleicht weniger Soldaten dafür braucht. Das ist nicht unbedingt immer der Fall. Aber genau und dahin geht momentan sehr die Entwicklung, dass wir eben Systeme haben, die ja selber entscheiden können, wo sie zum Beispiel hinfliegen, was sie ansehen, identifizieren können ein Ziel und potenziell eben auch selber bombardieren, wenn man das eben so eingestellt hat. Meistens ist es jetzt noch so, dass man die Rückfrage hat, soll ich das bombardieren oder nicht, aber technisch braucht man die nicht mehr. Und das ist so ein bisschen eben diese Entwicklung, die wir haben und wie du gesagt hast, Ukraine hat das Ganze, wie jeder Krieg im Übrigen, Kriege sind immer Innovationsschübe und Testfelder für neue technologische Entwicklungen und das sehen wir eben da ganz stark, dass wir da immer mehr, ja, also diese Entwicklung hin zu mehr Autonomie, mehr Küstchenintelligenz etc. In der Kriegsführung haben.

Tim Pritlove
1:28:47
Ulrike Franke
1:29:09
Tim Pritlove
1:29:10
Linus Neumann
1:29:11
Tim Pritlove
1:29:13
Ulrike Franke
1:30:32

Also ich verfolge sie grundsätzlich mit Sorge, denn ich glaube, wir alle haben erst intuitiv und wenn man darüber nachdenkt, auch quasi aus guten Gründen, eine Abneigung gegen die Überlegung, Maschinen bringen selbstständig Menschen um. Aber es ist eben wichtig, das auch zu hinterfragen. Warum eigentlich? Was ist das Problem? Welcher Kontext ist quasi das Problem? Also das erste, was mir wichtig ist zu sagen, ist, es geht weniger um autonome Waffen als um Autonomie in der Waffentechnik. Und ich sage das deswegen, als dass wir zunehmende Autonomie und auch immer mehr künstliche Intelligenz in ganz vielen verschiedenen Waffengattungen auch haben. Also es ist weniger, dass wir sagen, da baut jetzt jemand den Killer-Roboter oder den Terminator und dann hat man dieses Ding und das ist dann quasi das autonome Waffensystem. Sondern es ist eher so, dass ganz viele, man nennt das auch Legacy-Systeme, also eben die schon existierenden Systeme modernisiert werden, upgegradet werden. Die können dann eben mehr, die machen dann mehr autonome Zielführung oder können mehr selbst Daten analysieren. Und das ist ja an sich auch nicht falsch. Also mir ist auch immer sehr wichtig zu sagen, okay, was genau ist das Problem? Und das Problem ist ja nicht, wenn Waffen besser werden, denn bessere Waffen sind ja a priori präzisere Waffen und präzisere Waffen sind die Waffen, die dann eben nur die Leute treffen, die man treffen will. Und ich verstehe, wenn man grundsätzlich dagegen ist, dass Waffen Leute treffen, dann ist einem das auch alles egal, aber wenn man grundsätzlich der Meinung ist, man braucht schon mal manchmal auch Waffen und manchmal eben auch Waffen, um Leute zu treffen, dann will ich aber auch Waffen, die wirklich nur die Leute treffen, die ich treffen will und nicht alle drumherum. Und insofern gibt es da auch eben technologische Entwicklungen, wo man sagt, die sind an sich nicht gut. Wenn die Maschine besser ist als der Mensch, dann müssen wir darüber nachdenken, ob wir die Maschine einsetzen. Aber wo ist die Grenze und wo ist das Problem? Und wo sagen wir auch als Gesellschaft, irgendwie ist das ethisch, moralisch falsch, zu sagen, die Maschine trifft die Entscheidung. Wer übernimmt dann quasi die Verantwortung? Wer übernimmt die Verantwortung für den Tod eines anderen Menschen? Das sind genau diese ethischen Fragen. Persönlich muss ich sagen, weil das auch mehr mein Beritt ist, finde ich die sicherheitspolitischen Implikationen in dieser ganzen Entwicklung noch relevanter und interessanter. Also nicht so sehr die Frage, inwieweit Autonomie jetzt quasi ethisch vertretbar ist, sondern was könnte das geopolitisch machen? Denn die eine Riesensorge, die ich habe, ist, dass wir auf einen Rüstungswettlauf zusteuern Und ein Rüstungswettläufer, um das zu verstehen, ist nicht einfach. X kauft mehr Waffen und Y kauft mehr Waffen und alle statten sich mehr aus. Es gibt meines Erachtens keinen Rüstungswettlauf bei den Drohnen, sondern alle kaufen irgendwie mehr, weil das gerade die neue Technologie ist. Okay, kann man blöd finden, ist aber jetzt kein Rüstungswettlauf. Ein Rüstungswettlauf ist, wenn quasi X eine Waffe kauft und Y fühlt sich, weil X gekauft hat, gezwungen darauf zu reagieren und kauft sich dann auch diese Waffe. Und dann sagt X wieder, oh, jetzt fühle ich mich aber bedroht, jetzt muss ich irgendwie auch dagegen halten und so weiter und so fort. Und das ist eskalatorisch. Und eskalatorisch ist schlecht, weil eskalatorisch destabilisierend ist, eskalatorisch ist finanziell ruinös. Und eskalatorisch bedeutet eben immer, dass du dann vielleicht zu einem Punkt kommst, wo einer sagt, jetzt bin ich aber gerade oben. Und jetzt greife ich lieber den anderen an, bevor der wieder nachzieht. Und die Gefahr sehe ich ganz stark, oder das ist so meine Sorge, dass es die so ein bisschen inhärent in der Autonomie von Waffen gibt. Gibt, weil es eben sein kann, dass quasi autonome Waffen, KI-unterstützte Waffen so schnell vor allen Dingen auch werden, dass die einzige Art und Weise, auf sie zu antworten, auch wieder mehr Autonomie und mehr KI ist. Und dann wird man quasi gezwungen, darauf zu reagieren, auf eine Art und Weise, wie man vielleicht gar nicht wollte. Und dann kommt man eben in diese ungünstige Spirale. Und das ist so was, wo wir zum Beispiel politisch, geopolitisch, internationalpolitisch entgegenwirken sollten. Das ist ein Beispiel. Es gibt noch andere, Flashwars und all so weiter. Also es gibt da viele Szenarien, wo wir sagen, sicherheitspolitischen Problemen und vielleicht eben auch hoffentlich eine Motivation, selbst in der aktuellen Situation, wo alle miteinander verfeindet sind, über Rüstungskontrolle und internationale Regeln zu sprechen.

Tim Pritlove
1:34:52
Ulrike Franke
1:35:02
Tim Pritlove
1:35:11
Ulrike Franke
1:35:15
Tim Pritlove
1:35:31
Linus Neumann
1:35:37
Ulrike Franke
1:35:39
Linus Neumann
1:36:23
Ulrike Franke
1:36:24
Linus Neumann
1:36:24
Ulrike Franke
1:36:26

Aber dann, und das ist mir ein ganz wichtiger Punkt, es ist leider nicht so in der Geschichte, dass man sagt, wir bauen irgendwie die Waffen und die ersetzen dann quasi das Vorherige und das fällt dann irgendwie weg. Was wahrscheinlicher ist, ist, dass was wir jetzt bauen quasi obendrauf kommt. Es kann schon sein, dass der nächste große Krieg, von dem wir alle hoffen, dass er nicht passiert, irgendwie erst anfängt mit man schießt die Satelliten ab. Okay, ist noch keiner gestorben. Die Cyberkriegsführung gegeneinander. Computer irgendwie gegen Computer. Okay, ist auch noch keiner gestorben. Wobei, je nachdem, was da getroffen wird, geht das dann schnell. Aber sei es drum. Aber der Punkt ist doch, und dann geht von mir aus die autonome Drohne gegen die autonome Drohne. Aber der Punkt ist doch, dann gewinnt meine Seite, meine autonome Drohne gegen deine autonome Drohne. Dann sagst du doch nicht, ach, schade, habe ich verloren. Okay. Und ziehst dich zurück. Was passiert dann? Ja, dann kommen eben die Soldaten, dann kommen die Panzer. Und am Ende, und das ist echt immer der Punkt, am Ende hast du den 18-jährigen Rekruten, der irgendwo im Schützengraben liegt und stirbt. Und deswegen ist diese ganze Idee von so einer Technik-Kriegsführung nach dem Motto so, wir lassen die Maschinen es zueinander ausmachen und das wird jetzt irgendwie der saubere Technologie-Krieg eben Quatsch, weil am Ende Krieg ist immer ein menschliches Unterfangen und die Seite wird eben immer erst aufgeben, eben wenn sie nicht mehr können und zwar nicht, wenn deren Maschinen nicht mehr können, sondern wenn der Land nicht mehr kann. Das ist so die Gefahr. Das ist jetzt leider nicht so applauswürdig.

Tim Pritlove
1:38:04
Ulrike Franke
1:38:20
Tim Pritlove
1:38:21
Ulrike Franke
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Tim Pritlove
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Ulrike Franke
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Linus Neumann
1:39:00
Ulrike Franke
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Linus Neumann
1:39:03
Tim Pritlove
1:39:04
Ulrike Franke
1:40:13
Linus Neumann
1:41:32
Ulrike Franke
1:41:33
Linus Neumann
1:41:37
Ulrike Franke
1:41:40
Tim Pritlove
1:42:48
Ulrike Franke
1:42:51

So in etwa. Und das ist eine superschöne Illusion. Das war ja auch, wie gesagt, nicht komplett falsch, als dass wir ja tatsächlich nach 89 echt fast 30 Jahre, drei Dekaden ziemlichen, also relativen Frieden zumindest eben auf dem großen Level hatten, geopolitische Ruhe, politische Ruhe. Es hat sich geopolitisch sehr viel entwickelt in eine Richtung, die wir quasi positiv fanden. Der Punkt ist nur, erstens haben wir ausgeblendet, dass wir uns diese ganze Attitüde leisten konnten, weil auch während dieser 30 Jahre vor allen Dingen andere für unsere Sicherheit gerade standen und die garantiert haben, nämlich die USA und die NATO, also die anderen haben quasi gesagt, wir passen auf euch aus. Und zweitens war es halt eine Illusion, weil dieser schöne Pause von der Geschichte halt temporär war. Und das hätten wir früher sehen müssen. Ich finde das okay, wenn man in den 90ern und in den 2000ern das irgendwie noch geglaubt hat und Wandel durch Handel und so weiter, aber 2008 Georgien, 2014 Ukraine etc. Etc. Da hätte man halt einfach früher merken müssen, okay, war halt doch nur eine Illusion. Und dem haben wir uns jetzt hingegeben und das haben wir eben sehr auch kultiviert zu sagen, Militärbä und das ist alles irgendwie schlecht und wir haben im Zuge dessen auch sehr viele so grundsätzliche Wahrheiten der Sicherheits- und Verteidigungspolitik aktiv vergessen und verlernt. Zum Beispiel eben so Dinge wie, wer den Frieden will, sollte sich auf den Krieg vorbereiten. Abschreckung, um eine wirksame Abschreckung zu haben, damit eben Kriege gar nicht erst stattfinden, braucht man eben auch eigene Fähigkeiten. Also sowas, das haben wir irgendwie komplett weggelassen. Und das ist Teil der Misere, die wir jetzt haben. Das ist auch nicht ein rein deutsches Problem. Ich habe es jetzt sehr in Deutschland festgemacht, weil sich das da so sehr kristallisiert hat. Das war auch in anderen europäischen Ländern ein Thema. Aber ja, das ist so ein bisschen die Situation, wie ich sie quasi gesehen habe und darüber habe ich auch sehr viel geschrieben, eben vor der Zeitenwende und dann kam eben der 24. Februar und ich hatte wirklich den Eindruck, dass das für viele Deutsche ein... Ja, ein Schock, ein Erweckungserlebnis, ein Erwachen. Ich fand auch Annalena Baerbock da zum Beispiel sehr interessant, die wirklich gesagt hat, wir wachen heute in einer neuen Welt auf, was natürlich auf der einen Seite stimmt, auf der anderen Seite musste man halt sagen, naja, eigentlich hätten wir halt schon länger aufwachen müssen. Aber sei es drum, also wir sind in dieser neuen Welt aufgewacht und viele Menschen sehen jetzt Verteidigungspolitik und Militär zum gewissen Grad schon mit einem anderen Auge, also diese grundsätzliche Ablehnung, die ich teilweise bemerkt habe, erlebe ich so nicht mehr. Gut, teilweise ist sie dann auch richtig laut geworden, aber so das Gros der Menschen hat, glaube ich, wieder so ein bisschen verstanden, ah, das ist zwar alles doof, aber wir müssen uns damit auseinandersetzen und vielleicht macht es doch Sinn, wenn die Bundeswehr irgendwie ein bisschen was kann und vielleicht ist es nicht so eine gute Idee, wenn irgendwie nur die Guten abrüsten und die andere Seite stärker wird. Aber gleichzeitig ist, was ich gerade beschrieben habe, schon wirklich sehr, sehr tief verwurzelt und alle hoffen wir doch insgeheim irgendwie, dass wir möglichst bald wieder zu diesem Normal zurückkehren können, was wir eben auch so als normal. Wie gesagt, gerade so die Millennials normal internalisiert haben. Und ich will das auch, aber das gibt es nicht mehr. Denn das ist nicht die geopolitische Welt, auf die wir in den nächsten Dekaden zusteuern. Und das ist einfach falsch und unklug, jetzt zu sagen, also wenn dieser Krieg erstmal vorbei ist, dann können wir jetzt aber auch aufhören mit diesem ganzen Militärgerede. Fände ich super. Ich will auch wirklich lieber Kindergärten bauen als Panzer. Aber ich habe vor allen Dingen eigentlich auch lieber die Panzer, die dann die Kindergärten beschützen. Und das ist so die Problematik, dass wir einfach uns, glaube ich, noch nicht wahr geworden sind, dass sich die Welt wirklich grundlegend verändert hat. Das ist nicht nur Russland, das ist auch Russland. Russland ist spezifisch für uns in Europa ein Problem. Das ist auch China, es sind viele Entwicklungen, es ist die USA, die sich von Europa abkehrt. All das kommt zusammen und wir leben da leider in einer neuen Welt, in der alten Welt, wie du es immer titulieren willst, aber eben in einer Welt, in der dieses Normal von Post 89 leider nicht wiederkommt. Und wie gesagt, ich bedauere das mit euch und uns allen, aber bin halt der Meinung, dass wir uns darauf vorbereiten müssen. Ich habe keine gute Werbung gemacht von wegen amüsant und humorvoll. Ich weiß, das war jetzt irgendwie sehr...

Tim Pritlove
1:47:22

Naja, ich finde ja, du hast ja total recht und ich meine, ich habe noch ein bisschen früher geboren als du und ich habe ja auch noch so dieses, diese andere Gefühlslage auch noch ein bisschen mitbekommen, durch die Deutschland so durchgegangen ist. Es war ja auch diese Zeit des Kalten Kriegs in den 80er Jahren, das ist ja heute auch schwer vermittelbar, was für ein Selbstverständnis wir so in der Jugend hatten. Diese allgegenwärtige Gefahr, dieses Morgen kann es losgehen und die Atomraketen regnen so in Deutschland als erstes nieder. Man war ja quasi so mitten die Frontlinie, die Gedachte und die Angst vor dem Atomkrieg war ja im Speziellen dann nochmal groß, ob das jetzt tatsächlich stattgefunden hätte oder nicht, aber es war auf jeden Fall klar, wo so die Demarkationslinie läuft und dass man sich da drin befindet. Dann kamen halt diese 90er Jahre mit der Maueröffnung, das war natürlich dann wirklich auch die totale Befreiung und wahrscheinlich. Also die Love Parade wäre nicht so gut gewesen ohne die Geschichte davor, weil dann war ja nur noch Friede, Freude, Eierkuchen, das war ja tatsächlich das Motto der ersten Love Parade, da drückte sich schon eine ganze Menge drin aus. Trotzdem, diese Verdrängung ist definitiv in der deutschen Seele drin, weil es ja auch viel mit Schuld zu tun hat. Weil es ja auch so dieses so, nee, wir sind jetzt die mit dem Frieden. Das ist ja so unser Brand jetzt so und wir machen jetzt Sicherheitspolitik, machen wir so aus der Brieftasche heraus. Das passt schon irgendwie mit unseren Buddies in Amerika. Und ja, das ist halt jetzt klar, dass wir da auf einen anderen Weg langsam reinsehen und es schmerzt. Man merkt richtig, wie es an allen reibt und man Schwierigkeiten hat, sich da sozusagen auf diesen Weg zu begeben. Aber ich finde, das findet definitiv statt. Und eben auch mit Technik.

Ulrike Franke
1:49:22
Tim Pritlove
1:50:11
Ulrike Franke
1:50:26
Tim Pritlove
1:50:39
Ulrike Franke
1:50:43
Tim Pritlove
1:51:13
Ulrike Franke
1:51:20
Tim Pritlove
1:51:21
Linus Neumann
1:51:40
Tim Pritlove
1:51:45
Linus Neumann
1:51:47
Tim Pritlove
1:51:55
Anne Brorhilker
1:52:44
Tim Pritlove
1:52:53
Anne Brorhilker
1:53:38
Linus Neumann
1:53:42
Tim Pritlove
1:53:44
Anne Brorhilker
1:54:19
Linus Neumann
1:54:32
Anne Brorhilker
1:54:32
Tim Pritlove
1:55:25
Anne Brorhilker
1:55:29
Tim Pritlove
1:55:30
Anne Brorhilker
1:55:57

Nee, es ging auch in die Richtung. Also tatsächlich muss man ähnlich wie beim Lehramt auch dann nochmal so ein Referendariat machen, also macht zwei Staatsexamen und das zweite ist dann davor gelagert, wird man durch alle Stationen geschleust, also ist man bei Gericht, man bei der Staatsanwaltschaft und auch ganz viel bei Anwälten und das fand ich dann irgendwie alles sehr desillusionierend, also nichts davon konnte mich jetzt so richtig packen. Ich muss auch sagen, als ich da bei der Staatsanwaltschaft war, als Referendar, habe ich nicht viel mitgekriegt. Also das war eine riesen Staatsanwaltschaft. Der Mensch hatte gar keine Zeit für mich. Ich habe da nicht so viel mitgekriegt und hatte gar nicht so einen Eindruck. Was ich super fand, wir sind sofort, auch im Referendariat schon, kriegt man da eine Robe um und muss los. Also ich saß dann an meinem ersten Tag da sozusagen mit der Robe und saß dann in einem Saal mit einer Richterin, die auch ihren ersten Tag hatte. Also wir waren die Profis da. Ich musste auch mal zwischendurch ein bisschen blättern, wie das alles so funktioniert. Aber das fand ich schon spannend. Und alle anderen Sachen, insbesondere sämtliche Stationen bei den Rechtsanwälten, haben mir eigentlich überhaupt nicht gefallen. Und mir wurde da immer gespiegelt, dass ich da auch nicht so besonders talentiert für bin. Da wurde nämlich immer gesagt, Frau Brolka, Ihnen fehlt das wirtschaftliche Denken, weil ich habe dann immer gesagt, aber ich muss doch den Mandanten beraten und wenn ich jetzt doch geguckt habe und das hat gar keine Aussicht auf Erfolg, dann muss ich das dem noch sagen. Dann sagten die so, nee, nee, dann muss man dem natürlich nicht sagen, ist ja ja nicht mehr unser Mandant. Also war ich da jetzt nicht so erfolgreich drin und das war auch nichts, wäre auch nichts für mich gewesen. Ich habe auch lustigerweise eine Station gemacht bei einem Anwalt, der Wirtschaftsstrafrecht gemacht hat und das fand ich ganz besonders furchtbar, weil damals, da war bei der Staatsanwaltschaft Bochum in dem Bereich und die Bochumer waren immer schon sehr dafür bekannt, dass die Leute sofort in Haft nahmen. Also die waren immer total Attacke und dann war dann unser Alltag so, also der Mandant saß in Haft, die Frau heulte und er sagt dann, okay, wo sind die Konten und dann ist der 14 Tage durch ganz Europa gereist, nach Zürich und sonst was, hat das Geld zusammengekratzt, Du bist dann mit zwei Koffern zur Staatsanwaltschaft, hast da hingelegt und dann war der Fall zu Ende. Und dann dachte ich, das ist ja irgendwie komisch. Also ich hatte währenddessen geguckt, so Börsengesetz und so, brauchten wir gar nicht. Gab nie einen Prozess. Und das fand ich auch irgendwie unethisch. Also jedenfalls war das, sag ich am Ende, so ein bisschen ratlos. Und dann war ich noch bei einer letzten Wahlstation, das kann man sich dann aussuchen, war ich bei Amnesty International, weil ich dachte, ja, das ist bestimmt eine intrinsisch motivierte Geschichte, das finde ich super. Ja, war dann in der Praxis auch anders. Ist jetzt schon lange her. Ich weiß nicht, wie das heute ist. Damals waren das nur wenig Hauptamtliche. Die kamen mir vor wie Beamte. Und die Ehrenamtlichen, die waren sehr engagiert, aber irgendwie hat mich das jetzt auch nicht so gereizt. Und dann musste ich aber irgendwas machen. Und dann habe ich gesagt, naja, das mit der Robe damals, das war schon gut bei der Staatsanwaltschaft, mache ich das mal.

Tim Pritlove
1:58:53
Anne Brorhilker
1:58:55
Tim Pritlove
1:59:01
Linus Neumann
1:59:06
Anne Brorhilker
1:59:14
Linus Neumann
1:59:16
Anne Brorhilker
1:59:19
Tim Pritlove
2:00:28
Anne Brorhilker
2:00:29
Tim Pritlove
2:00:35
Linus Neumann
2:00:39
Anne Brorhilker
2:00:50
Tim Pritlove
2:01:38
Anne Brorhilker
2:01:41
Tim Pritlove
2:02:00
Anne Brorhilker
2:02:02
Tim Pritlove
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Anne Brorhilker
2:02:50
Linus Neumann
2:03:56
Tim Pritlove
2:04:00
Linus Neumann
2:04:03
Tim Pritlove
2:04:07
Anne Brorhilker
2:04:19

Ja, das ist dann schon richtig Bannkriminalität. Also Umsatzsteuerkarussell ist eine ganz bekannte Masche. Das sind so Kreisgeschäfte mit Waren, wo es auch nicht um Handel geht, sondern es ist alles vorher abgesprochen und so. Und dann geht es auch nur darum, dass man sich eine Steuer zurückzahlen lässt, die man vorher nicht gezahlt hat. Das ist eigentlich das Gleiche in Grün, wie diese Aktienkreisgeschäfte. Also das ist ganz weit verbreitet und es ist auch wirklich schwer, dem beizukommen. Da geht uns auch unglaublich viel Geld verloren. Das war so das Erste. Ich hatte auch eine Softwarefirma, die behauptet hat, sie würde ihre Leistungen eher so im Ausland verbringen und ihre Gewinne eben versucht hat, über diesen Mechanismus ins Ausland zu verbringen. Das war schon das erste Mal, wo ich sehr viel Rechtshilfe gemacht habe, sehr viel mit ausländischen Staaten zusammengearbeitet habe. Und da kam man auch gleich mit der Lobby in Kontakt, denn der Bruder von diesem Täter, von dem Haupttäter, der die Firma gehörte, der war praktischerweise Vorsteher des Finanzamts, das für seinen Bruder zuständig war. Und das hat dann natürlich auch nicht so richtig streng hingeguckt. Der saß teilweise auch im Aufsichtsrat. Da habe ich auch mal durchsucht dann. Das hat mich der Mensch mit den Worten begrüßt. Sie trauen sich was. Ja, das war, dann Subventionsbetrug hatte ich, das war auch sehr politisch, das war auf Rügen. Man weiß, wer da so seinen Wahlkreis hatte auf Rügen und da gab es dann auch jedes Jahr den Innovationspreis, aus dem Kanzleramt damals in der Zeit und diese, ja, da hatten wir aber den Eindruck oder hat sich auch hinterher so rausgestellt, dass das eben Subventionsbetrug war. Und als ich dann da durchsucht habe, da liefen dann auch die Drähte heiß. Also die, die da Geld gegeben haben, die fühlten sich dann überhaupt gar nicht geschädigt und haben dann bei der Staatsanwaltschaft angerufen und haben gesagt, also was macht ihr denn da? Geht da mal wieder weg. Wir wollen, dass das alles so bleibt. Da hatte ich ja mal einen Vorgesetzten, der da sehr entspannt war und das auch sehr gut abgefedert hat. Von daher öffnete sich da eine Welt, die mir vorher gar nicht bekannt war. Also was da für eine Kriminalität am Start ist, wie hoch jeweils die Summen sind, wie gut abgesichert das ist, eben durch Connections und durch Vernetzungen und wie schwer es dann eine Staatsanwaltschaft hat, auch in diesem Bereich zu ermitteln. Also da freuen sich die Vorgesetzten nicht.

Tim Pritlove
2:06:51
Anne Brorhilker
2:06:53

Ja, die Behörden sind an der Stelle sehr schwach aufgestellt. Also es war durchgängig so, jetzt nicht nur bei Cum-Ex, vorher auch, dass wir viel zu wenig waren. Also es war immer viel zu wenig Ermittler. Teilweise sind Ermittlungen daran gescheitert, dass wir zum Beispiel sagten, also wir müssen Telefonüberwachung machen. Und dann sagten sie, naja, bei der Steuerverwaltung haben wir gar kein Apparat. Dann sagte ich, ich habe kein Apparat. Dann haben wir nicht. Dann habe ich halt erstmal geschaut, dass ich bei der Polizei dann nachfragte, ob wir vielleicht mal freundlicherweise deren Apparate nutzen durften. Ist ja auch schon verrückt irgendwie, dass die Steuerverhandlung erst gar nichts hatte. Dann haben die das aber auch noch nie gemacht. Die konnten das nicht richtig mit der Technik und dann der Interpretation. Also war alles irgendwie sehr schwergängig und die Polizei fand das auch nicht so lustig, dass wir da ihre Apparate nutzten. Also war alles immer irgendwie so Mangelverwaltung und schwierig Und auf der anderen Seite hat man dann eben so eine Täterschaft sitzen, die hochprofessionell ist, die natürlich alle Ressourcen der Welt haben, bestellen sich sofort ganz teure Anwaltskanzleien, erschlagen einen da mit tausend Seiten Schriftsatz mit goldenem Stempel obendrauf und dem muss man natürlich dann erstmal was entgegensetzen. Also das ist ein totales Ungleichgewicht zwischen den Ressourcen, die der Staat an der Stelle hat oder die er an der Stelle einsetzt und den Ressourcen, die auf der anderen Seite da sind.

Tim Pritlove
2:08:12
Anne Brorhilker
2:08:23

Beides, würde ich denken. Also insgesamt natürlich haben wir in Deutschland zwar irgendwie sehr viel Beamte, sehr viel Bürokratie, aber wir haben auch viele Doppelstrukturen. Dadurch, dass wir Föderalismus haben, gibt es vieles doppelt. Und da sind die Zuständigkeiten schon oft unklar und das führt aus meiner Sicht irgendwie dazu, dass das jetzt nicht besonders synergiesparend ist, sondern das sind irgendwie mal viele da, die sich manchmal auch gegenseitig am Füßen stehen. Das könnte man sicherlich anders organisieren, wenn man denn wollte. Das Zweite ist, dass schon die ganzen Ausbildungsstrukturen eigentlich auch nicht so sind. Also weder bei der Polizei noch bei der Staatsanwaltschaft gibt es spezielle Ausbildungssegmente für diesen Bereich, da geht es schon mit los. Also auch bei der Polizei gibt es eigentlich kaum Ressourcen für Wirtschaftsstrafrecht und auch man macht da mal so eine 0 auf 15 Fortbildung, die einem aber natürlich nicht weiterhilft. Es ist nicht besonders professionell aufgestellt. Das kann man natürlich alles ändern. Also in einer idealen Welt, wenn man jetzt freie Hand hätte, ich meine so frei ist man ja nicht, weil wir zum Beispiel diese Doppelstrukturen haben von Föderalismus, Bund und Land, aber wenn man jetzt sich das alles nochmal anschauen würde, dann könnte man das natürlich anders organisieren und. Das ist auch eine Forderung, die ich jetzt aus meiner ganzen Praxis heraus wirklich stellen würde, dass man für besonders schwerwiegende Fälle bei Wirtschaft strafreit, wie zum Beispiel Umsatzsteuerkarusselle, aber eben auch die Cum-Ex- und Cum-Cum-Straftaten, die wirklich unfassbar viel Schaden verursachen und die auch wirklich sehr schwer zu ermitteln sind, dass man da Sonderstrukturen schafft, also sprich eine zentrale Stelle. Dann braucht man nämlich auch nicht mehr irgendwie 300 Leute, sondern dann hat man da eine Gruppe sitzen, die sich dauerhaft mit dieser Thematik beschäftigt, die auch Zeit hat, überhaupt mal Kompetenzen aufzubauen. Also in der Behördenwelt ist alles immer gleich. Also egal, ob man jetzt irgendwie den kleinen Ladendieb verfolgt oder den großen Wirtschaftsstraftäter. Behördenlogik ist oft so, jeder muss alles können und jeder muss dauernd irgendwo hingeschoben werden können. Es gibt gar nicht das Bewusstsein dafür, dass es vielleicht auch durchaus sinnvoll ist, dass man mal sich spezialisiert. Und das muss man irgendwie aus den Köpfen rauskriegen. Und deswegen, weil das aber so ist und zwar nicht nur in der Justiz, sondern auch bei der Polizei und bei der Steuerverhandlung oder in der Finanzverwaltung, sind die Personalentwicklungskonzepte, also sozusagen wie man so voranschreitet in seinem Weg als Beamter, die sind so ausgelegt, dass man möglichst überall mal gewesen sein soll. Also es ist sozusagen Plus für die Karriere, wenn man ganz viel gemacht hat und es ist total negativ gewesen, wenn man so wie ich 15 Jahre das gleiche macht. Also ich hatte wirklich dadurch Nachteile in der Benotung und nicht nur ich, sondern auch viele Kollegen, die dann wirklich teilweise auch da geblieben sind, obwohl sie wussten, dass sie dann nicht befördert werden. Und das ist natürlich auch noch total überholt im Grunde genommen, das hat man nicht gemacht, weil man das aktiv verhindern wollte, nur man hat es nie im Blick gehabt. Und das ist sicherlich, warum hatte man das nicht im Blick, das ist sicherlich damit in Verbindung zu bringen, dass die Gegenseite jetzt auch kein Interesse daran hat, durch die Weltgeschichte zu laufen und zu sagen, wir rauben euch übrigens aus, sondern das wird natürlich auch abgeschottet. Das ist wie organisierte Kriminalität, die sieht man ja auch nicht. Man geht ja auch in China-Restaurant und weiß nicht, dass dahinter Schubsgeld-Erpressungen stehen oder dass da Geld gewaschen wird. Das sieht man ja alles nicht. Und das ist eben im Wirtschaftssegment auch nicht anders. das. Und deswegen ist beides. Also Behörden haben das lange Zeit übersehen, haben auch sich oft nicht zugetraut, überhaupt sich mit der Thematik zu beschäftigen. Also das ist auch etwas, was mich furchtbar aufregt, dass wir auch bei anderen Aufsichtsbehörden, zum Beispiel bei der BaFin, die ist ja Bankenregulierer, Bankenaufsicht, die haben auch eigentlich sehr viel Personal, auch gutes Personal, aber die haben eigentlich keine Ahnung, was die Banken da so machen. Und das ist ja schon ein bisschen verstörend.

Tim Pritlove
2:12:35
Anne Brorhilker
2:12:39

Ja, aber ich sage mal, so ist jetzt auch nicht so einfach. Also dieser Wertpapierhandel, der ist ja schon sehr speziell und es ist sehr einfach, das Ganze auch nochmal abzuschotten und dem so einen Anstrich der totalen Komplexität zu geben und damit auch Leute einfach abzuschrecken und sich damit zu beschäftigen. Und das ist aber, glaube ich, eine ganz unkluhe Entscheidung. Es wäre da viel sinnvoller, das so zu machen, zum Beispiel wie in UK, da gibt es auch die Bankenregulierung, da ist FCA. Und die prüft selber, sie hat sich selber Wertpapier-Händler in ihre Reihen genommen und die kann dann selber, also die haben das ja selber auf der anderen Seite vorher gemacht, die haben natürlich ein totales Verständnis dafür, wo die hingucken müssen. Ich habe mich auch mehrfach mit denen ausgetauscht und die haben das dann mal sofort alle verstanden. Die sagten, naja, das kennen wir, das kennen wir und so weiter. Und wenn man jetzt aber sich vorstellt, hier bei der Deutschen BAföG wird das nicht so gemacht, sondern die sourcen die Prüfungen aus auf Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Also die geben im Grunde genommen die Kompetenz ab. Das heißt, erstens gucken sie dann gar nicht selbst drauf, sondern haben Informationen aus zweiter Hand. Und zweitens so die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die ja auch viel beratend tätig sind. Die haben oft auch eine Beratungssparte. Die haben natürlich auch große monetäre Interessen auf Seiten der Banken, weil sie einfach viele Aufträge für die übernehmen. Und dann überrascht es einen nicht, dass hinten rauskommt, ach da war nichts. Und dann sagt die BaFin, naja, dann ist ja gut. Und dann klagen wir an und dann gibt es Ärger.

Tim Pritlove
2:14:12
Linus Neumann
2:14:14
Anne Brorhilker
2:14:42
Tim Pritlove
2:15:27
Linus Neumann
2:15:38
Anne Brorhilker
2:15:49
Linus Neumann
2:17:12
Anne Brorhilker
2:17:17

Ja, das gibt es auch von bis. So als ich in der Steuerabteilung angefangen habe, bin ich auf eine Durchsuchung geschickt worden, die damals mein Chef mehr oder weniger Zähne knirschen, weil die Steuerfahndung unbedingt so genervt hatte. Na ja, gut, dann machen wir mal irgendwie durchsuchen. Und dann bin ich da gleich am Anfang irgendwie hingeschickt worden und war dann auch etwas erstaunt. Ich kam ja aus anderen Bereichen der Kriminalität. Ich war dann bei einer Bank und bei einer ganz teuren Privatbank, bin da erstmal so durch knietiefe Teppiche gewartet, vorbei an Kunstwerken. Und dann wurden wir in einen Raum gebeten, also wir waren brav und haben gewartet, bis irgendjemand kam und kam dann auch einer und hat uns dann in einen Raum gebeten und wir standen also in einer Reihe und haben alle Guten Tag gesagt, mir hat man nicht die Hand gegeben. Ich war übrigens die einzige Frau da. Das ist ja interessant. Ich bin übrigens die Leiterin der Ermittlungen, aber Guten Tag auch. Ja, es hat sich dann geändert, als ich meinen Dienstausweis auf den Tisch gelegt habe, aber das zeigt auch so ein bisschen die Haltung. Also die haben es natürlich überhaupt nicht ernst genommen, also wie auch da standen fünf Männer, angeführt von einer kleinen Frau. Wir hatten ja auch keine Ermittler dabei. Das heißt, man hat ein nettes Gespräch geführt, das war irgendwie nach zwei Stunden vorbei und dann sind wir nach Hause gefahren und mein Chef, also mein damaliger Abteilungsleiter, der war irgendwie nach Frankfurt gefahren, da haben sie ihn gar nicht reingelassen und dann hat er gesagt, naja gut, dann fahre ich wieder zurück. Also der ist einfach wieder zurückgefahren. So und dann dachte ich auch so, das ist ja doch irgendwie anders. Also das kann ja wohl nicht sein. Naja und dann habe ich das dann auch, als ich selber dann meine eigenen Felder organisiert habe, natürlich anders gemacht, so wie ich es auch kannte. Und als ich dann mit Cum-Ex angefangen habe und dann sich die Notwendigkeit ergab, auch wirklich Banken zu durchsuchen, da hatte ich natürlich auch schon jetzt Erfahrung. Also auch Erfahrung, wie man große Firmen durchsucht. Also zum Beispiel hatte ich schon Erfahrung gemacht bei der Softwarefirma. Da bin ich dann mit meinen Fahrern aufmarschiert. Das waren zwar relativ viele, aber wir standen da vor so einer stacheldrahtgesicherten Serverfarm. Ich mit meinem Steuerfahrer. Das ist ja interessant. Und jetzt? Da habe ich das erste Mal gedacht, das kann man mit Bord bitte nicht machen. Wenn wir mit sowas konfrontiert sind, brauchen wir Fachleute. Seitdem habe ich zum Beispiel immer IT-Fachleute mitgenommen, die dann wirklich in der Lage waren, da auch wirklich zu gucken, was ist denn da, ne?

Tim Pritlove
2:19:43
Anne Brorhilker
2:19:44
Linus Neumann
2:20:10
Anne Brorhilker
2:20:11

Ja, also um fünf ist in der Bank noch keiner, das ist anders als bei Kundungen. Aber jedenfalls sind wir dann immer mit 100 oder so etwa dahin, manchmal auch mehr noch und hatten, wie gesagt, auch schon mit IT-Fachleuten, also wir haben sowohl nach Papier dann geschaut und zwar überall, ich habe auch wirklich in den Kellern geguckt zum Beispiel und wir haben zusätzlich Datengespräche geführt, weil der Trick bei der Bank ist nämlich, da kommen noch nicht mal IT-Fachleute an die Systeme. Die sind so geschützt, dass da wirklich der Staat nicht dran kommt. Und das war mir vorher auch nicht klar. Also wenn wir jetzt zum Beispiel ein Unternehmen durchsucht haben, oder ich sage jetzt mal eine Dönerbude, was viel häufiger vorkommt, dass man eine Dönerbude durchsucht, dann hat man den Eindruck, hier stimmt irgendwas nicht, man macht so lustige Döner-Test-Käufe und beißt da rein und guckt, ob der Fleischanteil da ist. Und dann hat man anfangs gedacht, und dann geht man rein. Ja, das ist der Döner-Access-Kauf. So läuft das in der Praxis. Das machen Steuerfahnder total gerne. Und deswegen machen wir es auch so routiniert. Naja, aber jedenfalls haben die den Eindruck, da stimmt irgendwas nicht und dann nehmen die halt die Kasse mit. Das ist ein Kassenautomat heutzutage und das wird dann irgendwie die Kasse ausgelesen und so weiter, das Computerprogramm und dann findet man da Schummelsoftware, das gibt es da auch. Aber das ist möglich, das gibt es bei Banken nicht. Also wir können da nicht hin und die Banksysteme filzen, sondern das Einzige, was man machen kann, ist eben zu fragen, wo habt ihr denn eure Daten? Im Regelfall haben die ihre Daten nicht im Inland, die sind ja auch nicht doof, sondern die packen die dahin, arbeiten ja heute alle mit Clouds und sonst was, wo möglichst hohe Schutzrechte sind. Es gibt eben zum Beispiel in Niederlanden und in Großbritannien gibt es ganz, ganz, ganz hohe Schutzrechte für alle aus der Branche, also für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und irgendwas davon ist man immer in einer Bank beteiligt. Und das bedeutet dann, das Schutzrechte bedeutet, dass noch nicht mal, wenn die sich selber strafbar gemacht haben, bekommt man dann die Unterlagen. Also ich würde das rechtsfreien Raum nennen für diese Branche. Ja, und da sind die natürlich nicht doof und packen da ihre Daten hin. Dann steht man da als Ermittler. Das heißt, man muss jetzt erst mal fragen, wo sind die? Dann sagen die irgendwie im Ausland. Dann muss man sagen, ja, wo denn? Dann dauert das manchmal einen Tag mit richtig viel Druck, dass sie sich vielleicht mal bequem zu sagen, wo die sind. Manche Banken haben das noch nicht mal gemacht. Aber meistens machen sie es dann, weil sie denken, da kommt die eh nicht dran. Und dann ist es zum Beispiel sinnvoll, dass man auf einer technischen Ebene nachfragt, wo sind die denn noch? Weil die werden ja auch oft nochmal gespiegelt oder sind noch an anderen Stellen, wo wir vielleicht leichter drankommen. Und deswegen war diese Phase der Durchsuchungen, das auf dem IT-technischen Grundlage zu machen, eine ganz entscheidende. Denn dadurch sind uns ganz viele Dinge, also ganz viele Beweismittel haben wir durch diese Technikgespräche bekommen. kommen. Und ich hatte das vorher eben ohne IT-Sachverständige gemacht und da sind, da ändert das dann so, wo sind die E-Mails, dann sagen die in Amerika. Und dann sagt der Fahrer, naja, doof, doof das Ganze, kommen wir nicht dran. Und dann, ja, steht man da. Aber wenn man eben Fachleute mitbringt, dann können die auf einer technischen Ebene fragen, dann fragen die nach dem System und wo sind die Schnittstellen und all sowas. Und so haben wir zum Beispiel mal rausgefunden, dass eine große Institution, die den Börsenhandel abwickelt, ich darf jetzt nicht sagen welche, aber so viel gibt es in Deutschland nicht. Die wirklich immer behauptet hatte, ja, liebe Behörden, das ist alles in Luxemburg, müsst ihr Rechtshilfe nach Luxemburg machen. Und Luxemburg ist ein Staat, der seine Banken sehr schützt, da kommt man kaum dran. Und dann haben wir bei der Durchsuchung durch die IT-Fachgespräche festgestellt, dass dem nicht so ist, sondern die waren tatsächlich auch im Inland. Und das haben die dann festgestellt. Und dann habe ich den Vorstand einberufen und habe gesagt, also, ich mache mir jetzt so ein bisschen Sorgen um die Außendarstellung. Wir haben jahrelang gesagt, das wäre in Luxemburg. Da müssen wir jetzt feststellen, dann gäbe es doch Schnittstellen nach Deutschland. Und die werden noch hier. Ja, und dann fiel schon das Wort Datensee und dann am nächsten Tag kam der CIO, also der für IT zuständige Vorstand auf mich zu und dachte, ja, er hätte jetzt auch gelernt, dass Maschinen miteinander kommunizieren. Und dass die Luxemburger Maschine mit der Deutschen kommuniziert. Und dass deswegen die Daten auch in Deutschland werden.

Tim Pritlove
2:24:53
Linus Neumann
2:24:58
Tim Pritlove
2:25:01
Anne Brorhilker
2:25:05
Tim Pritlove
2:25:14
Anne Brorhilker
2:25:16
Tim Pritlove
2:25:57
Anne Brorhilker
2:26:06
Tim Pritlove
2:26:47
Anne Brorhilker
2:26:57
Linus Neumann
2:27:03
Anne Brorhilker
2:27:12
Tim Pritlove
2:28:05
Anne Brorhilker
2:28:07
Linus Neumann
2:28:09
Anne Brorhilker
2:28:10

Ja, aber auch, wie gesagt, Wirtschaftsanwälte haben dann auch oft noch so eine Privatprofessur, was auch immer. Also jedenfalls ist das so ein bisschen inflationär geworden aus meiner Sicht. Also auf den Visitenkarten stehen da immer ganz tolle Sachen drauf. Und zum Beispiel Steuerfahnder, die wirklich auch top ausgebildet werden, machen eine tolle Ausbildung, die sind dann bestimmt fachlich zehnmal überlegen, die haben aber kein Studium, also ich will sagen, kein vollwertiges Studium und das ist irgendwie tief in ihren Köpfen auch drin. Das fühlen sie irgendwie so unterlegen ganz oft. Und wenn dann so ein Jurist kommt und tut dann auch so, als hätte er irgendwie die Weisheit mit Löffeln gefressen. Und so waren auch die Mechanismen. Also ich habe das auch mal erlebt, ich war eben dann bei einer anderen Bank, das war diese peinliche Geschichte, wo wir nicht genügend Speicher hatten, um das Kuhlaufwerk mitzunehmen, weil ich irgendwie ein bisschen beschäftigt. Und dann kriegte ich mal mit, bei der anderen Durchsuchungsstelle tat sich so gar nichts. Also ich habe da mal angerufen und sagte, wie weit seid ihr denn und so und dann waren die überhaupt nicht weit und dann sagte am Ende des Tages plötzlich eine Kollegin zu mir, also komm mal schnell rüber, irgendwie die unterschreiben hier gerade, dass die keine Daten mehr rausgeben müssen. Ich so, was? Also dann bin ich da sofort drüber gefahren und dann hatte ich so ein Szenario. Da saßen halt diese fünf Männchen umgeben von, ich würde mal sagen, 200 Anwälten, die alle, also die saßen zum Teil in so einer U-Form und dann stand noch mal ein zweites U so hinten an der Wand und die haben einfach, die haben die echt fertig gemacht da und. Als ich dann da erschien, die konnten mich auch gar nicht so richtig erst zuordnen oder so. Ich habe gesagt, wie ist denn hier so die Lage? Ja, da habe ich gesagt, das geht so nicht. Das müssen wir ja anders machen. Wieso sitzen die überhaupt noch? Wieso sind die nicht da und da und da? Und dann merkte ich schon, irgendwas tut sich da. Und dann kam aber sofort irgendjemand mit so einer Professor-Visitenkarte auf mich zu und sagte so, hier, ich, ich, Professor. Und dann sagte ich, ja, ja, ist ja gut. Aber was will ich hier machen? Und das sind so die Momente, da habe ich dann auch gemerkt, da können die gar nicht mit umgehen. Also normaler funktioniert das ja immer, wenn man dann eine Visitenkarte auf den Tisch legt und sagt, ja ich Professor, dann denkt man, oh ja, okay, dann sollen wir beide mal hier hin. Und weil ich den so total ignoriert habe, war ich jetzt irgendwie etwas seiner üblichen Mittel beraubt und wir waren noch so in der Selbstfindungsphase und dann haben wir eben gesagt, jetzt geht da, da, da hin. Und dann hatten wir die auch schnell überall an den Stellen, wo die hin wollten und dann waren wir auch in einer Stunde fertig.

Tim Pritlove
2:30:49
Anne Brorhilker
2:31:16

Ja, also es gab, bevor ich das kriegte, ich kriegte das 2013 in dem ersten Fall, gab es tatsächlich schon Ermittlungen in Frankfurt, von denen ich aber auch nichts wusste. Also ich kannte auch die Frankfurter Kollegen, mit denen hatte ich auch mit Umsatzsteuerkarussellen zusammengearbeitet, wir hatten immer ähnliche Fälle, aber von Cum-Ex hatte ich ehrlicherweise auch noch nichts gehört. Und wie so vieles in meinem Leben auch das Zufall. Eigentlich sollte es eine Kollegin kriegen in dem Fall, aber es war eine Halbpasskraft und da zeichnete sich schon ab, dass das irgendwie ein dickes Ding ist, 460 Millionen und viel Ausland und so. So und ja, dann haben wir die Fälle getauscht und ich kriegte den dann eben und da ich vorher schon Erfahrung gemacht hatte, wie schlecht ausgestattet die Steuerfahndung ist, habe ich gedacht, das kann ich nicht allein mit denen machen, ich gucke mal, dass ich irgendwie Polizei mit da reinkriege, möglichst LKA, also Landeskriminalamt und mit denen hatte ich vorher auch, also ich war gerade beim Landeskriminalamt mit einem Fall, das war ein Schwarzarbeiter-System und dann habe ich gleich die Gunst der Stunde genutzt und habe mal rumgefragt, ob da vielleicht Kapazitäten für diesen Fall frei wären. Und das war auch ein Glück, das waren die nämlich. Also es hätte auch sein können, dass sie sagen, wir haben keine Kapazitäten frei und dann hätte ich was anderes suchen müssen. Aber es war zufällig, dass sie dann eben auch konnten und dann konnten wir halt diese großen Auslandsdurchsuchungen machen.

Tim Pritlove
2:32:35
Anne Brorhilker
2:32:44

Das LKA kann sich im Grunde genommen die Fälle aussuchen. Also man hat als natürlichen Ansprechpartner die Polizei, also die in der Fläche sozusagen, also dann die Kölner Polizei in dem Fall. Wobei man, wenn man Steuerhinterziehung hat, eigentlich in der Praxis, die Frage ist, ob das rechtlich wirklich so ist, aber in der Praxis arbeitet man eigentlich nur mit der Steuerfahndung zusammen. Und die sind ja nicht so richtig, wie bisher war das jedenfalls so, nicht so richtig ausgebildet wie Polizeibeamte, sondern die Finanzverwaltung bildet die so aus, dass die hinterher in die Festsetzungsfinanzämter gehen oder Betriebsprüfungen machen, also das Besteuerungsverfahren machen. Die sollen nicht Kriminalität machen. Nur, ich glaube, drei Prozent der Leute, die ausgebildet werden, gehen überhaupt in den Kriminalitätsbereich rein. Das heißt, es wird überhaupt kein Schwerpunkt gemacht. Und das heißt, die sind nicht gerüstet für internationale Kriminalität, haben keine TKI-Möglichkeiten, tragen keine Waffen und all so Sachen. Deswegen ist schon gut, die Polizei mit reinzuholen. Man musste sich aber so ein bisschen verrenken und überlegen, hat man irgendwie noch so ein Delikt, was vielleicht auch dann die Zuständigkeit der Polizei begründet. Und in diesem Fall war das so, weil die Anleger sich geschädigt fühlen. Das war ja auch tatsächlich so, so fing der erste Fall ja an, dass auch bekannte Menschen wie Maschmeyer und Drogerie Müller, das ist auch bekannt, da kann ich drüber reden, das war auch in der Presse schon, dass die eben ihre komplette Einlage verloren hatten. Also nicht nur keine Rendite, sondern alles war weg.

Tim Pritlove
2:34:12
Anne Brorhilker
2:34:19
Linus Neumann
2:34:28
Tim Pritlove
2:34:31
Anne Brorhilker
2:34:34

Ja, jedenfalls, da hatte man Anlegerbetrug mit drin, also ein Delikt für die Polizei. Und die hatten zusätzlich noch sozusagen einen Mitarbeiter frei, der jetzt wieder auf der Suche war nach neuen Fällen, aber der sagte auch, ich komme hier in das Ausruhen, ich könnte also auch noch das und das und das machen. Zum Glück hat er sich halt für Cum-Ex entschieden und ja, dann hatte ich also eine gute Ausgangssituation, weil dann da eine Ermittlungskommission zusammengestellt wurde, das waren dann so vier oder fünf, und die hatten vor allen Dingen beim LKA, das Landeskriminalamt, das ist eben für internationale Kriminalität zuständig, die sind eben darauf ausgerichtet, also die können große Fälle machen und auch eben internationale. Die haben zum Beispiel Verbindungsbeamte in verschiedenen Ländern. Sodass es mit dem Instrumentarium einfach viel besser geht. Und das haben die auch top gemacht. Also diese Durchsuchung in 14 Ländern, ich habe noch nie gehört, dass irgendwie eine Staatsanwaltschaft in 14 Ländern durchsucht hat, aber uns ist das ja auch gelungen. Also das hätte ich selbst nicht gedacht. Also ich weiß noch, wie die zu mir kamen und sagten irgendwie, das ist ja alles im Ausland. Ich sagte, guck mal, wo wir durchsuchen können. Dann sagten die, das ist alles im Ausland. Wir sind nix in Deutschland, hier ist nur der Schaden entstanden. Alles andere ist im Ausland. Ja, und dann waren es halt 14 Länder. und dann habe ich gesagt, ja, lass uns versuchen, mal gucken, also wie viele Länder mitmachen, man muss die immer bitten, dass die für einen dann durchsuchen, also wir haben ja staatliche Souveränität, das heißt, ein deutscher Staat kann jetzt nicht einfach auf fremdem Staatsgebiet durchsuchen, man muss dann die Behörden bitten, dass die das für einen machen und da hält sich meistens die Begeisterung in Grenzen, dann nicht die eigenen Fälle, aber hier war es wirklich so, dass die alle mitgemacht haben, sogar aus Virgin Islands oder was Besser immer haben wir irgendeinen Zerbeultenkarton bekommen. Also haben wirklich alle mitgemacht. Das war schon super.

Linus Neumann
2:36:26
Anne Brorhilker
2:36:30
Tim Pritlove
2:37:03
Anne Brorhilker
2:37:24
Tim Pritlove
2:37:26
Anne Brorhilker
2:38:15
Linus Neumann
2:38:39
Anne Brorhilker
2:38:44

Ja.

Linus Neumann
2:38:44
Tim Pritlove
2:38:46
Linus Neumann
2:38:49
Anne Brorhilker
2:38:50

Ja, die sind das, genau. Und die waren auch fachlich echt gut, also sie haben ja ganz viel bunte Folien gezeigt und ich habe aber kein Wort verstanden. Und dann habe ich mich aber abends nochmal an den Küchentisch gesetzt und habe das nochmal aufgezeichnet und so und dachte, ach das ist ja wie ein Umsatzsteuer-Karussell. Das kannte ich dann wieder. Und deswegen war mir das eigentlich relativ schnell klar, das ist ja genau das Gleiche wie etwas, was auch schon in der Rechtsprechung, vorhanden ist, da gab es schon ganz viel Rechtsprechung zu, alles Böse und hohe Aufstrafen und so. Aber was ich auch anfangs nicht wusste, dass das jetzt nicht nur eine Handvoll schwarzer Schafe ist, so sah das zunächst aus und das hat natürlich dann auch die Branche mal so gespiegelt, also das sind ja nur so ein paar, die das machen, sondern dass das eine Industrie ist. Und das haben uns Insider gesagt. Also wir haben dann Glück gehabt, dass wir auch mit Insidern sprechen konnten. Die waren selber beschuldigt, aber die haben sich dann eben dafür entschlossen, mit uns zu kooperieren und uns dann eben auch viel zu erzählen über die Branche. Und wie man immer so schön sagt, unabhängig voneinander befragt, haben die wirklich die gleichen Mechanismen geschildert und das hat mich auch ein bisschen vom Stuhl gehauen, ehrlich gesagt, was da dann offenbart wurde, also was das für Ausmaße hat. Und dass es so industriell betrieben wird und nach Aussagen der Kronzeugen, die lange Zeit in den internationalen Investmentbanken gearbeitet haben, manche über zehn Jahre, die auch sagten, das ist aber hier unsere Arbeitsplatzbeschreibung, also was sie hier als Straftat bezeichnen. Das muss so. Eine sagte, als ich hier anfing, da habe ich so ein Handbuch gekriegt von meiner Bank, da standen jetzt die zehn besten Tricks drin, also irgendwie Frankreich gegen UK und so immer, die Steuersysteme ausnutzen, so, so, so und das sollte ich weiterentwickeln. Also die waren wirklich etwas fassungslos, dass jetzt plötzlich einer sagt, das ist aber nicht in Ordnung. Und ja, deswegen, also dieses Ausmaß, der auch sagt, ja das ist das, womit die halt ihr Geld verdienen. Also das ist ja konjunkturunabhängig und alle Staaten dieser Welt passen auf ihre Kassen schlecht auf. Also das ist in vielen Staaten der Fall, dass die nicht wissen, was die Banken machen, dass sie auf ihre Steuersysteme nicht gut Acht geben und deswegen ist das eine super Nummer. Also das braucht man nicht viel, ist nicht viel Aufwand, ist total unabhängig von allem, kann man super auch in der Finanzkrise machen, haben sie ja auch. Da sind wir ja ganz besonders stark geschädigt worden in der Phase, wo Banken gerettet worden sind, haben die dann bei uns ins Portemonnaie gegriffen, aber so richtig und damit hatte dann auch keiner ein Problem, komischerweise. Also von daher ist das, das haben die uns auch geschildert, einer der Haupteinnahmequellen. Also das ist nicht eine kleine Schicht, die irgendwie Schmuh macht, sondern das ist eine Branche. Und das ist natürlich eine bittere Wahrheit. Und also einmal für uns so als Staat. Und zweitens kann man sich jetzt ungefähr vorstellen, was da für eine Macht hinter steht. Die lassen sich ja jetzt nicht einfach ihr Geschäftsfeld da wegnehmen, wenn man so davon auch abhängig ist.

Tim Pritlove
2:42:02
Anne Brorhilker
2:42:58
Tim Pritlove
2:42:59
Anne Brorhilker
2:44:02
Linus Neumann
2:44:57
Anne Brorhilker
2:45:02
Tim Pritlove
2:45:05
Anne Brorhilker
2:45:07
Tim Pritlove
2:45:09
Anne Brorhilker
2:45:16
Tim Pritlove
2:45:17
Anne Brorhilker
2:45:18
Tim Pritlove
2:46:28
Anne Brorhilker
2:46:30
Linus Neumann
2:46:45
Anne Brorhilker
2:46:50
Linus Neumann
2:46:58
Anne Brorhilker
2:47:02
Tim Pritlove
2:47:39
Linus Neumann
2:47:54
Anne Brorhilker
2:47:58

Ja, ich meine, es ist natürlich attraktiv, wie gesagt, in Zeiten, wo man jetzt mit anderen Dingen vielleicht nicht so viel Geld verdienen kann, vielleicht ist man auch nicht so gut vernetzt wie große internationale amerikanische Investmentbanken, möchte aber auch gerne oben mitspielen, möchte sein Managergehalt auch an internationale Klassen angleichen. Und dann kommt das natürlich wie gerufen. Und ja, das haben alle Landesbanken gemacht. Und auch im Zuge von dieser anderen Masche, KumKum, das ist sozusagen Step 1, man sagt ja immer Doppelerstattung, das sagt man ja, Doppel-Dip heißt das im Englischen. Also auf einer Aktie wird zweimal gedippt. Und der erste Dip ist Kumkum. Also das ist Schritt eins. Die Aktien werden das erste Mal platziert, damit man sich die Steuer zurückerstatten lassen kann und das fußt darauf, dass ein Steuerausländer eigentlich die Steuer zahlen müssen, Steuerinländer nicht. Wir haben hier ganz viele Befreiungsdatbestände im Inland, deswegen werden die Aktien einmal ins Inland transferiert auf die sogenannten Dividend Holidays. Also die Phase, Es gibt Präsentationen von Beratungskanzleien, die Hello und so weiter sagen, die so sagen, es ist noch wie Karneval, die Dividend-Holiday ist und da kommen die Aktien nach Deutschland, also wie beim Flipper-Automaten, macht man einen Pling, wird das erste Mal ausgeschüttet und dann kommen die in den zweiten Rutsch rein, das ist Cum-Ex, das zweite Mal, wenn ihr das zweite Mal benutzt, das ist der zweite Dip. Und diesen ersten Dip, den haben auch ganz viele Sparkassen gemacht und Volksbanken, Raiffeisenbanken, kleine Banken und Sparkassen, also sind jetzt auch keine internationalen Investmentbanken und das sind also alles Dimensionen, da kann man sich schon fragen, Was ist hier eigentlich los?

Tim Pritlove
2:49:55
Anne Brorhilker
2:50:01
Linus Neumann
2:50:17
Anne Brorhilker
2:50:20
Linus Neumann
2:50:21
Anne Brorhilker
2:50:22

Nee, also das haben auch Grundsätzlich schon öffentliche Aufwandlungen gesagt, dass sie weitergemacht haben, nicht nur hier in Deutschland, auch international. Also man hat versucht, der deutsche Gesetzgeber hat versucht, 2011 nochmal die Gesetzeslage anzupassen, das System zu verändern. Er hat damit den zweiten Vorschlag des Bankenverbandes aufgenommen. Also der Bankenverband ist ein Lobbyorgan der Banken, hat Gesetzesvorschläge gemacht. Das machen leider Lobbygruppen oft. Und der erste Vorschlag ist dann 2007 umgesetzt worden. Das hat uns dann halt diesen ganzen Cum-Ex, den wir so kennen, beschert. Und dann hat man 2011 gesagt, das machen wir zwar ganz anders, aber wir nehmen den anderen Vorschlag. Und das ist dann halt der geworden. Und ja, das hat leider nichts gestoppt. Da gibt es auch schon Presseberichterstattung dazu. Also ich darf natürlich da über Details nicht reden, weil ich immer noch der dienstlichen Verschwiegenheitspflicht unterliege. Aber es gab schon Presseberichterstattung über Comex-Fälle aus dem Jahr 2016. Grundsäugen haben das ausgesagt. Und auch diesmal unter dem Stichwort Phantomaktien, also ADRs sind das. Das sind so Ersatzpapiere für Aktien, die in Amerika gehandelt werden können, wo unsere deutschen Aktien nicht zugelassen sind. Da kann man mit Ersatzpapieren hantieren und die sind auch für diese Geschäfte genutzt worden. Das ist auch so 18, 19 bekannt geworden. Also von daher sieht man schon die Anhaltspunkte, die allein jetzt öffentlich bekannt sind, dass es eben nicht gelöst ist, das Problem.

Tim Pritlove
2:51:53
Anne Brorhilker
2:51:58

Ja.

Tim Pritlove
2:51:59
Linus Neumann
2:52:04
Anne Brorhilker
2:52:07
Tim Pritlove
2:52:14
Anne Brorhilker
2:52:45
Linus Neumann
2:53:42
Anne Brorhilker
2:54:11
Linus Neumann
2:54:24
Anne Brorhilker
2:54:29

Also ich kann das gar nicht genau sagen. Also die Sachen, die wir angeklagt haben, liegen glaube ich so insgesamt im dreistelligen Millionenbereich. Aber es kommt noch viel dazu, weil alleine aufgrund der Ermittlungsverfahren haben dann Banken auch die Anträge zurückgenommen. Also aufgrund des Ermittlungsdrucks auch. Wir haben Klagen zurückgenommen und das Bundeszentralamt hat auch viele Bescheide dann erlassen können aufgrund der Ermittlungen. Das ist eigentlich immer der erste Schritt oder sollte der erste Schritt sein, dass die Finanzverwaltung tätig wird und Strafrecht soll das nicht ersetzen, sondern ist noch zusätzlich da. Also von daher kann ich Ihnen das nicht genau sagen, wie viel das ist, aber es ist auf jeden Fall mindestens eine dreistellige Millionensumme, wenn nicht mehr. Und es steht ja auch noch viele aus. Also es sind ja noch viele Fälle in Köln anhängig. Also die Frage warum, die stellt sich mir auch. Ich kann mir das nur so erklären, dass das eine Mischung ist zwischen einer gewissen Uninformiertheit darüber, aber eben natürlich auch, da kann man sich nichts vormachen, aufgrund der Einflüsse der Lobby, die zwei Mechanismen am Start haben, einmal Verharmlosung. Die also oft darauf hinwirken zu sagen, ja das ist ja jetzt eigentlich auch nur ein Kavaliersdelikt. Also wenn man hier was machen will mit der Bank und so, dann muss man das machen. Das sagt man ja oft auch bei Korruption, auch geht gar nicht anders. hast. Und das sagt man eben bei Steuerhinterziehung auch, ist jetzt nicht so richtig schlimm so. Und das verfängt ja manchmal auch, weil man denkt, naja, jeder hat schon mal geschummelt. Und dann denkt man vielleicht, naja, aber das ist ja auch nicht so schlimm, weil man selber ja vielleicht auch schon mal geschummelt hat bei irgendwas, beim häuslichen Arbeitszimmer oder was auch immer. Aber es sind natürlich völlig andere Dimensionen. Hier geht es ja nicht um kleine Schummeleien, hier geht es um bandenmäßige, organisierte Steuerkriminalität. Das ist auch eine Bande. Das ist organisierte Kriminalität. Eine ganz andere Dimension. Und das ist, glaube ich, tatsächlich auch noch gar nicht allen klar, weil nicht jeder liest ja jetzt so jedes Urteil, was veröffentlicht wird und viele Urteile werden ja auch gar nicht veröffentlicht, sondern das ist dann nur so fürs geneigte Fachpublikum. Also ich glaube nicht, dass das tatsächlich allen staatlichen Stellen klar ist, zumal die fast nicht miteinander sprechen. Also ich habe mich in meiner aktiven Zeit immer sehr darum bemüht, dass ich Kontakt kriegte zu den unterschiedlichen Behörden, aber da war auch viel Fluktuation und von daher muss man einfach davon ausgehen, dass jeder so alleine vor sich hinwurschtelt und dann auch vieles gar nicht so richtig mitkriegt und dann natürlich auf der anderen Seite aber beschallt wird von einer Branche, die natürlich sehr gerne sehr früh Kontakt aufnimmt, um Nähe herzustellen. Und also diese Einflüsse von der Lobby, die scheinen mir eigentlich der zentrale Faktor zu sein. Das habe ich auch selbst, da darf ich halt nicht drüber sprechen, aber ich hatte auch selbst Erkenntnisse darüber, wie das in der Praxis so funktioniert und das ist schon sehr effektiv, weil es ist natürlich auch professionell. Also es wird professionell gemacht. Heute haben wir das Lobbyregister, da kann man mal schauen, wie stark die Finanzlobby da abgebildet ist. Das ist nämlich exakt der stärkste Lobbyakteur, noch vor der Pharmaindustrie, noch vor der Autoindustrie. Das ist die Finanzlobby, der stärkste Akteur. Und die ersten zehn, die abgebildet sind, der Akteure unter der Sablase der Finanzlobby, die haben ein Budget von über 42 Millionen. Nur für Lobbying in diesem Bereich, den das Lobbyregister abbildet. Das bildet nicht alles ab, sondern das bildet nur Lobbying auf Bundestagsebene ab. Aber zum Beispiel andere Mechanismen, wie zum Beispiel auf die Justiz an anderer Stelle eingewirkt wird oder auf die Verwaltung eingewirkt wird, das ist da gar nicht erfasst. Oder wie viel Literatur zum Beispiel, Auftragsliteratur ist, um eine Meinung zu prägen, um überlastete Richter oder Staatsanwälte, die nur fünf Minuten Zeit haben für eine Recherche, die erwartet dann sofort 25 Aufsätze der Branche. Also wenn man sich über, es ist ja total überlastet überall an allen Stellen der Behörden, dann guckt man schnell irgendwie in diese Juris zum Beispiel oder Back Online, gibt es Online-Bibliotheken, wo man dann schnell reinguckt, um ein bisschen zu recherchieren, wie Rechtslage ist. Ist, wenn da die Branche aber ihre Rechtsmeinung schon platziert hat und zwar die ersten 50 Aufsätze sind nur so und dann hat man vielleicht einen von der Finanzverwaltung und 50 über Steuerrecht. Das prägt natürlich dann auch die Rechtsprechung und hält vielleicht auch Steuerfahnder oder Staatsanwälte davon ab, überhaupt zu ermitteln, weil sie denken, ich habe ja gar keine Chance, das ist ja total wackelig, das Thema. Also das ist einfach Macht, Macht durch Geld. Und das wirkt natürlich, wenn man nicht sensibilisiert ist, dann wirkt das verdammt gut. Und das ist vielleicht auch der Grund dafür, warum wir so schlechte Strukturen in Deutschland haben.

Linus Neumann
2:59:03
Anne Brorhilker
2:59:18
Linus Neumann
2:59:22
Anne Brorhilker
2:59:30
Linus Neumann
2:59:45
Tim Pritlove
2:59:49
Linus Neumann
2:59:51
Anne Brorhilker
2:59:53
Tim Pritlove
3:01:01
Anne Brorhilker
3:01:42

Also das Thema, was ich auch bei Finanzwende bearbeite, ist das gleiche wie vorher, nämlich Finanzkriminalität. Finanzwende selber versteht sich als Gegengewicht zur Finanzlobby und möchte eben mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammen Gegengewicht bilden. Und zwar bewusst über die Öffentlichkeit, weil die Erfahrung eben die ist, dass die Finanzlobby im Verborgenen wirkt und zum Beispiel auch bewirkt, dass die Öffentlichkeit über viele Dinge überhaupt nicht informiert wird und dann natürlich auch nicht mitdiskutieren kann. Und da gibt es eigentlich, gab es vorher vor Finanzwende keinen Akteur, der das gemacht hat. Also im Umweltbereich gibt es ja viele NGOs, die eben die Zivilgesellschaft auch nutzen, um sagen wir mal darauf hinzuweisen, wie das gerade so aussieht. Oder es gibt auch andere Bereiche, in denen das. Kinderrechte oder sowas, aber im Bereich Finanzpolitik gab es gar nichts. Und das war eben auch die Erfahrung, die Gerhard Schick gemacht hat, der hat ja nämlich gegründet, die Finanzwende, er war vorher im Bundestag bei den Grünen und hat dann auch festgestellt, also hier wirken schon ganz schön starke Lobbykräfte, hier wird ganz schön viel Nähe hergestellt, so vielen Parlamentarier natürlich auch überlastet sind und dann auch eben sehr viel beschallt werden. Und wenn man dem etwas entgegensetzen will, dann hat man jetzt so aus dem Politikbereich überhaupt keinen, der zu dem Thema arbeitet. Man kann sich auf gar nichts beziehen. Wenn man für umweltpolitische Sachen arbeitet, kann man sich auf Studien beziehen und was auch immer. Aber das gab es eben für diesen Bereich nicht. Und das ist eben der Sinn. Also erstens überhaupt mal diese Debatten auch in die Öffentlichkeit zu bringen, auch dazu zu arbeiten. Also Finanzwende schaut sich auch Phänomene wie Finanzialisierung am Mietmarkt an. Also etwas, was uns ja auch alle betrifft. Wenn da große Finanzinvestoren eben Rendite rausziehen, dann steigen für uns die Mieten und das ist sehr unangenehm, das betrifft uns alle und das sind Themen, wo Finanzwende arbeitet oder erstmal sich das Phänomen anschaut, informiert und dann auch öffentliche Debatten anstößt. Es hat eben auch einen aktivistischen Zug. Es geht nicht nur darum, dass man Leute berät und die irgendwie zum Umdenken bringt, sondern es geht auch ganz bewusst, dass es sich an die Öffentlichkeit wendet, um diese auch zu mobilisieren. Was aber natürlich auch nur funktioniert, wenn diese Themen überhaupt mal in der Öffentlichkeit stattfinden. Und ich selber kann das gut verstehen, dass finanzpolitische Themen total weit weg sind von der Wirklichkeit eines jeden Menschen, waren die auch lange in meinem Leben. Aber ich habe eben auch erfahren, was passiert, wenn man sich nicht drum kümmert. Das Thema hatten wir gerade auch schon. Man lebt so in seiner Blasung, kriegt vieles gar nicht mit und wundert sich, dass Dinge nicht funktionieren. Dass unsere Freibäder alle geschlossen sind, dass die Kinder nicht mehr schwimmen lernen können, weil wir keine Schwimmbäder mehr haben, dass die Mieten steigen, dass Pflegeheime pleiten gehen. Das sehen wir alles und wir wissen nicht, woran es liegt.

Tim Pritlove
3:04:31
Anne Brorhilker
3:04:34
Tim Pritlove
3:04:36
Anne Brorhilker
3:04:36
Tim Pritlove
3:05:33
Anne Brorhilker
3:06:47
Linus Neumann
3:07:00
Anne Brorhilker
3:07:09
Linus Neumann
3:07:16
Tim Pritlove
3:07:34
Linus Neumann
3:07:44
Tim Pritlove
3:08:57
Linus Neumann
3:09:31
Tim Pritlove
3:09:33
Linus Neumann
3:10:18
Tim Pritlove
3:10:29